Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


schiedene Metalle
anwendet. Dies zeigte ihm, daß hiebey nicht Wiederherstellung des elektrischen Gleichgewichts zwischen Nerven und Muskeln, sondern vielmehr Störung des Gleichgewichts oder Erregung der Elektricität im Spiele sey, dergleichen durch die Berührung zweyer Metalle von verschiedener Art allemal, obwohl in sehr geringem Grade, hervorgebracht wird. Dieser von außen erregten Elektricität sind nun offenbar die meisten Phänomene zuzuschreiben, welche man anfänglich aus einer natürlichen Elektricität des thierischen Körpers herzuleiten gedachte. Volta stellt hiedurch die ganze Sache in einen andern weit wichtigern Gesichtspunkt, aus welchem der thierische Körper nicht als Eletrisirmaschine oder Ladungsflasche, sondern blos als Elektrometer, betrachtet wird. Er untersucht die Gesetze derjenigen Elektricität, welche durch Anwendung zweyer Belegungen von verschiedenen Metallen erregt werden kan, verbindet damit die sinnreichen Versuche über die Einwirkung verschiedener Metalle auf Geschmack und Gesicht, und vollendet dadurch die Entdeckung einer neuen Art der Erregung künstlicher Elektricität, wobey nur wenig Phänomene zurückbleiben, welche allenfalls noch auf eine natürliche thierische Elektricität hinzuweisen scheinen.

Herr Creve (Beyträge zu Galvani's Versuchen über die Kräfte der thierischen Elektricität auf die Bewegung der Muskeln. Frf. und Leipz. 1793. 8., und im Auszuge in Grens Journal der Phys. B. VII. S. 323.) hat sich ebenfalls durch neue Versuche um diesen Gegenstand verdient gemacht. Er veranstaltet sie auf eine sehr einfache Weise, indem er den entblößten Nerven an seinem Ende mit einem Streifchen Stanniol umwickelt, und diesen so armirten Theil desselben auf eine Silbermünze legt. Hiebey bedarf es nun gar keiner besondern leitenden Verbindung zwischen der Armatur und den Muskeln, sondern jede Bewegung des Stanniols auf der Silbermünze durch irgend einen Körper, er sey Leiter oder Nichtleiter, bringt in den Muskeln die stärksten Zuckungen zuwege. Herr Creve glaubt hieraus schließen zu dürfen, daß überhaupt gar keine Elektricität im Spiele sey, sondern die Zuckungen von einer eignen ganz unbekannten


ſchiedene Metalle
anwendet. Dies zeigte ihm, daß hiebey nicht Wiederherſtellung des elektriſchen Gleichgewichts zwiſchen Nerven und Muskeln, ſondern vielmehr Stoͤrung des Gleichgewichts oder Erregung der Elektricitaͤt im Spiele ſey, dergleichen durch die Beruͤhrung zweyer Metalle von verſchiedener Art allemal, obwohl in ſehr geringem Grade, hervorgebracht wird. Dieſer von außen erregten Elektricitaͤt ſind nun offenbar die meiſten Phaͤnomene zuzuſchreiben, welche man anfaͤnglich aus einer natuͤrlichen Elektricitaͤt des thieriſchen Koͤrpers herzuleiten gedachte. Volta ſtellt hiedurch die ganze Sache in einen andern weit wichtigern Geſichtspunkt, aus welchem der thieriſche Koͤrper nicht als Eletriſirmaſchine oder Ladungsflaſche, ſondern blos als Elektrometer, betrachtet wird. Er unterſucht die Geſetze derjenigen Elektricitaͤt, welche durch Anwendung zweyer Belegungen von verſchiedenen Metallen erregt werden kan, verbindet damit die ſinnreichen Verſuche uͤber die Einwirkung verſchiedener Metalle auf Geſchmack und Geſicht, und vollendet dadurch die Entdeckung einer neuen Art der Erregung kuͤnſtlicher Elektricitaͤt, wobey nur wenig Phaͤnomene zuruͤckbleiben, welche allenfalls noch auf eine natuͤrliche thieriſche Elektricitaͤt hinzuweiſen ſcheinen.

