Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Franklin's erst kürzlich bekannt gewordene Muthmaßung (Transact. of the American Philosophical Society held at Philadelphia. Vol. III. 1793. 4. num. I. auch im European Magazine, Aug. 1793. p. 137. sqq.) geht von dem Gedanken aus, die Erde bestehe inwendig aus einem Fluidum, das dichter sey, als alle bekannte feste Körper, auf dem also der solide Theil als eine Art von Schale schwimme. Befände sich unter der Erde Luft, nach dem Mariottischen Gesetz verdichtet, so würde schon in einer Tiefe von 11 deutschen Meilen das Gold auf ihr schwimmen. War nun alle Materie, wie ein Dunst, durch den Raum verbreitet, und fieng die Schwere zu wirken an, so mußte eine nach dem Mittelpunkte zu immer dichtere Luftkugel entstehen, in der sich die übrigen entstandenen Körper, jeder in einer bestimmten Entfernung vom Mittelpunkte, setzten, und dadurch eine Kruste bildeten. Manche, die der Fall zu tief herabgeführt hatte, stiegen nachher wieder auf, und schlossen sich von unten an die Kruste an. Diese Kruste ist die Erdrinde, über die nur noch unsere jetzige Atmosphäre hervorragt. Die erste Bewegung konnte einen Wirbel, und dadurch Umdrehung um die Axe veranlassen. Ward nun einmal die Axe verändert, so mußte das Fluidum seine Figur ändern, und konnte so die Schale zerbrechen, auflüften u. s. w. Große Explosionen von Dämpfen konnten durch Druck auf das Fluidum unter der Kruste eine Welle verursachen, die sich auf Tausende von Meilen erstreckte, und alles Land über ihr erschütterte. Die große Menge von Eisen machte die Erde fähig, magnetisch zu werden. Das ganze Universum hat seinen Magnetismus, und vielleicht ist es dieser, der die Erdare sich immer parallel erhält. Franklin lobt übrigens das Bestreben, Facta zu sammeln und blos aus diesen zu räsonniren; nur, sagt er, verstatteten seine Umstände ihm nicht mehr, die Erdkugel
Franklin's erſt kuͤrzlich bekannt gewordene Muthmaßung (Transact. of the American Philoſophical Society held at Philadelphia. Vol. III. 1793. 4. num. I. auch im European Magazine, Aug. 1793. p. 137. ſqq.) geht von dem Gedanken aus, die Erde beſtehe inwendig aus einem Fluidum, das dichter ſey, als alle bekannte feſte Koͤrper, auf dem alſo der ſolide Theil als eine Art von Schale ſchwimme. Befaͤnde ſich unter der Erde Luft, nach dem Mariottiſchen Geſetz verdichtet, ſo wuͤrde ſchon in einer Tiefe von 11 deutſchen Meilen das Gold auf ihr ſchwimmen. War nun alle Materie, wie ein Dunſt, durch den Raum verbreitet, und fieng die Schwere zu wirken an, ſo mußte eine nach dem Mittelpunkte zu immer dichtere Luftkugel entſtehen, in der ſich die uͤbrigen entſtandenen Koͤrper, jeder in einer beſtimmten Entfernung vom Mittelpunkte, ſetzten, und dadurch eine Kruſte bildeten. Manche, die der Fall zu tief herabgefuͤhrt hatte, ſtiegen nachher wieder auf, und ſchloſſen ſich von unten an die Kruſte an. Dieſe Kruſte iſt die Erdrinde, uͤber die nur noch unſere jetzige Atmoſphaͤre hervorragt. Die erſte Bewegung konnte einen Wirbel, und dadurch Umdrehung um die Axe veranlaſſen. Ward nun einmal die Axe veraͤndert, ſo mußte das Fluidum ſeine Figur aͤndern, und konnte ſo die Schale zerbrechen, aufluͤften u. ſ. w. Große Exploſionen von Daͤmpfen konnten durch Druck auf das Fluidum unter der Kruſte eine Welle verurſachen, die ſich auf Tauſende von Meilen erſtreckte, und alles Land uͤber ihr erſchuͤtterte. Die große Menge von Eiſen machte die Erde faͤhig, magnetiſch zu werden. Das ganze Univerſum hat ſeinen Magnetismus, und vielleicht iſt es dieſer, der die Erdare ſich immer parallel erhaͤlt. Franklin lobt uͤbrigens das Beſtreben, Facta zu ſammeln und blos aus dieſen zu raͤſonniren; nur, ſagt er, verſtatteten ſeine Umſtaͤnde ihm nicht mehr, die Erdkugel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0376" xml:id="P.5.364" n="364"/><lb/> eben ſo aufgehoben zu ſeyn, wie nach <hi rendition="#b">Woodward</hi> bey der großen Erdrevolution die Geſetze der Schwere und des Zuſammenhangs einſtweilen ſuſpendirt waren. Im Artikel ſind 27—28 Hypotheſen angefuͤhrt, welche wenigſtens nicht die ſchlechteſte Haͤlfte ausmachen, und denen ich hier noch einige der neuſten beyfuͤge.