Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Sehr große Verdienste um die Benutzung der Torfmoore hat sich Herr Findorf (Anm. über die Moore im Herzogthume Bremen, in Beckmanns Beytr. zur Oekon. Technol. Policey- und Cameralwiss. 4. Theil) erworben, von dessen Anstalten und Erfindungen auch Herr de Lüc (Briefe über die Geschichte der Erde und des Menschen. II. Band d. deusch. Ubers. S. 314. CXXIV. u. f. Briefe) lesenswerthe Nachrichten mittheilt. Um Torf zu erzeugen, sticht man Gruben von 6 Schuh Tiefe, und 15-20 Quadratschuh Oberfläche aus, die sich mit Wasser füllen, und im ersten Jahre ein grünes schleimiges Moos erzeugen. Im zweyten liegt dieser Schleim schon 2 Schuh hoch auf dem Wasser, und man unterscheidet darinn eine Menge zarter Fäden mit Blättern und Blumen; im dritten legt sich Moos an, das den Staub und die in der Luft schwebenden Saamen aufhält, und eine Menge Sumppflanzen, Schilfe und Gräser erzeugt; diese werden im vierten Jahre so schwer, daß sie mit ihrem Bette niedersinken. Man drückt sie alsdann auf den Boden zusammen, so daß nach mehrern Wiederholungen dieser Operation die ganze Grube in 30 Jahren ausgefüllt ist. Dennoch würde dieser neue Torf vielleicht noch Jahrhunderte brauchen, um dem alten alten ähnlich zu werden.

Herr de Lüc zieht aus der Tiefe des Torfs dieser Gegenden, welche nicht über 30-35 Schuh beträgt, den Schluß, daß unser festes Land nicht sehr alt seyn könne, weil sonst diese so schnell wachsende Substanz weit dieser hinab gehen müßte. Da in den Marschländern, wo die Pflanzen faulen, der starken Vegetation ungeachtet, kein Torf entsteht, und der Schlamm nicht brennbar ist, so vermuthet er, die Erzeugung des Torfs hänge von der Natur des Wassers ab, welches in den Mooren bräuchlich, wie ein heller Caffee, aussieht, und eine fäulnißwidrige Kraft hat, die es vielleicht von dem Safte der Heide (Erica, Bruyere) durch das Abspühlen erhalte.

Aus faulenden Sümpfen entwickelt sich eine Menge brennbarer Luft, oder Sumpfluft, die man durch bloßes Umrühren aus ihnen erhalten kan, s. Gas, brennbares.


Sehr große Verdienſte um die Benutzung der Torfmoore hat ſich Herr Findorf (Anm. uͤber die Moore im Herzogthume Bremen, in Beckmanns Beytr. zur Oekon. Technol. Policey- und Cameralwiſſ. 4. Theil) erworben, von deſſen Anſtalten und Erfindungen auch Herr de Luͤc (Briefe uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen. II. Band d. deuſch. Uberſ. S. 314. CXXIV. u. f. Briefe) leſenswerthe Nachrichten mittheilt. Um Torf zu erzeugen, ſticht man Gruben von 6 Schuh Tiefe, und 15-20 Quadratſchuh Oberflaͤche aus, die ſich mit Waſſer fuͤllen, und im erſten Jahre ein gruͤnes ſchleimiges Moos erzeugen. Im zweyten liegt dieſer Schleim ſchon 2 Schuh hoch auf dem Waſſer, und man unterſcheidet darinn eine Menge zarter Faͤden mit Blaͤttern und Blumen; im dritten legt ſich Moos an, das den Staub und die in der Luft ſchwebenden Saamen aufhaͤlt, und eine Menge Sumppflanzen, Schilfe und Graͤſer erzeugt; dieſe werden im vierten Jahre ſo ſchwer, daß ſie mit ihrem Bette niederſinken. Man druͤckt ſie alsdann auf den Boden zuſammen, ſo daß nach mehrern Wiederholungen dieſer Operation die ganze Grube in 30 Jahren ausgefuͤllt iſt. Dennoch wuͤrde dieſer neue Torf vielleicht noch Jahrhunderte brauchen, um dem alten alten aͤhnlich zu werden.

