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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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Wind.

Zus. zu diesem Art. Th. IV. S. 756--769.

Zu S. 758--760. Der Halleyischen Erklärung der beständigen Ostwinde des heißen Erdstrichs hat Herr Hube (Ueber die Ausdünstung rc. Leipz. 1790. gr. 8. Kap. 57.) sehr wichtige Gründe entgegengesetzt. Nach ihr, sagt er, hienge der allgemeine Ostwind bloß von dem Unterschiede in der täglichen Wärme des Orts ab. Dieser Unterschied ist aber in den kalten Ländern noch viel größer, als unter der Linie. Daher müßte sich auch bey uns des Nachmittags die erwärmte westliche Luft erheben, und der kältern östlichen Platz machen. Und wenn auch dieser allgemeine Wind bey uns nicht völlig östlich, sondern nordöstlich, wäre, so müßte er doch regelmäßig seyn. Wir bemerken aber dergleichen nicht, und wollte man Ursachen angeben, die diesen regelmäßigen Gang verhinderten, so müßte man zeigen, daß diese Ursachen in der heißen Zone nicht statt finden.

Auch folgt aus Halley's Erklärung nicht, daß die Bewegung der Luft nach Osten den ganzen Tag daure. Bey Sonnenaufgang ist vielmehr die Luft nach Osten hin warm und leicht, daher müßte sie aufsteigen, und die westliche kalte und schwere dagegen eindringen. Dieser Westwind des Morgens müßte viel stärker seyn, als der Ostwind gegen Abend, weil die Wärme den ganzen Tag über nie schneller zunimmt, als bey Sonnenaufgang. Aber dergleichen Westwind zeigt sich unter dem Aequator nicht, und bey uns kommen die Winde, die sich bey Sonnenaufgang erheben, ohne Unterschied aus allen Weltgegenden. Daher muß man schließen, der Unterschied in der täglichen Wärme sey nicht vermögend, einen merklichen Wind zu verursachen.

Es läßt sich dieses auch leicht einsehen, da dieser Unterschied im Mittel nicht über 9--10 Grade geht, welches zu wenig ist, um den Zusammenhang der Luftmassen zu trennen, wozu noch kömmt, daß die Sonne bey ihrer scheinbaren täglichen Bewegung in 1 Min. Zeit durch das Zenith vieler Meilen geht, und also die Luft auf viele Meilen weit so schnell in andern Stand bringt, daß schon die Kürze der Zeit keine Entstehung eines Windes gestattet.


Wind.

Zuſ. zu dieſem Art. Th. IV. S. 756—769.

Zu S. 758—760. Der Halleyiſchen Erklaͤrung der beſtaͤndigen Oſtwinde des heißen Erdſtrichs hat Herr Hube (Ueber die Ausduͤnſtung rc. Leipz. 1790. gr. 8. Kap. 57.) ſehr wichtige Gruͤnde entgegengeſetzt. Nach ihr, ſagt er, hienge der allgemeine Oſtwind bloß von dem Unterſchiede in der taͤglichen Waͤrme des Orts ab. Dieſer Unterſchied iſt aber in den kalten Laͤndern noch viel groͤßer, als unter der Linie. Daher muͤßte ſich auch bey uns des Nachmittags die erwaͤrmte weſtliche Luft erheben, und der kaͤltern oͤſtlichen Platz machen. Und wenn auch dieſer allgemeine Wind bey uns nicht voͤllig oͤſtlich, ſondern nordoͤſtlich, waͤre, ſo muͤßte er doch regelmaͤßig ſeyn. Wir bemerken aber dergleichen nicht, und wollte man Urſachen angeben, die dieſen regelmaͤßigen Gang verhinderten, ſo muͤßte man zeigen, daß dieſe Urſachen in der heißen Zone nicht ſtatt finden.

