Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Mehre Vorschläge, über Wasser zu kommen, haben Leupold (Theatr. pontificiale. Tab. I--III.) und Thevenot (L'art de nager avec des avis de se baigner utilement. a Paris, 1781.). Keßlers Wasserharnisch und Schwimmgürtel ist Leder mit Luft aufgeblasen, Wagenseils Wasserschild (hydraspis) ein hohier hölzerner Kasten.

Die Stellung, welche schwimmende Körper im Wasser annehmen, kömmt auf die beyden Schwerpunkte des ganzen Körpers c Taf. XXI Fig. 144. und des eingetauchten Theils (oder vielmehr des in diesem Theile Platz habenden Wassers) a an. Beyde Schwerpunkte müssen, wenn der Körper ruhen soll, in einerley Verticallinie liegen. Denn man kan sich vorstellen, es sey die Masse des ausgetriebenen Wassers in a beysammen gewesen. Diese ward von dem umgebenden Wasser erhalten; die mittlere Richrung des Drucks, den das umgebende Wasser ausübt, geht also vertical durch a, welches daher mit c, wo das Gewicht des Körpers beysammen ist, in einerley Verticallinie fallen muß, wenn beyde Kräste im Gleichgewichte seyn sollen.

Der Schwerpunkt des Körpers c wird nach der gewöhnlichen Eigenschaft der Schwerpunkte die tiefste Stelle einnehmen, die er den Umständen nach erreichen kan, ohne vorher steigen zu dürsen. Liegt c unter a, so wird sich der Körper allemal so stellen, daß c so weit als möglich von a entfernt wird: liegt c über a, so wird er die Stellung annehmen, in welcher c dem a am nächsten kömmt. So schwimmt ein hölzernes Parallelepipedum allemal auf der breitsten Fläche, weil sich hiebey die beyden Schwerpunkte am nächsten stehen; will man machen, daß eine schmälere Seite unten schwimmt, so muß man sie mit Bley ausgießen, oder ein Gewicht daran hängen, um den Schwerpunkt gegen sie hinzubringen. Hieraus läßt sich erllären, warum ein Körper nicht in jeder Stellung schwimmen kan. Diese sehr verwickelte Lehre von den Stellungen und der Standhaftigkeit schwimmender Körper fieng schon Stevin (Traite des Acrobariques, in Oeuvr. Vol. II. p. 512.) an zu betrachten. Sie zeigt, wie die Schiffe zu bauen sind, wenn sie nicht leicht sollen umgeworfen werden, und ist von Daniel


Mehre Vorſchlaͤge, uͤber Waſſer zu kommen, haben Leupold (Theatr. pontificiale. Tab. I—III.) und Thevenot (L'art de nager avec des avis de ſe baigner utilement. à Paris, 1781.). Keßlers Waſſerharniſch und Schwimmguͤrtel iſt Leder mit Luft aufgeblaſen, Wagenſeils Waſſerſchild (hydraſpis) ein hohier hoͤlzerner Kaſten.

Die Stellung, welche ſchwimmende Koͤrper im Waſſer annehmen, koͤmmt auf die beyden Schwerpunkte des ganzen Koͤrpers c Taf. XXI Fig. 144. und des eingetauchten Theils (oder vielmehr des in dieſem Theile Platz habenden Waſſers) a an. Beyde Schwerpunkte muͤſſen, wenn der Koͤrper ruhen ſoll, in einerley Verticallinie liegen. Denn man kan ſich vorſtellen, es ſey die Maſſe des ausgetriebenen Waſſers in a beyſammen geweſen. Dieſe ward von dem umgebenden Waſſer erhalten; die mittlere Richrung des Drucks, den das umgebende Waſſer ausuͤbt, geht alſo vertical durch a, welches daher mit c, wo das Gewicht des Koͤrpers beyſammen iſt, in einerley Verticallinie fallen muß, wenn beyde Kraͤſte im Gleichgewichte ſeyn ſollen.

