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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Orten der Gegend erzeugt sind, drängen sich von allen Seiten herbey zu dem Feuerheerde des Vulkans, um durch dessen Mündung auszugehen. Daraus erklärt sich das Geheul oder Getöse, welches vor jedem Ausbruche, ja vor jedem Stoße des Vulkans vorhergeht, und oft einem gewissen Takte folgt, indem sich Dämpfe und Luftarten an verstopften Orten eine Zeit lang ansammeln, bis ihr Druck stark genug wird, um sich durchzubrechen, und sie mit dem Sausen oder Pfeifen eines Windes durch die engen Oefnungen zu führen. Dieses Getöse, das dem Poltern von Wasser, Blasebälgen, Hämmern rc. gleicht, gab den Alten Anlaß, die Werkstätte des Vulkans in den Aetna zu setzen, woraus die Benennung der Vulkane entstanden ist.

Die unglaubliche Höhe und Weite, auf welche oft schwere Blöcke oder zahllose Mengen kleiner Steintrümmern von den Vulkanen erhoben und fortgeschleudert werden, kan nicht unbegreiflich scheinen, wenn man bedenkt, wie hoch und weit die wenige elastische Materie, die aus einer Hand voll Schießpulver entwickelt wird, schwere Geschützkugeln oder Schrot forttreibt, wenn diese ihrem Ausgange durch eine Mündung im Wege stehen.

Es ist merkwürdig, daß die Ausbrüche der Vulkane von elektrischen Erscheinungen begleitet werden. Ferber (Briefe aus Wälschland, S. 148.) ward von dem Professor Vairo zu Neapel versichert, daß man an senkrecht aufgerichteten eisernen Stangen während der Ausbrüche des Vesuvs allezeit Merkmale der Elektricität finde. Vornehmlich aber gedenken fast alle Beschreibungen vulkanischer Eruptionen der häufigen Blitze, welche bey heftigen Auswürfen zwischen der Erde und den aufsteigenden Feuersäulen und Rauchwolken entstehen. Man kan dies nicht für Täuschung halten, weil sich diese Blitze durch ihre schlängelnde Bewegung und Farbe von der wirklichen Flamme des Vulkans deutlich unterscheiden. Auch ist es nicht schwer, diese Erscheinung zu erklären, da wahrscheinlich alle Veränderungen der Temperatur, besonders plötzliche, auf die Luftelektricität wirken, s. Blitz, (Th. I. S. 374.), Lustelektricität (Th. III. S. 34.), bey den vulkanischen Ausbrüchen


Orten der Gegend erzeugt ſind, draͤngen ſich von allen Seiten herbey zu dem Feuerheerde des Vulkans, um durch deſſen Muͤndung auszugehen. Daraus erklaͤrt ſich das Geheul oder Getoͤſe, welches vor jedem Ausbruche, ja vor jedem Stoße des Vulkans vorhergeht, und oft einem gewiſſen Takte folgt, indem ſich Daͤmpfe und Luftarten an verſtopften Orten eine Zeit lang anſammeln, bis ihr Druck ſtark genug wird, um ſich durchzubrechen, und ſie mit dem Sauſen oder Pfeifen eines Windes durch die engen Oefnungen zu fuͤhren. Dieſes Getoͤſe, das dem Poltern von Waſſer, Blaſebaͤlgen, Haͤmmern rc. gleicht, gab den Alten Anlaß, die Werkſtaͤtte des Vulkans in den Aetna zu ſetzen, woraus die Benennung der Vulkane entſtanden iſt.

Die unglaubliche Hoͤhe und Weite, auf welche oft ſchwere Bloͤcke oder zahlloſe Mengen kleiner Steintruͤmmern von den Vulkanen erhoben und fortgeſchleudert werden, kan nicht unbegreiflich ſcheinen, wenn man bedenkt, wie hoch und weit die wenige elaſtiſche Materie, die aus einer Hand voll Schießpulver entwickelt wird, ſchwere Geſchuͤtzkugeln oder Schrot forttreibt, wenn dieſe ihrem Ausgange durch eine Muͤndung im Wege ſtehen.

