wie z. B. bey der Reflexion elfenbeinerner Kugeln an den Banden des Billards, wenigstens beym ersten Abprallen, keine merklichen Abweichungen von der Regel finden. Hier sind Einfalls- und Zurückwerfungswinkel genau gleich, besonders wenn die Geschwindigkeit noch stark ist, und durch Reiben und Umdrehung um die Axe u. s. w. im Zeitpunkte der Reflexion nicht sehr geändert wird. Man pflegt sich in der Experimentalphysik, um das Gesetz der Reflexion zu bestätigen, eines kleinen Billards zu bedienen, auf welchem man der abprallenden Kugel den Weg, den sie nehmen muß, vorzeichnet, indem man den Zurückwerfungswinkel eben so groß, als den Einfallswinkel, macht.
Das Gesetz des Abprallens unter gleichem Winkel fällt überhaupt bey unzählbaren Veranlassungen so deutlich in die Augen, daß es keinem aufmerksamen Beobachter der Natur entgehen kan. Es mußte daher sehr frühzeitig entdelt werden, und war den Alten längst bekannt, wiewohl man darinn irrte, daß man es nicht auf elastische Körper allem einschränkte, sondern als ein allgemeines für alle Arten der Körper geltendes Bewegungsgesetz annahm.
Durch diesen Irrthum ward Descartes verführt, alles Zurückspringen überhaupt als unmittelbare und nothwendige Folge der gehinderten vorigen Bewegung zu betrachten, und auf Elasticität, von der er ohnehin keinen deutlichen Begrif hatte, hiebey gar nicht zu sehen. Er betrachtete nemlich die Bewegung durch ML, Taf. XXVII. Fig. 100. nicht als das Entgegengesetzte der vorigen Bewegung durch LM; er sahe vielmehr beyde Bewegungen als gleichartig und die Ruhe als das Entgegengesetzte von beyden an, und legte dem Körper die Bewegung als etwas ganz Wesentliches bey, das ihn hindere in Ruhe zu kommen, und ihn nöthige rückwärts zu gehen, wenn er weiter vorwärts zu kommen gehindert werde. Beym schiefen Stoße, glaubte er, werde derjenige Theil der Bewegung, der auf die Ebne des Hindernisses senkrecht treffe, zurückgewendet, und combinire sich nachher mit dem andern unveränderten Theile so, daß daraus das Abprallen unter gleichem Winkel erfolge. Er macht hiebey gar keinen Unterschied
wie z. B. bey der Reflexion elfenbeinerner Kugeln an den Banden des Billards, wenigſtens beym erſten Abprallen, keine merklichen Abweichungen von der Regel finden. Hier ſind Einfalls- und Zuruͤckwerfungswinkel genau gleich, beſonders wenn die Geſchwindigkeit noch ſtark iſt, und durch Reiben und Umdrehung um die Axe u. ſ. w. im Zeitpunkte der Reflexion nicht ſehr geaͤndert wird. Man pflegt ſich in der Experimentalphyſik, um das Geſetz der Reflexion zu beſtaͤtigen, eines kleinen Billards zu bedienen, auf welchem man der abprallenden Kugel den Weg, den ſie nehmen muß, vorzeichnet, indem man den Zuruͤckwerfungswinkel eben ſo groß, als den Einfallswinkel, macht.
Das Geſetz des Abprallens unter gleichem Winkel faͤllt uͤberhaupt bey unzaͤhlbaren Veranlaſſungen ſo deutlich in die Augen, daß es keinem aufmerkſamen Beobachter der Natur entgehen kan. Es mußte daher ſehr fruͤhzeitig entdelt werden, und war den Alten laͤngſt bekannt, wiewohl man darinn irrte, daß man es nicht auf elaſtiſche Koͤrper allem einſchraͤnkte, ſondern als ein allgemeines fuͤr alle Arten der Koͤrper geltendes Bewegungsgeſetz annahm.