Der Schwerpunkt des Koͤrpers c wird nach der gewoͤhnlichen Eigenſchaft der Schwerpunkte die tiefſte Stelle einnehmen, die er den Umſtaͤnden nach erreichen kan, ohne vorher ſteigen zu duͤrſen. Liegt c unter a, ſo wird ſich der Koͤrper allemal ſo ſtellen, daß c ſo weit als moͤglich von a entfernt wird: liegt c uͤber a, ſo wird er die Stellung annehmen, in welcher c dem a am naͤchſten koͤmmt. So ſchwimmt ein hoͤlzernes Parallelepipedum allemal auf der breitſten Flaͤche, weil ſich hiebey die beyden Schwerpunkte am naͤchſten ſtehen; will man machen, daß eine ſchmaͤlere Seite unten ſchwimmt, ſo muß man ſie mit Bley ausgießen, oder ein Gewicht daran haͤngen, um den Schwerpunkt gegen ſie hinzubringen. Hieraus laͤßt ſich erllaͤren, warum ein Koͤrper nicht in jeder Stellung ſchwimmen kan. Dieſe ſehr verwickelte Lehre von den Stellungen und der Standhaftigkeit ſchwimmender Koͤrper fieng ſchon Stevin (Traité des Acrobariques, in Oeuvr. Vol. II. p. 512.) an zu betrachten. Sie zeigt, wie die Schiffe zu bauen ſind, wenn ſie nicht leicht ſollen umgeworfen werden, und iſt von Daniel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0947" xml:id="P.3.941" n="941"/><lb/>
Mehre Vor&#x017F;chla&#x0364;ge, u&#x0364;ber Wa&#x017F;&#x017F;er zu kommen, haben <hi rendition="#b">Leupold</hi> <hi rendition="#aq">(Theatr. pontificiale. Tab. I&#x2014;III.)</hi> und <hi rendition="#b">Thevenot</hi> <hi rendition="#aq">(L'art de nager avec des avis de &#x017F;e baigner utilement. à Paris, 1781.).</hi> <hi rendition="#b">Keßlers</hi> Wa&#x017F;&#x017F;erharni&#x017F;ch und Schwimmgu&#x0364;rtel i&#x017F;t Leder mit Luft aufgebla&#x017F;en, <hi rendition="#b">Wagen&#x017F;eils</hi> Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;child <hi rendition="#aq">(hydra&#x017F;pis)</hi> ein hohier ho&#x0364;lzerner Ka&#x017F;ten.</p>
            <p>Die <hi rendition="#b">Stellung,</hi> welche &#x017F;chwimmende Ko&#x0364;rper im Wa&#x017F;&#x017F;er annehmen, ko&#x0364;mmt auf die beyden Schwerpunkte des ganzen Ko&#x0364;rpers <hi rendition="#aq">c</hi> Taf. <hi rendition="#aq">XXI</hi> Fig. 144. und des eingetauchten Theils (oder vielmehr des in die&#x017F;em Theile Platz habenden Wa&#x017F;&#x017F;ers) <hi rendition="#aq">a</hi> an. Beyde Schwerpunkte mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn der Ko&#x0364;rper ruhen &#x017F;oll, in einerley Verticallinie liegen. Denn man kan &#x017F;ich vor&#x017F;tellen, es &#x017F;ey die Ma&#x017F;&#x017F;e des ausgetriebenen Wa&#x017F;&#x017F;ers in <hi rendition="#aq">a</hi> bey&#x017F;ammen gewe&#x017F;en. Die&#x017F;e ward von dem umgebenden Wa&#x017F;&#x017F;er erhalten; die mittlere Richrung des Drucks, den das umgebende Wa&#x017F;&#x017F;er ausu&#x0364;bt, geht al&#x017F;o vertical durch <hi rendition="#aq">a,</hi> welches daher mit <hi rendition="#aq">c,</hi> wo das Gewicht des Ko&#x0364;rpers bey&#x017F;ammen i&#x017F;t, in einerley Verticallinie fallen muß, wenn beyde Kra&#x0364;&#x017F;te im Gleichgewichte &#x017F;eyn &#x017F;ollen.</p>
            <p>Der Schwerpunkt des Ko&#x0364;rpers <hi rendition="#aq">c</hi> wird nach der gewo&#x0364;hnlichen Eigen&#x017F;chaft der Schwerpunkte die tief&#x017F;te Stelle einnehmen, die er den Um&#x017F;ta&#x0364;nden nach erreichen kan, ohne vorher &#x017F;teigen zu du&#x0364;r&#x017F;en. Liegt <hi rendition="#aq">c</hi> unter <hi rendition="#aq">a,</hi> &#x017F;o wird &#x017F;ich der Ko&#x0364;rper allemal &#x017F;o &#x017F;tellen, daß <hi rendition="#aq">c</hi> &#x017F;o weit als mo&#x0364;glich von <hi rendition="#aq">a</hi> entfernt