Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Leonhardi in Macquers chymisches Wörterbuch, Art. Schwererde.

Gren systemat. Handbuch der Chemie. Erster Theil, §. 629. u. f.

Schwerpunkt, Mittelpunkt der Schwere

Centrum gravitatis, Centre de gravite. In jedem schweren festen Körper giebt es einen Punkt, der so liegt, daß alle Theile des Körpers um ihn nach jeder Seite zu eben so viel statisches Moment haben, als nach der entgegengesetzten Seite, oder daß alle Theile den Körper nach jeder Seite eben so stark um diesen Punkt umzudrehen streben, als dies die Theile auf der andern Seite nach der entgegengesetzten Richtung thun; daher sich die Bestrebungen nach Umdrehung um diesen Punkt ringsum aufheben. Dieser Punkt heißt des Körpers Schwerpunkt.

Zur Erläuterung stelle Taf. XXI. Fig. 141. ADBE einen flachen schweren Teller vor, dessen Mittelpunkt C auf einer festen Stütze GC ruht. Die Theile des Tellers in der Linie CA streben durch ihre Schwere den Teller so um C zu drehen, daß A fallen, und B aufsteigen würde. Aber die Theile in der Linie CB streben eben so stark, eine entgegengesetzte Umdrehung um C zu bewirken, bey welcher B fallen, und A aufsteigen würde. Beyde Bestrebungen, als gleiche und entgegengesetzte, heben sich auf, und der Teller fällt weder nach A noch B. Eben dies gilt von den Linien CD und DE, und überhaupt von allen, wenn der Teller durchaus gleich dick, von gleichförmiger Dichte, und völlig kreisrund ist. Alsdann ist sein Mittelpunkt C der Schwerpunkt.

Was diesen Schwerpunkt zu fallen hindert, trägt das Gewicht des ganzen Körpers. Denn die übrigen Theile halten sich selbst im Gleichgewichte, also kan kein Theil fallen, sondern alle üben nur Druck aus, und die Unterlage trägt den Druck aller Theile. Man kan sich also vorstellen, das ganze Gewicht des festen Körpers sey im Schwerpunkte beysammen; welche Vorstellung die Mechanik der festen Körper sehr erleichtert, weil sie fast alles auf Betrachtung schwerer Punkte bringt.


Leonhardi in Macquers chymiſches Woͤrterbuch, Art. Schwererde.

Gren ſyſtemat. Handbuch der Chemie. Erſter Theil, §. 629. u. f.

Schwerpunkt, Mittelpunkt der Schwere

Centrum gravitatis, Centre de gravité. In jedem ſchweren feſten Koͤrper giebt es einen Punkt, der ſo liegt, daß alle Theile des Koͤrpers um ihn nach jeder Seite zu eben ſo viel ſtatiſches Moment haben, als nach der entgegengeſetzten Seite, oder daß alle Theile den Koͤrper nach jeder Seite eben ſo ſtark um dieſen Punkt umzudrehen ſtreben, als dies die Theile auf der andern Seite nach der entgegengeſetzten Richtung thun; daher ſich die Beſtrebungen nach Umdrehung um dieſen Punkt ringsum aufheben. Dieſer Punkt heißt des Koͤrpers Schwerpunkt.

Zur Erlaͤuterung ſtelle Taf. XXI. Fig. 141. ADBE einen flachen ſchweren Teller vor, deſſen Mittelpunkt C auf einer feſten Stuͤtze GC ruht. Die Theile des Tellers in der Linie CA ſtreben durch ihre Schwere den Teller ſo um C zu drehen, daß A fallen, und B aufſteigen wuͤrde. Aber die Theile in der Linie CB ſtreben eben ſo ſtark, eine entgegengeſetzte Umdrehung um C zu bewirken, bey welcher B fallen, und A aufſteigen wuͤrde. Beyde Beſtrebungen, als gleiche und entgegengeſetzte, heben ſich auf, und der Teller faͤllt weder nach A noch B. Eben dies gilt von den Linien CD und DE, und uͤberhaupt von allen, wenn der Teller durchaus gleich dick, von gleichfoͤrmiger Dichte, und voͤllig kreisrund iſt. Alsdann iſt ſein Mittelpunkt C der Schwerpunkt.

