Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Zu diesen Wirkungen gehören vornehmlich die Phänomene des Saugens und der Sptigen. Beym Saugen wird die genau an Lippen und Gaumen anschließende Zunge zurückgezogen, und ihrer Bewegung folgt das Getränk, das man einsaugen will, von selbst nach. In eine Handspritze oder Saugpumpe, deren Oefnung in Wasser gesenkt ist, sieht man beym Zurückziehen des genau anschliessenden Kolbens, das Wasser wider die Natur seiner Schwere aufsteigen, dem Kolben nachfolgen, die Spritze füllen, u. s. w. Die Ursache hievon ist unstreitig diese. Auf die Wasserfläche CD im Gefäße CBD, Taf. XIV. Fig. 8. drückt das Gewicht des Luftkreises an allen Stellen gleich stark, so daß sich alle diese Drückungen das Gleichgewicht halten. Senkt man aber in dieses Wasser das Saugrohr AG ein, und zieht den Kolben von E bis F zurück, so wird der Theil EH von keiner Luft mehr niederwärts gedrückt; also sehlt an dieser Stelle der Druck der Atmosphäre, die Drückungen auf CE und DH müssen also das Uebergewicht bekommen, und das Wasser daselbst niedertreiben, daher es durch A in das Rohr dringt, und in den Raum EF aufsteigt. Aristoteles hatte dieser Erscheinungen halber der Natur eine Abneigung gegen die Leere beygelegt. Wie die Alten daraus die Saugwerke, Heber und andere hydraulische Maschinen erklärt haben, zeigt am besten das Buch des Heron von Alerandrien ([fremdsprachliches Material] s. Spiritalium liber ed. a Commandino, Paris. 1575. 4.). Es wird darinn
Zu dieſen Wirkungen gehoͤren vornehmlich die Phaͤnomene des Saugens und der Sptigen. Beym Saugen wird die genau an Lippen und Gaumen anſchließende Zunge zuruͤckgezogen, und ihrer Bewegung folgt das Getraͤnk, das man einſaugen will, von ſelbſt nach. In eine Handſpritze oder Saugpumpe, deren Oefnung in Waſſer geſenkt iſt, ſieht man beym Zuruͤckziehen des genau anſchlieſſenden Kolbens, das Waſſer wider die Natur ſeiner Schwere aufſteigen, dem Kolben nachfolgen, die Spritze fuͤllen, u. ſ. w. Die Urſache hievon iſt unſtreitig dieſe. Auf die Waſſerflaͤche CD im Gefaͤße CBD, Taf. XIV. Fig. 8. druͤckt das Gewicht des Luftkreiſes an allen Stellen gleich ſtark, ſo daß ſich alle dieſe Druͤckungen das Gleichgewicht halten. Senkt man aber in dieſes Waſſer das Saugrohr AG ein, und zieht den Kolben von E bis F zuruͤck, ſo wird der Theil EH von keiner Luft mehr niederwaͤrts gedruͤckt; alſo ſehlt an dieſer Stelle der Druck der Atmoſphaͤre, die Druͤckungen auf CE und DH muͤſſen alſo das Uebergewicht bekommen, und das Waſſer daſelbſt niedertreiben, daher es durch A in das Rohr dringt, und in den Raum EF aufſteigt. Ariſtoteles hatte dieſer Erſcheinungen halber der Natur eine Abneigung gegen die Leere beygelegt. Wie die Alten daraus die Saugwerke, Heber und andere hydrauliſche Maſchinen erklaͤrt haben, zeigt am beſten das Buch des Heron von Alerandrien ([fremdsprachliches Material] ſ. Spiritalium liber ed. a Commandino, Pariſ. 1575. 4.). Es wird darinn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0049" xml:id="P.3.43" n="43"/><lb/> Luft vorhanden iſt, heben ſich dieſe Druͤckungen gegenſeitig auf, und bewirken weiter nichts, als daß jeder Koͤrper ſoviel von ſeinem wahren Gewichte verliert, als er Luft aus der Stelle treibt, ſ. <hi rendition="#b">Gewicht</hi> (dieſes Woͤrterb. Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 493.). Wird aber die Luft von einer Seite her abgehalten, oder weggenommen, ſo aͤußert ſich der <hi rendition="#b">Druck des Luftkreiſes</hi> von der andern Seite auf einmal in ſeiner vollen Staͤrke, und bringt Wirkungen hervor, welche zwar taͤglich bey den gemeinſten Begebenheiten in die Augen fallen, deren wahre Urſache aber bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts gaͤnzlich verkannt worden iſt.</p> <p>Zu dieſen Wirkungen gehoͤren vornehmlich die Phaͤnomene des <hi rendition="#b">Saugens</hi> und der <hi rendition="#b">Sptigen.