Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Man findet das Zinn immer vererzt, und zwar vorzüglich durch Arsenik. Die Zinngraupen sind meistens von brauner Farbe, die einerseits ins Hiacinthgelbe, andrerseits ins dunkelste Schwarz übergeht; ihre Krystallisation ist mehrentheils eine doppelte vierseitige Pyramide. Zinnzwitter nennt man die kleinen in ihr Muttergestein eingesprengten meist nadelförmigen vierseitigen Zinnkalkkrystallen. Der eigentliche derbe Zinnstein, oder ungeformte Zinnkalk hat gewöhnlich die Farbe der Zinngraupen. In Cornwall findet man Zinn durch Schwefel vererzt, oder Zinnkies, der jedoch fast noch mehr Kupfer hält, und daher in England Glockenspeis-erz (bell-metal ore) genannt wird. Eben daselbst trift man auch den sonderbaren braunen Zinnkalk an, der wegen seiner Aehnlichkeit mit dem Nußbaumholze den Namen des Holzzinns (wood-tin) führet. Was man sonst irrig weiße Zinngraupen nannte, ist der Schwerstein oder Tungstein der Schweden, ein weißes Erz des Wolframmetalls, oder eine eigne mit Kalkerde verbundene Säure, s. Metalle. Das Zinn wird nicht allein zu einer großen Menge von Geräthschaften und zu Ueberziehung der kupfernen Küchengeschirre, sondern auch zu mannigfaltigen Versetzungen mit andern Metallen in den Künsten häufig benützt. Auch seine Bereitungen sind zu vielerley Absichten von ausgebreitetem Nutzen. Die Zinnasche dient zum Glas- und Edelsteinpoliren und zu Opalflüssen. In der Arzneykunde werden die Zinnbereitungen wenig oder gar nicht gebraucht: nicht eben wegen des nach Henkel und Marggraf (Chym. Schriften, Th. II. S. 87. und 106) stets mit dem Zinne verbundenen Arseniks, dessen Menge Bayen und Cherlard (Recherches chymiques sur l'etain, faites par l'ordre du gouvernement. a Paris, 1781. 8.) viel zu gering gefunden haben, um einige schädliche Wirkung hervorbringen zu können; sondern vielmehr darum, weil man in allen
Man findet das Zinn immer vererzt, und zwar vorzuͤglich durch Arſenik. Die Zinngraupen ſind meiſtens von brauner Farbe, die einerſeits ins Hiacinthgelbe, andrerſeits ins dunkelſte Schwarz uͤbergeht; ihre Kryſtalliſation iſt mehrentheils eine doppelte vierſeitige Pyramide. Zinnzwitter nennt man die kleinen in ihr Muttergeſtein eingeſprengten meiſt nadelfoͤrmigen vierſeitigen Zinnkalkkryſtallen. Der eigentliche derbe Zinnſtein, oder ungeformte Zinnkalk hat gewoͤhnlich die Farbe der Zinngraupen. In Cornwall findet man Zinn durch Schwefel vererzt, oder Zinnkies, der jedoch faſt noch mehr Kupfer haͤlt, und daher in England Glockenſpeis-erz (bell-metal ore) genannt wird. Eben daſelbſt trift man auch den ſonderbaren braunen Zinnkalk an, der wegen ſeiner Aehnlichkeit mit dem Nußbaumholze den Namen des Holzzinns (wood-tin) fuͤhret. Was man ſonſt irrig weiße Zinngraupen nannte, iſt der Schwerſtein oder Tungſtein der Schweden, ein weißes Erz des Wolframmetalls, oder eine eigne mit Kalkerde verbundene Saͤure, ſ. Metalle. Das Zinn wird nicht allein zu einer großen Menge von Geraͤthſchaften und zu Ueberziehung der kupfernen Kuͤchengeſchirre, ſondern auch zu mannigfaltigen Verſetzungen mit andern Metallen in den Kuͤnſten haͤufig benuͤtzt. Auch ſeine Bereitungen ſind zu vielerley Abſichten von ausgebreitetem Nutzen. Die Zinnaſche dient zum Glas- und Edelſteinpoliren und zu Opalfluͤſſen. In der Arzneykunde werden die Zinnbereitungen wenig oder gar nicht gebraucht: nicht eben wegen des nach Henkel und Marggraf (Chym. Schriften, Th. II. S. 87. und 106) ſtets mit dem Zinne verbundenen Arſeniks, deſſen Menge Bayen und Cherlard (Recherches chymiques ſur l'étain, faites par l'ordre du gouvernement. à Paris, 1781. 8.) viel zu gering gefunden haben, um einige ſchaͤdliche Wirkung hervorbringen zu koͤnnen; ſondern vielmehr darum, weil man in allen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0884" xml:id="P.4.874" n="874"/><lb/> ſalzſauren Zinne merklich unterſcheidet, vermuthlich darum, weil die Salzſaͤure darinn ſo, wie im Sublimate ſelbſt, in dephlogiſtiſirtem Zuſtande enthalten iſt.