Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Auf diese Versuche gründet Herr D. Gren (Grundriß der Naturlehre, §. 427. System. Handbuch der gesammten Chemie, Th. I. §. 295.) die Behauptung, daß der Wärmestof nicht nur ganz ohne Schwere, sondern sogar absolut leicht, oder vielmehr negativ schwer sey, d. i. von der Erde abwärts strebe, und das Gewicht der Körper durch seinen Beytritt vermindere. Ich habe an mehrern Stellen dieses Wörterbuchs (s. Masse Th. III. S. 145. 146. Phlogiston, Th. III. S. 473. Verbrennung) erklärt, wie unwahrscheinlich ich das Daseyn negativ schwerer Materien finde. Sehr ausführlich und gründlich ist dasselbe von Herrn Professor Hindenburg (Progr. quo ostenditur, calorem et phlogiston non esse materias absolute leves. Lips. 1790. 4.) bestritten worden, welcher deutlich zeigt, daß so schwankende Versuche gar nichts dafür beweisen können; daß das Aufwärtssteigen der Wärme im luftleeren Raume sich eben so aus der Schwere und Elasticität des Wärmestofs erklären lasse, wie das Aufwärtsdrücken der Luft aus ihrer Schwere und Federkraft erklärt wird; daß es nicht genug sey zu sagen, ein Stof strebe von der Erde abwärts, wenn man nicht angeben könne, wohin er strebe; und daß, wie schon Musschenbroek erinnert, ein absolut leichtes Feuer sich endlich ganz vom Erdballe verlieren müßte. Ueberhaupt dürfen wir, da alle bekannte Stoffe schwer sind, nach der Analogie und den Regeln der physikalischen Erklärungskunst keinen eher für absolut leicht annehmen, als bis uns offenbare und ganz entscheidende Erfahrungen hiezu nöthigen. Bis jetzt scheinen dergleichen noch nicht vorhanden zu seyn. Herr Pictet (Essais de physique. a Geneve, 1790. To. I. ch. 2. übers. Pictets Versuch über das Feuer; a. d. Franz. Tübingen, 1790. 8.) bringt zwar über das Aufwärtssteigen der Wärme noch einen merkwürdigen Versuch bey. Er erhitzte im luftleeren Raume die Mitte eines Messingstabs durch ein Brennglas, und fand, daß allemal das obere Ende schneller und stärker erwärmt ward, als das untere, welches Ende auch nach oben gekehrt
Auf dieſe Verſuche gruͤndet Herr D. Gren (Grundriß der Naturlehre, §. 427. Syſtem. Handbuch der geſammten Chemie, Th. I. §. 295.) die Behauptung, daß der Waͤrmeſtof nicht nur ganz ohne Schwere, ſondern ſogar abſolut leicht, oder vielmehr negativ ſchwer ſey, d. i. von der Erde abwaͤrts ſtrebe, und das Gewicht der Koͤrper durch ſeinen Beytritt vermindere. Ich habe an mehrern Stellen dieſes Woͤrterbuchs (ſ. Maſſe Th. III. S. 145. 146. Phlogiſton, Th. III. S. 473. Verbrennung) erklaͤrt, wie unwahrſcheinlich ich das Daſeyn negativ ſchwerer Materien finde. Sehr ausfuͤhrlich und gruͤndlich iſt daſſelbe von Herrn Profeſſor Hindenburg (Progr. quo oſtenditur, calorem et phlogiſton non eſſe materias abſolute leves. Lipſ. 1790. 4.) beſtritten worden, welcher deutlich zeigt, daß ſo ſchwankende Verſuche gar nichts dafuͤr beweiſen koͤnnen; daß das Aufwaͤrtsſteigen der Waͤrme im luftleeren Raume ſich eben ſo aus der Schwere und Elaſticitaͤt des Waͤrmeſtofs erklaͤren laſſe, wie das Aufwaͤrtsdruͤcken der Luft aus ihrer Schwere und Federkraft erklaͤrt wird; daß es nicht genug ſey zu ſagen, ein Stof ſtrebe von der Erde abwaͤrts, wenn man nicht angeben koͤnne, wohin er ſtrebe; und daß, wie ſchon Muſſchenbroek erinnert, ein abſolut leichtes Feuer ſich endlich ganz vom Erdballe verlieren muͤßte. Ueberhaupt duͤrfen wir, da alle bekannte Stoffe ſchwer ſind, nach der Analogie und den Regeln der phyſikaliſchen Erklaͤrungskunſt keinen eher fuͤr abſolut leicht annehmen, als bis uns offenbare und ganz entſcheidende Erfahrungen hiezu noͤthigen. Bis jetzt ſcheinen dergleichen noch nicht vorhanden zu ſeyn. Herr Pictet (Eſſais de phyſique. à Geneve, 1790. To. I. ch. 2. uͤberſ. Pictets Verſuch uͤber das Feuer; a. d. Franz. Tuͤbingen, 1790. 