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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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kan, so läßt sich dasselbe doch durch sehr starke physische Gründe vertheidigen.

Man muß aber hiebey nothwendig die absolute Leere (vacuum absolutum) von der zerstreuten (vacuum disseminatum) unterscheiden. Unter jener haben einige Naturforscher eine ganz für sich bestehende, von aller Materie leere, einzige, unbegrenzte, unveränderliche Ausdehnung verstanden, deren Daseyn vor der Körperwelt vorhergegangen sey, und in welche der Schöpfer die Körper gesetzt habe. So wird der Begrif der Leere von Musschenbroek (Introd. ad philos. nat. To. I. cap. 3. De spatio vacuo) bestimmt, und so nahm ihn unter den Alten die Epikureische Schule an, welche jedoch die Vereinigung der Atomen in diesem Raume keinem Schöpfer, sondern einer zufälligen Ablenkung vom geraden Wege (clinamen atomorum) zuschrieb. Gegen diesen Begrif von absoluter Leere möchte wohl das metaphysische Argument unüberwindlich seyn, daß Raum und Ausdehnung überhaupt nur Denkform coexistirender Dinge sind, und nicht gedacht werden können ohne Vorstellung von Körpern, welche Ausdehnung haben, und Raum einnehmen oder zwischen sich lassen.

Bey Betrachtung der wirklichen Welt, welche aus großen in unermeßlichen Abständen entfernten, Weltkörpern besteht, kömmt man auf die Frage, ob sich zwischen diesen Körpern außer den Grenzen ihrer Dunstkreise noch etwas Körperliches aufhalte, oder nicht. Wäre der Raum zwischen ihnen leer von Materie, so könnte man ihn als einen Theil jenes allgemeinen Weltraumes ansehen, der bey der Schöpfung unausgefüllt geblieben wäre. So käme ihm der Name absolute Leere ebenfalls zu. Aber schon der Gedanke, daß wir die Weltkörper sehen, läßt es nicht zu, in diesem Sinne eine absolute Leere der Himmelsräume anzunehmen. Das Licht, welches von den Fixsternen zu uns gelangt, muß doch entweder diese Räume selbst anfüllen, oder in ihnen eine zur Fortpflanzung geschickte Materie antreffen.

Unter zerstreuter Leere hingegen versteht man Zwischenräume zwischen den einzelnen Theilen der Körper, welche


kan, ſo laͤßt ſich daſſelbe doch durch ſehr ſtarke phyſiſche Gruͤnde vertheidigen.

Man muß aber hiebey nothwendig die abſolute Leere (vacuum abſolutum) von der zerſtreuten (vacuum diſſeminatum) unterſcheiden. Unter jener haben einige Naturforſcher eine ganz fuͤr ſich beſtehende, von aller Materie leere, einzige, unbegrenzte, unveraͤnderliche Ausdehnung verſtanden, deren Daſeyn vor der Koͤrperwelt vorhergegangen ſey, und in welche der Schoͤpfer die Koͤrper geſetzt habe. So wird der Begrif der Leere von Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. I. cap. 3. De ſpatio vacuo) beſtimmt, und ſo nahm ihn unter den Alten die Epikureiſche Schule an, welche jedoch die Vereinigung der Atomen in dieſem Raume keinem Schoͤpfer, ſondern einer zufaͤlligen Ablenkung vom geraden Wege (clinamen atomorum) zuſchrieb. Gegen dieſen Begrif von abſoluter Leere moͤchte wohl das metaphyſiſche Argument unuͤberwindlich ſeyn, daß Raum und Ausdehnung uͤberhaupt nur Denkform coexiſtirender Dinge ſind, und nicht gedacht werden koͤnnen ohne Vorſtellung von Koͤrpern, welche Ausdehnung haben, und Raum einnehmen oder zwiſchen ſich laſſen.

