sogar der Stern b in der Schulter des kleinen Bären dem Pole näher, als das a, oder der jetzige Polarstern. Tycho sand den Abstand vom Pole 1577, 2° 58' 50", Kiccioli 1680, 2° 32' 30", Maraldi 1732, 2° 7' 9". In den Firsternverzeichnißen des Herrn Bode für 1780 wird die Abweichung des Polarsterns 88° 7' 49" und ihre jährliche Zunahme 19", 6 angegeben. Daraus folgt der Abstand vom Pole = 1° 52' 11", und für 1789 = 1° 49' 14", 6. Der Polarstern rückt also dem Pole jährlich näher, und würde noch 350 Jahre nöthig haben, um ihn ganz zu erreichen.
Bey dem Vorrücken der Nachtgleichen aber beschreiben die Firsterne Kreise um den Pol der Ekliptik, von dem sie also immer gleich weit entsernt bleiben. Nun steht der Polarstern vom Pole der Ekliptik um das Complement seiner Breite, d. i. um 23° 55 1/2', der Weltpol aber um das Maaß der Schiefe der Ekliptik, oder um 23° 28' ab. Der Unterschied 27 1/2' ist die größte Nähe, in welche der Polarstern jemals an den Pol anrücken kan. Diese Nähe wird er nach 324 Jahren erreichen, und alsdann sich wiederum vom Pole entfernen, so daß für die späte Nachwelt das g des Cepheus Polarstern werden wird.
Dem Südpole steht das von de la Caille entworfene Sternbild des Seeoctanten am nächsten. Weil dieses aber nur Sterne der fünften Größe hat, so wird das b der kleinen Wasserschlange, ein Stern zweyter Größe, für den südlichen Polarstern angenommen, ob er gleich noch über 11° vom Pole entfernt ist.
Pole, Poli, Poles.
In der Sphärik oder der Lehre von den Kugelschnitten wird der Name der Pole, als ein allgemeines Kunstwort, den beyden Endpunkten einer Axe beygelegt, s. Axe (Th. I. S. 227.). So sind die Punkte P und R, Taf. III. Fig. 37. die Pole aller der parallelen Kreise HI, DE, AQ, FG, KL, von welchen die gerade Linie PR die Axe ist. Von jedem Kreise auf einer Kugel, er sey ein gröster Kreis, wie AQ, oder ein kleinerer, wie HI, DE u. s. w. findet man also die Pole, wenn man aus seinem Mittelpunkte ein Loth auf seine Ebene errichtet, und
ſogar der Stern β in der Schulter des kleinen Baͤren dem Pole naͤher, als das α, oder der jetzige Polarſtern. Tycho ſand den Abſtand vom Pole 1577, 2° 58′ 50″, Kiccioli 1680, 2° 32′ 30″, Maraldi 1732, 2° 7′ 9″. In den Firſternverzeichnißen des Herrn Bode fuͤr 1780 wird die Abweichung des Polarſterns 88° 7′ 49″ und ihre jaͤhrliche Zunahme 19″, 6 angegeben. Daraus folgt der Abſtand vom Pole = 1° 52′ 11″, und fuͤr 1789 = 1° 49′ 14″, 6. Der Polarſtern ruͤckt alſo dem Pole jaͤhrlich naͤher, und wuͤrde noch 350 Jahre noͤthig haben, um ihn ganz zu erreichen.
Bey dem Vorruͤcken der Nachtgleichen aber beſchreiben die Firſterne Kreiſe um den Pol der Ekliptik, von dem ſie alſo immer gleich weit entſernt bleiben. Nun ſteht der Polarſtern vom Pole der Ekliptik um das Complement ſeiner Breite, d. i. um 23° 55 1/2′, der Weltpol aber um das Maaß der Schiefe der Ekliptik, oder um 23° 28′ ab. Der Unterſchied 27 1/2′ iſt die groͤßte Naͤhe, in welche der Polarſtern jemals an den Pol anruͤcken kan. Dieſe Naͤhe wird er nach 324 Jahren erreichen, und alsdann ſich wiederum vom Pole entfernen, ſo daß fuͤr die ſpaͤte Nachwelt das γ des Cepheus Polarſtern werden wird.