Herr de Luͤc zieht aus der Tiefe des Torfs dieſer Gegenden, welche nicht uͤber 30-35 Schuh betraͤgt, den Schluß, daß unſer feſtes Land nicht ſehr alt ſeyn koͤnne, weil ſonſt dieſe ſo ſchnell wachſende Subſtanz weit dieſer hinab gehen muͤßte. Da in den Marſchlaͤndern, wo die Pflanzen faulen, der ſtarken Vegetation ungeachtet, kein Torf entſteht, und der Schlamm nicht brennbar iſt, ſo vermuthet er, die Erzeugung des Torfs haͤnge von der Natur des Waſſers ab, welches in den Mooren braͤuchlich, wie ein heller Caffee, ausſieht, und eine faͤulnißwidrige Kraft hat, die es vielleicht von dem Safte der Heide (Erica, Bruyere) durch das Abſpuͤhlen erhalte.

Aus faulenden Suͤmpfen entwickelt ſich eine Menge brennbarer Luft, oder Sumpfluft, die man durch bloßes Umruͤhren aus ihnen erhalten kan, ſ. Gas, brennbares.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0280" xml:id="P.4.270" n="270"/><lb/>
            </p>
            <p>Sehr große Verdien&#x017F;te um die Benutzung der Torfmoore hat &#x017F;ich Herr <hi rendition="#b">Findorf</hi> (Anm. u&#x0364;ber die Moore im Herzogthume Bremen, in <hi rendition="#b">Beckmanns</hi> Beytr. zur Oekon. Technol. Policey- und Cameralwi&#x017F;&#x017F;. 4. Theil) erworben, von de&#x017F;&#x017F;en An&#x017F;talten und Erfindungen auch Herr de Lu&#x0364;c (Briefe u&#x0364;ber die Ge&#x017F;chichte der Erde und des Men&#x017F;chen. <hi rendition="#aq">II.</hi> Band d. deu&#x017F;ch. Uber&#x017F;. S. 314. <hi rendition="#aq">CXXIV.</hi> u. f. Briefe) le&#x017F;enswerthe Nachrichten mittheilt. Um Torf zu erzeugen, &#x017F;ticht man Gruben von 6 Schuh Tiefe, und 15-20 Quadrat&#x017F;chuh Oberfla&#x0364;che aus, die &#x017F;ich mit Wa&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;llen, und im er&#x017F;ten Jahre ein gru&#x0364;nes &#x017F;chleimiges Moos erzeugen. Im zweyten liegt die&#x017F;er Schleim &#x017F;chon 2 Schuh hoch auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er, und man unter&#x017F;cheidet darinn eine Menge zarter Fa&#x0364;den mit Bla&#x0364;ttern und Blumen; im dritten legt &#x017F;ich Moos an, das den Staub und die in der Luft &#x017F;chwebenden Saamen aufha&#x0364;lt, und eine Menge Sumppflanzen, Schilfe und Gra&#x0364;&#x017F;er erzeugt; die&#x017F;e werden im vierten Jahre &#x017F;o &#x017F;chwer, daß &#x017F;ie mit ihrem Bette nieder&#x017F;inken. Man dru&#x0364;ckt &#x017F;ie alsdann auf den Boden zu&#x017F;ammen, &#x017F;o daß nach mehrern Wiederholungen die&#x017F;er Operation die ganze Grube in 30 Jahren ausgefu&#x0364;llt i&#x017F;t. Dennoch wu&#x0364;rde die&#x017F;er neue Torf vielleicht noch Jahrhunderte brauchen, um dem alten alten a&#x0364;hnlich zu werden.</p>
