Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Wenn wir einen einzigen in die Sinne fallenden Körper ohne alle Zwischenräume fänden, so würde es möglich seyn, Verhältnisse der Porosität aller Körper anzugeben. Denn gesetzt, ein solcher vollkommen dichter Körper von der Größe eines Cubikzolles wöge ein Pfund, und ein anderer von eben der Größe nur 1/2 Pfund, so müßten die Zwischenräume im letztern die Helfte seines Raumes einnehmen, und nur die andere Helfte könnte mit undurchdringlicher Materie erfüllt seyn. Auf eben diese Art könnte man allezeit genau wissen, wie viel Raum die Materie, und wie viel die Zwischenräume in jedem Körper einnähmen; bis jetzt aber kennen wir noch keinen vollkommen dichten Körper, und können also hierüber nichts bestimmen. So schwer das Gold ist, so ist es dennoch sehr porös: man nehme einstweilen an, die Zwischenräume desselben machten die Helfte seines Volumens aus, und die andere Helfte bestehe aus dichter Materie. Nun ist das Wasser bey gleichem Volumen 19 1/4mal leichter, als Gold; es muß sich also im Raume des Goldes 19 1/4mal mehr Materie, als im Raume des Wassers, befinden. Wenn nun die im Raume des Goldes vorhandene Materie die Helfte desselben ausmacht, so muß die im Raume des Wassers vorhandene noch 19 1/4mal weniger betragen, und es müssen sich die Zwischenräume im Wasser zu dem Theile, den die solide Materie ausfüllt, wie 38 1/2 zu 1 verhalten. Der Kork ist 81 1/2mal leichter, als Gold; mithin muß sich nach eben diesen Schlüssen die Summe der Zwischenräume im Korke zu dem soliden Theile, wie 163 zu 1 verhalten. Wer sollte wohl glauben, daß es so wenig Materie in den Körpern gebe? Und vielleicht haben sie deren in der That noch viel
Wenn wir einen einzigen in die Sinne fallenden Koͤrper ohne alle Zwiſchenraͤume faͤnden, ſo wuͤrde es moͤglich ſeyn, Verhaͤltniſſe der Poroſitaͤt aller Koͤrper anzugeben. Denn geſetzt, ein ſolcher vollkommen dichter Koͤrper von der Groͤße eines Cubikzolles woͤge ein Pfund, und ein anderer von eben der Groͤße nur 1/2 Pfund, ſo muͤßten die Zwiſchenraͤume im letztern die Helfte ſeines Raumes einnehmen, und nur die andere Helfte koͤnnte mit undurchdringlicher Materie erfuͤllt ſeyn. Auf eben dieſe Art koͤnnte man allezeit genau wiſſen, wie viel Raum die Materie, und wie viel die Zwiſchenraͤume in jedem Koͤrper einnaͤhmen; bis jetzt aber kennen wir noch keinen vollkommen dichten Koͤrper, und koͤnnen alſo hieruͤber nichts beſtimmen. So ſchwer das Gold iſt, ſo iſt es dennoch ſehr poroͤs: man nehme einſtweilen an, die Zwiſchenraͤume deſſelben machten die Helfte ſeines Volumens aus, und die andere Helfte beſtehe aus dichter Materie. Nun iſt das Waſſer bey gleichem Volumen 19 1/4mal leichter, als Gold; es muß ſich alſo im Raume des Goldes 19 1/4mal mehr Materie, als im Raume des Waſſers, befinden. Wenn nun die im Raume des Goldes vorhandene Materie die Helfte deſſelben ausmacht, ſo muß die im Raume des Waſſers vorhandene noch 19 1/4mal weniger betragen, und es muͤſſen ſich die Zwiſchenraͤume im Waſſer zu dem Theile, den die ſolide Materie ausfuͤllt, wie 38 1/2 zu 1 verhalten. Der Kork iſt 81 1/2mal leichter, als Gold; mithin muß ſich nach eben dieſen Schluͤſſen die Summe der Zwiſchenraͤume im Korke zu dem ſoliden Theile, wie 163 zu 1 verhalten. Wer ſollte wohl glauben, daß es ſo wenig Materie in den Koͤrpern gebe? Und vielleicht haben ſie deren in der That noch viel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0953" xml:id="P.4.943" n="943"/><lb/><hi rendition="#b">Leeuwenhoek</hi> (<hi rendition="#aq">Epiſtol. 29. Continuat. III. Epiſt. 74. Cont. V. Epiſt. 88.</hi>) und <hi rendition="#b">Adams</hi> (<hi rendition="#aq">Micrograph. illuſtrata. Tab. XLVIII-LI.</hi>) nachſehen kan. Die Vergroͤßerungsglaͤſer zeigen in manchen Koͤrpern eine ſolche Menge und Groͤße der Zwiſchenraͤume, daß man faſt zweifelhaft wird, ob ſie aus maſſiven Theilen beſtehen, wie z. B. im Kork, den Schwaͤmmen und den leichten Hoͤlzern.