Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


gebracht worden, welches viel Licht über die chymischen Versuche verbreitete, und auf den richtigen Weg zu weitern Untersuchen führte.

Die mineralischen Säuren sind unter allen Salzen die wirksamsten, und äußern gegen andere Stoffe die stärksten Verwandschaften oder Anziehungen. Andere Säuren sind weit schwächer. Die Vitriolsäure z. B. hat einen äußerst sauren oder vielmehr ätzenden und zerfressenden Geschmack, bemächtigt sich der Feuchtigkeit sehr thätig und schnell, erhitzt sich mit dem Wasser in hohen Grade, und verbindet sich mit den meisten Stoffen innig und mit erstaunlicher Kraft. Die Weinsteinsäure hingegen hat einen blos säuerlichen Geschmack, ist in Wasser sehr schwer auflöslich und fast immer im trocknen krystallinischen Zustande, geht auch mit andern Substanzen nur schwache und leicht zu trennende Verbindungen ein, so daß man diese beyden Stosfe kaum für Salze von einerley Classe halten sollte. Uebrigens ist die Anzahl der Säuren unbestimmt, und es werden immer noch mehrere entdeckt; die Laugensalze halten sich bey ihrer Anzahl.

Es giebt noch außer den Laugensalzen gewisse Substanzen aus der Classe der Erden, mit welchen sich die Säuren verbinden, und dadurch analogische Salze bilden, welche die sauren Eigenschaften nicht mehr, oder nur in geringerm Grade, zeigen. Die hieraus entstandnen Mischungen führen den Namen der Mittelsalze oder der unvollkommnen, erdichten Salze. Ist die Erde, mit der sich eine Säure verbindet, eine eigentliche absorbirende oder säurebrechende Erde, so entsteht ein Mittelsalz mit einem erdichten Grundtheile; ist es eine metallische Erde oder ein Metallkalk, so wird ein Mittelsalz mit einem metallischen Grundtheile erzeugt, s. Mittelsalze.

Endlich entstehen auch analogische Salze aus Verbindungen mehrerer Neutral- und Mittelsalze unter einander selbst. Man trift dergleichen zum Theil von der Natur bereitet an, theils findet man sie bey den Zerlegungen der Körper, theils werden sie auch zu gewissen Absichten mit Vorsatz bereitet. Sie heißen auch zusammengesetzte dreyfache


gebracht worden, welches viel Licht uͤber die chymiſchen Verſuche verbreitete, und auf den richtigen Weg zu weitern Unterſuchen fuͤhrte.

Die mineraliſchen Saͤuren ſind unter allen Salzen die wirkſamſten, und aͤußern gegen andere Stoffe die ſtaͤrkſten Verwandſchaften oder Anziehungen. Andere Saͤuren ſind weit ſchwaͤcher. Die Vitriolſaͤure z. B. hat einen aͤußerſt ſauren oder vielmehr aͤtzenden und zerfreſſenden Geſchmack, bemaͤchtigt ſich der Feuchtigkeit ſehr thaͤtig und ſchnell, erhitzt ſich mit dem Waſſer in hohen Grade, und verbindet ſich mit den meiſten Stoffen innig und mit erſtaunlicher Kraft. Die Weinſteinſaͤure hingegen hat einen blos ſaͤuerlichen Geſchmack, iſt in Waſſer ſehr ſchwer aufloͤslich und faſt immer im trocknen kryſtalliniſchen Zuſtande, geht auch mit andern Subſtanzen nur ſchwache und leicht zu trennende Verbindungen ein, ſo daß man dieſe beyden Stoſfe kaum fuͤr Salze von einerley Claſſe halten ſollte. Uebrigens iſt die Anzahl der Saͤuren unbeſtimmt, und es werden immer noch mehrere entdeckt; die Laugenſalze halten ſich bey ihrer Anzahl.

