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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Ob nun gleich der menschliche Körper fast alles Gewicht im Wasser verliert, so schwimmen doch alle Thiere leichter, als der Mensch, bey dem das Schwimmen Kunst ist, und erst erlernt werden muß. Zum Theil kömmt dies wohl daher, weil der Körper eine ihm ungewöhnliche Stellung annehmen muß, wenn der aus dem Wasser hervorragende Theil gerade der Kopf seyn soll (s. Unters. woher es komme, daß die Thiere von Natur schwimmen können, da hingegen der Mensch solches erst mit Mühe lernen muß, von Bazin, im Hamburg. Magazin, I. B. S. 327.). Auch versinken und verunglücken gewiß die meisten Menschen darum, weil das Schrecken ihnen Kraft und Bewußtseyn raubt, oder die Erkältung sie durch Schlagfiüsse tödtet. Leichen schwimmen, weil sich durch die angehende Fäulniß die Höhlungen des Körpers erweitern, wodurch das Volumen zunimmt.

Bisweilen schwimmen auch feste Körper, wenn sie gleich schwerer sind, als Wasser, entweder wegen der ihnen anhängenden Luftbläschen, oder weil ihr Gewicht zu gering ist, um den Zusammenhang der Wassertheile zu trennen, die sie mit ihrer Fläche berühren. So schwimmen Goldblättchen und Nadeln, wenn man sie behutsam auf die Wasserfläche legt.

Die Kraft, welche erfordert wird, einen sonst schwimmenden Körper ganz untergetaucht zu erhalten, ist gleich dem Gewichte des aus der Stelle getriebnen Wassers weniger dem Gewichte des Körpers. Und ein Gefäß mit Wasser, worauf ein Körper schwimmt, wird um das Gewicht dieses Körpers schwerer, welches man gewöhulich so ausdrückt, das verlohrne Gewicht des schwimmenden Körpers wachse dem Wasser zu.

Auch von flüßigen Materien, welche verschiedene specifische Schweren haben, schwimmt die leichtere auf der schweren, wenn sie einander nicht auflösen, z. B. Oel auf Wasser, Wasser auf Quecksilber. Man kan mehrere solche Materien durch Schütteln unter einander mischen, wenn sie ober in Ruhe kommen, sondern sie sich wieder von einander; die leichtere Flüßigkeit steigt durch die schwerere in die Höhe,


Ob nun gleich der menſchliche Koͤrper faſt alles Gewicht im Waſſer verliert, ſo ſchwimmen doch alle Thiere leichter, als der Menſch, bey dem das Schwimmen Kunſt iſt, und erſt erlernt werden muß. Zum Theil koͤmmt dies wohl daher, weil der Koͤrper eine ihm ungewoͤhnliche Stellung annehmen muß, wenn der aus dem Waſſer hervorragende Theil gerade der Kopf ſeyn ſoll (ſ. Unterſ. woher es komme, daß die Thiere von Natur ſchwimmen koͤnnen, da hingegen der Menſch ſolches erſt mit Muͤhe lernen muß, von Bazin, im Hamburg. Magazin, I. B. S. 327.). Auch verſinken und verungluͤcken gewiß die meiſten Menſchen darum, weil das Schrecken ihnen Kraft und Bewußtſeyn raubt, oder die Erkaͤltung ſie durch Schlagfiuͤſſe toͤdtet. Leichen ſchwimmen, weil ſich durch die angehende Faͤulniß die Hoͤhlungen des Koͤrpers erweitern, wodurch das Volumen zunimmt.

Bisweilen ſchwimmen auch feſte Koͤrper, wenn ſie gleich ſchwerer ſind, als Waſſer, entweder wegen der ihnen anhaͤngenden Luftblaͤschen, oder weil ihr Gewicht zu gering iſt, um den Zuſammenhang der Waſſertheile zu trennen, die ſie mit ihrer Flaͤche beruͤhren. So ſchwimmen Goldblaͤttchen und Nadeln, wenn man ſie behutſam auf die Waſſerflaͤche legt.

