Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Otto von Guericke (Exp. de vacuo spatio, Cap. 30. f. 113.) schloß Luft, wie sie sich an der Erde befand, in ein Gefäß mit einem Hahne ein, trug dasselbe auf eine Höhe, und öfnete den Hahn. Der Erfolg war, daß ein Theil Luft aus dem Gefäße durch den Hahn mit Gezisch heraus fuhr. Die verschloßne Luft, an der Erde aufgefangen, war dichter und elastischer, als die äußere auf der Höhe. Das Gefäß war der Raum A, die Gegend auf der Höhe der Raum B. Alle unsere Zimmer und Wohnplätze stehen durch Oefnungen der Fenster, Thüren u. dgl. mit der äußern Luft unter freyem Himmel in steter Verbindung. Also bleibt die Luft in den Zimmern immer eben so dicht und elastisch, als die äußere. Die Luftsäule vom Tische bis an die Decke thut eben die Wirkung, als ob der Tisch unter freyem Himmel stünde, und eine Luftsäule, so hoch als die Atmosphäre, trüge. Diese Säule stemmt sich nemlich vermöge ihrer Federkrast, die der Federkraft der äußern Luft gleich ist, gegen die Decke und den Tisch, wie eine zwischen beyde geklemmte Stahlfeder. Daher erfolgt alles, was vom Drucke der Luft abhängt, im Zimmer eben so, wie im Fr<*>yen. Luft, die man in Gefäße einschließt, behält, so lange sich nichts weiter ändert, eben die Dichte und Federkraft, die sie im Augenblicke der Einsperrung mit der äußern Luft gen ein hatte. Mit dieser Federkraft drückt sie gegen die Wände des Gefäßes, deren Festigkeit jetzt eben das thut, was unter freyem Himmel das Gewicht der obern Luft that, nämlich sie hindert, sich weiter auszubreiten. Wenn man also Luft eingeschlossen hat, ohne weiter einen Druck auf sie auszuüben, so muß man darum nicht glauben, daß sie so von allem Drucke frey sey. Sie leidet von den Wänden des Gefäßes noch immer einen Druck, der dem Gewichte der Atmosphäre gleich ist.
Otto von Guericke (Exp. de vacuo ſpatio, Cap. 30. f. 113.) ſchloß Luft, wie ſie ſich an der Erde befand, in ein Gefaͤß mit einem Hahne ein, trug daſſelbe auf eine Hoͤhe, und oͤfnete den Hahn. Der Erfolg war, daß ein Theil Luft aus dem Gefaͤße durch den Hahn mit Geziſch heraus fuhr. Die verſchloßne Luft, an der Erde aufgefangen, war dichter und elaſtiſcher, als die aͤußere auf der Hoͤhe. Das Gefaͤß war der Raum A, die Gegend auf der Hoͤhe der Raum B. Alle unſere Zimmer und Wohnplaͤtze ſtehen durch Oefnungen der Fenſter, Thuͤren u. dgl. mit der aͤußern Luft unter freyem Himmel in ſteter Verbindung. Alſo bleibt die Luft in den Zimmern immer eben ſo dicht und elaſtiſch, als die aͤußere. Die Luftſaͤule vom Tiſche bis an die Decke thut eben die Wirkung, als ob der Tiſch unter freyem Himmel ſtuͤnde, und eine Luftſaͤule, ſo hoch als die Atmoſphaͤre, truͤge. Dieſe Saͤule ſtemmt ſich nemlich vermoͤge ihrer Federkraſt, die der Federkraft der aͤußern Luft gleich iſt, gegen die Decke und den Tiſch, wie eine zwiſchen beyde geklemmte Stahlfeder. Daher erfolgt alles, was vom Drucke der Luft abhaͤngt, im Zimmer eben ſo, wie im Fr<*>yen. Luft, die man in Gefaͤße einſchließt, behaͤlt, ſo lange ſich nichts weiter aͤndert, eben die Dichte und Federkraft, die ſie im Augenblicke der Einſperrung mit der aͤußern Luft gen ein hatte. Mit dieſer Federkraft druͤckt ſie gegen die Waͤnde des Gefaͤßes, deren Feſtigkeit jetzt eben das thut, was unter freyem Himmel das Gewicht der obern Luft that, naͤmlich ſie hindert, ſich weiter auszubreiten. Wenn man alſo Luft eingeſchloſſen hat, ohne weiter einen Druck auf ſie auszuuͤben, ſo muß man darum nicht glauben, daß ſie ſo von allem Drucke frey ſey. Sie leidet von den Waͤnden des Gefaͤßes noch immer einen Druck, der dem Gewichte der Atmoſphaͤre gleich iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0016" xml:id="P.3.10" n="10"/><lb/> beyde Luftmaſſen elaſtiſch, und wirken daher am Orte der Verbindung einander entgegen; aber die mehr elaſtiſche treibt die weniger widerſtehende zuruͤck, und dringt in den Raum <hi rendition="#aq">B</hi> ſo lange, bis das Gleichgewicht hergeſtellt iſt.