Es giebt noch außer den Laugenſalzen gewiſſe Subſtanzen aus der Claſſe der Erden, mit welchen ſich die Saͤuren verbinden, und dadurch analogiſche Salze bilden, welche die ſauren Eigenſchaften nicht mehr, oder nur in geringerm Grade, zeigen. Die hieraus entſtandnen Miſchungen fuͤhren den Namen der Mittelſalze oder der unvollkommnen, erdichten Salze. Iſt die Erde, mit der ſich eine Saͤure verbindet, eine eigentliche abſorbirende oder ſaͤurebrechende Erde, ſo entſteht ein Mittelſalz mit einem erdichten Grundtheile; iſt es eine metalliſche Erde oder ein Metallkalk, ſo wird ein Mittelſalz mit einem metalliſchen Grundtheile erzeugt, ſ. Mittelſalze.

Endlich entſtehen auch analogiſche Salze aus Verbindungen mehrerer Neutral- und Mittelſalze unter einander ſelbſt. Man trift dergleichen zum Theil von der Natur bereitet an, theils findet man ſie bey den Zerlegungen der Koͤrper, theils werden ſie auch zu gewiſſen Abſichten mit Vorſatz bereitet. Sie heißen auch zuſammengeſetzte dreyfache

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0774" xml:id="P.3.768" n="768"/><lb/>
gebracht worden, welches viel Licht u&#x0364;ber die chymi&#x017F;chen Ver&#x017F;uche verbreitete, und auf den richtigen Weg zu weitern Unter&#x017F;uchen fu&#x0364;hrte.</p>
            <p>Die minerali&#x017F;chen Sa&#x0364;uren &#x017F;ind unter allen Salzen die wirk&#x017F;am&#x017F;ten, und a&#x0364;ußern gegen andere Stoffe die &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten Verwand&#x017F;chaften oder Anziehungen. Andere Sa&#x0364;uren &#x017F;ind weit &#x017F;chwa&#x0364;cher. Die Vitriol&#x017F;a&#x0364;ure z. B. hat einen a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;auren oder vielmehr a&#x0364;tzenden und zerfre&#x017F;&#x017F;enden Ge&#x017F;chmack, bema&#x0364;chtigt &#x017F;ich der Feuchtigkeit &#x017F;ehr tha&#x0364;tig und &#x017F;chnell, erhitzt &#x017F;ich mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er in hohen Grade, und verbindet &#x017F;ich mit den mei&#x017F;ten Stoffen innig und mit er&#x017F;taunlicher Kraft. Die Wein&#x017F;tein&#x017F;a&#x0364;ure hingegen hat einen blos &#x017F;a&#x0364;uerlichen Ge&#x017F;chmack, i&#x017F;t in Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ehr &#x017F;chwer auflo&#x0364;slich und fa&#x017F;t immer im trocknen kry&#x017F;tallini&#x017F;chen Zu&#x017F;tande, geht auch mit andern Sub&#x017F;tanzen nur &#x017F;chwache und leicht zu trennende Verbindungen ein, &#x017F;o daß man die&#x017F;e beyden Sto&#x017F;fe kaum fu&#x0364;r Salze von einerley Cla&#x017F;&#x017F;e halten &#x017F;ollte. Uebrigens i&#x017F;t die Anzahl der Sa&#x0364;uren unbe&#x017F;timmt, und es werden immer noch mehrere entdeckt; die Laugen&#x017F;alze halten &#x017F;ich bey ihrer Anzahl.</p>
            <p>Es giebt noch außer den Laugen&#x017F;alzen gewi&#x017F;&#x017F;e Sub&#x017F;tanzen aus der Cla&#x017F;&#x017F;e der <hi rendition="#b">Erden,</hi> mit welchen &#x017F;ich die Sa&#x0364;uren verbinden, und dadurch analogi&#x017F;che Salze bilden, welche die &#x017F;auren Eigen&#x017F;chaften nicht mehr, oder nur in geringerm Grade, zeigen. Die hieraus ent&#x017F;tandnen Mi&#x017F;chungen fu&#x0364;hren den Namen der <hi rendition="#b">Mittel&#x017F;alze</hi> oder der unvollkommnen, erdichten Salze. I&#x017F;t die Erde, mit der &#x017F;ich eine Sa&#x0364;ure verbindet, eine eigentliche ab&#x017F;orbirende oder &#x017F;a&#x0364;urebrechende Erde, &#x017F;o ent&#x017F;teht ein Mittel&#x017F;alz mit einem erdichten Grundtheile; i&#x017F;t es eine metalli&#x017F;che Erde oder ein Metallkalk, &#x017F;o wird ein Mittel&#x017F;alz mit einem metalli&#x017F;chen Grundtheile erzeugt, &#x017F;. <hi rendition="#b">Mittel&#x017F;alze.</hi></p>
