Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Die Beobachtungen zeigen uns nur die Oberfläche der Sonne. Also nur von dieser wissen wir, daß sie leuchte. Daß das Innere dunkel sey, ist möglich, und wird aus der Erscheinung der Sonnenflecken sogar wahrscheinlich. Man hat daher wohl Grund, die Sonne für einen dunkeln Körper zu halten, den blos ein leuchtender Ueberzug umkleidet, worüber ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Artikel Sonnenflecken verweise. Ob aber nun dieser Ueberzug aus einem verdichteten Aether, aus Materie des Lichts, aus elektrischer Materie, oder, wie Peyroux de la Coudroniere (in Lichtenbergs Magazin für das Neueste aus der Phys. u. Naturg. B. I. St. 1. S. 1. u. f.) glaubt, aus brennbarer durch Elektricität entzündeter Luft u. s. w. bestehe, und ob sich auf der dunklen Kugel unter der leuchtenden Hülle ein Wohnplatz für denkende und empfindende Wesen befinde, ist aus Beobachtungen, auch nur muthmaßlich, zu bestimmen unmöglich. Das Beste ist also wohl, aufrichtig zu gestehen, daß man von der Beschaffenheit, dem Stoffe und der Bewohnbarkeit des Sonnenkörpers gar nichts zu sagen wisse. So weise verfuhr schon Huygens in einem Buche, das doch ganz für Muthmaßungen bestimmt war (Cosmotheor. p. m. 126.). So gewiß er sich überzeugt hält, daß die Planeten und Monden Bewohner haben, so zweifelt er doch daran bey der Sonne. "In hocipso Sole non improbabile quibusdam visum est, animalia vivere posse. Sed cum multo magis etiam, quam in Lunis, conjectura omnis hic desiciat, nescio, qua ratione id ita esse opinati sint-- Aliud genus viventium animo concipiendum esset, longeque ab omni natura eorum, quae unquam vidimus, aut cogitavimus, diversum. Quod fere idem est, ac
Die Beobachtungen zeigen uns nur die Oberflaͤche der Sonne. Alſo nur von dieſer wiſſen wir, daß ſie leuchte. Daß das Innere dunkel ſey, iſt moͤglich, und wird aus der Erſcheinung der Sonnenflecken ſogar wahrſcheinlich. Man hat daher wohl Grund, die Sonne fuͤr einen dunkeln Koͤrper zu halten, den blos ein leuchtender Ueberzug umkleidet, woruͤber ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Artikel Sonnenflecken verweiſe. Ob aber nun dieſer Ueberzug aus einem verdichteten Aether, aus Materie des Lichts, aus elektriſcher Materie, oder, wie Peyroux de la Coudroniere (in Lichtenbergs Magazin fuͤr das Neueſte aus der Phyſ. u. Naturg. B. I. St. 1. S. 1. u. f.) glaubt, aus brennbarer durch Elektricitaͤt entzuͤndeter Luft u. ſ. w. beſtehe, und ob ſich auf der dunklen Kugel unter der leuchtenden Huͤlle ein Wohnplatz fuͤr denkende und empfindende Weſen befinde, iſt aus Beobachtungen, auch nur muthmaßlich, zu beſtimmen unmoͤglich. Das Beſte iſt alſo wohl, aufrichtig zu geſtehen, daß man von der Beſchaffenheit, dem Stoffe und der Bewohnbarkeit des Sonnenkoͤrpers gar nichts zu ſagen wiſſe. So weiſe verfuhr ſchon Huygens in einem Buche, das doch ganz fuͤr Muthmaßungen beſtimmt war (Coſmotheor. p. m. 126.). So gewiß er ſich uͤberzeugt haͤlt, daß die Planeten und Monden Bewohner haben, ſo zweifelt er doch daran bey der Sonne. ”In hocipſo Sole non improbabile quibusdam viſum eſt, animalia vivere poſſe. Sed cum multo magis etiam, quam in Lunis, conjectura omnis hic deſiciat, neſcio, qua ratione id ita eſſe opinati ſint— Aliud genus viventium animo concipiendum eſſet, longeque ab omni natura eorum, quae unquam vidimus, aut cogitavimus, diverſum. Quod fere idem eſt, ac <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0088" xml:id="P.4.78" n="78"/><lb/> ziemlich auf ebendaſſelbe hinaus. Herr <hi rendition="#b">Bode</hi> (Anleitung zur Kenntniß des geſtirnten Himmels, 5te Aufl. Berlin 1788. S. 598) nennt doch die Meinung, daß die Sonne eine feuerloſe elektriſche Kugel ſey, die neueſte und hoͤchſt wahrſcheinlich richtigere. Bey einer ſolchen Beſchaffenheit der Sonne koͤnnte man ſich auch eher Bewohner derſelben gedenken.