Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


wird, heißt der Sommerpunkt, die Sommersonnenwende (punctum solstitii aestivi) oder der erste Punkt des Krebses (0° [Abbildung] ): die andere, die dem Südpole am nächsten ist, und in welche die Sonne um den 21 Decemb. gelangt, ist der Winterpunkt: die Wintersonnenwende (punctum solstitii hiberni) oder der erste Punkt des Steinbocks (0° [Abbildung] ).

Sonnenwende, Zeit der Sonnenwende, Zeit des Sonnenstillstands, Solstitium, Solstice.

Sonnenwende ist eigentlich der Augenblick, im welchem der Mittelpunkt der Sonne, bey seinem jährlichen Umlaufe um den Himmel, den größten Abstand vom Aequator erreicht, oder in einen Solstitialpunkt tritt. Zwar verläßt er diesen Punkt in eben dem Augenblicke wieder, weil die eigne Bewegung der Sonne ununterbrochen fortdauert: da aber diese Bewegung langsam ist, und sich besonders um diese Zeit der Abstand der Sonne vom Aequator einige Tage lang nicht merklich ändert, so kan man ohne Bedenken annehmen, sie behalte alsdann den ganzen Tag über einerley Abstand. So wird dieser ganze Tag Tag der Sonnenwende (dies solstitii, Jour de solstice).

Unter dieser Voraussetzung wird der Tagkreis der Sonne an diesem Tage einer von den Wendekreisen seyn, s. Wendekreise. Die Sonne erreicht den Wendekreis des Krebses jährlich um den 21 Jun. und den des Steinbocks um den 21 December. Dies sind also gewöhnlich die Tage der beyden Sonnenwenden.

Die Horizonte der Nordländer schneiden sich mit den Tagkreisen der Sonne so, daß der Wendekreis des Krebses unter allen übrigen Tagkreisen den größten Theil über, und den kleinsten unter diesen Horizonten hat, der des Steinbocks hingegen unter allen übrigen mit dem kleinsten Theile über diese Horizonte hervorraget, und den größten unter sie verbirgt. Daher haben die Nordländer zur Zeit der Sonnenwende um den 21 Jun. den längsten Tag und die kürzeste Nacht; hingegen um den 21 Dec. den kürzesten


wird, heißt der Sommerpunkt, die Sommerſonnenwende (punctum ſolſtitii aeſtivi) oder der erſte Punkt des Krebſes (0° [Abbildung] ): die andere, die dem Suͤdpole am naͤchſten iſt, und in welche die Sonne um den 21 Decemb. gelangt, iſt der Winterpunkt: die Winterſonnenwende (punctum ſolſtitii hiberni) oder der erſte Punkt des Steinbocks (0° [Abbildung] ).

Sonnenwende, Zeit der Sonnenwende, Zeit des Sonnenſtillſtands, Solſtitium, Solſtice.

Sonnenwende iſt eigentlich der Augenblick, im welchem der Mittelpunkt der Sonne, bey ſeinem jaͤhrlichen Umlaufe um den Himmel, den groͤßten Abſtand vom Aequator erreicht, oder in einen Solſtitialpunkt tritt. Zwar verlaͤßt er dieſen Punkt in eben dem Augenblicke wieder, weil die eigne Bewegung der Sonne ununterbrochen fortdauert: da aber dieſe Bewegung langſam iſt, und ſich beſonders um dieſe Zeit der Abſtand der Sonne vom Aequator einige Tage lang nicht merklich aͤndert, ſo kan man ohne Bedenken annehmen, ſie behalte alsdann den ganzen Tag uͤber einerley Abſtand. So wird dieſer ganze Tag Tag der Sonnenwende (dies ſolſtitii, Jour de ſolſtice).

Unter dieſer Vorausſetzung wird der Tagkreis der Sonne an dieſem Tage einer von den Wendekreiſen ſeyn, ſ. Wendekreiſe. Die Sonne erreicht den Wendekreis des Krebſes jaͤhrlich um den 21 Jun. und den des Steinbocks um den 21 December. Dies ſind alſo gewoͤhnlich die Tage der beyden Sonnenwenden.