            <p>Endlich ent&#x017F;tehen auch analogi&#x017F;che Salze aus Verbindungen mehrerer Neutral- und Mittel&#x017F;alze unter einander &#x017F;elb&#x017F;t. Man trift dergleichen zum Theil von der Natur bereitet an, theils findet man &#x017F;ie bey den Zerlegungen der Ko&#x0364;rper, theils werden &#x017F;ie auch zu gewi&#x017F;&#x017F;en Ab&#x017F;ichten mit Vor&#x017F;atz bereitet. Sie heißen auch <hi rendition="#b">zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte</hi> dreyfache<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[768/0774] gebracht worden, welches viel Licht uͤber die chymiſchen Verſuche verbreitete, und auf den richtigen Weg zu weitern Unterſuchen fuͤhrte. Die mineraliſchen Saͤuren ſind unter allen Salzen die wirkſamſten, und aͤußern gegen andere Stoffe die ſtaͤrkſten Verwandſchaften oder Anziehungen. Andere Saͤuren ſind weit ſchwaͤcher. Die Vitriolſaͤure z. B. hat einen aͤußerſt ſauren oder vielmehr aͤtzenden und zerfreſſenden Geſchmack, bemaͤchtigt ſich der Feuchtigkeit ſehr thaͤtig und ſchnell, erhitzt ſich mit dem Waſſer in hohen Grade, und verbindet ſich mit den meiſten Stoffen innig und mit erſtaunlicher Kraft. Die Weinſteinſaͤure hingegen hat einen blos ſaͤuerlichen Geſchmack, iſt in Waſſer ſehr ſchwer aufloͤslich und faſt immer im trocknen kryſtalliniſchen Zuſtande, geht auch mit andern Subſtanzen nur ſchwache und leicht zu trennende Verbindungen ein, ſo daß man dieſe beyden Stoſfe kaum fuͤr Salze von einerley Claſſe halten ſollte. Uebrigens iſt die Anzahl der Saͤuren unbeſtimmt, und es werden immer noch mehrere entdeckt; die Laugenſalze halten ſich bey ihrer Anzahl. Es giebt noch außer den Laugenſalzen gewiſſe Subſtanzen aus der Claſſe der Erden, mit welchen ſich die Saͤuren verbinden, und dadurch analogiſche Salze bilden, welche die ſauren Eigenſchaften nicht mehr, oder nur in geringerm Grade, zeigen. Die hieraus entſtandnen Miſchungen fuͤhren den Namen der Mittelſalze oder der unvollkommnen, erdichten Salze. Iſt die Erde, mit der ſich eine Saͤure verbindet, eine eigentliche abſorbirende oder ſaͤurebrechende Erde, ſo entſteht ein Mittelſalz mit einem erdichten Grundtheile; iſt es eine metalliſche Erde oder ein Metallkalk, ſo wird ein Mittelſalz mit einem metalliſchen Grundtheile erzeugt, ſ. Mittelſalze. Endlich entſtehen auch analogiſche Salze aus Verbindungen mehrerer Neutral- und Mittelſalze unter einander ſelbſt. Man trift dergleichen zum Theil von der Natur bereitet an, theils findet man ſie bey den Zerlegungen der Koͤrper, theils werden ſie auch zu gewiſſen Abſichten mit Vorſatz bereitet. Sie heißen auch zuſammengeſetzte dreyfache

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/774
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/774>, abgerufen am 22.11.2024.