Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Schon die Alten bemerkten es oft. Plinius (H. N. II. 37.) erzählt, er selbst habe Sterne auf den Lanzen der Soldaten und auf den Masten der Schiffe gesehen, die mit Zischen von einem Orte zum andern gehüpft wären. Zween solche Sterne wären Vorbedeutung einer glücklichen Fahrt, und würden von den Schiffern unter dem Namen Castor und Pollux verehrt; einer allein, den man Helena nenne, bedeute Unglück Dergleichen sehe man auch bisweilen an den Häuptern der Menschen, mira ratione, wie er sagt, et in naturae majestate abdita. Aehnliche Erwähnungen kommen beym Seneca (Quaest. nat. L. I. c. 1.), Hirtius (De bello Africano, c. 47.), Livius (XXII. 1.), und beym Plutarch im Leben Lysanders vor. Den Schiffern ist dieses Phänomen sehr bekannt, und wird von den Portugiesen Corpo santo, von den Engländern Comazant, von den Niederdeutschen Weerlicht genannt. Der Name St. Elmo, Telmo, oder Hermo ist allem Ansehen nach das verstümmelte Helena der Alten.

Neuere Beobachtungen hievon theils aus Schiffen, theils an Thurmspitzen u. dgl. hat Reimarus (Vom Blitze 32 -- 37 Erfahr. S. 73 u. f.) gesammelt. Folgende Beschreibung ist vom Ritter Forbin (Mem. du Comte de Forbin To. I. p. 368. und im Hamburg. Magaz. VII. B. S. 425.). "Im Jahr 1696 zog sich plötzlich während "der Nacht ein schwarzes Gewölk zusammen, wobey er"schreckliche Blitze und Donnerschläge entstanden. Weil "ich einen starken Sturm befürchtete, ließ ich alle Segel "einziehen. Wir sahen auf dem Schiffe mehr, als 30 St. "Elmusfeuer. Eines unter andern befand sich oben auf "dem Windflügel des großen Mastes, welches mehr als "1 1/2 Fuß hoch war. Ich schickte einen Matrosen hinauf, "es herunterzubringen. Als er oben war, hörte er dieses "Feuer ein Geräusch machen, wie wenn man angefeuchtetes "Schießpulver anzündet. Ich befahl ihm, den Flügel ab"zunehmen, und damit herunterzukommen. Kaum hatte "er ihn aber von der Stelle genommen, so gieng das Feuer "davon weg, und setzte sich auf die Spitze des Mastes, "ohne daß man es davon hätte abbringen können. Es


Schon die Alten bemerkten es oft. Plinius (H. N. II. 37.) erzaͤhlt, er ſelbſt habe Sterne auf den Lanzen der Soldaten und auf den Maſten der Schiffe geſehen, die mit Ziſchen von einem Orte zum andern gehuͤpft waͤren. Zween ſolche Sterne waͤren Vorbedeutung einer gluͤcklichen Fahrt, und wuͤrden von den Schiffern unter dem Namen Caſtor und Pollux verehrt; einer allein, den man Helena nenne, bedeute Ungluͤck Dergleichen ſehe man auch bisweilen an den Haͤuptern der Menſchen, mira ratione, wie er ſagt, et in naturae majeſtate abdita. Aehnliche Erwaͤhnungen kommen beym Seneca (Quaeſt. nat. L. I. c. 1.), Hirtius (De bello Africano, c. 47.), Livius (XXII. 1.), und beym Plutarch im Leben Lyſanders vor. Den Schiffern iſt dieſes Phaͤnomen ſehr bekannt, und wird von den Portugieſen Corpo ſanto, von den Englaͤndern Comazant, von den Niederdeutſchen Weerlicht genannt. Der Name St. Elmo, Telmo, oder Hermo iſt allem Anſehen nach das verſtuͤmmelte Helena der Alten.