Die Horizonte der Nordlaͤnder ſchneiden ſich mit den Tagkreiſen der Sonne ſo, daß der Wendekreis des Krebſes unter allen uͤbrigen Tagkreiſen den groͤßten Theil uͤber, und den kleinſten unter dieſen Horizonten hat, der des Steinbocks hingegen unter allen uͤbrigen mit dem kleinſten Theile uͤber dieſe Horizonte hervorraget, und den groͤßten unter ſie verbirgt. Daher haben die Nordlaͤnder zur Zeit der Sonnenwende um den 21 Jun. den laͤngſten Tag und die kuͤrzeſte Nacht; hingegen um den 21 Dec. den kuͤrzeſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0117" xml:id="P.4.107" n="107"/><lb/>
wird, heißt der <hi rendition="#b">Sommerpunkt,</hi> die <hi rendition="#b">Sommer&#x017F;onnenwende</hi> (<hi rendition="#aq">punctum &#x017F;ol&#x017F;titii ae&#x017F;tivi</hi>) oder der er&#x017F;te <hi rendition="#b">Punkt des Kreb&#x017F;es</hi> (0° <figure/>): die andere, die dem Su&#x0364;dpole am na&#x0364;ch&#x017F;ten i&#x017F;t, und in welche die Sonne um den 21 Decemb. gelangt, i&#x017F;t der <hi rendition="#b">Winterpunkt:</hi> die <hi rendition="#b">Winter&#x017F;onnenwende</hi> (<hi rendition="#aq">punctum &#x017F;ol&#x017F;titii hiberni</hi>) oder <hi rendition="#b">der er&#x017F;te Punkt des Steinbocks</hi> (0° <figure/>).</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Sonnenwende, Zeit der Sonnenwende, Zeit des Sonnen&#x017F;till&#x017F;tands, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Sol&#x017F;titium</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Sol&#x017F;tice</hi></foreign></name>.</head><lb/>
            <p>Sonnenwende i&#x017F;t eigentlich der Augenblick, im welchem der Mittelpunkt der Sonne, bey &#x017F;einem ja&#x0364;hrlichen Umlaufe um den Himmel, den gro&#x0364;ßten Ab&#x017F;tand vom Aequator erreicht, oder in einen Sol&#x017F;titialpunkt tritt. Zwar verla&#x0364;ßt er die&#x017F;en Punkt in eben dem Augenblicke wieder, weil die eigne Bewegung der Sonne ununterbrochen fortdauert: da aber die&#x017F;e Bewegung lang&#x017F;am i&#x017F;t, und &#x017F;ich be&#x017F;onders um die&#x017F;e Zeit der Ab&#x017F;tand der Sonne vom Aequator einige Tage lang nicht merklich a&#x0364;ndert, &#x017F;o kan man ohne Bedenken annehmen, &#x017F;ie behalte alsdann den ganzen Tag u&#x0364;ber einerley Ab&#x017F;tand. So wird die&#x017F;er ganze Tag <hi rendition="#b">Tag der Sonnenwende</hi> (<hi rendition="#aq">dies &#x017F;ol&#x017F;titii, <hi rendition="#i">Jour de &#x017F;ol&#x017F;tice</hi></hi>).</p>
            <p>Unter die&#x017F;er Voraus&#x017F;etzung wird der Tagkreis der Sonne an die&#x017F;em Tage einer von den Wendekrei&#x017F;en &#x017F;eyn, <hi rendition="#b">&#x017F;. Wendekrei&#x017F;e.</hi> Die Sonne erreicht den Wendekreis des Kreb&#x017F;es ja&#x0364;hrlich um den 21 Jun. und den des Steinbocks um den 21 December. Dies &#x017F;ind al&#x017F;o gewo&#x0364;hnlich die Tage der beyden Sonnenwenden.</p>
            <p>Die Horizonte der Nordla&#x0364;nder &#x017F;chneiden &#x017F;ich mit den Tagkrei&#x017F;en der Sonne &#x017F;o, daß der Wendekreis des Kreb&#x017F;es unter allen u&#x0364;brigen Tagkrei&#x017F;en den gro&#x0364;ßten Theil u&#x0364;ber, und den klein&#x017F;ten unter die&#x017F;en Horizonten hat, der des Steinbocks hingegen unter allen u&#x0364;brigen mit dem klein&#x017F;ten Theile u&#x0364;ber die&#x017F;e Horizonte hervorraget, und den gro&#x0364;ßten unter &#x017F;ie verbirgt. Daher haben die Nordla&#x0364;nder zur Zeit der Sonnenwende um den 21 Jun. den la&#x0364;ng&#x017F;ten Tag und die ku&#x0364;rze&#x017F;te Nacht; hingegen um den 21 Dec. den ku&#x0364;rze&#x017F;ten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0117] wird, heißt der Sommerpunkt, die Sommerſonnenwende (punctum ſolſtitii aeſtivi) oder der erſte Punkt des Krebſes (0° [Abbildung] ): die andere, die dem Suͤdpole am naͤchſten iſt, und in welche die Sonne um den 21 Decemb. gelangt, iſt der Winterpunkt: die Winterſonnenwende (punctum ſolſtitii hiberni) oder der erſte Punkt des Steinbocks (0° [Abbildung] ). Sonnenwende, Zeit der Sonnenwende, Zeit des Sonnenſtillſtands, Solſtitium, Solſtice. Sonnenwende iſt eigentlich der Augenblick, im welchem der Mittelpunkt der Sonne, bey ſeinem jaͤhrlichen Umlaufe um den Himmel, den groͤßten Abſtand vom Aequator erreicht, oder in einen Solſtitialpunkt tritt. Zwar verlaͤßt er dieſen Punkt in eben dem Augenblicke wieder, weil die eigne Bewegung der Sonne ununterbrochen fortdauert: da aber dieſe Bewegung langſam iſt, und ſich beſonders um dieſe Zeit der Abſtand der Sonne vom Aequator einige Tage lang nicht merklich aͤndert, ſo kan man ohne Bedenken annehmen, ſie behalte alsdann den ganzen Tag uͤber einerley Abſtand. So wird dieſer ganze Tag Tag der Sonnenwende (dies ſolſtitii, Jour de ſolſtice). Unter dieſer Vorausſetzung wird der Tagkreis der Sonne an dieſem Tage einer von den Wendekreiſen ſeyn, ſ. Wendekreiſe. Die Sonne erreicht den Wendekreis des Krebſes jaͤhrlich um den 21 Jun. und den des Steinbocks um den 21 December. Dies ſind alſo gewoͤhnlich die Tage der beyden Sonnenwenden. Die Horizonte der Nordlaͤnder ſchneiden ſich mit den Tagkreiſen der Sonne ſo, daß der Wendekreis des Krebſes unter allen uͤbrigen Tagkreiſen den groͤßten Theil uͤber, und den kleinſten unter dieſen Horizonten hat, der des Steinbocks hingegen unter allen uͤbrigen mit dem kleinſten Theile uͤber dieſe Horizonte hervorraget, und den groͤßten unter ſie verbirgt. Daher haben die Nordlaͤnder zur Zeit der Sonnenwende um den 21 Jun. den laͤngſten Tag und die kuͤrzeſte Nacht; hingegen um den 21 Dec. den kuͤrzeſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/117
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/117>, abgerufen am 25.11.2024.