</p> <p><hi rendition="#b">Otto von Guericke</hi><hi rendition="#aq">(Exp. de vacuo ſpatio, Cap. 30. f. 113.)</hi> ſchloß Luft, wie ſie ſich an der Erde befand, in ein Gefaͤß mit einem Hahne ein, trug daſſelbe auf eine Hoͤhe, und oͤfnete den Hahn. Der Erfolg war, daß ein Theil Luft aus dem Gefaͤße durch den Hahn mit Geziſch heraus fuhr. Die verſchloßne Luft, an der Erde aufgefangen, war dichter und elaſtiſcher, als die aͤußere auf der Hoͤhe. Das Gefaͤß war der Raum <hi rendition="#aq">A,</hi> die Gegend auf der Hoͤhe der Raum <hi rendition="#aq">B.</hi></p> <p>Alle unſere Zimmer und Wohnplaͤtze ſtehen durch Oefnungen der Fenſter, Thuͤren u. dgl. mit der aͤußern Luft unter freyem Himmel in ſteter Verbindung. Alſo bleibt die Luft in den Zimmern immer eben ſo dicht und elaſtiſch, als die aͤußere. Die Luftſaͤule vom Tiſche bis an die Decke thut eben die Wirkung, als ob der Tiſch unter freyem Himmel ſtuͤnde, und eine Luftſaͤule, ſo hoch als die Atmoſphaͤre, truͤge. Dieſe Saͤule ſtemmt ſich nemlich vermoͤge ihrer Federkraſt, die der Federkraft der aͤußern Luft gleich iſt, gegen die Decke und den Tiſch, wie eine zwiſchen beyde geklemmte Stahlfeder. Daher erfolgt alles, was vom Drucke der Luft abhaͤngt, im Zimmer eben ſo, wie im Fr<*>yen.</p> <p>Luft, die man in Gefaͤße einſchließt, behaͤlt, ſo lange ſich nichts weiter aͤndert, eben die Dichte und Federkraft, die ſie im Augenblicke der Einſperrung mit der aͤußern Luft gen ein hatte. Mit dieſer Federkraft druͤckt ſie gegen die Waͤnde des Gefaͤßes, deren Feſtigkeit jetzt eben das thut, was unter freyem Himmel das Gewicht der obern Luft that, naͤmlich ſie hindert, ſich weiter auszubreiten. Wenn man alſo Luft eingeſchloſſen hat, ohne weiter einen Druck auf ſie auszuuͤben, ſo muß man darum nicht glauben, daß ſie ſo von allem Drucke frey ſey. Sie leidet von den Waͤnden des Gefaͤßes noch immer einen Druck, der dem Gewichte der Atmoſphaͤre gleich iſt.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0016]
beyde Luftmaſſen elaſtiſch, und wirken daher am Orte der Verbindung einander entgegen; aber die mehr elaſtiſche treibt die weniger widerſtehende zuruͤck, und dringt in den Raum B ſo lange, bis das Gleichgewicht hergeſtellt iſt.
Otto von Guericke (Exp. de vacuo ſpatio, Cap. 30. f. 113.) ſchloß Luft, wie ſie ſich an der Erde befand, in ein Gefaͤß mit einem Hahne ein, trug daſſelbe auf eine Hoͤhe, und oͤfnete den Hahn. Der Erfolg war, daß ein Theil Luft aus dem Gefaͤße durch den Hahn mit Geziſch heraus fuhr. Die verſchloßne Luft, an der Erde aufgefangen, war dichter und elaſtiſcher, als die aͤußere auf der Hoͤhe. Das Gefaͤß war der Raum A, die Gegend auf der Hoͤhe der Raum B.
Alle unſere Zimmer und Wohnplaͤtze ſtehen durch Oefnungen der Fenſter, Thuͤren u. dgl. mit der aͤußern Luft unter freyem Himmel in ſteter Verbindung. Alſo bleibt die Luft in den Zimmern immer eben ſo dicht und elaſtiſch, als die aͤußere. Die Luftſaͤule vom Tiſche bis an die Decke thut eben die Wirkung, als ob der Tiſch unter freyem Himmel ſtuͤnde, und eine Luftſaͤule, ſo hoch als die Atmoſphaͤre, truͤge. Dieſe Saͤule ſtemmt ſich nemlich vermoͤge ihrer Federkraſt, die der Federkraft der aͤußern Luft gleich iſt, gegen die Decke und den Tiſch, wie eine zwiſchen beyde geklemmte Stahlfeder. Daher erfolgt alles, was vom Drucke der Luft abhaͤngt, im Zimmer eben ſo, wie im Fr<*>yen.
Luft, die man in Gefaͤße einſchließt, behaͤlt, ſo lange ſich nichts weiter aͤndert, eben die Dichte und Federkraft, die ſie im Augenblicke der Einſperrung mit der aͤußern Luft gen ein hatte. Mit dieſer Federkraft druͤckt ſie gegen die Waͤnde des Gefaͤßes, deren Feſtigkeit jetzt eben das thut, was unter freyem Himmel das Gewicht der obern Luft that, naͤmlich ſie hindert, ſich weiter auszubreiten. Wenn man alſo Luft eingeſchloſſen hat, ohne weiter einen Druck auf ſie auszuuͤben, ſo muß man darum nicht glauben, daß ſie ſo von allem Drucke frey ſey. Sie leidet von den Waͤnden des Gefaͤßes noch immer einen Druck, der dem Gewichte der Atmoſphaͤre gleich iſt.
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