8.) bringt zwar uͤber das Aufwaͤrtsſteigen der Waͤrme noch einen merkwuͤrdigen Verſuch bey. Er erhitzte im luftleeren Raume die Mitte eines Meſſingſtabs durch ein Brennglas, und fand, daß allemal das obere Ende ſchneller und ſtaͤrker erwaͤrmt ward, als das untere, welches Ende auch nach oben gekehrt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0558" xml:id="P.4.548" n="548"/><lb/> gefroren um drey Gran ſchwerer, als im fluͤßigen Zuſtande, gefunden.</p> <p>Auf dieſe Verſuche gruͤndet Herr <hi rendition="#b">D. Gren</hi> (Grundriß der Naturlehre, §. 427. Syſtem. Handbuch der geſammten Chemie, Th. <hi rendition="#aq">I. §. 295.</hi>) die Behauptung, daß der Waͤrmeſtof nicht nur ganz ohne Schwere, ſondern ſogar <hi rendition="#b">abſolut leicht,</hi> oder vielmehr <hi rendition="#b">negativ ſchwer</hi> ſey, d. i. von der Erde abwaͤrts ſtrebe, und das Gewicht der Koͤrper durch ſeinen Beytritt vermindere. Ich habe an mehrern Stellen dieſes Woͤrterbuchs (<hi rendition="#b">ſ. Maſſe</hi> Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 145. 146. <hi rendition="#b">Phlogiſton,</hi> Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 473. <hi rendition="#b">Verbrennung</hi>) erklaͤrt, wie unwahrſcheinlich ich das Daſeyn negativ ſchwerer Materien finde. Sehr ausfuͤhrlich und gruͤndlich iſt daſſelbe von Herrn Profeſſor <hi rendition="#b">Hindenburg</hi> (<hi rendition="#aq">Progr. quo oſtenditur, calorem et phlogiſton non eſſe materias abſolute leves. Lipſ. 1790. 4.</hi>) beſtritten worden, welcher deutlich zeigt, daß ſo ſchwankende Verſuche gar nichts dafuͤr beweiſen koͤnnen; daß das <hi rendition="#b">Aufwaͤrtsſteigen</hi> der Waͤrme im luftleeren Raume ſich eben ſo aus der Schwere und Elaſticitaͤt des Waͤrmeſtofs erklaͤren laſſe, wie das Aufwaͤrtsdruͤcken der Luft aus ihrer Schwere und Federkraft erklaͤrt wird; daß es nicht genug ſey zu ſagen, ein Stof ſtrebe von der Erde abwaͤrts, wenn man nicht angeben koͤnne, <hi rendition="#b">wohin</hi> er ſtrebe; und daß, wie ſchon <hi rendition="#b">Muſſchenbroek</hi> erinnert, ein abſolut leichtes Feuer ſich endlich ganz vom Erdballe verlieren muͤßte. Ueberhaupt duͤrfen wir, da alle bekannte Stoffe ſchwer ſind, nach der Analogie und den Regeln der phyſikaliſchen Erklaͤrungskunſt keinen eher fuͤr abſolut leicht annehmen, als bis uns offenbare und ganz entſcheidende Erfahrungen hiezu noͤthigen. Bis jetzt ſcheinen dergleichen noch nicht vorhanden zu ſeyn. Herr <hi rendition="#b">Pictet</hi> (<hi rendition="#aq">Eſſais de phyſique. à Geneve, 1790. To. I. ch. 2.</hi> uͤberſ. <hi rendition="#b">Pictets</hi> Verſuch uͤber das Feuer; a. d. Franz. Tuͤbingen, 1790. 8.) bringt zwar uͤber das Aufwaͤrtsſteigen der Waͤrme noch einen merkwuͤrdigen Verſuch bey. Er erhitzte im luftleeren Raume die Mitte eines Meſſingſtabs durch ein Brennglas, und fand, daß allemal das obere Ende ſchneller und ſtaͤrker erwaͤrmt ward, als das untere, welches Ende auch nach oben gekehrt<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [548/0558]
gefroren um drey Gran ſchwerer, als im fluͤßigen Zuſtande, gefunden.