Herr Creve (Beytraͤge zu Galvani's Verſuchen uͤber die Kraͤfte der thieriſchen Elektricitaͤt auf die Bewegung der Muskeln. Frf. und Leipz. 1793. 8., und im Auszuge in Grens Journal der Phyſ. B. VII. S. 323.) hat ſich ebenfalls durch neue Verſuche um dieſen Gegenſtand verdient gemacht. Er veranſtaltet ſie auf eine ſehr einfache Weiſe, indem er den entbloͤßten Nerven an ſeinem Ende mit einem Streifchen Stanniol umwickelt, und dieſen ſo armirten Theil deſſelben auf eine Silbermuͤnze legt. Hiebey bedarf es nun gar keiner beſondern leitenden Verbindung zwiſchen der Armatur und den Muskeln, ſondern jede Bewegung des Stanniols auf der Silbermuͤnze durch irgend einen Koͤrper, er ſey Leiter oder Nichtleiter, bringt in den Muskeln die ſtaͤrkſten Zuckungen zuwege. Herr Creve glaubt hieraus ſchließen zu duͤrfen, daß uͤberhaupt gar keine Elektricitaͤt im Spiele ſey, ſondern die Zuckungen von einer eignen ganz unbekannten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0286" xml:id="P.5.274" n="274"/><lb/>
&#x017F;chiedene Metalle</hi> anwendet. Dies zeigte ihm, daß hiebey nicht Wiederher&#x017F;tellung des elektri&#x017F;chen Gleichgewichts zwi&#x017F;chen Nerven und Muskeln, &#x017F;ondern vielmehr Sto&#x0364;rung des Gleichgewichts oder Erregung der Elektricita&#x0364;t im Spiele &#x017F;ey, dergleichen durch die Beru&#x0364;hrung zweyer Metalle von ver&#x017F;chiedener Art allemal, obwohl in &#x017F;ehr geringem Grade, hervorgebracht wird. Die&#x017F;er von außen erregten Elektricita&#x0364;t &#x017F;ind nun offenbar die mei&#x017F;ten Pha&#x0364;nomene zuzu&#x017F;chreiben, welche man anfa&#x0364;nglich aus einer natu&#x0364;rlichen Elektricita&#x0364;t des thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rpers herzuleiten gedachte. <hi rendition="#b">Volta</hi> &#x017F;tellt hiedurch die ganze Sache in einen andern weit wichtigern Ge&#x017F;ichtspunkt, aus welchem der thieri&#x017F;che Ko&#x0364;rper nicht als Eletri&#x017F;irma&#x017F;chine oder Ladungsfla&#x017F;che, &#x017F;ondern blos als Elektrometer, betrachtet wird. Er unter&#x017F;ucht die Ge&#x017F;etze derjenigen Elektricita&#x0364;t, welche durch Anwendung zweyer Belegungen von ver&#x017F;chiedenen Metallen erregt werden kan, verbindet damit die &#x017F;innreichen Ver&#x017F;uche u&#x0364;ber die Einwirkung ver&#x017F;chiedener Metalle auf Ge&#x017F;chmack und Ge&#x017F;icht, und vollendet dadurch die Entdeckung einer neuen Art der Erregung ku&#x0364;n&#x017F;tlicher Elektricita&#x0364;t, wobey nur wenig Pha&#x0364;nomene zuru&#x0364;ckbleiben, welche allenfalls noch auf eine natu&#x0364;rliche thieri&#x017F;che Elektricita&#x0364;t hinzuwei&#x017F;en &#x017F;cheinen.</p>
              <p>Herr <hi rendition="#b">Creve</hi> (Beytra&#x0364;ge zu Galvani's Ver&#x017F;uchen u&#x0364;ber die Kra&#x0364;fte der thieri&#x017F;chen Elektricita&#x0364;t auf die Bewegung der Muskeln. Frf. und Leipz. 1793. 8., und im Auszuge in <hi rendition="#b">Grens</hi> Journal der Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">VII.