Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


und fieng an, sie vom 29. Dec. bis zum 12. Jan. 1610 genauer und durch bessere Gläser zu beobachten. Eine Reise unterbrach dieses Geschäft bis zum 8. Febr., von welchem Tage an Marius die Beobachtungen fortsetzte, und um den Anfang des März völlig überzeugt ward, daß dieser Sterne vier, und daß sie Monden des Jupiters wären. Er verzögerte die öffentliche Bekanntmachung hievon bis 1614, da er erst seine Schrift hierüber (Mundus Jovialis, a. 1609 detectus, ope perspicilli Belgici. Norib. 1614. 4.) mit Tafeln über die Bewegungen dieser Sterne herausgab, und dieselben seinen Marggrafen zu Ehren Sidera Brandeburgica nannte.

Inzwischen hatte Galilei durch ein von ihm selbst zusammengesetztes Fernrohr. (s. den Art. Fernrohr a. a. O.) diese Sterne am 7. Jan. 1610 ebenfalls gesehen, kam aber dem Marius in schneller Beurtheilung, genauer Beobachtung und Bekanntmachung der Sache weit zuvor. Denn noch in eben dem Jahre theilte er die Nachricht von der Entdeckung der Jupitersmonden in seinem Nuncius sidereus (Venet. 1610. 4. und Frf. 1610. 8.) dem Publicum mit, begleitete sie mit Bestimmungen ihrer Umlaufszeiten, die weit genauer, als die des Marius, sind, und nannte diese Sterne zu Ehren des großherzoglich - toscanischen Hauses, Sidera Medicea. Bey den damaligen Gesinnungen der Schulgelehrten gab es sehr viel Ungläubige, auch vorsetzliche Feinde des Galilei, die seine Entdeckung bezweifelten oder verdächtig machten. Ein Böhme Martin Horky, der sich damals in Italien aufhielt, schreibt an Keplern (Epistolae ad Keplerum scriptae ed. Hanschio. Lips. 1718. fol. ep. CCCIII. p. 489.), er habe in Bologna Galileis Fernrohr heimlich bekommen, und sich überzeugt, daß es am Himmel trüge, weil er beym Alcor im großen Bären dadurch ebenfalls vier Sterne gesehen habe. Dies sey in Gegenwart des Galilei bononischen Gelehrten am 25. April 1610 gezeigt worden, wobey Galilei verstummt und am folgenden Tage traurig von Bologna abgereiset sey. Aber die Wahrheit siegte bald, als die Fernröhre häufiger wurden. Noch in eben dem Jahre bestätigte Repier die Entdeckung


und fieng an, ſie vom 29. Dec. bis zum 12. Jan. 1610 genauer und durch beſſere Glaͤſer zu beobachten. Eine Reiſe unterbrach dieſes Geſchaͤft bis zum 8. Febr., von welchem Tage an Marius die Beobachtungen fortſetzte, und um den Anfang des Maͤrz voͤllig uͤberzeugt ward, daß dieſer Sterne vier, und daß ſie Monden des Jupiters waͤren. Er verzoͤgerte die oͤffentliche Bekanntmachung hievon bis 1614, da er erſt ſeine Schrift hieruͤber (Mundus Jovialis, a. 1609 detectus, ope perſpicilli Belgici. Norib. 1614. 4.) mit Tafeln uͤber die Bewegungen dieſer Sterne herausgab, und dieſelben ſeinen Marggrafen zu Ehren Sidera Brandeburgica nannte.

