richtig erklärte, nahm man allgemein die Netzhaut für den Sitz des Sehens an. Aber Mariotte (Oeuvres de Mariotte, p. 496.) untersuchte die Stelle, wo der Sehnerve ins Auge eintritt, und welche nicht der Pupille gerade gegenüber, sondern etwas höher und seitwärts nach der Nase zu liegt, genauer, und fand an derselben die Netzhaut unempfindlich.
Der Versuch, der dieses lehrt, und der 1668 vor dem Könige von England angestellt ward, ist folgender. An einer dunkeln Wand wird in der Höhe des Auges ein rundes Papier befestiget. Rechter Hand desselben, etwa 2 Fuß weit, aber ein wenig niedriger, befestigt man ein anderes Papier, stellt sich dem erstern gerade gegen über, sieht dasselbe mit dem rechten Auge, indem man das linke schließt, unverwandt an, und geht nach und zurück, so wird, wenn man etwa 10 Fuß weit gegangen ist, das zweyte Papier plötzlich und völlig verschwinden. Picard und le Cat haben diesen Versuch noch auf mehrere Arten sinnreich abgeändert. Die jetzt gewöhnliche Art, ihn anzustellen, ist diese. Man befestiget an der Wand drey Stücken Papier A, B, C, Taf. XXII. Fig. 3. etwa zween Fuß von einander, stellt sich gerade vor das mittlere, und geht allmählig zurück, das eine Auge geschlossen und das andere seitwärts nach dem Papiere A oder C gerichtet, so dem geschloßnen Auge gegen über ist. Alsdann wird man eine Stelle treffen (gemeiniglich fünfmal so weit von der Wand, als die Papiere von einander sind), wo B ganz verschwindet, indem A und C beyde sichtbar bleiben. Dies ist die Stelle, wo die aus B kommenden Stralen sich in b an dem Orte vereinigen, an welchem der Gesichtsnerve D b ins Auge eintritt.
Es ist durch unzählbare Wiederholungen dieses Versuchs völlig entschieden, daß diese Stelle der Netzhaut in der That unempfindlich sey. Le Cat (Traite des sens, p. 171.) und Daniel Bernoulli (Comment. Acad. Petrop. To. I. p. 314.) haben sich bemüht, die Stelle, Gestalt und Größe dieses unempfindlichen Flecks genau zu bestimmen. Der Letztere fand, es sey derselbe ein Kreis, dessen Durchmesser den siebenten Theil vom Durchmesser des ganzen Auges
richtig erklaͤrte, nahm man allgemein die Netzhaut fuͤr den Sitz des Sehens an. Aber Mariotte (Oeuvres de Mariotte, p. 496.) unterſuchte die Stelle, wo der Sehnerve ins Auge eintritt, und welche nicht der Pupille gerade gegenuͤber, ſondern etwas hoͤher und ſeitwaͤrts nach der Naſe zu liegt, genauer, und fand an derſelben die Netzhaut unempfindlich.
Der Verſuch, der dieſes lehrt, und der 1668 vor dem Koͤnige von England angeſtellt ward, iſt folgender. An einer dunkeln Wand wird in der Hoͤhe des Auges ein rundes Papier befeſtiget. Rechter Hand deſſelben, etwa 2 Fuß weit, aber ein wenig niedriger, befeſtigt man ein anderes Papier, ſtellt ſich dem erſtern gerade gegen uͤber, ſieht daſſelbe mit dem rechten Auge, indem man das linke ſchließt, unverwandt an, und geht nach und zuruͤck, ſo wird, wenn man etwa 10 Fuß weit gegangen iſt, das zweyte Papier ploͤtzlich und voͤllig verſchwinden. Picard und le Cat haben dieſen Verſuch noch auf mehrere Arten ſinnreich abgeaͤndert. Die jetzt gewoͤhnliche Art, ihn anzuſtellen, iſt dieſe. Man befeſtiget an der Wand drey Stuͤcken Papier A, B, C, Taf. XXII. Fig. 3. etwa zween Fuß von einander, ſtellt ſich gerade vor das mittlere, und geht allmaͤhlig zuruͤck, das eine Auge geſchloſſen und das andere ſeitwaͤrts nach dem Papiere A oder C gerichtet, ſo dem geſchloßnen Auge gegen uͤber iſt. Alsdann wird man eine Stelle treffen (gemeiniglich fuͤnfmal ſo weit von der Wand, als die Papiere von einander ſind), wo B ganz verſchwindet, indem A und C beyde ſichtbar bleiben. Dies iſt die Stelle, wo die aus B kommenden Stralen ſich in b an dem Orte vereinigen, an welchem der Geſichtsnerve D b ins Auge eintritt.