Die Kraft, welche erfordert wird, einen ſonſt ſchwimmenden Koͤrper ganz untergetaucht zu erhalten, iſt gleich dem Gewichte des aus der Stelle getriebnen Waſſers weniger dem Gewichte des Koͤrpers. Und ein Gefaͤß mit Waſſer, worauf ein Koͤrper ſchwimmt, wird um das Gewicht dieſes Koͤrpers ſchwerer, welches man gewoͤhulich ſo ausdruͤckt, das verlohrne Gewicht des ſchwimmenden Koͤrpers wachſe dem Waſſer zu.

Auch von fluͤßigen Materien, welche verſchiedene ſpecifiſche Schweren haben, ſchwimmt die leichtere auf der ſchweren, wenn ſie einander nicht aufloͤſen, z. B. Oel auf Waſſer, Waſſer auf Queckſilber. Man kan mehrere ſolche Materien durch Schuͤtteln unter einander miſchen, wenn ſie ober in Ruhe kommen, ſondern ſie ſich wieder von einander; die leichtere Fluͤßigkeit ſteigt durch die ſchwerere in die Hoͤhe,

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[943/0949] Ob nun gleich der menſchliche Koͤrper faſt alles Gewicht im Waſſer verliert, ſo ſchwimmen doch alle Thiere leichter, als der Menſch, bey dem das Schwimmen Kunſt iſt, und erſt erlernt werden muß. Zum Theil koͤmmt dies wohl daher, weil der Koͤrper eine ihm ungewoͤhnliche Stellung annehmen muß, wenn der aus dem Waſſer hervorragende Theil gerade der Kopf ſeyn ſoll (ſ. Unterſ. woher es komme, daß die Thiere von Natur ſchwimmen koͤnnen, da hingegen der Menſch ſolches erſt mit Muͤhe lernen muß, von Bazin, im Hamburg. Magazin, I. B. S. 327.). Auch verſinken und verungluͤcken gewiß die meiſten Menſchen darum, weil das Schrecken ihnen Kraft und Bewußtſeyn raubt, oder die Erkaͤltung ſie durch Schlagfiuͤſſe toͤdtet. Leichen ſchwimmen, weil ſich durch die angehende Faͤulniß die Hoͤhlungen des Koͤrpers erweitern, wodurch das Volumen zunimmt. Bisweilen ſchwimmen auch feſte Koͤrper, wenn ſie gleich ſchwerer ſind, als Waſſer, entweder wegen der ihnen anhaͤngenden Luftblaͤschen, oder weil ihr Gewicht zu gering iſt, um den Zuſammenhang der Waſſertheile zu trennen, die ſie mit ihrer Flaͤche beruͤhren. So ſchwimmen Goldblaͤttchen und Nadeln, wenn man ſie behutſam auf die Waſſerflaͤche legt. Die Kraft, welche erfordert wird, einen ſonſt ſchwimmenden Koͤrper ganz untergetaucht zu erhalten, iſt gleich dem Gewichte des aus der Stelle getriebnen Waſſers weniger dem Gewichte des Koͤrpers. Und ein Gefaͤß mit Waſſer, worauf ein Koͤrper ſchwimmt, wird um das Gewicht dieſes Koͤrpers ſchwerer, welches man gewoͤhulich ſo ausdruͤckt, das verlohrne Gewicht des ſchwimmenden Koͤrpers wachſe dem Waſſer zu. Auch von fluͤßigen Materien, welche verſchiedene ſpecifiſche Schweren haben, ſchwimmt die leichtere auf der ſchweren, wenn ſie einander nicht aufloͤſen, z. B. Oel auf Waſſer, Waſſer auf Queckſilber. Man kan mehrere ſolche Materien durch Schuͤtteln unter einander miſchen, wenn ſie ober in Ruhe kommen, ſondern ſie ſich wieder von einander; die leichtere Fluͤßigkeit ſteigt durch die ſchwerere in die Hoͤhe,

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 943. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/949>, abgerufen am 23.11.2024.