Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Zu diesen Ursachen setzte Beccaria (Lettere dell' elettricismo. Bologna, 1754. 4maj.) noch die Elektricität, deren Stärke sich an seinem Elektrometer ziemlich genau, wie die Menge des gefallenen Regens, verhielt. Er führte die Aehnlichkeit der Regenwolken mit den offenbar elektrischen Gewitterwolken, das Leuchten der Regentropfen, die gleichförmige Verbreitung der Wolken und Tropfen, die Phänomene des Luftelektrometers, und die gewöhnliche Begleitung der Gewitter mit Regen als starke Gründe für seine Meinung an, und erklärte demnach die Entstehung des Regens auf folgende Art. Aus der Erde steigt die Elektricität da, wo sie sich im Ueberflusse befindet, auf und nimmt eine große Menge Dünste mit sich in die höhern Gegenden. Dieselbe Ursache, welche die Dünste sammelt, verdichtet sie auch mehr und mehr, und bringt die Theilchen endlich zur Berührung, so daß sie in Tropfen herabfallen. Die Wolke verbreitet sich von dem Orte ihrer Entstehung gegen diejenigen Stellen der Erdfläche, welche zu wenig elektrische Materie haben, und theilt ihnen durch den ausgegossenen Regen mehr davon mit, daß also durch den Regen das elektrische Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Wenn sich Beccaria isolirt mit dem Reibzeuge einer Elektrisirmaschine verband, und geschmolznes Geigenharz in einen mit dem Conductor verbundenen Löffel tröpfelte, so zog der Rauch längst seinem Arme und am ganzen Körper bis zu der andern mit dem Reibzeuge verbundenen Hand hin, und bildete eine Wolke, deren untere Fläche mit den Kleidern parallel, die obere hingegen geschwollen und gewölbt war. Eben so bilden sich nach ihm die Regenwolken, indem sie den negativen Stellen der Erde die Elektricität der positiven zuführen. Diese Erklärung fand soviel Beyfall, daß seit dieser Zeit die meisten Physiker die Elektricität mit zu den veranlassenden Ursachen des Regens gezählt haben.
Zu dieſen Urſachen ſetzte Beccaria (Lettere dell' elettriciſmo. Bologna, 1754. 4maj.) noch die Elektricitaͤt, deren Staͤrke ſich an ſeinem Elektrometer ziemlich genau, wie die Menge des gefallenen Regens, verhielt. Er fuͤhrte die Aehnlichkeit der Regenwolken mit den offenbar elektriſchen Gewitterwolken, das Leuchten der Regentropfen, die gleichfoͤrmige Verbreitung der Wolken und Tropfen, die Phaͤnomene des Luftelektrometers, und die gewoͤhnliche Begleitung der Gewitter mit Regen als ſtarke Gruͤnde fuͤr ſeine Meinung an, und erklaͤrte demnach die Entſtehung des Regens auf folgende Art. Aus der Erde ſteigt die Elektricitaͤt da, wo ſie ſich im Ueberfluſſe befindet, auf und nimmt eine große Menge Duͤnſte mit ſich in die hoͤhern Gegenden. Dieſelbe Urſache, welche die Duͤnſte ſammelt, verdichtet ſie auch mehr und mehr, und bringt die Theilchen endlich zur Beruͤhrung, ſo daß ſie in Tropfen herabfallen. Die Wolke verbreitet ſich von dem Orte ihrer Entſtehung gegen diejenigen Stellen der Erdflaͤche, welche zu wenig elektriſche Materie haben, und theilt ihnen durch den ausgegoſſenen Regen mehr davon mit, daß alſo durch den Regen das elektriſche Gleichgewicht wieder hergeſtellt wird. Wenn ſich Beccaria iſolirt mit dem Reibzeuge einer Elektriſirmaſchine verband, und geſchmolznes Geigenharz in einen mit dem Conductor verbundenen Loͤffel troͤpfelte, ſo zog der Rauch laͤngſt ſeinem Arme und am ganzen Koͤrper bis zu der andern mit dem Reibzeuge verbundenen Hand hin, und bildete eine Wolke, deren untere Flaͤche mit den Kleidern parallel, die obere hingegen geſchwollen und gewoͤlbt war. Eben ſo bilden ſich nach ihm die Regenwolken, indem ſie den negativen Stellen der Erde die Elektricitaͤt der poſitiven zufuͤhren. Dieſe Erklaͤrung fand ſoviel Beyfall, daß ſeit dieſer Zeit die meiſten Phyſiker die Elektricitaͤt mit zu den veranlaſſenden Urſachen des Regens gezaͤhlt haben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0659" xml:id="P.3.653" n="653"/><lb/> Urſachen nahmhaft zu machen, welche dieſe Verdichtung bewirken koͤnnten, z. B. Erkaͤltung, Verduͤnnung der Luft, Stoß der Winde, beſonders entgegengeſetzter, oder ſolcher, die die Wolken gegen Berge druͤcken u. dgl.