Auch folgt aus Halley's Erklaͤrung nicht, daß die Bewegung der Luft nach Oſten den ganzen Tag daure. Bey Sonnenaufgang iſt vielmehr die Luft nach Oſten hin warm und leicht, daher muͤßte ſie aufſteigen, und die weſtliche kalte und ſchwere dagegen eindringen. Dieſer Weſtwind des Morgens muͤßte viel ſtaͤrker ſeyn, als der Oſtwind gegen Abend, weil die Waͤrme den ganzen Tag uͤber nie ſchneller zunimmt, als bey Sonnenaufgang. Aber dergleichen Weſtwind zeigt ſich unter dem Aequator nicht, und bey uns kommen die Winde, die ſich bey Sonnenaufgang erheben, ohne Unterſchied aus allen Weltgegenden. Daher muß man ſchließen, der Unterſchied in der taͤglichen Waͤrme ſey nicht vermoͤgend, einen merklichen Wind zu verurſachen.

Es laͤßt ſich dieſes auch leicht einſehen, da dieſer Unterſchied im Mittel nicht uͤber 9—10 Grade geht, welches zu wenig iſt, um den Zuſammenhang der Luftmaſſen zu trennen, wozu noch koͤmmt, daß die Sonne bey ihrer ſcheinbaren taͤglichen Bewegung in 1 Min. Zeit durch das Zenith vieler Meilen geht, und alſo die Luft auf viele Meilen weit ſo ſchnell in andern Stand bringt, daß ſchon die Kuͤrze der Zeit keine Entſtehung eines Windes geſtattet.

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[1016/1028] Wind. Zuſ. zu dieſem Art. Th. IV. S. 756—769. Zu S. 758—760. Der Halleyiſchen Erklaͤrung der beſtaͤndigen Oſtwinde des heißen Erdſtrichs hat Herr Hube (Ueber die Ausduͤnſtung rc. Leipz. 1790. gr. 8. Kap. 57.) ſehr wichtige Gruͤnde entgegengeſetzt. Nach ihr, ſagt er, hienge der allgemeine Oſtwind bloß von dem Unterſchiede in der taͤglichen Waͤrme des Orts ab. Dieſer Unterſchied iſt aber in den kalten Laͤndern noch viel groͤßer, als unter der Linie. Daher muͤßte ſich auch bey uns des Nachmittags die erwaͤrmte weſtliche Luft erheben, und der kaͤltern oͤſtlichen Platz machen. Und wenn auch dieſer allgemeine Wind bey uns nicht voͤllig oͤſtlich, ſondern nordoͤſtlich, waͤre, ſo muͤßte er doch regelmaͤßig ſeyn. Wir bemerken aber dergleichen nicht, und wollte man Urſachen angeben, die dieſen regelmaͤßigen Gang verhinderten, ſo muͤßte man zeigen, daß dieſe Urſachen in der heißen Zone nicht ſtatt finden. Auch folgt aus Halley's Erklaͤrung nicht, daß die Bewegung der Luft nach Oſten den ganzen Tag daure. Bey Sonnenaufgang iſt vielmehr die Luft nach Oſten hin warm und leicht, daher muͤßte ſie aufſteigen, und die weſtliche kalte und ſchwere dagegen eindringen. Dieſer Weſtwind des Morgens muͤßte viel ſtaͤrker ſeyn, als der Oſtwind gegen Abend, weil die Waͤrme den ganzen Tag uͤber nie ſchneller zunimmt, als bey Sonnenaufgang. Aber dergleichen Weſtwind zeigt ſich unter dem Aequator nicht, und bey uns kommen die Winde, die ſich bey Sonnenaufgang erheben, ohne Unterſchied aus allen Weltgegenden. Daher muß man ſchließen, der Unterſchied in der taͤglichen Waͤrme ſey nicht vermoͤgend, einen merklichen Wind zu verurſachen. Es laͤßt ſich dieſes auch leicht einſehen, da dieſer Unterſchied im Mittel nicht uͤber 9—10 Grade geht, welches zu wenig iſt, um den Zuſammenhang der Luftmaſſen zu trennen, wozu noch koͤmmt, daß die Sonne bey ihrer ſcheinbaren taͤglichen Bewegung in 1 Min. Zeit durch das Zenith vieler Meilen geht, und alſo die Luft auf viele Meilen weit ſo ſchnell in andern Stand bringt, daß ſchon die Kuͤrze der Zeit keine Entſtehung eines Windes geſtattet.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 1016. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1028>, abgerufen am 23.11.2024.