Dem Suͤdpole ſteht das von de la Caille entworfene Sternbild des Seeoctanten am naͤchſten. Weil dieſes aber nur Sterne der fuͤnften Groͤße hat, ſo wird das β der kleinen Waſſerſchlange, ein Stern zweyter Groͤße, fuͤr den ſuͤdlichen Polarſtern angenommen, ob er gleich noch uͤber 11° vom Pole entfernt iſt.
Pole, Poli, Poles.
In der Sphaͤrik oder der Lehre von den Kugelſchnitten wird der Name der Pole, als ein allgemeines Kunſtwort, den beyden Endpunkten einer Axe beygelegt, ſ. Axe (Th. I. S. 227.). So ſind die Punkte P und R, Taf. III. Fig. 37. die Pole aller der parallelen Kreiſe HI, DE, AQ, FG, KL, von welchen die gerade Linie PR die Axe iſt. Von jedem Kreiſe auf einer Kugel, er ſey ein groͤſter Kreis, wie AQ, oder ein kleinerer, wie HI, DE u. ſ. w. findet man alſo die Pole, wenn man aus ſeinem Mittelpunkte ein Loth auf ſeine Ebene errichtet, und
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[534/0540]
ſogar der Stern β in der Schulter des kleinen Baͤren dem Pole naͤher, als das α, oder der jetzige Polarſtern. Tycho ſand den Abſtand vom Pole 1577, 2° 58′ 50″, Kiccioli 1680, 2° 32′ 30″, Maraldi 1732, 2° 7′ 9″. In den Firſternverzeichnißen des Herrn Bode fuͤr 1780 wird die Abweichung des Polarſterns 88° 7′ 49″ und ihre jaͤhrliche Zunahme 19″, 6 angegeben. Daraus folgt der Abſtand vom Pole = 1° 52′ 11″, und fuͤr 1789 = 1° 49′ 14″, 6. Der Polarſtern ruͤckt alſo dem Pole jaͤhrlich naͤher, und wuͤrde noch 350 Jahre noͤthig haben, um ihn ganz zu erreichen.
Bey dem Vorruͤcken der Nachtgleichen aber beſchreiben die Firſterne Kreiſe um den Pol der Ekliptik, von dem ſie alſo immer gleich weit entſernt bleiben. Nun ſteht der Polarſtern vom Pole der Ekliptik um das Complement ſeiner Breite, d. i. um 23° 55 1/2′, der Weltpol aber um das Maaß der Schiefe der Ekliptik, oder um 23° 28′ ab. Der Unterſchied 27 1/2′ iſt die groͤßte Naͤhe, in welche der Polarſtern jemals an den Pol anruͤcken kan. Dieſe Naͤhe wird er nach 324 Jahren erreichen, und alsdann ſich wiederum vom Pole entfernen, ſo daß fuͤr die ſpaͤte Nachwelt das γ des Cepheus Polarſtern werden wird.
Dem Suͤdpole ſteht das von de la Caille entworfene Sternbild des Seeoctanten am naͤchſten. Weil dieſes aber nur Sterne der fuͤnften Groͤße hat, ſo wird das β der kleinen Waſſerſchlange, ein Stern zweyter Groͤße, fuͤr den ſuͤdlichen Polarſtern angenommen, ob er gleich noch uͤber 11° vom Pole entfernt iſt.
Pole, Poli, Poles.
In der Sphaͤrik oder der Lehre von den Kugelſchnitten wird der Name der Pole, als ein allgemeines Kunſtwort, den beyden Endpunkten einer Axe beygelegt, ſ. Axe (Th. I. S. 227.). So ſind die Punkte P und R, Taf. III. Fig. 37. die Pole aller der parallelen Kreiſe HI, DE, AQ, FG, KL, von welchen die gerade Linie PR die Axe iſt. Von jedem Kreiſe auf einer Kugel, er ſey ein groͤſter Kreis, wie AQ, oder ein kleinerer, wie HI, DE u. ſ. w. findet man alſo die Pole, wenn man aus ſeinem Mittelpunkte ein Loth auf ſeine Ebene errichtet, und
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/540>, abgerufen am 16.07.2024.
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