der Größe und dem wichtigen Einflusse seiner Wirkungen. Kepler (Epit. Astr. Copern. L. I. Part. 3. p. 61.) führt an, indem die Aehre der Jungfrau aufgehe, stehe der Schwanz des Löwen in eben dem Scheitelkreise 35° 2' hoch, da doch die Distanz dieser beyden Sterne nahe am Mittagskreise nur 34 1/2° gefunden werde, woraus zu schließen sey, es werde die aufgehende Aehre durch die Refraction um 32' höher gehoben. Diese Beobachtung ist von Tycho, wie der Zusammenhang in Keplers Buche lehrt; auch zeigt der Globus, daß sie auf den Horizont von Uranienburg passet. Tycho selbst setzt die Refraction der Sterne im Horizonte auf 30' oder einen halben Grad.
Dieser große Beobachter irrte aber darinn, daß er einen Unterschied zwischen Sonne, Mond und Sternen machte, der Sonne 34' und dem Monde nur 33' Refraction im Horizonte zuschrieb, und die Wirkungen der Stralenbrechung sich bey der Sonne nur bis 43°, beym Monde bis 45°, bey den Sternen bis 20° Höhe erstrecken ließ, auch glaubte, der Luftkreis reiche bis an den Mond. Kepler, der die Brechung schon besser kannte, bemerkt dagegen (Paralipom. ad Vitell.), daß auf die Entsernung des Gestirns von der Erde nichts ankomme, schreibt aber der Luft bis an die Grenzen der Atmosphäre eine gleichförmige Dichte zu, welche irrigen Vorstellungen vom Luftkreise erst durch die Entdeckungen des Torricelli, Pascal, Boyle und Mariotte berichtiget worden sind.
Noch 1665 nahm der P. Riccioli die Stralenbrechung nur bis 26° Höhe für merklich an. Aber um eben diese Zeit zog der ältere Cassini aus seinen Beobachtungen eine Brechungstafel, in welcher die Horizontalrefraction 32 1/6' gesetzt, und die Brechung bis nahe ans Zenith für merklich angenommen ist. Die Richtigkeit dieser Angaben ward durch Richer's Beobachtungen in Cayenne in den Jahren 1671-1673 bestätiget.
Die Sternkunde lehrt verschiedene Methoden, die Größe der Stralenbrechungen durch Beobachtung zu finden. Sind z. B. Polhöhe des Orts und Abweichung der Sonne
der Groͤße und dem wichtigen Einfluſſe ſeiner Wirkungen. Kepler (Epit. Aſtr. Copern. L. I. Part. 3. p. 61.) fuͤhrt an, indem die Aehre der Jungfrau aufgehe, ſtehe der Schwanz des Loͤwen in eben dem Scheitelkreiſe 35° 2′ hoch, da doch die Diſtanz dieſer beyden Sterne nahe am Mittagskreiſe nur 34 1/2° gefunden werde, woraus zu ſchließen ſey, es werde die aufgehende Aehre durch die Refraction um 32′ hoͤher gehoben. Dieſe Beobachtung iſt von Tycho, wie der Zuſammenhang in Keplers Buche lehrt; auch zeigt der Globus, daß ſie auf den Horizont von Uranienburg paſſet. Tycho ſelbſt ſetzt die Refraction der Sterne im Horizonte auf 30′ oder einen halben Grad.
Dieſer große Beobachter irrte aber darinn, daß er einen Unterſchied zwiſchen Sonne, Mond und Sternen machte, der Sonne 34′ und dem Monde nur 33′ Refraction im Horizonte zuſchrieb, und die Wirkungen der Stralenbrechung ſich bey der Sonne nur bis 43°, beym Monde bis 45°, bey den Sternen bis 20° Hoͤhe erſtrecken ließ, auch glaubte, der Luftkreis reiche bis an den Mond. Kepler, der die Brechung ſchon beſſer kannte, bemerkt dagegen (Paralipom. ad Vitell.), daß auf die Entſernung des Geſtirns von der Erde nichts ankomme, ſchreibt aber der Luft bis an die Grenzen der Atmoſphaͤre eine gleichfoͤrmige Dichte zu, welche irrigen Vorſtellungen vom Luftkreiſe erſt durch die Entdeckungen des Torricelli, Paſcal, Boyle und Mariotte berichtiget worden ſind.
Noch 1665 nahm der P. Riccioli die Stralenbrechung nur bis 26° Hoͤhe fuͤr merklich an. Aber um eben dieſe Zeit zog der aͤltere Caſſini aus ſeinen Beobachtungen eine Brechungstafel, in welcher die Horizontalrefraction 32 1/6′ geſetzt, und die Brechung bis nahe ans Zenith fuͤr merklich angenommen iſt. Die Richtigkeit dieſer Angaben ward durch Richer's Beobachtungen in Cayenne in den Jahren 1671-1673 beſtaͤtiget.
Die Sternkunde lehrt verſchiedene Methoden, die Groͤße der Stralenbrechungen durch Beobachtung zu finden. Sind z. B. Polhoͤhe des Orts und Abweichung der Sonne
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der Groͤße und dem wichtigen Einfluſſe ſeiner Wirkungen. Kepler (Epit. Aſtr. Copern. L. I. Part. 3. p. 61.) fuͤhrt an, indem die Aehre der Jungfrau aufgehe, ſtehe der Schwanz des Loͤwen in eben dem Scheitelkreiſe 35° 2′ hoch, da doch die Diſtanz dieſer beyden Sterne nahe am Mittagskreiſe nur 34 1/2° gefunden werde, woraus zu ſchließen ſey, es werde die aufgehende Aehre durch die Refraction um 32′ hoͤher gehoben. Dieſe Beobachtung iſt von Tycho, wie der Zuſammenhang in Keplers Buche lehrt; auch zeigt der Globus, daß ſie auf den Horizont von Uranienburg paſſet. Tycho ſelbſt ſetzt die Refraction der Sterne im Horizonte auf 30′ oder einen halben Grad.
Dieſer große Beobachter irrte aber darinn, daß er einen Unterſchied zwiſchen Sonne, Mond und Sternen machte, der Sonne 34′ und dem Monde nur 33′ Refraction im Horizonte zuſchrieb, und die Wirkungen der Stralenbrechung ſich bey der Sonne nur bis 43°, beym Monde bis 45°, bey den Sternen bis 20° Hoͤhe erſtrecken ließ, auch glaubte, der Luftkreis reiche bis an den Mond. Kepler, der die Brechung ſchon beſſer kannte, bemerkt dagegen (Paralipom. ad Vitell.), daß auf die Entſernung des Geſtirns von der Erde nichts ankomme, ſchreibt aber der Luft bis an die Grenzen der Atmoſphaͤre eine gleichfoͤrmige Dichte zu, welche irrigen Vorſtellungen vom Luftkreiſe erſt durch die Entdeckungen des Torricelli, Paſcal, Boyle und Mariotte berichtiget worden ſind.
Noch 1665 nahm der P. Riccioli die Stralenbrechung nur bis 26° Hoͤhe fuͤr merklich an. Aber um eben dieſe Zeit zog der aͤltere Caſſini aus ſeinen Beobachtungen eine Brechungstafel, in welcher die Horizontalrefraction 32 1/6′ geſetzt, und die Brechung bis nahe ans Zenith fuͤr merklich angenommen iſt. Die Richtigkeit dieſer Angaben ward durch Richer's Beobachtungen in Cayenne in den Jahren 1671-1673 beſtaͤtiget.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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