Es iſt durch unzaͤhlbare Wiederholungen dieſes Verſuchs voͤllig entſchieden, daß dieſe Stelle der Netzhaut in der That unempfindlich ſey. Le Cat (Traité des ſens, p. 171.) und Daniel Bernoulli (Comment. Acad. Petrop. To. I. p. 314.) haben ſich bemuͤht, die Stelle, Geſtalt und Groͤße dieſes unempfindlichen Flecks genau zu beſtimmen. Der Letztere fand, es ſey derſelbe ein Kreis, deſſen Durchmeſſer den ſiebenten Theil vom Durchmeſſer des ganzen Auges
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richtig erklaͤrte, nahm man allgemein die Netzhaut fuͤr den Sitz des Sehens an. Aber Mariotte (Oeuvres de Mariotte, p. 496.) unterſuchte die Stelle, wo der Sehnerve ins Auge eintritt, und welche nicht der Pupille gerade gegenuͤber, ſondern etwas hoͤher und ſeitwaͤrts nach der Naſe zu liegt, genauer, und fand an derſelben die Netzhaut unempfindlich.
Der Verſuch, der dieſes lehrt, und der 1668 vor dem Koͤnige von England angeſtellt ward, iſt folgender. An einer dunkeln Wand wird in der Hoͤhe des Auges ein rundes Papier befeſtiget. Rechter Hand deſſelben, etwa 2 Fuß weit, aber ein wenig niedriger, befeſtigt man ein anderes Papier, ſtellt ſich dem erſtern gerade gegen uͤber, ſieht daſſelbe mit dem rechten Auge, indem man das linke ſchließt, unverwandt an, und geht nach und zuruͤck, ſo wird, wenn man etwa 10 Fuß weit gegangen iſt, das zweyte Papier ploͤtzlich und voͤllig verſchwinden. Picard und le Cat haben dieſen Verſuch noch auf mehrere Arten ſinnreich abgeaͤndert. Die jetzt gewoͤhnliche Art, ihn anzuſtellen, iſt dieſe. Man befeſtiget an der Wand drey Stuͤcken Papier A, B, C, Taf. XXII. Fig. 3. etwa zween Fuß von einander, ſtellt ſich gerade vor das mittlere, und geht allmaͤhlig zuruͤck, das eine Auge geſchloſſen und das andere ſeitwaͤrts nach dem Papiere A oder C gerichtet, ſo dem geſchloßnen Auge gegen uͤber iſt. Alsdann wird man eine Stelle treffen (gemeiniglich fuͤnfmal ſo weit von der Wand, als die Papiere von einander ſind), wo B ganz verſchwindet, indem A und C beyde ſichtbar bleiben. Dies iſt die Stelle, wo die aus B kommenden Stralen ſich in b an dem Orte vereinigen, an welchem der Geſichtsnerve D b ins Auge eintritt.
Es iſt durch unzaͤhlbare Wiederholungen dieſes Verſuchs voͤllig entſchieden, daß dieſe Stelle der Netzhaut in der That unempfindlich ſey. Le Cat (Traité des ſens, p. 171.) und Daniel Bernoulli (Comment. Acad. Petrop. To. I. p. 314.) haben ſich bemuͤht, die Stelle, Geſtalt und Groͤße dieſes unempfindlichen Flecks genau zu beſtimmen. Der Letztere fand, es ſey derſelbe ein Kreis, deſſen Durchmeſſer den ſiebenten Theil vom Durchmeſſer des ganzen Auges
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/34>, abgerufen am 27.07.2024.
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