            <p>Herr <hi rendition="#b">de Lu&#x0364;c</hi> zieht aus der Tiefe des Torfs die&#x017F;er Gegenden, welche nicht u&#x0364;ber 30-35 Schuh betra&#x0364;gt, den Schluß, daß un&#x017F;er fe&#x017F;tes Land nicht &#x017F;ehr alt &#x017F;eyn ko&#x0364;nne, weil &#x017F;on&#x017F;t die&#x017F;e &#x017F;o &#x017F;chnell wach&#x017F;ende Sub&#x017F;tanz weit die&#x017F;er hinab gehen mu&#x0364;ßte. Da in den Mar&#x017F;chla&#x0364;ndern, wo die Pflanzen faulen, der &#x017F;tarken Vegetation ungeachtet, kein Torf ent&#x017F;teht, und der Schlamm nicht brennbar i&#x017F;t, &#x017F;o vermuthet er, die Erzeugung des Torfs ha&#x0364;nge von der Natur des Wa&#x017F;&#x017F;ers ab, welches in den Mooren bra&#x0364;uchlich, wie ein heller Caffee, aus&#x017F;ieht, und eine fa&#x0364;ulnißwidrige Kraft hat, die es vielleicht von dem Safte der Heide (<hi rendition="#aq">Erica, <hi rendition="#i">Bruyere</hi></hi>) durch das Ab&#x017F;pu&#x0364;hlen erhalte.</p>
            <p>Aus faulenden Su&#x0364;mpfen entwickelt &#x017F;ich eine Menge brennbarer Luft, oder <hi rendition="#b">Sumpfluft,</hi> die man durch bloßes Umru&#x0364;hren aus ihnen erhalten kan, <hi rendition="#b">&#x017F;. Gas, brennbares.</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0280] Sehr große Verdienſte um die Benutzung der Torfmoore hat ſich Herr Findorf (Anm. uͤber die Moore im Herzogthume Bremen, in Beckmanns Beytr. zur Oekon. Technol. Policey- und Cameralwiſſ. 4. Theil) erworben, von deſſen Anſtalten und Erfindungen auch Herr de Luͤc (Briefe uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen. II. Band d. deuſch. Uberſ. S. 314. CXXIV. u. f. Briefe) leſenswerthe Nachrichten mittheilt. Um Torf zu erzeugen, ſticht man Gruben von 6 Schuh Tiefe, und 15-20 Quadratſchuh Oberflaͤche aus, die ſich mit Waſſer fuͤllen, und im erſten Jahre ein gruͤnes ſchleimiges Moos erzeugen. Im zweyten liegt dieſer Schleim ſchon 2 Schuh hoch auf dem Waſſer, und man unterſcheidet darinn eine Menge zarter Faͤden mit Blaͤttern und Blumen; im dritten legt ſich Moos an, das den Staub und die in der Luft ſchwebenden Saamen aufhaͤlt, und eine Menge Sumppflanzen, Schilfe und Graͤſer erzeugt; dieſe werden im vierten Jahre ſo ſchwer, daß ſie mit ihrem Bette niederſinken. Man druͤckt ſie alsdann auf den Boden zuſammen, ſo daß nach mehrern Wiederholungen dieſer Operation die ganze Grube in 30 Jahren ausgefuͤllt iſt. Dennoch wuͤrde dieſer neue Torf vielleicht noch Jahrhunderte brauchen, um dem alten alten aͤhnlich zu werden. Herr de Luͤc zieht aus der Tiefe des Torfs dieſer Gegenden, welche nicht uͤber 30-35 Schuh betraͤgt, den Schluß, daß unſer feſtes Land nicht ſehr alt ſeyn koͤnne, weil ſonſt dieſe ſo ſchnell wachſende Subſtanz weit dieſer hinab gehen muͤßte. Da in den Marſchlaͤndern, wo die Pflanzen faulen, der ſtarken Vegetation ungeachtet, kein Torf entſteht, und der Schlamm nicht brennbar iſt, ſo vermuthet er, die Erzeugung des Torfs haͤnge von der Natur des Waſſers ab, welches in den Mooren braͤuchlich, wie ein heller Caffee, ausſieht, und eine faͤulnißwidrige Kraft hat, die es vielleicht von dem Safte der Heide (Erica, Bruyere) durch das Abſpuͤhlen erhalte. Aus faulenden Suͤmpfen entwickelt ſich eine Menge brennbarer Luft, oder Sumpfluft, die man durch bloßes Umruͤhren aus ihnen erhalten kan, ſ. Gas, brennbares.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/280
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/280>, abgerufen am 11.05.2024.