</p> <p><hi rendition="#b">Franklin's</hi> erſt kuͤrzlich bekannt gewordene Muthmaßung <hi rendition="#aq">(Transact. of the American Philoſophical Society held at Philadelphia. Vol. III. 1793. 4. num. I.</hi> auch im <hi rendition="#aq">European Magazine, Aug. 1793. p. 137. ſqq.)</hi> geht von dem Gedanken aus, die Erde beſtehe inwendig aus einem Fluidum, das dichter ſey, als alle bekannte feſte Koͤrper, auf dem alſo der ſolide Theil als eine Art von Schale ſchwimme. Befaͤnde ſich unter der Erde Luft, nach dem Mariottiſchen Geſetz verdichtet, ſo wuͤrde ſchon in einer Tiefe von 11 deutſchen Meilen das Gold auf ihr ſchwimmen. War nun alle Materie, wie ein Dunſt, durch den Raum verbreitet, und fieng die Schwere zu wirken an, ſo mußte eine nach dem Mittelpunkte zu immer dichtere Luftkugel entſtehen, in der ſich die uͤbrigen entſtandenen Koͤrper, jeder in einer beſtimmten Entfernung vom Mittelpunkte, ſetzten, und dadurch eine Kruſte bildeten. Manche, die der Fall zu tief herabgefuͤhrt hatte, ſtiegen nachher wieder auf, und ſchloſſen ſich von unten an die Kruſte an. Dieſe Kruſte iſt die Erdrinde, uͤber die nur noch unſere jetzige Atmoſphaͤre hervorragt. Die erſte Bewegung konnte einen Wirbel, und dadurch Umdrehung um die Axe veranlaſſen. Ward nun einmal die Axe veraͤndert, ſo mußte das Fluidum ſeine Figur aͤndern, und konnte ſo die Schale zerbrechen, aufluͤften u. ſ. w. Große Exploſionen von Daͤmpfen konnten durch Druck auf das Fluidum unter der Kruſte eine Welle verurſachen, die ſich auf Tauſende von Meilen erſtreckte, und alles Land uͤber ihr erſchuͤtterte. Die große Menge von Eiſen machte die Erde faͤhig, magnetiſch zu werden. Das ganze Univerſum hat ſeinen Magnetismus, und vielleicht iſt es dieſer, der die Erdare ſich immer parallel erhaͤlt. <hi rendition="#b">Franklin</hi> lobt uͤbrigens das Beſtreben, Facta zu ſammeln und blos aus dieſen zu raͤſonniren; nur, ſagt er, verſtatteten ſeine Umſtaͤnde ihm nicht mehr, die Erdkugel<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [364/0376]
eben ſo aufgehoben zu ſeyn, wie nach Woodward bey der großen Erdrevolution die Geſetze der Schwere und des Zuſammenhangs einſtweilen ſuſpendirt waren. Im Artikel ſind 27—28 Hypotheſen angefuͤhrt, welche wenigſtens nicht die ſchlechteſte Haͤlfte ausmachen, und denen ich hier noch einige der neuſten beyfuͤge.
Franklin's erſt kuͤrzlich bekannt gewordene Muthmaßung (Transact. of the American Philoſophical Society held at Philadelphia. Vol. III. 1793. 4. num. I. auch im European Magazine, Aug. 1793. p. 137. ſqq.) geht von dem Gedanken aus, die Erde beſtehe inwendig aus einem Fluidum, das dichter ſey, als alle bekannte feſte Koͤrper, auf dem alſo der ſolide Theil als eine Art von Schale ſchwimme. Befaͤnde ſich unter der Erde Luft, nach dem Mariottiſchen Geſetz verdichtet, ſo wuͤrde ſchon in einer Tiefe von 11 deutſchen Meilen das Gold auf ihr ſchwimmen. War nun alle Materie, wie ein Dunſt, durch den Raum verbreitet, und fieng die Schwere zu wirken an, ſo mußte eine nach dem Mittelpunkte zu immer dichtere Luftkugel entſtehen, in der ſich die uͤbrigen entſtandenen Koͤrper, jeder in einer beſtimmten Entfernung vom Mittelpunkte, ſetzten, und dadurch eine Kruſte bildeten. Manche, die der Fall zu tief herabgefuͤhrt hatte, ſtiegen nachher wieder auf, und ſchloſſen ſich von unten an die Kruſte an. Dieſe Kruſte iſt die Erdrinde, uͤber die nur noch unſere jetzige Atmoſphaͤre hervorragt. Die erſte Bewegung konnte einen Wirbel, und dadurch Umdrehung um die Axe veranlaſſen. Ward nun einmal die Axe veraͤndert, ſo mußte das Fluidum ſeine Figur aͤndern, und konnte ſo die Schale zerbrechen, aufluͤften u. ſ. w. Große Exploſionen von Daͤmpfen konnten durch Druck auf das Fluidum unter der Kruſte eine Welle verurſachen, die ſich auf Tauſende von Meilen erſtreckte, und alles Land uͤber ihr erſchuͤtterte. Die große Menge von Eiſen machte die Erde faͤhig, magnetiſch zu werden. Das ganze Univerſum hat ſeinen Magnetismus, und vielleicht iſt es dieſer, der die Erdare ſich immer parallel erhaͤlt. Franklin lobt uͤbrigens das Beſtreben, Facta zu ſammeln und blos aus dieſen zu raͤſonniren; nur, ſagt er, verſtatteten ſeine Umſtaͤnde ihm nicht mehr, die Erdkugel
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