</p> <p>Zu dieſen Urſachen ſetzte <hi rendition="#b">Beccaria</hi> <hi rendition="#aq">(Lettere dell' elettriciſmo. Bologna, 1754. 4maj.)</hi> noch die <hi rendition="#b">Elektricitaͤt,</hi> deren Staͤrke ſich an ſeinem Elektrometer ziemlich genau, wie die Menge des gefallenen Regens, verhielt. Er fuͤhrte die Aehnlichkeit der Regenwolken mit den offenbar elektriſchen Gewitterwolken, das Leuchten der Regentropfen, die gleichfoͤrmige Verbreitung der Wolken und Tropfen, die Phaͤnomene des Luftelektrometers, und die gewoͤhnliche Begleitung der Gewitter mit Regen als ſtarke Gruͤnde fuͤr ſeine Meinung an, und erklaͤrte demnach die Entſtehung des Regens auf folgende Art. Aus der Erde ſteigt die Elektricitaͤt da, wo ſie ſich im Ueberfluſſe befindet, auf und nimmt eine große Menge Duͤnſte mit ſich in die hoͤhern Gegenden. Dieſelbe Urſache, welche die Duͤnſte ſammelt, verdichtet ſie auch mehr und mehr, und bringt die Theilchen endlich zur Beruͤhrung, ſo daß ſie in Tropfen herabfallen. Die Wolke verbreitet ſich von dem Orte ihrer Entſtehung gegen diejenigen Stellen der Erdflaͤche, welche zu wenig elektriſche Materie haben, und theilt ihnen durch den ausgegoſſenen Regen mehr davon mit, daß alſo durch den Regen das elektriſche Gleichgewicht wieder hergeſtellt wird. Wenn ſich <hi rendition="#b">Beccaria</hi> iſolirt mit dem Reibzeuge einer Elektriſirmaſchine verband, und geſchmolznes Geigenharz in einen mit dem Conductor verbundenen Loͤffel troͤpfelte, ſo zog der Rauch laͤngſt ſeinem Arme und am ganzen Koͤrper bis zu der andern mit dem Reibzeuge verbundenen Hand hin, und bildete eine Wolke, deren untere Flaͤche mit den Kleidern parallel, die obere hingegen geſchwollen und gewoͤlbt war. Eben ſo bilden ſich nach ihm die Regenwolken, indem ſie den negativen Stellen der Erde die Elektricitaͤt der poſitiven zufuͤhren. Dieſe Erklaͤrung fand ſoviel Beyfall, daß ſeit dieſer Zeit die meiſten Phyſiker die Elektricitaͤt mit zu den veranlaſſenden Urſachen des Regens gezaͤhlt haben.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [653/0659]
Urſachen nahmhaft zu machen, welche dieſe Verdichtung bewirken koͤnnten, z. B. Erkaͤltung, Verduͤnnung der Luft, Stoß der Winde, beſonders entgegengeſetzter, oder ſolcher, die die Wolken gegen Berge druͤcken u. dgl.
Zu dieſen Urſachen ſetzte Beccaria (Lettere dell' elettriciſmo. Bologna, 1754. 4maj.) noch die Elektricitaͤt, deren Staͤrke ſich an ſeinem Elektrometer ziemlich genau, wie die Menge des gefallenen Regens, verhielt. Er fuͤhrte die Aehnlichkeit der Regenwolken mit den offenbar elektriſchen Gewitterwolken, das Leuchten der Regentropfen, die gleichfoͤrmige Verbreitung der Wolken und Tropfen, die Phaͤnomene des Luftelektrometers, und die gewoͤhnliche Begleitung der Gewitter mit Regen als ſtarke Gruͤnde fuͤr ſeine Meinung an, und erklaͤrte demnach die Entſtehung des Regens auf folgende Art. Aus der Erde ſteigt die Elektricitaͤt da, wo ſie ſich im Ueberfluſſe befindet, auf und nimmt eine große Menge Duͤnſte mit ſich in die hoͤhern Gegenden. Dieſelbe Urſache, welche die Duͤnſte ſammelt, verdichtet ſie auch mehr und mehr, und bringt die Theilchen endlich zur Beruͤhrung, ſo daß ſie in Tropfen herabfallen. Die Wolke verbreitet ſich von dem Orte ihrer Entſtehung gegen diejenigen Stellen der Erdflaͤche, welche zu wenig elektriſche Materie haben, und theilt ihnen durch den ausgegoſſenen Regen mehr davon mit, daß alſo durch den Regen das elektriſche Gleichgewicht wieder hergeſtellt wird. Wenn ſich Beccaria iſolirt mit dem Reibzeuge einer Elektriſirmaſchine verband, und geſchmolznes Geigenharz in einen mit dem Conductor verbundenen Loͤffel troͤpfelte, ſo zog der Rauch laͤngſt ſeinem Arme und am ganzen Koͤrper bis zu der andern mit dem Reibzeuge verbundenen Hand hin, und bildete eine Wolke, deren untere Flaͤche mit den Kleidern parallel, die obere hingegen geſchwollen und gewoͤlbt war. Eben ſo bilden ſich nach ihm die Regenwolken, indem ſie den negativen Stellen der Erde die Elektricitaͤt der poſitiven zufuͤhren. Dieſe Erklaͤrung fand ſoviel Beyfall, daß ſeit dieſer Zeit die meiſten Phyſiker die Elektricitaͤt mit zu den veranlaſſenden Urſachen des Regens gezaͤhlt haben.
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