Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Eben so sonderbar ist die Meynung des Freyherrn von Gleichen, genannt Rußworm (Von Entstehung, Bildung, Umbildung und Bestimmung des Erdkörpers. Nürnb. 1782. 8.), welcher durch seine Beobachtungen über die Infusionsthierchen bekannt ist. Er glaubt, die Erde sey Anfangs eine bloße Wasserkugel gewesen, welche zuerst Fische hervorgebracht habe, aus deren Verfaulung Erde entstanden sey, die sich gesetzt, und den festen Körper zu bilden angefangen habe. Die Gährung habe darauf Hitze, Aufblähungen und Erhöhungen veranlasset, die Bewegung des Wassers habe den Schlamm zu Schalen geformt, woraus der Kalk bereitet worden sey. Endlich sey die Erde über das Wasser hervorgetreten, und dem Sonnenlichte ausgesetzt worden. Das Wasser nehme immerfort ab, die Wärme aber zu, und so werde endlich die ganze Erdkugel im Feuer zerschmelzen. Auch Wallerius (Physischchemische Betrachtungen über den Ursprung der Welt, besonders der Erdwelt und ihre Veränderungen, aus dem Latein. Erfurt, 1782. 8.) leitet den Ursprung aller Körper aus dem Wasser her, aus welchem die festen Körper durch Gerinnungen und Concretionen entstanden seyn sollen. Er bemüht sich mit vielem Scharfsinn und mit Anwendung seiner großen mineralogischen und chymischen Kenntnisse diese sonderbare Behauptung mit den mosaischen Tagwerken in eine buchstäbliche Uebereinstimmung zu bringen. Eine beständige Verminderung des Wassers und das Zunehmen des festen Landes hat auch Linne' (De telluris habitabilis incremento, in Amoenit. Academ. Vol. II.) angenommen. Herr Consistorial - und Oberbaurath Silberschlag (Geogenie, oder Erklärung der mosaischen Erderschaffung nach physik. und mathem. Grundsätzen, Berlin, 1 u. 2 Th. 1780. 3 Th. 1783. gr. 4.) macht ganz die mosaische Schöpfungsgeschichte
Eben ſo ſonderbar iſt die Meynung des Freyherrn von Gleichen, genannt Rußworm (Von Entſtehung, Bildung, Umbildung und Beſtimmung des Erdkoͤrpers. Nuͤrnb. 1782. 8.), welcher durch ſeine Beobachtungen uͤber die Infuſionsthierchen bekannt iſt. Er glaubt, die Erde ſey Anfangs eine bloße Waſſerkugel geweſen, welche zuerſt Fiſche hervorgebracht habe, aus deren Verfaulung Erde entſtanden ſey, die ſich geſetzt, und den feſten Koͤrper zu bilden angefangen habe. Die Gaͤhrung habe darauf Hitze, Aufblaͤhungen und Erhoͤhungen veranlaſſet, die Bewegung des Waſſers habe den Schlamm zu Schalen geformt, woraus der Kalk bereitet worden ſey. Endlich ſey die Erde uͤber das Waſſer hervorgetreten, und dem Sonnenlichte ausgeſetzt worden. Das Waſſer nehme immerfort ab, die Waͤrme aber zu, und ſo werde endlich die ganze Erdkugel im Feuer zerſchmelzen. Auch Wallerius (Phyſiſchchemiſche Betrachtungen uͤber den Urſprung der Welt, beſonders der Erdwelt und ihre Veraͤnderungen, aus dem Latein. Erfurt, 1782. 8.) leitet den Urſprung aller Koͤrper aus dem Waſſer her, aus welchem die feſten Koͤrper durch Gerinnungen und Concretionen entſtanden ſeyn ſollen. Er bemuͤht ſich mit vielem Scharfſinn und mit Anwendung ſeiner großen mineralogiſchen und chymiſchen Kenntniſſe dieſe ſonderbare Behauptung mit den moſaiſchen Tagwerken in eine buchſtaͤbliche Uebereinſtimmung zu bringen. Eine beſtaͤndige Verminderung des Waſſers und das Zunehmen des feſten Landes hat auch Linne' (De telluris habitabilis incremento, in Amoenit. Academ. Vol. II.) angenommen. Herr Conſiſtorial - und Oberbaurath Silberſchlag (Geogenie, oder Erklaͤrung der moſaiſchen Erderſchaffung nach phyſik. und mathem. Grundſaͤtzen, Berlin, 1 u. 2 Th. 1780. 3 Th. 1783. gr. 4.) macht ganz die moſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0076" xml:id="P.2.70" n="70"/><lb/> laͤßt. Dies heißt wohl, unſern Planeten zu einem bloß chymiſchen Produkte und zugleich zur Werkſtatt deſſelben machen, welches gewiß eben ſo fehlerhaft iſt, als wenn man ihn mit <hi rendition="#b">Descartes</hi> bloß mechaniſch aus Materie und Bewegung bilden will.