</p> <p>Wenn wir einen einzigen in die Sinne fallenden Koͤrper ohne alle Zwiſchenraͤume faͤnden, ſo wuͤrde es moͤglich ſeyn, Verhaͤltniſſe der Poroſitaͤt aller Koͤrper anzugeben. Denn geſetzt, ein ſolcher vollkommen dichter Koͤrper von der Groͤße eines Cubikzolles woͤge ein Pfund, und ein anderer von eben der Groͤße nur 1/2 Pfund, ſo muͤßten die Zwiſchenraͤume im letztern die Helfte ſeines Raumes einnehmen, und nur die andere Helfte koͤnnte mit undurchdringlicher Materie erfuͤllt ſeyn. Auf eben dieſe Art koͤnnte man allezeit genau wiſſen, wie viel Raum die Materie, und wie viel die Zwiſchenraͤume in jedem Koͤrper einnaͤhmen; bis jetzt aber kennen wir noch keinen vollkommen dichten Koͤrper, und koͤnnen alſo hieruͤber nichts beſtimmen.</p> <p>So ſchwer das Gold iſt, ſo iſt es dennoch ſehr poroͤs: man nehme einſtweilen an, die Zwiſchenraͤume deſſelben machten die Helfte ſeines Volumens aus, und die andere Helfte beſtehe aus dichter Materie. Nun iſt das Waſſer bey gleichem Volumen 19 1/4mal leichter, als Gold; es muß ſich alſo im Raume des Goldes 19 1/4mal mehr Materie, als im Raume des Waſſers, befinden. Wenn nun die im Raume des Goldes vorhandene Materie die Helfte deſſelben ausmacht, ſo muß die im Raume des Waſſers vorhandene noch 19 1/4mal weniger betragen, und es muͤſſen ſich die Zwiſchenraͤume im Waſſer zu dem Theile, den die ſolide Materie ausfuͤllt, wie 38 1/2 zu 1 verhalten. Der Kork iſt 81 1/2mal leichter, als Gold; mithin muß ſich nach eben dieſen Schluͤſſen die Summe der Zwiſchenraͤume im Korke zu dem ſoliden Theile, wie 163 zu 1 verhalten. Wer ſollte wohl glauben, daß es ſo wenig Materie in den Koͤrpern gebe? Und vielleicht haben ſie deren in der That noch viel<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [943/0953]
Leeuwenhoek (Epiſtol. 29. Continuat. III. Epiſt. 74. Cont. V. Epiſt. 88.) und Adams (Micrograph. illuſtrata. Tab. XLVIII-LI.) nachſehen kan. Die Vergroͤßerungsglaͤſer zeigen in manchen Koͤrpern eine ſolche Menge und Groͤße der Zwiſchenraͤume, daß man faſt zweifelhaft wird, ob ſie aus maſſiven Theilen beſtehen, wie z. B. im Kork, den Schwaͤmmen und den leichten Hoͤlzern.
Wenn wir einen einzigen in die Sinne fallenden Koͤrper ohne alle Zwiſchenraͤume faͤnden, ſo wuͤrde es moͤglich ſeyn, Verhaͤltniſſe der Poroſitaͤt aller Koͤrper anzugeben. Denn geſetzt, ein ſolcher vollkommen dichter Koͤrper von der Groͤße eines Cubikzolles woͤge ein Pfund, und ein anderer von eben der Groͤße nur 1/2 Pfund, ſo muͤßten die Zwiſchenraͤume im letztern die Helfte ſeines Raumes einnehmen, und nur die andere Helfte koͤnnte mit undurchdringlicher Materie erfuͤllt ſeyn. Auf eben dieſe Art koͤnnte man allezeit genau wiſſen, wie viel Raum die Materie, und wie viel die Zwiſchenraͤume in jedem Koͤrper einnaͤhmen; bis jetzt aber kennen wir noch keinen vollkommen dichten Koͤrper, und koͤnnen alſo hieruͤber nichts beſtimmen.
So ſchwer das Gold iſt, ſo iſt es dennoch ſehr poroͤs: man nehme einſtweilen an, die Zwiſchenraͤume deſſelben machten die Helfte ſeines Volumens aus, und die andere Helfte beſtehe aus dichter Materie. Nun iſt das Waſſer bey gleichem Volumen 19 1/4mal leichter, als Gold; es muß ſich alſo im Raume des Goldes 19 1/4mal mehr Materie, als im Raume des Waſſers, befinden. Wenn nun die im Raume des Goldes vorhandene Materie die Helfte deſſelben ausmacht, ſo muß die im Raume des Waſſers vorhandene noch 19 1/4mal weniger betragen, und es muͤſſen ſich die Zwiſchenraͤume im Waſſer zu dem Theile, den die ſolide Materie ausfuͤllt, wie 38 1/2 zu 1 verhalten. Der Kork iſt 81 1/2mal leichter, als Gold; mithin muß ſich nach eben dieſen Schluͤſſen die Summe der Zwiſchenraͤume im Korke zu dem ſoliden Theile, wie 163 zu 1 verhalten. Wer ſollte wohl glauben, daß es ſo wenig Materie in den Koͤrpern gebe? Und vielleicht haben ſie deren in der That noch viel
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |