Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Inzwischen ist diese Beobachtung lange Zeit übersehen worden. Nach Priestley ist Otto von Guericke (Exper. nova de vacuo spatio. Amstel. 1672. fol. p. 142.) der Erste, der sie anführt. Wenn man in der Morgendämmerung, sagt er, ein brennendes Licht verdeckt, und den Schatten auf ein weißes Papier fallen läßt, so ist dieser nicht schwarz, sondern vollkommen blau. Guericke will dadurch beweisen, daß eine Mischung von Weiß und Schwarz Blau gebe. Nollet aber bringt noch eine weit ältere Erwähnung dieses Phänomens von dem italiänischen Maler Lionardo da Vinci bey, der zu Anfang des 16ten Jahrhunderts lebte, dessen Abhandlung über die Malerey aber erst im 17. Jahrhunderte gedruckt worden ist (Traite de la Peinture, en Italien et en Francois. a Paris 1651. ch. 328. Pourquoi sur la sin du jour les ombres des corps produites sur un mur blanc sont de couleur bleue.) Die beygefügte Erklärung, daß die weiße Mauer an den beschatteten Stellen blos vom blauen Himmel erleuchtet werde, und daher die blaue Farbe desselben zurückwerfe, dagegen die erleuchteten Theile von den Sonnenstralen roth gefärbt würden, ist auch wahrscheinlich die richtige. Nach Otto von Guericke ist diese Erscheinung bis 1742 von keinem Physiker weiter erwähnt worden. Im Julius 1742 bemerkte Herr von Buffon (Mem. de Paris, 1743. p. 217.) gegen Abend, da die Sonne roth untergieng, der Himmel aber heiter und nur gegen Westen dünn mit gelbrothen Dünsten überzogen war, daß die Schatten der Bäume auf einer Mauer eine zarte grüne, etwas ins Blaue spielende Farbe hatten. Der Schatten einer Laube, die nur drey Fuß von der Mauer abstand, war lebhaft grün. Die Erscheinung dauerte fast 5 Minuten, und verschwand zugleich mit dem Sonnenlichte. Am folgenden Morgen bei heiterm Himmel und gelblichen Dünsten in Osten erschienen die Schatten blau, und wurden nach 3 Minuten schwarz. Am Abende desselben Tages erschienen sie wieder grün, Nachdem die trübe Witterung die Beobachtungen
Inzwiſchen iſt dieſe Beobachtung lange Zeit uͤberſehen worden. Nach Prieſtley iſt Otto von Guericke (Exper. nova de vacuo ſpatio. Amſtel. 1672. fol. p. 142.) der Erſte, der ſie anfuͤhrt. Wenn man in der Morgendaͤmmerung, ſagt er, ein brennendes Licht verdeckt, und den Schatten auf ein weißes Papier fallen laͤßt, ſo iſt dieſer nicht ſchwarz, ſondern vollkommen blau. Guericke will dadurch beweiſen, daß eine Miſchung von Weiß und Schwarz Blau gebe. Nollet aber bringt noch eine weit aͤltere Erwaͤhnung dieſes Phaͤnomens von dem italiaͤniſchen Maler Lionardo da Vinci bey, der zu Anfang des 16ten Jahrhunderts lebte, deſſen Abhandlung uͤber die Malerey aber erſt im 17. Jahrhunderte gedruckt worden iſt (Traité de la Peinture, en Italien et en François. à Paris 1651. ch. 328. Pourquoi ſur la ſin du jour les ombres des corps produites ſur un mur blanc ſont de couleur bleue.) Die beygefuͤgte Erklaͤrung, daß die weiße Mauer an den beſchatteten Stellen blos vom blauen Himmel erleuchtet werde, und daher die blaue Farbe deſſelben zuruͤckwerfe, dagegen die erleuchteten Theile von den Sonnenſtralen roth gefaͤrbt wuͤrden, iſt auch wahrſcheinlich die richtige. Nach Otto von Guericke iſt dieſe Erſcheinung bis 1742 von keinem Phyſiker weiter erwaͤhnt worden. Im Julius 1742 bemerkte Herr von Buffon (Mém. de Paris, 1743. p. 217.) gegen Abend, da die Sonne roth untergieng, der Himmel aber heiter und nur gegen Weſten duͤnn mit gelbrothen Duͤnſten uͤberzogen war, daß die Schatten der Baͤume auf einer Mauer eine zarte gruͤne, etwas ins Blaue ſpielende Farbe hatten. Der Schatten einer Laube, die nur drey Fuß von der Mauer abſtand, war lebhaft gruͤn. Die Erſcheinung dauerte faſt 5 Minuten, und verſchwand zugleich mit dem Sonnenlichte. Am folgenden Morgen bei heiterm Himmel und gelblichen Duͤnſten in Oſten erſchienen die Schatten blau, und wurden nach 3 Minuten ſchwarz. Am Abende deſſelben Tages erſchienen ſie wieder gruͤn, Nachdem die truͤbe Witterung die Beobachtungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0830" xml:id="P.3.824" n="824"/><lb/> Farbe. Man kan ſich davon ſehr leicht durch eigne Beobachtung uͤberzeugen.</p> <p>Inzwiſchen iſt dieſe Beobachtung lange Zeit uͤberſehen worden. Nach <hi rendition="#b">Prieſtley iſt Otto von Guericke</hi> <hi rendition="#aq">(Exper. nova de vacuo ſpatio. Amſtel. 