Was dieſen Schwerpunkt zu fallen hindert, traͤgt das Gewicht des ganzen Koͤrpers. Denn die uͤbrigen Theile halten ſich ſelbſt im Gleichgewichte, alſo kan kein Theil fallen, ſondern alle uͤben nur Druck aus, und die Unterlage traͤgt den Druck aller Theile. Man kan ſich alſo vorſtellen, das ganze Gewicht des feſten Koͤrpers ſey im Schwerpunkte beyſammen; welche Vorſtellung die Mechanik der feſten Koͤrper ſehr erleichtert, weil ſie faſt alles auf Betrachtung ſchwerer Punkte bringt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0928" xml:id="P.3.922" n="922"/><lb/>
            </p>
            <p>Leonhardi in Macquers chymi&#x017F;ches Wo&#x0364;rterbuch, Art. <hi rendition="#b">Schwererde.</hi></p>
            <p>Gren &#x017F;y&#x017F;temat. Handbuch der Chemie. Er&#x017F;ter Theil, §. 629. u. f.</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Schwerpunkt, Mittelpunkt der Schwere</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Centrum gravitatis, <hi rendition="#i">Centre de gravité.</hi></hi> In jedem &#x017F;chweren fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rper giebt es einen Punkt, der &#x017F;o liegt, daß alle Theile des Ko&#x0364;rpers um ihn nach jeder Seite zu eben &#x017F;o viel &#x017F;tati&#x017F;ches Moment haben, als nach der entgegenge&#x017F;etzten Seite, oder daß alle Theile den Ko&#x0364;rper nach jeder Seite eben &#x017F;o &#x017F;tark um die&#x017F;en Punkt umzudrehen &#x017F;treben, als dies die Theile auf der andern Seite nach der entgegenge&#x017F;etzten Richtung thun; daher &#x017F;ich die Be&#x017F;trebungen nach Umdrehung um die&#x017F;en Punkt ringsum aufheben. Die&#x017F;er Punkt heißt des Ko&#x0364;rpers <hi rendition="#b">Schwerpunkt.</hi></p>
            <p>Zur Erla&#x0364;uterung &#x017F;telle Taf. <hi rendition="#aq">XXI.</hi> Fig. 141. <hi rendition="#aq">ADBE</hi> einen flachen &#x017F;chweren Teller vor, de&#x017F;&#x017F;en Mittelpunkt <hi rendition="#aq">C</hi> auf einer fe&#x017F;ten Stu&#x0364;tze <hi rendition="#aq">GC</hi> ruht. Die Theile des Tellers in der Linie <hi rendition="#aq">CA</hi> &#x017F;treben durch ihre Schwere den Teller &#x017F;o um <hi rendition="#aq">C</hi> zu drehen, daß <hi rendition="#aq">A</hi> fallen, und <hi rendition="#aq">B</hi> auf&#x017F;teigen wu&#x0364;rde. Aber die Theile in der Linie <hi rendition="#aq">CB</hi> &#x017F;treben eben &#x017F;o &#x017F;tark, eine entgegenge&#x017F;etzte Umdrehung um <hi rendition="#aq">C</hi> zu bewirken, bey welcher <hi rendition="#aq">B</hi> fallen, und <hi rendition="#aq">A</hi> auf&#x017F;teigen wu&#x0364;rde. Beyde Be&#x017F;trebungen, als gleiche und entgegenge&#x017F;etzte, heben &#x017F;ich auf, und der Teller fa&#x0364;llt weder nach <hi rendition="#aq">A</hi> noch <hi rendition="#aq">B.</hi> Eben dies gilt von den Linien <hi rendition="#aq">CD</hi> und <hi rendition="#aq">DE,</hi> und u&#x0364;berhaupt von allen, wenn der Teller durchaus gleich dick, von gleichfo&#x0364;rmiger Dichte, und vo&#x0364;llig kreisrund i&#x017F;t. Alsdann i&#x017F;t &#x017F;ein Mittelpunkt <hi rendition="#aq">C</hi> der Schwerpunkt.</p>