Auf dieſe Verſuche gruͤndet Herr D. Gren (Grundriß der Naturlehre, §. 427. Syſtem. Handbuch der geſammten Chemie, Th. I. §. 295.) die Behauptung, daß der Waͤrmeſtof nicht nur ganz ohne Schwere, ſondern ſogar abſolut leicht, oder vielmehr negativ ſchwer ſey, d. i. von der Erde abwaͤrts ſtrebe, und das Gewicht der Koͤrper durch ſeinen Beytritt vermindere. Ich habe an mehrern Stellen dieſes Woͤrterbuchs (ſ. Maſſe Th. III. S. 145. 146. Phlogiſton, Th. III. S. 473. Verbrennung) erklaͤrt, wie unwahrſcheinlich ich das Daſeyn negativ ſchwerer Materien finde. Sehr ausfuͤhrlich und gruͤndlich iſt daſſelbe von Herrn Profeſſor Hindenburg (Progr. quo oſtenditur, calorem et phlogiſton non eſſe materias abſolute leves. Lipſ. 1790. 4.) beſtritten worden, welcher deutlich zeigt, daß ſo ſchwankende Verſuche gar nichts dafuͤr beweiſen koͤnnen; daß das Aufwaͤrtsſteigen der Waͤrme im luftleeren Raume ſich eben ſo aus der Schwere und Elaſticitaͤt des Waͤrmeſtofs erklaͤren laſſe, wie das Aufwaͤrtsdruͤcken der Luft aus ihrer Schwere und Federkraft erklaͤrt wird; daß es nicht genug ſey zu ſagen, ein Stof ſtrebe von der Erde abwaͤrts, wenn man nicht angeben koͤnne, wohin er ſtrebe; und daß, wie ſchon Muſſchenbroek erinnert, ein abſolut leichtes Feuer ſich endlich ganz vom Erdballe verlieren muͤßte. Ueberhaupt duͤrfen wir, da alle bekannte Stoffe ſchwer ſind, nach der Analogie und den Regeln der phyſikaliſchen Erklaͤrungskunſt keinen eher fuͤr abſolut leicht annehmen, als bis uns offenbare und ganz entſcheidende Erfahrungen hiezu noͤthigen. Bis jetzt ſcheinen dergleichen noch nicht vorhanden zu ſeyn. Herr Pictet (Eſſais de phyſique. à Geneve, 1790. To. I. ch. 2. uͤberſ. Pictets Verſuch uͤber das Feuer; a. d. Franz. Tuͤbingen, 1790. 8.) bringt zwar uͤber das Aufwaͤrtsſteigen der Waͤrme noch einen merkwuͤrdigen Verſuch bey. Er erhitzte im luftleeren Raume die Mitte eines Meſſingſtabs durch ein Brennglas, und fand, daß allemal das obere Ende ſchneller und ſtaͤrker erwaͤrmt ward, als das untere, welches Ende auch nach oben gekehrt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |