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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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auf der Oberfläche blos den Gesetzen der Schwere folgt, so müssen die Orte, wo Bäche und Flüsse aus Quellen entspringen, sämtlich weit höher, als das Meer, liegen. Auch finden sich alle Quellen an Bergen, wenigstens doch an sanft aufsteigenden Anhöhen.

Dem Meere wird der Verlust, den es durch die Ausdünstung unaufhörlich leidet, von den Flüssen wieder ersetzt; diese aber erhalten die erstaunliche Menge von Wasser, die sie dem Meere zuführen, größtentheils aus den Quellen. Hiedurch entsteht eine Art von Kreislauf des Wassers, wobey nur noch die wichtige Frage übrig bleibt, woher die Höhen den Zugang von Wasser bekommen, durch den ihre Quellen hervorgebracht und unterhalten werden. Da das Wasser, als eine schwere flüßige Materie stets die niedrigsten Stellen sucht, so bedarf es besondere Veranstaltungen der Natur, um solche Mengen desselben, als von den höchsten Gegenden unabläßig ausgetheilt werden, bis an die Orte der Quellen zu erheben. Diese Frage über den Ursprung der Quellen ist sehr verschieden beantwortet worden.

Aristoteles (Meteor. L. I. cap. 13.) führt schon mehrere Meinungen hierüber an, scheint aber doch derjenigen den Vorzug zu geben, nach welcher Berge und hohe Orte das Regenwasser und andere wäßrichte Theilchen einziehen, und in Behälter einschließen. Er setzt noch hinzu, daß vielleicht auch die Luft dieser Behälter mit in Wasser verwandelt werde. Seneca (Quaest. natur. L. III. c. 9.), der eben dieses annimmt, fügt sogar eine Verwandlung der Erde in Wasser hinzu, um den reichlichen Zugang der Quellen noch begreiflicher zu machen. Lukrez (De natur. rer. VI. v. 633. sq.) leitet die Entstehung der Flüsse aus einem Durchseihen des Meerwassers her. Vittuv aber (De architectura, L. VIII. cap. 1.) sucht den Ursprung der Quellen blos in dem Regen- und Schneewasser, welches in die Erde so lang eindringe, bis es durch Stein- Erz- oder Thonlager aufgehalten und genöthiget werde, seitwärts abzufließen, und sich Oefnungen nach außen zu machen. Oft könne sich das Regenwasser auf den Bergen sammeln und eine Zeitlang aufhalten, wodurch das tiefere Eindringen befördert


auf der Oberflaͤche blos den Geſetzen der Schwere folgt, ſo muͤſſen die Orte, wo Baͤche und Fluͤſſe aus Quellen entſpringen, ſaͤmtlich weit hoͤher, als das Meer, liegen. Auch finden ſich alle Quellen an Bergen, wenigſtens doch an ſanft aufſteigenden Anhoͤhen.

Dem Meere wird der Verluſt, den es durch die Ausduͤnſtung unaufhoͤrlich leidet, von den Fluͤſſen wieder erſetzt; dieſe aber erhalten die erſtaunliche Menge von Waſſer, die ſie dem Meere zufuͤhren, groͤßtentheils aus den Quellen. Hiedurch entſteht eine Art von Kreislauf des Waſſers, wobey nur noch die wichtige Frage uͤbrig bleibt, woher die Hoͤhen den Zugang von Waſſer bekommen, durch den ihre Quellen hervorgebracht und unterhalten werden. Da das Waſſer, als eine ſchwere fluͤßige Materie ſtets die niedrigſten Stellen ſucht, ſo bedarf es beſondere Veranſtaltungen der Natur, um ſolche Mengen deſſelben, als von den hoͤchſten Gegenden unablaͤßig ausgetheilt werden, bis an die Orte der Quellen zu erheben. Dieſe Frage uͤber den Urſprung der Quellen iſt ſehr verſchieden beantwortet worden.