            <p>Was die&#x017F;en Schwerpunkt zu fallen hindert, tra&#x0364;gt das Gewicht des ganzen Ko&#x0364;rpers. Denn die u&#x0364;brigen Theile halten &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t im Gleichgewichte, al&#x017F;o kan kein Theil fallen, &#x017F;ondern alle u&#x0364;ben nur <hi rendition="#b">Druck</hi> aus, und die Unterlage tra&#x0364;gt den Druck aller Theile. Man kan &#x017F;ich al&#x017F;o vor&#x017F;tellen, das ganze Gewicht des fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rpers &#x017F;ey im Schwerpunkte bey&#x017F;ammen; welche Vor&#x017F;tellung die Mechanik der fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rper &#x017F;ehr erleichtert, weil &#x017F;ie fa&#x017F;t alles auf Betrachtung &#x017F;chwerer Punkte bringt.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[922/0928] Leonhardi in Macquers chymiſches Woͤrterbuch, Art. Schwererde. Gren ſyſtemat. Handbuch der Chemie. Erſter Theil, §. 629. u. f. Schwerpunkt, Mittelpunkt der Schwere Centrum gravitatis, Centre de gravité. In jedem ſchweren feſten Koͤrper giebt es einen Punkt, der ſo liegt, daß alle Theile des Koͤrpers um ihn nach jeder Seite zu eben ſo viel ſtatiſches Moment haben, als nach der entgegengeſetzten Seite, oder daß alle Theile den Koͤrper nach jeder Seite eben ſo ſtark um dieſen Punkt umzudrehen ſtreben, als dies die Theile auf der andern Seite nach der entgegengeſetzten Richtung thun; daher ſich die Beſtrebungen nach Umdrehung um dieſen Punkt ringsum aufheben. Dieſer Punkt heißt des Koͤrpers Schwerpunkt. Zur Erlaͤuterung ſtelle Taf. XXI. Fig. 141. ADBE einen flachen ſchweren Teller vor, deſſen Mittelpunkt C auf einer feſten Stuͤtze GC ruht. Die Theile des Tellers in der Linie CA ſtreben durch ihre Schwere den Teller ſo um C zu drehen, daß A fallen, und B aufſteigen wuͤrde. Aber die Theile in der Linie CB ſtreben eben ſo ſtark, eine entgegengeſetzte Umdrehung um C zu bewirken, bey welcher B fallen, und A aufſteigen wuͤrde. Beyde Beſtrebungen, als gleiche und entgegengeſetzte, heben ſich auf, und der Teller faͤllt weder nach A noch B. Eben dies gilt von den Linien CD und DE, und uͤberhaupt von allen, wenn der Teller durchaus gleich dick, von gleichfoͤrmiger Dichte, und voͤllig kreisrund iſt. Alsdann iſt ſein Mittelpunkt C der Schwerpunkt. Was dieſen Schwerpunkt zu fallen hindert, traͤgt das Gewicht des ganzen Koͤrpers. Denn die uͤbrigen Theile halten ſich ſelbſt im Gleichgewichte, alſo kan kein Theil fallen, ſondern alle uͤben nur Druck aus, und die Unterlage traͤgt den Druck aller Theile. Man kan ſich alſo vorſtellen, das ganze Gewicht des feſten Koͤrpers ſey im Schwerpunkte beyſammen; welche Vorſtellung die Mechanik der feſten Koͤrper ſehr erleichtert, weil ſie faſt alles auf Betrachtung ſchwerer Punkte bringt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/928
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 922. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/928>, abgerufen am 13.05.2024.