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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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und Lagern in der Erde, allezeit mit eingesprengtem Schwefelkies, und mit dem Vermögen zu brennen; da hingegen andere brennbare Stoffe nicht in erforderlicher Menge vorhanden, wenigstens bisher noch nicht in solcher Menge entdeckt sind. Bergmann setzt noch hinzu, der Gehalt der vulkanischen Producte bestehe hauptsächlich aus Thon mit Kiesel- und Kalkerde, welche Stoffe, nebst Erdharz und Kies auch zugleich die Bestandtheile der Alaunschiefer ausmachten. Vom Vesuv insbesondere sey es fast entschieden, daß der Brand seinen Sitz in einem Schieferflötze habe, über welches ein Bette von Kalkstein (vermuthlich zu einem Zweige der Apenninen gehörig) hinwegstriche. Denn die Auswürfe, die das Feuer wenig oder gar nicht verändert habe, seyen allemal Kalkstein, darinn oft noch klarer Kalkspath sitze, der nicht einmal von der Hitze dunkel geworden, indem das Feuer seine volle Stärke nicht eher erhalte, als bis die darüber liegende Decke weggeräumt und abgeworfen sey. Von Schiefern hingegen werde nichts unzersetztes und unverändertes ausgeworfen. Die Entstehung des Salmiaks, der bey den Vulkanen sublimirt angetroffen wird, erklärt Bergmann durch das in den Thonschiefern (worinn oft viel Seethiere begraben sind) enthaltene flüchtige Laugensalz, verbunden mit der Salzsäure, die sich aus dem im Meerwafser befindlichen Bittersalze durch die Hitze entwickle; das Kochsalz des Meerwassers helfe die Schmelzung befördern, das Wasser selbst werde zum Theil ausgeworfen, zum Theil in Dämpfe verwandelt, deren Elasticität, verbunden mit der Menge der entwickelten brennbaren Luft, die schreckliche Gewalt der Explosionen und die Größe der entstehenden Flamme erkläre.

Daß auf eine ähnliche Art entbrannte Steinkohlenflötze zu vulkanischen Ausbrüchen Anlaß geben, und dieselben lange Zeit unterhalten können, ist sehr wahrscheinlich, und unter andern von Herrn Inspector Werner in Freyberg in einem eignen Aufsatze deutlich dargethan worden.

Diese Ursachen sind auch vollkommen hinreichend, alle Phänomene der Vulkane und der mit ihnen osfenbar verwandten Erdbeben, so schrecklich und gewaltsam sie auch


und Lagern in der Erde, allezeit mit eingeſprengtem Schwefelkies, und mit dem Vermoͤgen zu brennen; da hingegen andere brennbare Stoffe nicht in erforderlicher Menge vorhanden, wenigſtens bisher noch nicht in ſolcher Menge entdeckt ſind. Bergmann ſetzt noch hinzu, der Gehalt der vulkaniſchen Producte beſtehe hauptſaͤchlich aus Thon mit Kieſel- und Kalkerde, welche Stoffe, nebſt Erdharz und Kies auch zugleich die Beſtandtheile der Alaunſchiefer ausmachten. Vom Veſuv insbeſondere ſey es faſt entſchieden, daß der Brand ſeinen Sitz in einem Schieferfloͤtze habe, uͤber welches ein Bette von Kalkſtein (vermuthlich zu einem Zweige der Apenninen gehoͤrig) hinwegſtriche. Denn die Auswuͤrfe, die das Feuer wenig oder gar nicht veraͤndert habe, ſeyen allemal Kalkſtein, darinn oft noch klarer Kalkſpath ſitze, der nicht einmal von der Hitze dunkel geworden, indem das Feuer ſeine volle Staͤrke nicht eher erhalte, als bis die daruͤber liegende Decke weggeraͤumt und abgeworfen ſey. Von Schiefern hingegen werde nichts unzerſetztes und unveraͤndertes ausgeworfen. Die Entſtehung des Salmiaks, der bey den Vulkanen ſublimirt angetroffen wird, erklaͤrt Bergmann durch das in den Thonſchiefern (worinn oft viel Seethiere begraben ſind) enthaltene fluͤchtige Laugenſalz, verbunden mit der Salzſaͤure, die ſich aus dem im Meerwafſer befindlichen Bitterſalze durch die Hitze entwickle; das Kochſalz des Meerwaſſers helfe die Schmelzung befoͤrdern, das Waſſer ſelbſt werde zum Theil ausgeworfen, zum Theil in Daͤmpfe verwandelt, deren Elaſticitaͤt, verbunden mit der Menge der entwickelten brennbaren Luft, die ſchreckliche Gewalt der Exploſionen und die Groͤße der entſtehenden Flamme erklaͤre.