1672. fol. p. 142.)</hi> der Erſte, der ſie anfuͤhrt. Wenn man in der Morgendaͤmmerung, ſagt er, ein brennendes Licht verdeckt, und den Schatten auf ein weißes Papier fallen laͤßt, ſo iſt dieſer nicht ſchwarz, ſondern vollkommen blau. Guericke will dadurch beweiſen, daß eine Miſchung von Weiß und Schwarz Blau gebe. <hi rendition="#b">Nollet</hi> aber bringt noch eine weit aͤltere Erwaͤhnung dieſes Phaͤnomens von dem italiaͤniſchen Maler <hi rendition="#b">Lionardo da Vinci</hi> bey, der zu Anfang des 16ten Jahrhunderts lebte, deſſen Abhandlung uͤber die Malerey aber erſt im 17. Jahrhunderte gedruckt worden iſt <hi rendition="#aq">(Traité de la Peinture, en Italien et en François. à Paris 1651. ch. 328. Pourquoi ſur la ſin du jour les ombres des corps produites ſur un mur blanc ſont de couleur bleue.)</hi> Die beygefuͤgte Erklaͤrung, daß die weiße Mauer an den beſchatteten Stellen blos vom blauen Himmel erleuchtet werde, und daher die blaue Farbe deſſelben zuruͤckwerfe, dagegen die erleuchteten Theile von den Sonnenſtralen roth gefaͤrbt wuͤrden, iſt auch wahrſcheinlich die richtige. Nach <hi rendition="#b">Otto von Guericke</hi> iſt dieſe Erſcheinung bis 1742 von keinem Phyſiker weiter erwaͤhnt worden.</p> <p>Im Julius 1742 bemerkte Herr <hi rendition="#b">von Buffon</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris, 1743. p. 217.)</hi> gegen Abend, da die Sonne roth untergieng, der Himmel aber heiter und nur gegen Weſten duͤnn mit gelbrothen Duͤnſten uͤberzogen war, daß die Schatten der Baͤume auf einer Mauer eine zarte gruͤne, etwas ins Blaue ſpielende Farbe hatten. Der Schatten einer Laube, die nur drey Fuß von der Mauer abſtand, war lebhaft gruͤn. Die Erſcheinung dauerte faſt 5 Minuten, und verſchwand zugleich mit dem Sonnenlichte. Am folgenden Morgen bei heiterm Himmel und gelblichen Duͤnſten in Oſten erſchienen die Schatten blau, und wurden nach 3 Minuten ſchwarz. Am Abende deſſelben Tages erſchienen ſie wieder gruͤn, Nachdem die truͤbe Witterung die Beobachtungen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [824/0830]
Farbe. Man kan ſich davon ſehr leicht durch eigne Beobachtung uͤberzeugen.
Inzwiſchen iſt dieſe Beobachtung lange Zeit uͤberſehen worden. Nach Prieſtley iſt Otto von Guericke (Exper. nova de vacuo ſpatio. Amſtel. 1672. fol. p. 142.) der Erſte, der ſie anfuͤhrt. Wenn man in der Morgendaͤmmerung, ſagt er, ein brennendes Licht verdeckt, und den Schatten auf ein weißes Papier fallen laͤßt, ſo iſt dieſer nicht ſchwarz, ſondern vollkommen blau. Guericke will dadurch beweiſen, daß eine Miſchung von Weiß und Schwarz Blau gebe. Nollet aber bringt noch eine weit aͤltere Erwaͤhnung dieſes Phaͤnomens von dem italiaͤniſchen Maler Lionardo da Vinci bey, der zu Anfang des 16ten Jahrhunderts lebte, deſſen Abhandlung uͤber die Malerey aber erſt im 17. Jahrhunderte gedruckt worden iſt (Traité de la Peinture, en Italien et en François. à Paris 1651. ch. 328. Pourquoi ſur la ſin du jour les ombres des corps produites ſur un mur blanc ſont de couleur bleue.) Die beygefuͤgte Erklaͤrung, daß die weiße Mauer an den beſchatteten Stellen blos vom blauen Himmel erleuchtet werde, und daher die blaue Farbe deſſelben zuruͤckwerfe, dagegen die erleuchteten Theile von den Sonnenſtralen roth gefaͤrbt wuͤrden, iſt auch wahrſcheinlich die richtige. Nach Otto von Guericke iſt dieſe Erſcheinung bis 1742 von keinem Phyſiker weiter erwaͤhnt worden.
Im Julius 1742 bemerkte Herr von Buffon (Mém. de Paris, 1743. p. 217.) gegen Abend, da die Sonne roth untergieng, der Himmel aber heiter und nur gegen Weſten duͤnn mit gelbrothen Duͤnſten uͤberzogen war, daß die Schatten der Baͤume auf einer Mauer eine zarte gruͤne, etwas ins Blaue ſpielende Farbe hatten. Der Schatten einer Laube, die nur drey Fuß von der Mauer abſtand, war lebhaft gruͤn. Die Erſcheinung dauerte faſt 5 Minuten, und verſchwand zugleich mit dem Sonnenlichte. Am folgenden Morgen bei heiterm Himmel und gelblichen Duͤnſten in Oſten erſchienen die Schatten blau, und wurden nach 3 Minuten ſchwarz. Am Abende deſſelben Tages erſchienen ſie wieder gruͤn, Nachdem die truͤbe Witterung die Beobachtungen
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