</p> <p>Man findet das Zinn immer vererzt, und zwar vorzuͤglich durch Arſenik. Die <hi rendition="#b">Zinngraupen</hi> ſind meiſtens von brauner Farbe, die einerſeits ins Hiacinthgelbe, andrerſeits ins dunkelſte Schwarz uͤbergeht; ihre Kryſtalliſation iſt mehrentheils eine doppelte vierſeitige Pyramide. <hi rendition="#b">Zinnzwitter</hi> nennt man die kleinen in ihr Muttergeſtein eingeſprengten meiſt nadelfoͤrmigen vierſeitigen Zinnkalkkryſtallen. Der eigentliche derbe <hi rendition="#b">Zinnſtein,</hi> oder ungeformte Zinnkalk hat gewoͤhnlich die Farbe der Zinngraupen. In Cornwall findet man Zinn durch Schwefel vererzt, oder <hi rendition="#b">Zinnkies,</hi> der jedoch faſt noch mehr Kupfer haͤlt, und daher in England Glockenſpeis-erz <hi rendition="#i">(<hi rendition="#aq">bell-metal ore</hi></hi>) genannt wird. Eben daſelbſt trift man auch den ſonderbaren braunen Zinnkalk an, der wegen ſeiner Aehnlichkeit mit dem Nußbaumholze den Namen des <hi rendition="#b">Holzzinns</hi> <hi rendition="#i">(<hi rendition="#aq">wood-tin</hi>)</hi> fuͤhret. Was man ſonſt irrig weiße Zinngraupen nannte, iſt der Schwerſtein oder Tungſtein der Schweden, ein weißes Erz des Wolframmetalls, oder eine eigne mit Kalkerde verbundene Saͤure, <hi rendition="#b">ſ. Metalle.</hi></p> <p>Das Zinn wird nicht allein zu einer großen Menge von Geraͤthſchaften und zu Ueberziehung der kupfernen Kuͤchengeſchirre, ſondern auch zu mannigfaltigen Verſetzungen mit andern Metallen in den Kuͤnſten haͤufig benuͤtzt. Auch ſeine Bereitungen ſind zu vielerley Abſichten von ausgebreitetem Nutzen. Die Zinnaſche dient zum Glas- und Edelſteinpoliren und zu Opalfluͤſſen. In der Arzneykunde werden die Zinnbereitungen wenig oder gar nicht gebraucht: nicht eben wegen des nach <hi rendition="#b">Henkel</hi> und <hi rendition="#b">Marggraf</hi> (Chym. Schriften, Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 87. und 106) ſtets mit dem Zinne verbundenen Arſeniks, deſſen Menge <hi rendition="#b">Bayen</hi> und <hi rendition="#b">Cherlard</hi> (<hi rendition="#aq">Recherches chymiques ſur l'étain, faites par l'ordre du gouvernement. à Paris, 1781. 8.</hi>) viel zu gering gefunden haben, um einige ſchaͤdliche Wirkung hervorbringen zu koͤnnen; ſondern vielmehr darum, weil man in allen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [874/0884]
ſalzſauren Zinne merklich unterſcheidet, vermuthlich darum, weil die Salzſaͤure darinn ſo, wie im Sublimate ſelbſt, in dephlogiſtiſirtem Zuſtande enthalten iſt.
Man findet das Zinn immer vererzt, und zwar vorzuͤglich durch Arſenik. Die Zinngraupen ſind meiſtens von brauner Farbe, die einerſeits ins Hiacinthgelbe, andrerſeits ins dunkelſte Schwarz uͤbergeht; ihre Kryſtalliſation iſt mehrentheils eine doppelte vierſeitige Pyramide. Zinnzwitter nennt man die kleinen in ihr Muttergeſtein eingeſprengten meiſt nadelfoͤrmigen vierſeitigen Zinnkalkkryſtallen. Der eigentliche derbe Zinnſtein, oder ungeformte Zinnkalk hat gewoͤhnlich die Farbe der Zinngraupen. In Cornwall findet man Zinn durch Schwefel vererzt, oder Zinnkies, der jedoch faſt noch mehr Kupfer haͤlt, und daher in England Glockenſpeis-erz (bell-metal ore) genannt wird. Eben daſelbſt trift man auch den ſonderbaren braunen Zinnkalk an, der wegen ſeiner Aehnlichkeit mit dem Nußbaumholze den Namen des Holzzinns (wood-tin) fuͤhret. Was man ſonſt irrig weiße Zinngraupen nannte, iſt der Schwerſtein oder Tungſtein der Schweden, ein weißes Erz des Wolframmetalls, oder eine eigne mit Kalkerde verbundene Saͤure, ſ. Metalle.
Das Zinn wird nicht allein zu einer großen Menge von Geraͤthſchaften und zu Ueberziehung der kupfernen Kuͤchengeſchirre, ſondern auch zu mannigfaltigen Verſetzungen mit andern Metallen in den Kuͤnſten haͤufig benuͤtzt. Auch ſeine Bereitungen ſind zu vielerley Abſichten von ausgebreitetem Nutzen. Die Zinnaſche dient zum Glas- und Edelſteinpoliren und zu Opalfluͤſſen. In der Arzneykunde werden die Zinnbereitungen wenig oder gar nicht gebraucht: nicht eben wegen des nach Henkel und Marggraf (Chym. Schriften, Th. II. S. 87. und 106) ſtets mit dem Zinne verbundenen Arſeniks, deſſen Menge Bayen und Cherlard (Recherches chymiques ſur l'étain, faites par l'ordre du gouvernement. à Paris, 1781. 8.) viel zu gering gefunden haben, um einige ſchaͤdliche Wirkung hervorbringen zu koͤnnen; ſondern vielmehr darum, weil man in allen
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