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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Aer muriaticus, Aer acidus salinus s. marinus, Mephitis muriatica
, Gas on Air acide-marin.

Die phlogistisirte Kochsalzsäure in Luftgestalt, oder das irrespirable, mit dem Wasser mischbare, Gas, welches durch Aufguß der Vitriolsäure auf die Salzsäure haltenden Mittel- und Neutralsalze oder durch Destillation der Salzsäure selbst erhalten wird.

Die Aufgüsse der Vitriol- und Salzsäure auf Metalle geben sonst brennbare Luft. Cavendish aber (Philos. Trans. Vol. LVI. p. 157.) bemerkte zuerst, daß die auf Kupfer gegossene Salzsäure eine Luft lieferte, die sogleich vom Wasser verschluckt ward, und daher keine brennbare Luft seyn konnte. Priestley benützte diese Beobachtung, und fand durch wiederholte Versuche, daß der Dampf, der sich bey Vermischung des gemeinen Salzes mit Vitriolsäure erzeugt, und sich an der Kälte zu Salzgeist verdichtet, in luftförmiger Gestalt dargestellt werden könne. Es war dies die erste Entdeckung einer mineralischen Säure in Luftgestalt, welche ihrem Erfinder nachher zu ähnlichen Proben mit andern Säuren Anlaß gab.

Die beste Methode, die salzsaure Luft zu erhalten, ist folgende. Man fülle etwa den sechsten oder vierten Theil eines Kolbens mit gemeinem Küchensalz an, gieße etwas reines (nicht nach Schwefel riechendes) Vitriolöl darauf, und lasse den entbundenen Dampf durch ein gebognes Rohr in den Quecksilber-Apparat übergehen, wobey man noch die Entwicklung durch Erwärmung des Kolbens mit einem brennenden Wachsstocke befördern kan. Oder man erhitze eine Portion reine Salzsäure in einem Kolben, und fange das herausgehende im Quecksilber-Apparat auf. Der rauchende Salzgeist giebt schon von selbst Dämpfe von sich, die alle Eigenschaften der salzsauren Luft besitzen.

Diese elastische Materie verliert aber ihren luftförmigen Zustand, sobald sie die atmosphärische Luft berührt. Sie verwandelt sich alsdann mit Erwärmung in einen weißgrauen Dampf, wobey auch aller Wahrscheinlichkeit nach eine Verminderung des Volumens vorgehet. Je feuchter die Luft ist, desto stärker ist dieser Dampf, daher ihn


Aer muriaticus, Aer acidus ſalinus ſ. marinus, Mephitis muriatica
, Gas on Air acide-marin.

Die phlogiſtiſirte Kochſalzſaͤure in Luftgeſtalt, oder das irreſpirable, mit dem Waſſer miſchbare, Gas, welches durch Aufguß der Vitriolſaͤure auf die Salzſaͤure haltenden Mittel- und Neutralſalze oder durch Deſtillation der Salzſaͤure ſelbſt erhalten wird.

Die Aufguͤſſe der Vitriol- und Salzſaͤure auf Metalle geben ſonſt brennbare Luft. Cavendiſh aber (Philoſ. Trans. Vol. LVI. p. 157.) bemerkte zuerſt, daß die auf Kupfer gegoſſene Salzſaͤure eine Luft lieferte, die ſogleich vom Waſſer verſchluckt ward, und daher keine brennbare Luft ſeyn konnte. Prieſtley benuͤtzte dieſe Beobachtung, und fand durch wiederholte Verſuche, daß der Dampf, der ſich bey Vermiſchung des gemeinen Salzes mit Vitriolſaͤure erzeugt, und ſich an der Kaͤlte zu Salzgeiſt verdichtet, in luftfoͤrmiger Geſtalt dargeſtellt werden koͤnne. Es war dies die erſte Entdeckung einer mineraliſchen Saͤure in Luftgeſtalt, welche ihrem Erfinder nachher zu aͤhnlichen Proben mit andern Saͤuren Anlaß gab.