Durch dieſen Irrthum ward Descartes verfuͤhrt, alles Zuruͤckſpringen uͤberhaupt als unmittelbare und nothwendige Folge der gehinderten vorigen Bewegung zu betrachten, und auf Elaſticitaͤt, von der er ohnehin keinen deutlichen Begrif hatte, hiebey gar nicht zu ſehen. Er betrachtete nemlich die Bewegung durch ML, Taf. XXVII. Fig. 100. nicht als das Entgegengeſetzte der vorigen Bewegung durch LM; er ſahe vielmehr beyde Bewegungen als gleichartig und die Ruhe als das Entgegengeſetzte von beyden an, und legte dem Koͤrper die Bewegung als etwas ganz Weſentliches bey, das ihn hindere in Ruhe zu kommen, und ihn noͤthige ruͤckwaͤrts zu gehen, wenn er weiter vorwaͤrts zu kommen gehindert werde. Beym ſchiefen Stoße, glaubte er, werde derjenige Theil der Bewegung, der auf die Ebne des Hinderniſſes ſenkrecht treffe, zuruͤckgewendet, und combinire ſich nachher mit dem andern unveraͤnderten Theile ſo, daß daraus das Abprallen unter gleichem Winkel erfolge. Er macht hiebey gar keinen Unterſchied
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0910"xml:id="P.4.900"n="900"/><lb/>
wie z. B. bey der Reflexion elfenbeinerner Kugeln an den Banden des Billards, wenigſtens beym erſten Abprallen, keine merklichen Abweichungen von der Regel finden. Hier ſind Einfalls- und Zuruͤckwerfungswinkel genau gleich, beſonders wenn die Geſchwindigkeit noch ſtark iſt, und durch Reiben und Umdrehung um die Axe u. ſ. w. im Zeitpunkte der Reflexion nicht ſehr geaͤndert wird. Man pflegt ſich in der Experimentalphyſik, um das Geſetz der Reflexion zu beſtaͤtigen, eines kleinen Billards zu bedienen, auf welchem man der abprallenden Kugel den Weg, den ſie nehmen muß, vorzeichnet, indem man den Zuruͤckwerfungswinkel eben ſo groß, als den Einfallswinkel, macht.</p><p>Das Geſetz des Abprallens unter gleichem Winkel faͤllt uͤberhaupt bey unzaͤhlbaren Veranlaſſungen ſo deutlich in die Augen, daß es keinem aufmerkſamen Beobachter der Natur entgehen kan. Es mußte daher ſehr fruͤhzeitig entdelt werden, und war den Alten laͤngſt bekannt, wiewohl man darinn irrte, daß man es nicht auf elaſtiſche Koͤrper allem einſchraͤnkte, ſondern als ein allgemeines fuͤr alle Arten der Koͤrper geltendes Bewegungsgeſetz annahm.</p><p>Durch dieſen Irrthum ward <hirendition="#b">Descartes</hi> verfuͤhrt, alles Zuruͤckſpringen uͤberhaupt als unmittelbare und nothwendige Folge der gehinderten vorigen Bewegung zu betrachten, und auf Elaſticitaͤt, von der er ohnehin keinen deutlichen Begrif hatte, hiebey gar nicht zu ſehen. Er betrachtete nemlich die Bewegung durch <hirendition="#aq">ML,</hi> Taf. <hirendition="#aq">XXVII.</hi> Fig. 100. nicht als das Entgegengeſetzte der vorigen Bewegung durch <hirendition="#aq">LM;</hi> er ſahe vielmehr beyde Bewegungen als gleichartig und die Ruhe als das Entgegengeſetzte von beyden an, und legte dem Koͤrper die Bewegung als etwas ganz Weſentliches bey, das ihn hindere in Ruhe zu kommen, und ihn noͤthige ruͤckwaͤrts zu gehen, wenn er weiter vorwaͤrts zu kommen gehindert werde. Beym ſchiefen Stoße, glaubte er, werde derjenige Theil der Bewegung, der auf die Ebne des Hinderniſſes ſenkrecht treffe, zuruͤckgewendet, und combinire ſich nachher mit dem andern unveraͤnderten Theile ſo, daß daraus das Abprallen unter gleichem Winkel erfolge. Er macht hiebey gar keinen Unterſchied<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[900/0910]
wie z. B. bey der Reflexion elfenbeinerner Kugeln an den Banden des Billards, wenigſtens beym erſten Abprallen, keine merklichen Abweichungen von der Regel finden. Hier ſind Einfalls- und Zuruͤckwerfungswinkel genau gleich, beſonders wenn die Geſchwindigkeit noch ſtark iſt, und durch Reiben und Umdrehung um die Axe u. ſ. w. im Zeitpunkte der Reflexion nicht ſehr geaͤndert wird. Man pflegt ſich in der Experimentalphyſik, um das Geſetz der Reflexion zu beſtaͤtigen, eines kleinen Billards zu bedienen, auf welchem man der abprallenden Kugel den Weg, den ſie nehmen muß, vorzeichnet, indem man den Zuruͤckwerfungswinkel eben ſo groß, als den Einfallswinkel, macht.
Das Geſetz des Abprallens unter gleichem Winkel faͤllt uͤberhaupt bey unzaͤhlbaren Veranlaſſungen ſo deutlich in die Augen, daß es keinem aufmerkſamen Beobachter der Natur entgehen kan. Es mußte daher ſehr fruͤhzeitig entdelt werden, und war den Alten laͤngſt bekannt, wiewohl man darinn irrte, daß man es nicht auf elaſtiſche Koͤrper allem einſchraͤnkte, ſondern als ein allgemeines fuͤr alle Arten der Koͤrper geltendes Bewegungsgeſetz annahm.
Durch dieſen Irrthum ward Descartes verfuͤhrt, alles Zuruͤckſpringen uͤberhaupt als unmittelbare und nothwendige Folge der gehinderten vorigen Bewegung zu betrachten, und auf Elaſticitaͤt, von der er ohnehin keinen deutlichen Begrif hatte, hiebey gar nicht zu ſehen. Er betrachtete nemlich die Bewegung durch ML, Taf. XXVII. Fig. 100. nicht als das Entgegengeſetzte der vorigen Bewegung durch LM; er ſahe vielmehr beyde Bewegungen als gleichartig und die Ruhe als das Entgegengeſetzte von beyden an, und legte dem Koͤrper die Bewegung als etwas ganz Weſentliches bey, das ihn hindere in Ruhe zu kommen, und ihn noͤthige ruͤckwaͤrts zu gehen, wenn er weiter vorwaͤrts zu kommen gehindert werde. Beym ſchiefen Stoße, glaubte er, werde derjenige Theil der Bewegung, der auf die Ebne des Hinderniſſes ſenkrecht treffe, zuruͤckgewendet, und combinire ſich nachher mit dem andern unveraͤnderten Theile ſo, daß daraus das Abprallen unter gleichem Winkel erfolge. Er macht hiebey gar keinen Unterſchied
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 900. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/910>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.