wird: liegt <hi rendition="#aq">c</hi> u&#x0364;ber <hi rendition="#aq">a,</hi> &#x017F;o wird er die Stellung annehmen, in welcher <hi rendition="#aq">c</hi> dem <hi rendition="#aq">a</hi> am na&#x0364;ch&#x017F;ten ko&#x0364;mmt. So &#x017F;chwimmt ein ho&#x0364;lzernes Parallelepipedum allemal auf der breit&#x017F;ten Fla&#x0364;che, weil &#x017F;ich hiebey die beyden Schwerpunkte am na&#x0364;ch&#x017F;ten &#x017F;tehen; will man machen, daß eine &#x017F;chma&#x0364;lere Seite unten &#x017F;chwimmt, &#x017F;o muß man &#x017F;ie mit Bley ausgießen, oder ein Gewicht daran ha&#x0364;ngen, um den Schwerpunkt gegen &#x017F;ie hinzubringen. Hieraus la&#x0364;ßt &#x017F;ich erlla&#x0364;ren, warum ein Ko&#x0364;rper nicht in jeder Stellung &#x017F;chwimmen kan. Die&#x017F;e &#x017F;ehr verwickelte Lehre von den Stellungen und der Standhaftigkeit &#x017F;chwimmender Ko&#x0364;rper fieng &#x017F;chon <hi rendition="#b">Stevin</hi> <hi rendition="#aq">(Traité des Acrobariques, in Oeuvr. Vol. II. p. 512.)</hi> an zu betrachten. Sie zeigt, wie die Schiffe zu bauen &#x017F;ind, wenn &#x017F;ie nicht leicht &#x017F;ollen umgeworfen werden, und i&#x017F;t von <hi rendition="#b">Daniel<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[941/0947] Mehre Vorſchlaͤge, uͤber Waſſer zu kommen, haben Leupold (Theatr. pontificiale. Tab. I—III.) und Thevenot (L'art de nager avec des avis de ſe baigner utilement. à Paris, 1781.). Keßlers Waſſerharniſch und Schwimmguͤrtel iſt Leder mit Luft aufgeblaſen, Wagenſeils Waſſerſchild (hydraſpis) ein hohier hoͤlzerner Kaſten. Die Stellung, welche ſchwimmende Koͤrper im Waſſer annehmen, koͤmmt auf die beyden Schwerpunkte des ganzen Koͤrpers c Taf. XXI Fig. 144. und des eingetauchten Theils (oder vielmehr des in dieſem Theile Platz habenden Waſſers) a an. Beyde Schwerpunkte muͤſſen, wenn der Koͤrper ruhen ſoll, in einerley Verticallinie liegen. Denn man kan ſich vorſtellen, es ſey die Maſſe des ausgetriebenen Waſſers in a beyſammen geweſen. Dieſe ward von dem umgebenden Waſſer erhalten; die mittlere Richrung des Drucks, den das umgebende Waſſer ausuͤbt, geht alſo vertical durch a, welches daher mit c, wo das Gewicht des Koͤrpers beyſammen iſt, in einerley Verticallinie fallen muß, wenn beyde Kraͤſte im Gleichgewichte ſeyn ſollen. Der Schwerpunkt des Koͤrpers c wird nach der gewoͤhnlichen Eigenſchaft der Schwerpunkte die tiefſte Stelle einnehmen, die er den Umſtaͤnden nach erreichen kan, ohne vorher ſteigen zu duͤrſen. Liegt c unter a, ſo wird ſich der Koͤrper allemal ſo ſtellen, daß c ſo weit als moͤglich von a entfernt wird: liegt c uͤber a, ſo wird er die Stellung annehmen, in welcher c dem a am naͤchſten koͤmmt. So ſchwimmt ein hoͤlzernes Parallelepipedum allemal auf der breitſten Flaͤche, weil ſich hiebey die beyden Schwerpunkte am naͤchſten ſtehen; will man machen, daß eine ſchmaͤlere Seite unten ſchwimmt, ſo muß man ſie mit Bley ausgießen, oder ein Gewicht daran haͤngen, um den Schwerpunkt gegen ſie hinzubringen. Hieraus laͤßt ſich erllaͤren, warum ein Koͤrper nicht in jeder Stellung ſchwimmen kan. Dieſe ſehr verwickelte Lehre von den Stellungen und der Standhaftigkeit ſchwimmender Koͤrper fieng ſchon Stevin (Traité des Acrobariques, in Oeuvr. Vol. II. p. 512.) an zu betrachten. Sie zeigt, wie die Schiffe zu bauen ſind, wenn ſie nicht leicht ſollen umgeworfen werden, und iſt von Daniel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/947
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 941. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/947>, abgerufen am 23.11.2024.