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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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f.) gezeigt haben, daß man sich unmöglich mit ihr befriedigen könne, und daß der Stahl, anstatt den vollkommensten metallischen Zustand des Eisens auszumachen, vielmehr einen mittlern Zustand zwischen Roheisen und geschmeidigem oder Stangeneisen darstelle.

Aber diese großen Chymisten erklären den Unterschied der drey genannten Sorten des Eisens auf ganz entgegengesetzte Arten. Bergmann sucht ihn zum Theil in den verschiedenen Verhältnissen, in welchen das Eisen mit fremden Stoffen, vorzüglich mit Reißbley und Braunstein verbunden ist, so, daß das Roheisen das meiste, der Stahl weniger, das geschmeidige Eisen am wenigsten Reißbley enthalte; hauptsächlich aber darinn, daß das Roheisen mit der geringsten, das geschmeidige mit der größten Menge von Phlogiston verbunden sey, der Stahl aber wiederum zwischen beyden das Mittel halte. Er sucht dies aus der verschiedenen Menge von brennbarer Luft zu erweisen, welche man mit Vitriol-oder Salzsäure aus diesen Stoffen erhält rc., und erklärt so das Stahlmachen aus Roheisen durch eine Zersetzung des Reißbleys und stärkere Phlogistication, das Cementiren aber durch eine Erzeugung von neuem Reißbley, wozu Phlogiston verwendet und also die Menge des im geschmeidigen Eisen vorhandenen vermindert werde. Dies letztere scheint freylich erzwungen, und ist wenigstens noch bey weitem nicht erwiesen: auch kan man aus der Menge von brennbarer Luft nicht sicher auf die Menge des Phlogistons schließen.

Rinmann hingegen kehrt die Stufenleiter völlig um, und giebt dem Roheisen die größte, dem geschmeidigen hingegen die geringste Menge von brennbarem Stoffe. Hieraus erklärt sich alles sehr leicht. Roheisen mit Kohlenstaub oder unter einer Glasdecke geschmolzen, bleibt roh: sür sich allein, oder mit Kalkerde, Braunstein u. dergl. geschmolzen, oft an der Luft geglüht rc. geht es in Stahl, mit Eisenkalk geschmolzen, in weiches Eisen über: geschmeidig Eisen mit Kohlenstaub geschmolzen, kan zu Roheisen oder Stahl werden, und geht mit brennbaren Pulvern cementirt, in Stahl über; ohne brennbaren Zusatz


f.) gezeigt haben, daß man ſich unmoͤglich mit ihr befriedigen koͤnne, und daß der Stahl, anſtatt den vollkommenſten metalliſchen Zuſtand des Eiſens auszumachen, vielmehr einen mittlern Zuſtand zwiſchen Roheiſen und geſchmeidigem oder Stangeneiſen darſtelle.

Aber dieſe großen Chymiſten erklaͤren den Unterſchied der drey genannten Sorten des Eiſens auf ganz entgegengeſetzte Arten. Bergmann ſucht ihn zum Theil in den verſchiedenen Verhaͤltniſſen, in welchen das Eiſen mit fremden Stoffen, vorzuͤglich mit Reißbley und Braunſtein verbunden iſt, ſo, daß das Roheiſen das meiſte, der Stahl weniger, das geſchmeidige Eiſen am wenigſten Reißbley enthalte; hauptſaͤchlich aber darinn, daß das Roheiſen mit der geringſten, das geſchmeidige mit der groͤßten Menge von Phlogiſton verbunden ſey, der Stahl aber wiederum zwiſchen beyden das Mittel halte. Er ſucht dies aus der verſchiedenen Menge von brennbarer Luft zu erweiſen, welche man mit Vitriol-oder Salzſaͤure aus dieſen Stoffen erhaͤlt rc., und erklaͤrt ſo das Stahlmachen aus Roheiſen durch eine Zerſetzung des Reißbleys und ſtaͤrkere Phlogiſtication, das Cementiren aber durch eine Erzeugung von neuem Reißbley, wozu Phlogiſton verwendet und alſo die Menge des im geſchmeidigen Eiſen vorhandenen vermindert werde. Dies letztere ſcheint freylich erzwungen, und iſt wenigſtens noch bey weitem nicht erwieſen: auch kan man aus der Menge von brennbarer Luft nicht ſicher auf die Menge des Phlogiſtons ſchließen.