Es iſt merkwuͤrdig, daß die Ausbruͤche der Vulkane von elektriſchen Erſcheinungen begleitet werden. Ferber (Briefe aus Waͤlſchland, S. 148.) ward von dem Profeſſor Vairo zu Neapel verſichert, daß man an ſenkrecht aufgerichteten eiſernen Stangen waͤhrend der Ausbruͤche des Veſuvs allezeit Merkmale der Elektricitaͤt finde. Vornehmlich aber gedenken faſt alle Beſchreibungen vulkaniſcher Eruptionen der haͤufigen Blitze, welche bey heftigen Auswuͤrfen zwiſchen der Erde und den aufſteigenden Feuerſaͤulen und Rauchwolken entſtehen. Man kan dies nicht fuͤr Taͤuſchung halten, weil ſich dieſe Blitze durch ihre ſchlaͤngelnde Bewegung und Farbe von der wirklichen Flamme des Vulkans deutlich unterſcheiden. Auch iſt es nicht ſchwer, dieſe Erſcheinung zu erklaͤren, da wahrſcheinlich alle Veraͤnderungen der Temperatur, beſonders ploͤtzliche, auf die Luftelektricitaͤt wirken, ſ. Blitz, (Th. I. S. 374.), Luſtelektricitaͤt (Th. III. S. 34.), bey den vulkaniſchen Ausbruͤchen

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[520/0530] Orten der Gegend erzeugt ſind, draͤngen ſich von allen Seiten herbey zu dem Feuerheerde des Vulkans, um durch deſſen Muͤndung auszugehen. Daraus erklaͤrt ſich das Geheul oder Getoͤſe, welches vor jedem Ausbruche, ja vor jedem Stoße des Vulkans vorhergeht, und oft einem gewiſſen Takte folgt, indem ſich Daͤmpfe und Luftarten an verſtopften Orten eine Zeit lang anſammeln, bis ihr Druck ſtark genug wird, um ſich durchzubrechen, und ſie mit dem Sauſen oder Pfeifen eines Windes durch die engen Oefnungen zu fuͤhren. Dieſes Getoͤſe, das dem Poltern von Waſſer, Blaſebaͤlgen, Haͤmmern rc. gleicht, gab den Alten Anlaß, die Werkſtaͤtte des Vulkans in den Aetna zu ſetzen, woraus die Benennung der Vulkane entſtanden iſt. Die unglaubliche Hoͤhe und Weite, auf welche oft ſchwere Bloͤcke oder zahlloſe Mengen kleiner Steintruͤmmern von den Vulkanen erhoben und fortgeſchleudert werden, kan nicht unbegreiflich ſcheinen, wenn man bedenkt, wie hoch und weit die wenige elaſtiſche Materie, die aus einer Hand voll Schießpulver entwickelt wird, ſchwere Geſchuͤtzkugeln oder Schrot forttreibt, wenn dieſe ihrem Ausgange durch eine Muͤndung im Wege ſtehen. Es iſt merkwuͤrdig, daß die Ausbruͤche der Vulkane von elektriſchen Erſcheinungen begleitet werden. Ferber (Briefe aus Waͤlſchland, S. 148.) ward von dem Profeſſor Vairo zu Neapel verſichert, daß man an ſenkrecht aufgerichteten eiſernen Stangen waͤhrend der Ausbruͤche des Veſuvs allezeit Merkmale der Elektricitaͤt finde. Vornehmlich aber gedenken faſt alle Beſchreibungen vulkaniſcher Eruptionen der haͤufigen Blitze, welche bey heftigen Auswuͤrfen zwiſchen der Erde und den aufſteigenden Feuerſaͤulen und Rauchwolken entſtehen. Man kan dies nicht fuͤr Taͤuſchung halten, weil ſich dieſe Blitze durch ihre ſchlaͤngelnde Bewegung und Farbe von der wirklichen Flamme des Vulkans deutlich unterſcheiden. Auch iſt es nicht ſchwer, dieſe Erſcheinung zu erklaͤren, da wahrſcheinlich alle Veraͤnderungen der Temperatur, beſonders ploͤtzliche, auf die Luftelektricitaͤt wirken, ſ. Blitz, (Th. I. S. 374.), Luſtelektricitaͤt (Th. III. S. 34.), bey den vulkaniſchen Ausbruͤchen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/530>, abgerufen am 26.05.2024.