Inzwiſchen hatte Galilei durch ein von ihm ſelbſt zuſammengeſetztes Fernrohr. (ſ. den Art. Fernrohr a. a. O.) dieſe Sterne am 7. Jan. 1610 ebenfalls geſehen, kam aber dem Marius in ſchneller Beurtheilung, genauer Beobachtung und Bekanntmachung der Sache weit zuvor. Denn noch in eben dem Jahre theilte er die Nachricht von der Entdeckung der Jupitersmonden in ſeinem Nuncius ſidereus (Venet. 1610. 4. und Frf. 1610. 8.) dem Publicum mit, begleitete ſie mit Beſtimmungen ihrer Umlaufszeiten, die weit genauer, als die des Marius, ſind, und nannte dieſe Sterne zu Ehren des großherzoglich - toſcaniſchen Hauſes, Sidera Medicea. Bey den damaligen Geſinnungen der Schulgelehrten gab es ſehr viel Unglaͤubige, auch vorſetzliche Feinde des Galilei, die ſeine Entdeckung bezweifelten oder verdaͤchtig machten. Ein Boͤhme Martin Horky, der ſich damals in Italien aufhielt, ſchreibt an Keplern (Epiſtolae ad Keplerum ſcriptae ed. Hanſchio. Lipſ. 1718. fol. ep. CCCIII. p. 489.), er habe in Bologna Galileis Fernrohr heimlich bekommen, und ſich uͤberzeugt, daß es am Himmel truͤge, weil er beym Alcor im großen Baͤren dadurch ebenfalls vier Sterne geſehen habe. Dies ſey in Gegenwart des Galilei bononiſchen Gelehrten am 25. April 1610 gezeigt worden, wobey Galilei verſtummt und am folgenden Tage traurig von Bologna abgereiſet ſey. Aber die Wahrheit ſiegte bald, als die Fernroͤhre haͤufiger wurden. Noch in eben dem Jahre beſtaͤtigte Repier die Entdeckung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0339" xml:id="P.3.333" n="333"/><lb/>
und fieng an, &#x017F;ie vom 29. Dec. bis zum 12. Jan. 1610 genauer und durch be&#x017F;&#x017F;ere Gla&#x0364;&#x017F;er zu beobachten. Eine Rei&#x017F;e unterbrach die&#x017F;es Ge&#x017F;cha&#x0364;ft bis zum 8. Febr., von welchem Tage an Marius die Beobachtungen fort&#x017F;etzte, und um den Anfang des Ma&#x0364;rz vo&#x0364;llig u&#x0364;berzeugt ward, daß die&#x017F;er Sterne vier, und daß &#x017F;ie Monden des Jupiters wa&#x0364;ren. Er verzo&#x0364;gerte die o&#x0364;ffentliche Bekanntmachung hievon bis 1614, da er er&#x017F;t &#x017F;eine Schrift hieru&#x0364;ber <hi rendition="#aq">(Mundus Jovialis, a. 1609 detectus, ope per&#x017F;picilli Belgici. Norib. 1614. 4.)</hi> mit Tafeln u&#x0364;ber die Bewegungen die&#x017F;er Sterne herausgab, und die&#x017F;elben &#x017F;einen Marggrafen zu Ehren <hi rendition="#aq">Sidera Brandeburgica nannte.</hi></p>
            <p>Inzwi&#x017F;chen hatte Galilei durch ein von ihm &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammenge&#x017F;etztes Fernrohr. (&#x017F;. den Art. <hi rendition="#b">Fernrohr</hi> a. a. O.) die&#x017F;e Sterne am 7. Jan. 1610 ebenfalls ge&#x017F;ehen, kam aber dem <hi rendition="#b">Marius</hi> in &#x017F;chneller Beurtheilung, genauer Beobachtung und Bekanntmachung der Sache weit zuvor. Denn noch in eben dem Jahre theilte er die Nachricht von der Entdeckung der Jupitersmonden in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Nuncius &#x017F;idereus (Venet. 1610. 4.</hi> und <hi rendition="#aq">Frf. 1610. 8.)</hi> dem Publicum mit, begleitete &#x017F;ie mit Be&#x017F;timmungen ihrer Umlaufszeiten, die weit genauer, als die des Marius, &#x017F;ind, und nannte die&#x017F;e Sterne zu Ehren des großherzoglich - to&#x017F;cani&#x017F;chen Hau&#x017F;es, <hi rendition="#aq">Sidera Medicea.