Rinmann hingegen kehrt die Stufenleiter voͤllig um, und giebt dem Roheiſen die groͤßte, dem geſchmeidigen hingegen die geringſte Menge von brennbarem Stoffe. Hieraus erklaͤrt ſich alles ſehr leicht. Roheiſen mit Kohlenſtaub oder unter einer Glasdecke geſchmolzen, bleibt roh: ſuͤr ſich allein, oder mit Kalkerde, Braunſtein u. dergl. geſchmolzen, oft an der Luft gegluͤht rc. geht es in Stahl, mit Eiſenkalk geſchmolzen, in weiches Eiſen uͤber: geſchmeidig Eiſen mit Kohlenſtaub geſchmolzen, kan zu Roheiſen oder Stahl werden, und geht mit brennbaren Pulvern cementirt, in Stahl uͤber; ohne brennbaren Zuſatz

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[181/0191] f.) gezeigt haben, daß man ſich unmoͤglich mit ihr befriedigen koͤnne, und daß der Stahl, anſtatt den vollkommenſten metalliſchen Zuſtand des Eiſens auszumachen, vielmehr einen mittlern Zuſtand zwiſchen Roheiſen und geſchmeidigem oder Stangeneiſen darſtelle. Aber dieſe großen Chymiſten erklaͤren den Unterſchied der drey genannten Sorten des Eiſens auf ganz entgegengeſetzte Arten. Bergmann ſucht ihn zum Theil in den verſchiedenen Verhaͤltniſſen, in welchen das Eiſen mit fremden Stoffen, vorzuͤglich mit Reißbley und Braunſtein verbunden iſt, ſo, daß das Roheiſen das meiſte, der Stahl weniger, das geſchmeidige Eiſen am wenigſten Reißbley enthalte; hauptſaͤchlich aber darinn, daß das Roheiſen mit der geringſten, das geſchmeidige mit der groͤßten Menge von Phlogiſton verbunden ſey, der Stahl aber wiederum zwiſchen beyden das Mittel halte. Er ſucht dies aus der verſchiedenen Menge von brennbarer Luft zu erweiſen, welche man mit Vitriol-oder Salzſaͤure aus dieſen Stoffen erhaͤlt rc., und erklaͤrt ſo das Stahlmachen aus Roheiſen durch eine Zerſetzung des Reißbleys und ſtaͤrkere Phlogiſtication, das Cementiren aber durch eine Erzeugung von neuem Reißbley, wozu Phlogiſton verwendet und alſo die Menge des im geſchmeidigen Eiſen vorhandenen vermindert werde. Dies letztere ſcheint freylich erzwungen, und iſt wenigſtens noch bey weitem nicht erwieſen: auch kan man aus der Menge von brennbarer Luft nicht ſicher auf die Menge des Phlogiſtons ſchließen. Rinmann hingegen kehrt die Stufenleiter voͤllig um, und giebt dem Roheiſen die groͤßte, dem geſchmeidigen hingegen die geringſte Menge von brennbarem Stoffe. Hieraus erklaͤrt ſich alles ſehr leicht. Roheiſen mit Kohlenſtaub oder unter einer Glasdecke geſchmolzen, bleibt roh: ſuͤr ſich allein, oder mit Kalkerde, Braunſtein u. dergl. geſchmolzen, oft an der Luft gegluͤht rc. geht es in Stahl, mit Eiſenkalk geſchmolzen, in weiches Eiſen uͤber: geſchmeidig Eiſen mit Kohlenſtaub geſchmolzen, kan zu Roheiſen oder Stahl werden, und geht mit brennbaren Pulvern cementirt, in Stahl uͤber; ohne brennbaren Zuſatz

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/191>, abgerufen am 25.11.2024.