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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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M nach N hat, und sich an der Ebene AB reibt, so wird sie schon dadurch allein eine fortgehende Bewegung erhalten, und sich von D nach B zu wälzen oder rollen. Bekömmt sie noch überdies eine fortgehende Bewegung nach BA, diesem Rollen entgegen, so entsteht daraus eine combinirte Wirkung, und sie kan in diesem Zustande nicht so geschwind nach BA gehen, als sonst geschehen würde, wenn sie sich nicht nach MN umdrehte. Ein Stoß auf die Seite der Kugel nach der Richtung OP giebt ihr beyde vorgedachte Bewegungen zugleich; jetzt kan sie also nicht mehr so gehen, wie es den Gesetzen des Stoßes, ohne Umdrehung, gemäß ist. Wenn der Stoß die Kugel ein wenig hebt, daß sie flach und ohne starkes Reiben über DA hingleitet, so kan es kommen, daß, wenn sie wieder fällt und sich stärker reibt, die fortgehende Bewegung nach DA aufgehoben wird, die Kugel plötzlich stillsteht, und endlich durch das noch daurende Wälzen nach der Richtung MN wieder von A nach D zurück läuft.

Ueber die Lehre vom eccentrischen Stoße und der drehenden Bewegung haben Johann und Daniel Bernoulli, vorzüglich aber Euler (De communicatione motus in collisione corporum sese non directe percutientium, in Comm. Petrop. To. IX. und in der Theoria motus corporum solidorum s. rigidorum. Rostoch. et Gryphisw. 1765. 4) Untersuchungen angestellt, wovon man auch einiges bey Karsten (Lehrbegrif der ges. Math. Th. IV. Mechanik im XVIII. Abschn.) findet. Dabey kömmt die Betrachtung der Mittelpunkte des Stoßes vor, s. Mittelpunkt des Stoßes.

Vom Stoße elastischer Körper an unbewegliche Hindernisse wird bey dem Worte Zurückwerfung gehandelt.

Von allem diesen hängt die Bewegung der Billardkugeln ab, von der, jedoch ohne Betrachtung des Umdrehens, Musschenbroek (Introd. ad philos. nat. To. I. 814. 817.) handelt. Wollte man in der Ausübung davon richtigen Gebrauch machen, so müßte man das Umdrehen mit in Betrachtung ziehen, welches hiebey eine sehr große Rolle spielt.


M nach N hat, und ſich an der Ebene AB reibt, ſo wird ſie ſchon dadurch allein eine fortgehende Bewegung erhalten, und ſich von D nach B zu waͤlzen oder rollen. Bekoͤmmt ſie noch uͤberdies eine fortgehende Bewegung nach BA, dieſem Rollen entgegen, ſo entſteht daraus eine combinirte Wirkung, und ſie kan in dieſem Zuſtande nicht ſo geſchwind nach BA gehen, als ſonſt geſchehen wuͤrde, wenn ſie ſich nicht nach MN umdrehte. Ein Stoß auf die Seite der Kugel nach der Richtung OP giebt ihr beyde vorgedachte Bewegungen zugleich; jetzt kan ſie alſo nicht mehr ſo gehen, wie es den Geſetzen des Stoßes, ohne Umdrehung, gemaͤß iſt. Wenn der Stoß die Kugel ein wenig hebt, daß ſie flach und ohne ſtarkes Reiben uͤber DA hingleitet, ſo kan es kommen, daß, wenn ſie wieder faͤllt und ſich ſtaͤrker reibt, die fortgehende Bewegung nach DA aufgehoben wird, die Kugel ploͤtzlich ſtillſteht, und endlich durch das noch daurende Waͤlzen nach der Richtung MN wieder von A nach D zuruͤck laͤuft.

Ueber die Lehre vom eccentriſchen Stoße und der drehenden Bewegung haben Johann und Daniel Bernoulli, vorzuͤglich aber Euler (De communicatione motus in colliſione corporum ſeſe non directe percutientium, in Comm. Petrop. To. IX. und in der Theoria motus corporum ſolidorum ſ. rigidorum. Roſtoch. et Gryphisw. 1765. 4) Unterſuchungen angeſtellt, wovon man auch einiges bey Karſten (Lehrbegrif der geſ. Math. Th. IV. Mechanik im XVIII. Abſchn.) findet. Dabey koͤmmt die Betrachtung der Mittelpunkte des Stoßes vor, ſ. Mittelpunkt des Stoßes.

Vom Stoße elaſtiſcher Koͤrper an unbewegliche Hinderniſſe wird bey dem Worte Zuruͤckwerfung gehandelt.

Von allem dieſen haͤngt die Bewegung der Billardkugeln ab, von der, jedoch ohne Betrachtung des Umdrehens, Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. I. 814. 817.) handelt. Wollte man in der Ausuͤbung davon richtigen Gebrauch machen, ſo muͤßte man das Umdrehen mit in Betrachtung ziehen, welches hiebey eine ſehr große Rolle ſpielt.

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[240/0250] M nach N hat, und ſich an der Ebene AB reibt, ſo wird ſie ſchon dadurch allein eine fortgehende Bewegung erhalten, und ſich von D nach B zu waͤlzen oder rollen. Bekoͤmmt ſie noch uͤberdies eine fortgehende Bewegung nach BA, dieſem Rollen entgegen, ſo entſteht daraus eine combinirte Wirkung, und ſie kan in dieſem Zuſtande nicht ſo geſchwind nach BA gehen, als ſonſt geſchehen wuͤrde, wenn ſie ſich nicht nach MN umdrehte. Ein Stoß auf die Seite der Kugel nach der Richtung OP giebt ihr beyde vorgedachte Bewegungen zugleich; jetzt kan ſie alſo nicht mehr ſo gehen, wie es den Geſetzen des Stoßes, ohne Umdrehung, gemaͤß iſt. Wenn der Stoß die Kugel ein wenig hebt, daß ſie flach und ohne ſtarkes Reiben uͤber DA hingleitet, ſo kan es kommen, daß, wenn ſie wieder faͤllt und ſich ſtaͤrker reibt, die fortgehende Bewegung nach DA aufgehoben wird, die Kugel ploͤtzlich ſtillſteht, und endlich durch das noch daurende Waͤlzen nach der Richtung MN wieder von A nach D zuruͤck laͤuft. Ueber die Lehre vom eccentriſchen Stoße und der drehenden Bewegung haben Johann und Daniel Bernoulli, vorzuͤglich aber Euler (De communicatione motus in colliſione corporum ſeſe non directe percutientium, in Comm. Petrop. To. IX. und in der Theoria motus corporum ſolidorum ſ. rigidorum. Roſtoch. et Gryphisw. 1765. 4) Unterſuchungen angeſtellt, wovon man auch einiges bey Karſten (Lehrbegrif der geſ. Math. Th. IV. Mechanik im XVIII. Abſchn.) findet. Dabey koͤmmt die Betrachtung der Mittelpunkte des Stoßes vor, ſ. Mittelpunkt des Stoßes. Vom Stoße elaſtiſcher Koͤrper an unbewegliche Hinderniſſe wird bey dem Worte Zuruͤckwerfung gehandelt. Von allem dieſen haͤngt die Bewegung der Billardkugeln ab, von der, jedoch ohne Betrachtung des Umdrehens, Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. I. 814. 817.) handelt. Wollte man in der Ausuͤbung davon richtigen Gebrauch machen, ſo muͤßte man das Umdrehen mit in Betrachtung ziehen, welches hiebey eine ſehr große Rolle ſpielt.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/250>, abgerufen am 28.04.2024.