</hi> Bey den damaligen Ge&#x017F;innungen der Schulgelehrten gab es &#x017F;ehr viel Ungla&#x0364;ubige, auch vor&#x017F;etzliche Feinde des <hi rendition="#b">Galilei,</hi> die &#x017F;eine Entdeckung bezweifelten oder verda&#x0364;chtig machten. Ein Bo&#x0364;hme <hi rendition="#b">Martin Horky,</hi> der &#x017F;ich damals in Italien aufhielt, &#x017F;chreibt an <hi rendition="#b">Keplern</hi> <hi rendition="#aq">(Epi&#x017F;tolae ad Keplerum &#x017F;criptae ed. <hi rendition="#i">Han&#x017F;chio.</hi> Lip&#x017F;. 1718. fol. ep. CCCIII. p. 489.),</hi> er habe in Bologna Galileis Fernrohr heimlich bekommen, und &#x017F;ich u&#x0364;berzeugt, daß es am Himmel tru&#x0364;ge, weil er beym Alcor im großen Ba&#x0364;ren dadurch ebenfalls vier Sterne ge&#x017F;ehen habe. Dies &#x017F;ey in Gegenwart des Galilei bononi&#x017F;chen Gelehrten am 25. April 1610 gezeigt worden, wobey Galilei ver&#x017F;tummt und am folgenden Tage traurig von Bologna abgerei&#x017F;et &#x017F;ey. Aber die Wahrheit &#x017F;iegte bald, als die Fernro&#x0364;hre ha&#x0364;ufiger wurden. Noch in eben dem Jahre be&#x017F;ta&#x0364;tigte Repier die Entdeckung<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0339] und fieng an, ſie vom 29. Dec. bis zum 12. Jan. 1610 genauer und durch beſſere Glaͤſer zu beobachten. Eine Reiſe unterbrach dieſes Geſchaͤft bis zum 8. Febr., von welchem Tage an Marius die Beobachtungen fortſetzte, und um den Anfang des Maͤrz voͤllig uͤberzeugt ward, daß dieſer Sterne vier, und daß ſie Monden des Jupiters waͤren. Er verzoͤgerte die oͤffentliche Bekanntmachung hievon bis 1614, da er erſt ſeine Schrift hieruͤber (Mundus Jovialis, a. 1609 detectus, ope perſpicilli Belgici. Norib. 1614. 4.) mit Tafeln uͤber die Bewegungen dieſer Sterne herausgab, und dieſelben ſeinen Marggrafen zu Ehren Sidera Brandeburgica nannte. Inzwiſchen hatte Galilei durch ein von ihm ſelbſt zuſammengeſetztes Fernrohr. (ſ. den Art. Fernrohr a. a. O.) dieſe Sterne am 7. Jan. 1610 ebenfalls geſehen, kam aber dem Marius in ſchneller Beurtheilung, genauer Beobachtung und Bekanntmachung der Sache weit zuvor. Denn noch in eben dem Jahre theilte er die Nachricht von der Entdeckung der Jupitersmonden in ſeinem Nuncius ſidereus (Venet. 1610. 4. und Frf. 1610. 8.) dem Publicum mit, begleitete ſie mit Beſtimmungen ihrer Umlaufszeiten, die weit genauer, als die des Marius, ſind, und nannte dieſe Sterne zu Ehren des großherzoglich - toſcaniſchen Hauſes, Sidera Medicea. Bey den damaligen Geſinnungen der Schulgelehrten gab es ſehr viel Unglaͤubige, auch vorſetzliche Feinde des Galilei, die ſeine Entdeckung bezweifelten oder verdaͤchtig machten. Ein Boͤhme Martin Horky, der ſich damals in Italien aufhielt, ſchreibt an Keplern (Epiſtolae ad Keplerum ſcriptae ed. Hanſchio. Lipſ. 1718. fol. ep. CCCIII. p. 489.), er habe in Bologna Galileis Fernrohr heimlich bekommen, und ſich uͤberzeugt, daß es am Himmel truͤge, weil er beym Alcor im großen Baͤren dadurch ebenfalls vier Sterne geſehen habe. Dies ſey in Gegenwart des Galilei bononiſchen Gelehrten am 25. April 1610 gezeigt worden, wobey Galilei verſtummt und am folgenden Tage traurig von Bologna abgereiſet ſey. Aber die Wahrheit ſiegte bald, als die Fernroͤhre haͤufiger wurden. Noch in eben dem Jahre beſtaͤtigte Repier die Entdeckung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/339
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/339>, abgerufen am 13.05.2024.