</hi> S. 323.) hat &#x017F;ich ebenfalls durch neue Ver&#x017F;uche um die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand verdient gemacht. Er veran&#x017F;taltet &#x017F;ie auf eine &#x017F;ehr einfache Wei&#x017F;e, indem er den entblo&#x0364;ßten Nerven an &#x017F;einem Ende mit einem Streifchen Stanniol umwickelt, und die&#x017F;en &#x017F;o armirten Theil de&#x017F;&#x017F;elben auf eine Silbermu&#x0364;nze legt. Hiebey bedarf es nun gar keiner be&#x017F;ondern leitenden Verbindung zwi&#x017F;chen der Armatur und den Muskeln, &#x017F;ondern jede Bewegung des Stanniols auf der Silbermu&#x0364;nze durch irgend einen Ko&#x0364;rper, er &#x017F;ey Leiter oder Nichtleiter, bringt in den Muskeln die &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten Zuckungen zuwege. Herr <hi rendition="#b">Creve</hi> glaubt hieraus &#x017F;chließen zu du&#x0364;rfen, daß u&#x0364;berhaupt gar keine Elektricita&#x0364;t im Spiele &#x017F;ey, &#x017F;ondern die Zuckungen von einer eignen ganz unbekannten<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0286] ſchiedene Metalle anwendet. Dies zeigte ihm, daß hiebey nicht Wiederherſtellung des elektriſchen Gleichgewichts zwiſchen Nerven und Muskeln, ſondern vielmehr Stoͤrung des Gleichgewichts oder Erregung der Elektricitaͤt im Spiele ſey, dergleichen durch die Beruͤhrung zweyer Metalle von verſchiedener Art allemal, obwohl in ſehr geringem Grade, hervorgebracht wird. Dieſer von außen erregten Elektricitaͤt ſind nun offenbar die meiſten Phaͤnomene zuzuſchreiben, welche man anfaͤnglich aus einer natuͤrlichen Elektricitaͤt des thieriſchen Koͤrpers herzuleiten gedachte. Volta ſtellt hiedurch die ganze Sache in einen andern weit wichtigern Geſichtspunkt, aus welchem der thieriſche Koͤrper nicht als Eletriſirmaſchine oder Ladungsflaſche, ſondern blos als Elektrometer, betrachtet wird. Er unterſucht die Geſetze derjenigen Elektricitaͤt, welche durch Anwendung zweyer Belegungen von verſchiedenen Metallen erregt werden kan, verbindet damit die ſinnreichen Verſuche uͤber die Einwirkung verſchiedener Metalle auf Geſchmack und Geſicht, und vollendet dadurch die Entdeckung einer neuen Art der Erregung kuͤnſtlicher Elektricitaͤt, wobey nur wenig Phaͤnomene zuruͤckbleiben, welche allenfalls noch auf eine natuͤrliche thieriſche Elektricitaͤt hinzuweiſen ſcheinen. Herr Creve (Beytraͤge zu Galvani's Verſuchen uͤber die Kraͤfte der thieriſchen Elektricitaͤt auf die Bewegung der Muskeln. Frf. und Leipz. 1793. 8., und im Auszuge in Grens Journal der Phyſ. B. VII. S. 323.) hat ſich ebenfalls durch neue Verſuche um dieſen Gegenſtand verdient gemacht. Er veranſtaltet ſie auf eine ſehr einfache Weiſe, indem er den entbloͤßten Nerven an ſeinem Ende mit einem Streifchen Stanniol umwickelt, und dieſen ſo armirten Theil deſſelben auf eine Silbermuͤnze legt. Hiebey bedarf es nun gar keiner beſondern leitenden Verbindung zwiſchen der Armatur und den Muskeln, ſondern jede Bewegung des Stanniols auf der Silbermuͤnze durch irgend einen Koͤrper, er ſey Leiter oder Nichtleiter, bringt in den Muskeln die ſtaͤrkſten Zuckungen zuwege. Herr Creve glaubt hieraus ſchließen zu duͤrfen, daß uͤberhaupt gar keine Elektricitaͤt im Spiele ſey, ſondern die Zuckungen von einer eignen ganz unbekannten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/286
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/286>, abgerufen am 22.11.2024.