Ariſtoteles (Meteor. L. I. cap. 13.) fuͤhrt ſchon mehrere Meinungen hieruͤber an, ſcheint aber doch derjenigen den Vorzug zu geben, nach welcher Berge und hohe Orte das Regenwaſſer und andere waͤßrichte Theilchen einziehen, und in Behaͤlter einſchließen. Er ſetzt noch hinzu, daß vielleicht auch die Luft dieſer Behaͤlter mit in Waſſer verwandelt werde. Seneca (Quaeſt. natur. L. III. c. 9.), der eben dieſes annimmt, fuͤgt ſogar eine Verwandlung der Erde in Waſſer hinzu, um den reichlichen Zugang der Quellen noch begreiflicher zu machen. Lukrez (De natur. rer. VI. v. 633. ſq.) leitet die Entſtehung der Fluͤſſe aus einem Durchſeihen des Meerwaſſers her. Vittuv aber (De architectura, L. VIII. cap. 1.) ſucht den Urſprung der Quellen blos in dem Regen- und Schneewaſſer, welches in die Erde ſo lang eindringe, bis es durch Stein- Erz- oder Thonlager aufgehalten und genoͤthiget werde, ſeitwaͤrts abzufließen, und ſich Oefnungen nach außen zu machen. Oft koͤnne ſich das Regenwaſſer auf den Bergen ſammeln und eine Zeitlang aufhalten, wodurch das tiefere Eindringen befoͤrdert

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[603/0609] auf der Oberflaͤche blos den Geſetzen der Schwere folgt, ſo muͤſſen die Orte, wo Baͤche und Fluͤſſe aus Quellen entſpringen, ſaͤmtlich weit hoͤher, als das Meer, liegen. Auch finden ſich alle Quellen an Bergen, wenigſtens doch an ſanft aufſteigenden Anhoͤhen. Dem Meere wird der Verluſt, den es durch die Ausduͤnſtung unaufhoͤrlich leidet, von den Fluͤſſen wieder erſetzt; dieſe aber erhalten die erſtaunliche Menge von Waſſer, die ſie dem Meere zufuͤhren, groͤßtentheils aus den Quellen. Hiedurch entſteht eine Art von Kreislauf des Waſſers, wobey nur noch die wichtige Frage uͤbrig bleibt, woher die Hoͤhen den Zugang von Waſſer bekommen, durch den ihre Quellen hervorgebracht und unterhalten werden. Da das Waſſer, als eine ſchwere fluͤßige Materie ſtets die niedrigſten Stellen ſucht, ſo bedarf es beſondere Veranſtaltungen der Natur, um ſolche Mengen deſſelben, als von den hoͤchſten Gegenden unablaͤßig ausgetheilt werden, bis an die Orte der Quellen zu erheben. Dieſe Frage uͤber den Urſprung der Quellen iſt ſehr verſchieden beantwortet worden. Ariſtoteles (Meteor. L. I. cap. 13.) fuͤhrt ſchon mehrere Meinungen hieruͤber an, ſcheint aber doch derjenigen den Vorzug zu geben, nach welcher Berge und hohe Orte das Regenwaſſer und andere waͤßrichte Theilchen einziehen, und in Behaͤlter einſchließen. Er ſetzt noch hinzu, daß vielleicht auch die Luft dieſer Behaͤlter mit in Waſſer verwandelt werde. Seneca (Quaeſt. natur. L. III. c. 9.), der eben dieſes annimmt, fuͤgt ſogar eine Verwandlung der Erde in Waſſer hinzu, um den reichlichen Zugang der Quellen noch begreiflicher zu machen. Lukrez (De natur. rer. VI. v. 633. ſq.) leitet die Entſtehung der Fluͤſſe aus einem Durchſeihen des Meerwaſſers her. Vittuv aber (De architectura, L. VIII. cap. 1.) ſucht den Urſprung der Quellen blos in dem Regen- und Schneewaſſer, welches in die Erde ſo lang eindringe, bis es durch Stein- Erz- oder Thonlager aufgehalten und genoͤthiget werde, ſeitwaͤrts abzufließen, und ſich Oefnungen nach außen zu machen. Oft koͤnne ſich das Regenwaſſer auf den Bergen ſammeln und eine Zeitlang aufhalten, wodurch das tiefere Eindringen befoͤrdert

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/609>, abgerufen am 22.11.2024.