Daß auf eine aͤhnliche Art entbrannte Steinkohlenfloͤtze zu vulkaniſchen Ausbruͤchen Anlaß geben, und dieſelben lange Zeit unterhalten koͤnnen, iſt ſehr wahrſcheinlich, und unter andern von Herrn Inſpector Werner in Freyberg in einem eignen Aufſatze deutlich dargethan worden.

Dieſe Urſachen ſind auch vollkommen hinreichend, alle Phaͤnomene der Vulkane und der mit ihnen oſfenbar verwandten Erdbeben, ſo ſchrecklich und gewaltſam ſie auch

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[518/0528] und Lagern in der Erde, allezeit mit eingeſprengtem Schwefelkies, und mit dem Vermoͤgen zu brennen; da hingegen andere brennbare Stoffe nicht in erforderlicher Menge vorhanden, wenigſtens bisher noch nicht in ſolcher Menge entdeckt ſind. Bergmann ſetzt noch hinzu, der Gehalt der vulkaniſchen Producte beſtehe hauptſaͤchlich aus Thon mit Kieſel- und Kalkerde, welche Stoffe, nebſt Erdharz und Kies auch zugleich die Beſtandtheile der Alaunſchiefer ausmachten. Vom Veſuv insbeſondere ſey es faſt entſchieden, daß der Brand ſeinen Sitz in einem Schieferfloͤtze habe, uͤber welches ein Bette von Kalkſtein (vermuthlich zu einem Zweige der Apenninen gehoͤrig) hinwegſtriche. Denn die Auswuͤrfe, die das Feuer wenig oder gar nicht veraͤndert habe, ſeyen allemal Kalkſtein, darinn oft noch klarer Kalkſpath ſitze, der nicht einmal von der Hitze dunkel geworden, indem das Feuer ſeine volle Staͤrke nicht eher erhalte, als bis die daruͤber liegende Decke weggeraͤumt und abgeworfen ſey. Von Schiefern hingegen werde nichts unzerſetztes und unveraͤndertes ausgeworfen. Die Entſtehung des Salmiaks, der bey den Vulkanen ſublimirt angetroffen wird, erklaͤrt Bergmann durch das in den Thonſchiefern (worinn oft viel Seethiere begraben ſind) enthaltene fluͤchtige Laugenſalz, verbunden mit der Salzſaͤure, die ſich aus dem im Meerwafſer befindlichen Bitterſalze durch die Hitze entwickle; das Kochſalz des Meerwaſſers helfe die Schmelzung befoͤrdern, das Waſſer ſelbſt werde zum Theil ausgeworfen, zum Theil in Daͤmpfe verwandelt, deren Elaſticitaͤt, verbunden mit der Menge der entwickelten brennbaren Luft, die ſchreckliche Gewalt der Exploſionen und die Groͤße der entſtehenden Flamme erklaͤre. Daß auf eine aͤhnliche Art entbrannte Steinkohlenfloͤtze zu vulkaniſchen Ausbruͤchen Anlaß geben, und dieſelben lange Zeit unterhalten koͤnnen, iſt ſehr wahrſcheinlich, und unter andern von Herrn Inſpector Werner in Freyberg in einem eignen Aufſatze deutlich dargethan worden. Dieſe Urſachen ſind auch vollkommen hinreichend, alle Phaͤnomene der Vulkane und der mit ihnen oſfenbar verwandten Erdbeben, ſo ſchrecklich und gewaltſam ſie auch

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/528>, abgerufen am 26.06.2024.