</p> <p>Eben ſo ſonderbar iſt die Meynung des Freyherrn <hi rendition="#b">von Gleichen,</hi> genannt <hi rendition="#b">Rußworm</hi> (Von Entſtehung, Bildung, Umbildung und Beſtimmung des Erdkoͤrpers. Nuͤrnb. 1782. 8.), welcher durch ſeine Beobachtungen uͤber die Infuſionsthierchen bekannt iſt. Er glaubt, die Erde ſey Anfangs eine bloße Waſſerkugel geweſen, welche zuerſt Fiſche hervorgebracht habe, aus deren Verfaulung Erde entſtanden ſey, die ſich geſetzt, und den feſten Koͤrper zu bilden angefangen habe. Die Gaͤhrung habe darauf Hitze, Aufblaͤhungen und Erhoͤhungen veranlaſſet, die Bewegung des Waſſers habe den Schlamm zu Schalen geformt, woraus der Kalk bereitet worden ſey. Endlich ſey die Erde uͤber das Waſſer hervorgetreten, und dem Sonnenlichte ausgeſetzt worden. Das Waſſer nehme immerfort ab, die Waͤrme aber zu, und ſo werde endlich die ganze Erdkugel im Feuer zerſchmelzen.</p> <p>Auch <hi rendition="#b">Wallerius</hi> (Phyſiſchchemiſche Betrachtungen uͤber den Urſprung der Welt, beſonders der Erdwelt und ihre Veraͤnderungen, aus dem Latein. Erfurt, 1782. 8.) leitet den Urſprung aller Koͤrper aus dem <hi rendition="#b">Waſſer</hi> her, aus welchem die feſten Koͤrper durch Gerinnungen und Concretionen entſtanden ſeyn ſollen. Er bemuͤht ſich mit vielem Scharfſinn und mit Anwendung ſeiner großen mineralogiſchen und chymiſchen Kenntniſſe dieſe ſonderbare Behauptung mit den moſaiſchen Tagwerken in eine buchſtaͤbliche Uebereinſtimmung zu bringen. Eine beſtaͤndige Verminderung des Waſſers und das Zunehmen des feſten Landes hat auch <hi rendition="#b">Linne'</hi> (<hi rendition="#aq">De telluris habitabilis incremento, in Amoenit. Academ. Vol. II.</hi>) angenommen.</p> <p>Herr Conſiſtorial - und Oberbaurath <hi rendition="#b">Silberſchlag</hi> (Geogenie, oder Erklaͤrung der moſaiſchen Erderſchaffung nach phyſik. und mathem. Grundſaͤtzen, Berlin, 1 u. 2 Th. 1780. 3 Th. 1783. gr. 4.) macht ganz die moſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0076]
laͤßt. Dies heißt wohl, unſern Planeten zu einem bloß chymiſchen Produkte und zugleich zur Werkſtatt deſſelben machen, welches gewiß eben ſo fehlerhaft iſt, als wenn man ihn mit Descartes bloß mechaniſch aus Materie und Bewegung bilden will.
Eben ſo ſonderbar iſt die Meynung des Freyherrn von Gleichen, genannt Rußworm (Von Entſtehung, Bildung, Umbildung und Beſtimmung des Erdkoͤrpers. Nuͤrnb. 1782. 8.), welcher durch ſeine Beobachtungen uͤber die Infuſionsthierchen bekannt iſt. Er glaubt, die Erde ſey Anfangs eine bloße Waſſerkugel geweſen, welche zuerſt Fiſche hervorgebracht habe, aus deren Verfaulung Erde entſtanden ſey, die ſich geſetzt, und den feſten Koͤrper zu bilden angefangen habe. Die Gaͤhrung habe darauf Hitze, Aufblaͤhungen und Erhoͤhungen veranlaſſet, die Bewegung des Waſſers habe den Schlamm zu Schalen geformt, woraus der Kalk bereitet worden ſey. Endlich ſey die Erde uͤber das Waſſer hervorgetreten, und dem Sonnenlichte ausgeſetzt worden. Das Waſſer nehme immerfort ab, die Waͤrme aber zu, und ſo werde endlich die ganze Erdkugel im Feuer zerſchmelzen.
Auch Wallerius (Phyſiſchchemiſche Betrachtungen uͤber den Urſprung der Welt, beſonders der Erdwelt und ihre Veraͤnderungen, aus dem Latein. Erfurt, 1782. 8.) leitet den Urſprung aller Koͤrper aus dem Waſſer her, aus welchem die feſten Koͤrper durch Gerinnungen und Concretionen entſtanden ſeyn ſollen. Er bemuͤht ſich mit vielem Scharfſinn und mit Anwendung ſeiner großen mineralogiſchen und chymiſchen Kenntniſſe dieſe ſonderbare Behauptung mit den moſaiſchen Tagwerken in eine buchſtaͤbliche Uebereinſtimmung zu bringen. Eine beſtaͤndige Verminderung des Waſſers und das Zunehmen des feſten Landes hat auch Linne' (De telluris habitabilis incremento, in Amoenit. Academ. Vol. II.) angenommen.
Herr Conſiſtorial - und Oberbaurath Silberſchlag (Geogenie, oder Erklaͤrung der moſaiſchen Erderſchaffung nach phyſik. und mathem. Grundſaͤtzen, Berlin, 1 u. 2 Th. 1780. 3 Th. 1783. gr. 4.) macht ganz die moſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte
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