Neuere Beobachtungen hievon theils aus Schiffen, theils an Thurmſpitzen u. dgl. hat Reimarus (Vom Blitze 32 — 37 Erfahr. S. 73 u. f.) geſammelt. Folgende Beſchreibung iſt vom Ritter Forbin (Mém. du Comte de Forbin To. I. p. 368. und im Hamburg. Magaz. VII. B. S. 425.). ”Im Jahr 1696 zog ſich ploͤtzlich waͤhrend ”der Nacht ein ſchwarzes Gewoͤlk zuſammen, wobey er”ſchreckliche Blitze und Donnerſchlaͤge entſtanden. Weil ”ich einen ſtarken Sturm befuͤrchtete, ließ ich alle Segel ”einziehen. Wir ſahen auf dem Schiffe mehr, als 30 St. ”Elmusfeuer. Eines unter andern befand ſich oben auf ”dem Windfluͤgel des großen Maſtes, welches mehr als ”1 1/2 Fuß hoch war. Ich ſchickte einen Matroſen hinauf, ”es herunterzubringen. Als er oben war, hoͤrte er dieſes ”Feuer ein Geraͤuſch machen, wie wenn man angefeuchtetes ”Schießpulver anzuͤndet. Ich befahl ihm, den Fluͤgel ab”zunehmen, und damit herunterzukommen. Kaum hatte ”er ihn aber von der Stelle genommen, ſo gieng das Feuer ”davon weg, und ſetzte ſich auf die Spitze des Maſtes, ”ohne daß man es davon haͤtte abbringen koͤnnen. Es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0752" xml:id="P.4.742" n="742"/><lb/>
            </p>
            <p>Schon die Alten bemerkten es oft. <hi rendition="#b">Plinius</hi> (<hi rendition="#aq">H. N. II. 37.</hi>) erza&#x0364;hlt, er &#x017F;elb&#x017F;t habe Sterne auf den Lanzen der Soldaten und auf den Ma&#x017F;ten der Schiffe ge&#x017F;ehen, die mit Zi&#x017F;chen von einem Orte zum andern gehu&#x0364;pft wa&#x0364;ren. Zween &#x017F;olche Sterne wa&#x0364;ren Vorbedeutung einer glu&#x0364;cklichen Fahrt, und wu&#x0364;rden von den Schiffern unter dem Namen Ca&#x017F;tor und Pollux verehrt; einer allein, den man Helena nenne, bedeute Unglu&#x0364;ck Dergleichen &#x017F;ehe man auch bisweilen an den Ha&#x0364;uptern der Men&#x017F;chen, <hi rendition="#aq">mira ratione,</hi> wie er &#x017F;agt, <hi rendition="#aq">et in naturae maje&#x017F;tate abdita.</hi> Aehnliche Erwa&#x0364;hnungen kommen beym <hi rendition="#b">Seneca</hi> (<hi rendition="#aq">Quae&#x017F;t. nat. L. I. c. 1.</hi>), <hi rendition="#b">Hirtius</hi> (<hi rendition="#aq">De bello Africano, c. 47.</hi>), <hi rendition="#b">Livius</hi> (<hi rendition="#aq">XXII. 1.</hi>), und beym <hi rendition="#b">Plutarch</hi> im Leben Ly&#x017F;anders vor. Den Schiffern i&#x017F;t die&#x017F;es Pha&#x0364;nomen &#x017F;ehr bekannt, und wird von den Portugie&#x017F;en <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Corpo &#x017F;anto,</hi></hi> von den Engla&#x0364;ndern <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Comazant,</hi></hi> von den Niederdeut&#x017F;chen <hi rendition="#b">Weerlicht</hi> genannt. Der Name <hi rendition="#b">St. Elmo, Telmo,</hi> oder <hi rendition="#b">Hermo</hi> i&#x017F;t allem An&#x017F;ehen nach das ver&#x017F;tu&#x0364;mmelte Helena der Alten.</p>