Die beſte Methode, die ſalzſaure Luft zu erhalten, iſt folgende. Man fuͤlle etwa den ſechſten oder vierten Theil eines Kolbens mit gemeinem Kuͤchenſalz an, gieße etwas reines (nicht nach Schwefel riechendes) Vitrioloͤl darauf, und laſſe den entbundenen Dampf durch ein gebognes Rohr in den Queckſilber-Apparat uͤbergehen, wobey man noch die Entwicklung durch Erwaͤrmung des Kolbens mit einem brennenden Wachsſtocke befoͤrdern kan. Oder man erhitze eine Portion reine Salzſaͤure in einem Kolben, und fange das herausgehende im Queckſilber-Apparat auf. Der rauchende Salzgeiſt giebt ſchon von ſelbſt Daͤmpfe von ſich, die alle Eigenſchaften der ſalzſauren Luft beſitzen.

Dieſe elaſtiſche Materie verliert aber ihren luftfoͤrmigen Zuſtand, ſobald ſie die atmoſphaͤriſche Luft beruͤhrt. Sie verwandelt ſich alsdann mit Erwaͤrmung in einen weißgrauen Dampf, wobey auch aller Wahrſcheinlichkeit nach eine Verminderung des Volumens vorgehet. Je feuchter die Luft iſt, deſto ſtaͤrker iſt dieſer Dampf, daher ihn

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[422/0428] Aer muriaticus, Aer acidus ſalinus ſ. marinus, Mephitis muriatica, Gas on Air acide-marin. Die phlogiſtiſirte Kochſalzſaͤure in Luftgeſtalt, oder das irreſpirable, mit dem Waſſer miſchbare, Gas, welches durch Aufguß der Vitriolſaͤure auf die Salzſaͤure haltenden Mittel- und Neutralſalze oder durch Deſtillation der Salzſaͤure ſelbſt erhalten wird. Die Aufguͤſſe der Vitriol- und Salzſaͤure auf Metalle geben ſonſt brennbare Luft. Cavendiſh aber (Philoſ. Trans. Vol. LVI. p. 157.) bemerkte zuerſt, daß die auf Kupfer gegoſſene Salzſaͤure eine Luft lieferte, die ſogleich vom Waſſer verſchluckt ward, und daher keine brennbare Luft ſeyn konnte. Prieſtley benuͤtzte dieſe Beobachtung, und fand durch wiederholte Verſuche, daß der Dampf, der ſich bey Vermiſchung des gemeinen Salzes mit Vitriolſaͤure erzeugt, und ſich an der Kaͤlte zu Salzgeiſt verdichtet, in luftfoͤrmiger Geſtalt dargeſtellt werden koͤnne. Es war dies die erſte Entdeckung einer mineraliſchen Saͤure in Luftgeſtalt, welche ihrem Erfinder nachher zu aͤhnlichen Proben mit andern Saͤuren Anlaß gab. Die beſte Methode, die ſalzſaure Luft zu erhalten, iſt folgende. Man fuͤlle etwa den ſechſten oder vierten Theil eines Kolbens mit gemeinem Kuͤchenſalz an, gieße etwas reines (nicht nach Schwefel riechendes) Vitrioloͤl darauf, und laſſe den entbundenen Dampf durch ein gebognes Rohr in den Queckſilber-Apparat uͤbergehen, wobey man noch die Entwicklung durch Erwaͤrmung des Kolbens mit einem brennenden Wachsſtocke befoͤrdern kan. Oder man erhitze eine Portion reine Salzſaͤure in einem Kolben, und fange das herausgehende im Queckſilber-Apparat auf. Der rauchende Salzgeiſt giebt ſchon von ſelbſt Daͤmpfe von ſich, die alle Eigenſchaften der ſalzſauren Luft beſitzen. Dieſe elaſtiſche Materie verliert aber ihren luftfoͤrmigen Zuſtand, ſobald ſie die atmoſphaͤriſche Luft beruͤhrt. Sie verwandelt ſich alsdann mit Erwaͤrmung in einen weißgrauen Dampf, wobey auch aller Wahrſcheinlichkeit nach eine Verminderung des Volumens vorgehet. Je feuchter die Luft iſt, deſto ſtaͤrker iſt dieſer Dampf, daher ihn

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/428>, abgerufen am 22.11.2024.