</hi> Beym Saugen wird die genau an Lippen und Gaumen anſchließende Zunge zuruͤckgezogen, und ihrer Bewegung folgt das Getraͤnk, das man einſaugen will, von ſelbſt nach. In eine Handſpritze oder Saugpumpe, deren Oefnung in Waſſer geſenkt iſt, ſieht man beym Zuruͤckziehen des genau anſchlieſſenden Kolbens, das Waſſer wider die Natur ſeiner Schwere aufſteigen, dem Kolben nachfolgen, die Spritze fuͤllen, u. ſ. w. Die Urſache hievon iſt unſtreitig dieſe. Auf die Waſſerflaͤche <hi rendition="#aq">CD</hi> im Gefaͤße <hi rendition="#aq">CBD,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">XIV.</hi> Fig. 8. druͤckt das Gewicht des Luftkreiſes an allen Stellen gleich ſtark, ſo daß ſich alle dieſe Druͤckungen das Gleichgewicht halten. Senkt man aber in dieſes Waſſer das Saugrohr <hi rendition="#aq">AG</hi> ein, und zieht den Kolben von <hi rendition="#aq">E</hi> bis <hi rendition="#aq">F</hi> zuruͤck, ſo wird der Theil <hi rendition="#aq">EH</hi> von keiner Luft mehr niederwaͤrts gedruͤckt; alſo ſehlt an dieſer Stelle der Druck der Atmoſphaͤre, die Druͤckungen auf <hi rendition="#aq">CE</hi> und <hi rendition="#aq">DH</hi> muͤſſen alſo das Uebergewicht bekommen, und das Waſſer daſelbſt niedertreiben, daher es durch <hi rendition="#aq">A</hi> in das Rohr dringt, und in den Raum <hi rendition="#aq">EF</hi> aufſteigt.</p> <p><hi rendition="#b">Ariſtoteles</hi> hatte dieſer Erſcheinungen halber der Natur eine <hi rendition="#b">Abneigung gegen die Leere</hi> beygelegt. Wie die Alten daraus die Saugwerke, Heber und andere hydrauliſche Maſchinen erklaͤrt haben, zeigt am beſten das Buch des <hi rendition="#b">Heron von Alerandrien</hi> (<foreign xml:lang="grc"><gap reason="fm"/><note type="editorial">*pneumatikw_n</note></foreign> <hi rendition="#aq">ſ. Spiritalium liber ed. a Commandino, Pariſ. 1575. 4.</hi>). Es wird darinn<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0049]
Luft vorhanden iſt, heben ſich dieſe Druͤckungen gegenſeitig auf, und bewirken weiter nichts, als daß jeder Koͤrper ſoviel von ſeinem wahren Gewichte verliert, als er Luft aus der Stelle treibt, ſ. Gewicht (dieſes Woͤrterb. Th. II. S. 493.). Wird aber die Luft von einer Seite her abgehalten, oder weggenommen, ſo aͤußert ſich der Druck des Luftkreiſes von der andern Seite auf einmal in ſeiner vollen Staͤrke, und bringt Wirkungen hervor, welche zwar taͤglich bey den gemeinſten Begebenheiten in die Augen fallen, deren wahre Urſache aber bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts gaͤnzlich verkannt worden iſt.
Zu dieſen Wirkungen gehoͤren vornehmlich die Phaͤnomene des Saugens und der Sptigen. Beym Saugen wird die genau an Lippen und Gaumen anſchließende Zunge zuruͤckgezogen, und ihrer Bewegung folgt das Getraͤnk, das man einſaugen will, von ſelbſt nach. In eine Handſpritze oder Saugpumpe, deren Oefnung in Waſſer geſenkt iſt, ſieht man beym Zuruͤckziehen des genau anſchlieſſenden Kolbens, das Waſſer wider die Natur ſeiner Schwere aufſteigen, dem Kolben nachfolgen, die Spritze fuͤllen, u. ſ. w. Die Urſache hievon iſt unſtreitig dieſe. Auf die Waſſerflaͤche CD im Gefaͤße CBD, Taf. XIV. Fig. 8. druͤckt das Gewicht des Luftkreiſes an allen Stellen gleich ſtark, ſo daß ſich alle dieſe Druͤckungen das Gleichgewicht halten. Senkt man aber in dieſes Waſſer das Saugrohr AG ein, und zieht den Kolben von E bis F zuruͤck, ſo wird der Theil EH von keiner Luft mehr niederwaͤrts gedruͤckt; alſo ſehlt an dieſer Stelle der Druck der Atmoſphaͤre, die Druͤckungen auf CE und DH muͤſſen alſo das Uebergewicht bekommen, und das Waſſer daſelbſt niedertreiben, daher es durch A in das Rohr dringt, und in den Raum EF aufſteigt.
Ariſtoteles hatte dieſer Erſcheinungen halber der Natur eine Abneigung gegen die Leere beygelegt. Wie die Alten daraus die Saugwerke, Heber und andere hydrauliſche Maſchinen erklaͤrt haben, zeigt am beſten das Buch des Heron von Alerandrien (_ ſ. Spiritalium liber ed. a Commandino, Pariſ. 1575. 4.). Es wird darinn
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