            <p>Neuere Beobachtungen hievon theils aus Schiffen, theils an Thurm&#x017F;pitzen u. dgl. hat <hi rendition="#b">Reimarus</hi> (Vom Blitze 32 &#x2014; 37 Erfahr. S. 73 u. f.) ge&#x017F;ammelt. Folgende Be&#x017F;chreibung i&#x017F;t vom Ritter <hi rendition="#b">Forbin</hi> (<hi rendition="#aq">Mém. du Comte de <hi rendition="#i">Forbin</hi> To. I. p. 368.</hi> und im Hamburg. Magaz. <hi rendition="#aq">VII.</hi> B. S. 425.). &#x201D;Im Jahr 1696 zog &#x017F;ich plo&#x0364;tzlich wa&#x0364;hrend &#x201D;der Nacht ein &#x017F;chwarzes Gewo&#x0364;lk zu&#x017F;ammen, wobey er&#x201D;&#x017F;chreckliche Blitze und Donner&#x017F;chla&#x0364;ge ent&#x017F;tanden. Weil &#x201D;ich einen &#x017F;tarken Sturm befu&#x0364;rchtete, ließ ich alle Segel &#x201D;einziehen. Wir &#x017F;ahen auf dem Schiffe mehr, als 30 St. &#x201D;Elmusfeuer. Eines unter andern befand &#x017F;ich oben auf &#x201D;dem Windflu&#x0364;gel des großen Ma&#x017F;tes, welches mehr als &#x201D;1 1/2 Fuß hoch war. Ich &#x017F;chickte einen Matro&#x017F;en hinauf, &#x201D;es herunterzubringen. Als er oben war, ho&#x0364;rte er die&#x017F;es &#x201D;Feuer ein Gera&#x0364;u&#x017F;ch machen, wie wenn man angefeuchtetes &#x201D;Schießpulver anzu&#x0364;ndet. Ich befahl ihm, den Flu&#x0364;gel ab&#x201D;zunehmen, und damit herunterzukommen. Kaum hatte &#x201D;er ihn aber von der Stelle genommen, &#x017F;o gieng das Feuer &#x201D;davon weg, und &#x017F;etzte &#x017F;ich auf die Spitze des Ma&#x017F;tes, &#x201D;ohne daß man es davon ha&#x0364;tte abbringen ko&#x0364;nnen. Es<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[742/0752] Schon die Alten bemerkten es oft. Plinius (H. N. II. 37.) erzaͤhlt, er ſelbſt habe Sterne auf den Lanzen der Soldaten und auf den Maſten der Schiffe geſehen, die mit Ziſchen von einem Orte zum andern gehuͤpft waͤren. Zween ſolche Sterne waͤren Vorbedeutung einer gluͤcklichen Fahrt, und wuͤrden von den Schiffern unter dem Namen Caſtor und Pollux verehrt; einer allein, den man Helena nenne, bedeute Ungluͤck Dergleichen ſehe man auch bisweilen an den Haͤuptern der Menſchen, mira ratione, wie er ſagt, et in naturae majeſtate abdita. Aehnliche Erwaͤhnungen kommen beym Seneca (Quaeſt. nat. L. I. c. 1.), Hirtius (De bello Africano, c. 47.), Livius (XXII. 1.), und beym Plutarch im Leben Lyſanders vor. Den Schiffern iſt dieſes Phaͤnomen ſehr bekannt, und wird von den Portugieſen Corpo ſanto, von den Englaͤndern Comazant, von den Niederdeutſchen Weerlicht genannt. Der Name St. Elmo, Telmo, oder Hermo iſt allem Anſehen nach das verſtuͤmmelte Helena der Alten. Neuere Beobachtungen hievon theils aus Schiffen, theils an Thurmſpitzen u. dgl. hat Reimarus (Vom Blitze 32 — 37 Erfahr. S. 73 u. f.) geſammelt. Folgende Beſchreibung iſt vom Ritter Forbin (Mém. du Comte de Forbin To. I. p. 368. und im Hamburg. Magaz. VII. B. S. 425.). ”Im Jahr 1696 zog ſich ploͤtzlich waͤhrend ”der Nacht ein ſchwarzes Gewoͤlk zuſammen, wobey er”ſchreckliche Blitze und Donnerſchlaͤge entſtanden. Weil ”ich einen ſtarken Sturm befuͤrchtete, ließ ich alle Segel ”einziehen. Wir ſahen auf dem Schiffe mehr, als 30 St. ”Elmusfeuer. Eines unter andern befand ſich oben auf ”dem Windfluͤgel des großen Maſtes, welches mehr als ”1 1/2 Fuß hoch war. Ich ſchickte einen Matroſen hinauf, ”es herunterzubringen. Als er oben war, hoͤrte er dieſes ”Feuer ein Geraͤuſch machen, wie wenn man angefeuchtetes ”Schießpulver anzuͤndet. Ich befahl ihm, den Fluͤgel ab”zunehmen, und damit herunterzukommen. Kaum hatte ”er ihn aber von der Stelle genommen, ſo gieng das Feuer ”davon weg, und ſetzte ſich auf die Spitze des Maſtes, ”ohne daß man es davon haͤtte abbringen koͤnnen. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/752
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 742. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/752>, abgerufen am 17.05.2024.