</p> <p>Die Beobachtungen zeigen uns nur die Oberflaͤche der Sonne. Alſo nur von dieſer wiſſen wir, daß ſie leuchte. Daß das Innere dunkel ſey, iſt moͤglich, und wird aus der Erſcheinung der Sonnenflecken ſogar wahrſcheinlich. Man hat daher wohl Grund, die Sonne fuͤr einen dunkeln Koͤrper zu halten, den blos ein leuchtender Ueberzug umkleidet, woruͤber ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Artikel <hi rendition="#b">Sonnenflecken</hi> verweiſe. Ob aber nun dieſer Ueberzug aus einem verdichteten Aether, aus Materie des Lichts, aus elektriſcher Materie, oder, wie <hi rendition="#b">Peyroux de la Coudroniere</hi> (in <hi rendition="#b">Lichtenbergs</hi> Magazin fuͤr das Neueſte aus der Phyſ. u. Naturg. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> St. 1. S. 1. u. f.) glaubt, aus brennbarer durch Elektricitaͤt entzuͤndeter Luft u. ſ. w. beſtehe, und ob ſich auf der dunklen Kugel unter der leuchtenden Huͤlle ein Wohnplatz fuͤr denkende und empfindende Weſen befinde, iſt aus Beobachtungen, auch nur muthmaßlich, zu beſtimmen unmoͤglich.</p> <p>Das Beſte iſt alſo wohl, aufrichtig zu geſtehen, daß man von der Beſchaffenheit, dem Stoffe und der Bewohnbarkeit des Sonnenkoͤrpers gar nichts zu ſagen wiſſe. So weiſe verfuhr ſchon <hi rendition="#b">Huygens</hi> in einem Buche, das doch ganz fuͤr Muthmaßungen beſtimmt war (<hi rendition="#aq">Coſmotheor. p. m. 126.</hi>). So gewiß er ſich uͤberzeugt haͤlt, daß die Planeten und Monden Bewohner haben, ſo zweifelt er doch daran bey der Sonne. ”<hi rendition="#aq">In hocipſo Sole non improbabile quibusdam viſum eſt, animalia vivere poſſe. Sed cum multo magis etiam, quam in Lunis, <hi rendition="#i">conjectura omnis hic deſiciat,</hi> neſcio, qua ratione id ita eſſe opinati ſint— Aliud genus viventium animo concipiendum eſſet, longeque ab omni natura eorum, quae unquam vidimus, aut cogitavimus, diverſum. Quod fere idem eſt, ac<lb/></hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0088]
ziemlich auf ebendaſſelbe hinaus. Herr Bode (Anleitung zur Kenntniß des geſtirnten Himmels, 5te Aufl. Berlin 1788. S. 598) nennt doch die Meinung, daß die Sonne eine feuerloſe elektriſche Kugel ſey, die neueſte und hoͤchſt wahrſcheinlich richtigere. Bey einer ſolchen Beſchaffenheit der Sonne koͤnnte man ſich auch eher Bewohner derſelben gedenken.
Die Beobachtungen zeigen uns nur die Oberflaͤche der Sonne. Alſo nur von dieſer wiſſen wir, daß ſie leuchte. Daß das Innere dunkel ſey, iſt moͤglich, und wird aus der Erſcheinung der Sonnenflecken ſogar wahrſcheinlich. Man hat daher wohl Grund, die Sonne fuͤr einen dunkeln Koͤrper zu halten, den blos ein leuchtender Ueberzug umkleidet, woruͤber ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Artikel Sonnenflecken verweiſe. Ob aber nun dieſer Ueberzug aus einem verdichteten Aether, aus Materie des Lichts, aus elektriſcher Materie, oder, wie Peyroux de la Coudroniere (in Lichtenbergs Magazin fuͤr das Neueſte aus der Phyſ. u. Naturg. B. I. St. 1. S. 1. u. f.) glaubt, aus brennbarer durch Elektricitaͤt entzuͤndeter Luft u. ſ. w. beſtehe, und ob ſich auf der dunklen Kugel unter der leuchtenden Huͤlle ein Wohnplatz fuͤr denkende und empfindende Weſen befinde, iſt aus Beobachtungen, auch nur muthmaßlich, zu beſtimmen unmoͤglich.
Das Beſte iſt alſo wohl, aufrichtig zu geſtehen, daß man von der Beſchaffenheit, dem Stoffe und der Bewohnbarkeit des Sonnenkoͤrpers gar nichts zu ſagen wiſſe. So weiſe verfuhr ſchon Huygens in einem Buche, das doch ganz fuͤr Muthmaßungen beſtimmt war (Coſmotheor. p. m. 126.). So gewiß er ſich uͤberzeugt haͤlt, daß die Planeten und Monden Bewohner haben, ſo zweifelt er doch daran bey der Sonne. ”In hocipſo Sole non improbabile quibusdam viſum eſt, animalia vivere poſſe. Sed cum multo magis etiam, quam in Lunis, conjectura omnis hic deſiciat, neſcio, qua ratione id ita eſſe opinati ſint— Aliud genus viventium animo concipiendum eſſet, longeque ab omni natura eorum, quae unquam vidimus, aut cogitavimus, diverſum. Quod fere idem eſt, ac
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