Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Dieser an sich nicht unwahtscheinlichen Meinung hat man dennoch vieles entgegengesetzt. Schon Seneca bemerkt, das Regenwasser dringe kaum 10 Fuß tief in die Erde ein. Perrault (Oeuvres diverses. To. II. p. 787. sqq.) und vorzüglich de la Hire (Mem. de l'Acad. roy. de Paris, 1703. p. 68. sqq.) haben eben dies durch mehr Versuche bestätiget. Der Letztere grub eine Schüssel 8 Fuß tief unter der Erde ein, so daß sie ein wenig schief lag, und aus ihrer niedrigsten Stelle eine 12 Fuß lange Bleyröhre in einen Keller gieng. Aus dieser Röhre kam in einer Zeit von 15 Jahren kein Tropfen Wasser. Eine andere Schüssel mit 8 Zoll hohen Wänden, deren Oberfläche 64 Quadratzoll betrug, ward nur 8 Zoll tief an einem weder der Sonne noch dem Winde ausgesetzten Orte eingegraben, der von allen den Durchgang hindernden Pflanzen gereiniget war. Auch diese gab vom 12. Jun. bis zum folgenden 29. Febr. kein Wasser, und dann nur ein wenig, nachdem es geregnet hatte, und darauf ein starker Schnee gefallen war. Eben diese Schüssel, 16 Zoll tief eingegraben, gab auch nach dem stärksten Regen kein Wasser; und als er Pflanzen darüber setzte, vertrockneten dieselben aus Mangel der Feuchtigkeit. Aus diesem allen schließt de la Hire, daß das Regenwasser in ein mit Pflanzen besetztes Erdreich nicht über zween Fuß eindringe, es müßte denn der Boden kiesicht oder mit kleinen Steinen vermengt seyn; daher nur sehr wenige Quellen vom Regen- und Schneewasser entstehen könnten. Auch Perraults Untersuchungen zeigen, daß das Erdreich auf Hügeln und Flächen selbst vom stärksten anhaltenden Regen nicht über zween Fuß tief durchdrungen werde. Mariotte aber sucht diesem schon von Seneca vorgebrachten Einwurfe dadurch zu begegnen, daß er das rohe Erdreich von dem angebauten unterscheidet, in welchem der Anbau die kleinen Canäle zerstöre. Er beruft sich auf die Adern, welche man beym Brunnengraben antrift, und auf
Dieſer an ſich nicht unwahtſcheinlichen Meinung hat man dennoch vieles entgegengeſetzt. Schon Seneca bemerkt, das Regenwaſſer dringe kaum 10 Fuß tief in die Erde ein. Perrault (Oeuvres diverſes. To. II. p. 787. ſqq.) und vorzuͤglich de la Hire (Mém. de l'Acad. roy. de Paris, 1703. p. 68. ſqq.) haben eben dies durch mehr Verſuche beſtaͤtiget. Der Letztere grub eine Schuͤſſel 8 Fuß tief unter der Erde ein, ſo daß ſie ein wenig ſchief lag, und aus ihrer niedrigſten Stelle eine 12 Fuß lange Bleyroͤhre in einen Keller gieng. Aus dieſer Roͤhre kam in einer Zeit von 15 Jahren kein Tropfen Waſſer. Eine andere Schuͤſſel mit 8 Zoll hohen Waͤnden, deren Oberflaͤche 64 Quadratzoll betrug, ward nur 8 Zoll tief an einem weder der Sonne noch dem Winde ausgeſetzten Orte eingegraben, der von allen den Durchgang hindernden Pflanzen gereiniget war. Auch dieſe gab vom 12. Jun. bis zum folgenden 29. Febr. kein Waſſer, und dann nur ein wenig, nachdem es geregnet hatte, und darauf ein ſtarker Schnee gefallen war. Eben dieſe Schuͤſſel, 16 Zoll tief eingegraben, gab auch nach dem ſtaͤrkſten Regen kein Waſſer; und als er Pflanzen daruͤber ſetzte, vertrockneten dieſelben aus Mangel der Feuchtigkeit. Aus dieſem allen ſchließt de la Hire, daß das Regenwaſſer in ein mit Pflanzen beſetztes Erdreich nicht uͤber zween Fuß eindringe, es muͤßte denn der Boden kieſicht oder mit kleinen Steinen vermengt ſeyn; daher nur ſehr wenige Quellen vom Regen- und Schneewaſſer entſtehen koͤnnten. Auch Perraults Unterſuchungen zeigen, daß das Erdreich auf Huͤgeln und Flaͤchen ſelbſt vom ſtaͤrkſten anhaltenden Regen nicht uͤber zween Fuß tief durchdrungen werde. Mariotte aber ſucht dieſem ſchon von Seneca vorgebrachten Einwurfe dadurch zu begegnen, daß er das rohe Erdreich von dem angebauten unterſcheidet, in welchem der Anbau die kleinen Canaͤle zerſtoͤre. Er beruft ſich auf die Adern, welche man beym Brunnengraben antrift, und auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0611" xml:id="P.3.605" n="605"/><lb/> Ritzen, dergleichen man auch beym Graben der Brunnen wirklich antrift, und werde endlich durch undurchdringliche Felslager aufgehalten, und irgendwo auszubrechen genoͤthiget.