Bey Betrachtung der wirklichen Welt, welche aus großen in unermeßlichen Abſtaͤnden entfernten, Weltkoͤrpern beſteht, koͤmmt man auf die Frage, ob ſich zwiſchen dieſen Koͤrpern außer den Grenzen ihrer Dunſtkreiſe noch etwas Koͤrperliches aufhalte, oder nicht. Waͤre der Raum zwiſchen ihnen leer von Materie, ſo koͤnnte man ihn als einen Theil jenes allgemeinen Weltraumes anſehen, der bey der Schoͤpfung unausgefuͤllt geblieben waͤre. So kaͤme ihm der Name abſolute Leere ebenfalls zu. Aber ſchon der Gedanke, daß wir die Weltkoͤrper ſehen, laͤßt es nicht zu, in dieſem Sinne eine abſolute Leere der Himmelsraͤume anzunehmen. Das Licht, welches von den Fixſternen zu uns gelangt, muß doch entweder dieſe Raͤume ſelbſt anfuͤllen, oder in ihnen eine zur Fortpflanzung geſchickte Materie antreffen.

Unter zerſtreuter Leere hingegen verſteht man Zwiſchenraͤume zwiſchen den einzelnen Theilen der Koͤrper, welche

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[867/0873] kan, ſo laͤßt ſich daſſelbe doch durch ſehr ſtarke phyſiſche Gruͤnde vertheidigen. Man muß aber hiebey nothwendig die abſolute Leere (vacuum abſolutum) von der zerſtreuten (vacuum diſſeminatum) unterſcheiden. Unter jener haben einige Naturforſcher eine ganz fuͤr ſich beſtehende, von aller Materie leere, einzige, unbegrenzte, unveraͤnderliche Ausdehnung verſtanden, deren Daſeyn vor der Koͤrperwelt vorhergegangen ſey, und in welche der Schoͤpfer die Koͤrper geſetzt habe. So wird der Begrif der Leere von Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. I. cap. 3. De ſpatio vacuo) beſtimmt, und ſo nahm ihn unter den Alten die Epikureiſche Schule an, welche jedoch die Vereinigung der Atomen in dieſem Raume keinem Schoͤpfer, ſondern einer zufaͤlligen Ablenkung vom geraden Wege (clinamen atomorum) zuſchrieb. Gegen dieſen Begrif von abſoluter Leere moͤchte wohl das metaphyſiſche Argument unuͤberwindlich ſeyn, daß Raum und Ausdehnung uͤberhaupt nur Denkform coexiſtirender Dinge ſind, und nicht gedacht werden koͤnnen ohne Vorſtellung von Koͤrpern, welche Ausdehnung haben, und Raum einnehmen oder zwiſchen ſich laſſen. Bey Betrachtung der wirklichen Welt, welche aus großen in unermeßlichen Abſtaͤnden entfernten, Weltkoͤrpern beſteht, koͤmmt man auf die Frage, ob ſich zwiſchen dieſen Koͤrpern außer den Grenzen ihrer Dunſtkreiſe noch etwas Koͤrperliches aufhalte, oder nicht. Waͤre der Raum zwiſchen ihnen leer von Materie, ſo koͤnnte man ihn als einen Theil jenes allgemeinen Weltraumes anſehen, der bey der Schoͤpfung unausgefuͤllt geblieben waͤre. So kaͤme ihm der Name abſolute Leere ebenfalls zu. Aber ſchon der Gedanke, daß wir die Weltkoͤrper ſehen, laͤßt es nicht zu, in dieſem Sinne eine abſolute Leere der Himmelsraͤume anzunehmen. Das Licht, welches von den Fixſternen zu uns gelangt, muß doch entweder dieſe Raͤume ſelbſt anfuͤllen, oder in ihnen eine zur Fortpflanzung geſchickte Materie antreffen. Unter zerſtreuter Leere hingegen verſteht man Zwiſchenraͤume zwiſchen den einzelnen Theilen der Koͤrper, welche

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 867. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/873>, abgerufen am 25.11.2024.