</p> <p>Dieſer an ſich nicht unwahtſcheinlichen Meinung hat man dennoch vieles entgegengeſetzt. <hi rendition="#b">Schon Seneca</hi> bemerkt, das Regenwaſſer dringe kaum 10 Fuß tief in die Erde ein. <hi rendition="#b">Perrault</hi> <hi rendition="#aq">(Oeuvres diverſes. To. II. p. 787. ſqq.)</hi> und vorzuͤglich <hi rendition="#b">de la Hire</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de l'Acad. roy. de Paris, 1703. p. 68. ſqq.)</hi> haben eben dies durch mehr Verſuche beſtaͤtiget. Der Letztere grub eine Schuͤſſel 8 Fuß tief unter der Erde ein, ſo daß ſie ein wenig ſchief lag, und aus ihrer niedrigſten Stelle eine 12 Fuß lange Bleyroͤhre in einen Keller gieng. Aus dieſer Roͤhre kam in einer Zeit von 15 Jahren kein Tropfen Waſſer. Eine andere Schuͤſſel mit 8 Zoll hohen Waͤnden, deren Oberflaͤche 64 Quadratzoll betrug, ward nur 8 Zoll tief an einem weder der Sonne noch dem Winde ausgeſetzten Orte eingegraben, der von allen den Durchgang hindernden Pflanzen gereiniget war. Auch dieſe gab vom 12. Jun. bis zum folgenden 29. Febr. kein Waſſer, und dann nur ein wenig, nachdem es geregnet hatte, und darauf ein ſtarker Schnee gefallen war. Eben dieſe Schuͤſſel, 16 Zoll tief eingegraben, gab auch nach dem ſtaͤrkſten Regen kein Waſſer; und als er Pflanzen daruͤber ſetzte, vertrockneten dieſelben aus Mangel der Feuchtigkeit. Aus dieſem allen ſchließt <hi rendition="#b">de la Hire,</hi> daß das Regenwaſſer in ein mit Pflanzen beſetztes Erdreich nicht uͤber zween Fuß eindringe, es muͤßte denn der Boden kieſicht oder mit kleinen Steinen vermengt ſeyn; daher nur ſehr wenige Quellen vom Regen- und Schneewaſſer entſtehen koͤnnten. Auch <hi rendition="#b">Perraults</hi> Unterſuchungen zeigen, daß das Erdreich auf Huͤgeln und Flaͤchen ſelbſt vom ſtaͤrkſten anhaltenden Regen nicht uͤber zween Fuß tief durchdrungen werde. <hi rendition="#b">Mariotte</hi> aber ſucht dieſem ſchon von Seneca vorgebrachten Einwurfe dadurch zu begegnen, daß er das rohe Erdreich von dem angebauten unterſcheidet, in welchem der Anbau die kleinen Canaͤle zerſtoͤre. Er beruft ſich auf die Adern, welche man beym Brunnengraben antrift, und auf<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [605/0611]
Ritzen, dergleichen man auch beym Graben der Brunnen wirklich antrift, und werde endlich durch undurchdringliche Felslager aufgehalten, und irgendwo auszubrechen genoͤthiget.
Dieſer an ſich nicht unwahtſcheinlichen Meinung hat man dennoch vieles entgegengeſetzt. Schon Seneca bemerkt, das Regenwaſſer dringe kaum 10 Fuß tief in die Erde ein. Perrault (Oeuvres diverſes. To. II. p. 787. ſqq.) und vorzuͤglich de la Hire (Mém. de l'Acad. roy. de Paris, 1703. p. 68. ſqq.) haben eben dies durch mehr Verſuche beſtaͤtiget. Der Letztere grub eine Schuͤſſel 8 Fuß tief unter der Erde ein, ſo daß ſie ein wenig ſchief lag, und aus ihrer niedrigſten Stelle eine 12 Fuß lange Bleyroͤhre in einen Keller gieng. Aus dieſer Roͤhre kam in einer Zeit von 15 Jahren kein Tropfen Waſſer. Eine andere Schuͤſſel mit 8 Zoll hohen Waͤnden, deren Oberflaͤche 64 Quadratzoll betrug, ward nur 8 Zoll tief an einem weder der Sonne noch dem Winde ausgeſetzten Orte eingegraben, der von allen den Durchgang hindernden Pflanzen gereiniget war. Auch dieſe gab vom 12. Jun. bis zum folgenden 29. Febr. kein Waſſer, und dann nur ein wenig, nachdem es geregnet hatte, und darauf ein ſtarker Schnee gefallen war. Eben dieſe Schuͤſſel, 16 Zoll tief eingegraben, gab auch nach dem ſtaͤrkſten Regen kein Waſſer; und als er Pflanzen daruͤber ſetzte, vertrockneten dieſelben aus Mangel der Feuchtigkeit. Aus dieſem allen ſchließt de la Hire, daß das Regenwaſſer in ein mit Pflanzen beſetztes Erdreich nicht uͤber zween Fuß eindringe, es muͤßte denn der Boden kieſicht oder mit kleinen Steinen vermengt ſeyn; daher nur ſehr wenige Quellen vom Regen- und Schneewaſſer entſtehen koͤnnten. Auch Perraults Unterſuchungen zeigen, daß das Erdreich auf Huͤgeln und Flaͤchen ſelbſt vom ſtaͤrkſten anhaltenden Regen nicht uͤber zween Fuß tief durchdrungen werde. Mariotte aber ſucht dieſem ſchon von Seneca vorgebrachten Einwurfe dadurch zu begegnen, daß er das rohe Erdreich von dem angebauten unterſcheidet, in welchem der Anbau die kleinen Canaͤle zerſtoͤre. Er beruft ſich auf die Adern, welche man beym Brunnengraben antrift, und auf
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