Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Nachrichten bey dem Worte: Eudiometer. Im Ganzen genommen findet man die Luft an verschiedenen Orten der Erde durch das Eudiometer gar nicht sehr verschieden, diejenigen Orte ausgenommen, wo augenscheinlich viel phlogistische Materien aufsteigen, wie z. B. in der Nachbarschaft fauler Sümpfe. Dennoch bemerkt man in der Heilsamkeit der Luft beträchtliche Unterschiede in Gegenden, in welchen das Eudiometer fast einerley Reinigkeit anzeigt, obgleich die Gesundheit der Einwohner offenbar das Gegentheil beweiset. Es kan also die Probe durch das Eudiometer keinesweges für ein sicheres Mittel zu Bestimmung der Gesundheit der Luft gehalten werden.

Man hat schon vor alten Zeiten auf Mittel gedacht, verdorbene Luft durch die Kunst zu verbessern. Nach Boyle (Exp. physico-mech. de elasticitate et gravitate aeris, Exp. 41.) soll Cornelius Drebbel einen chymischen Liquor erfunden haben, dessen Dämpfe der durchs Athmen verdorbnen Luft die verlohrnen Lebensgeister (principium vitale) wieder ertheilen. Boyle sagt sogar, es sey ihm bekannt worden, was dies für ein Liquor gewesen sey. Da die Verderbung der Luft nicht von der Entziehung des Lebensgeists, sondern von der Entziehung des reinern Theils durch die Verbindung mit Phlogiston herrührt, das man nicht so leicht, und am wenigsten durch Dämpfe eines Liquors von der Luft trennen kan, so ist die ganze Sache wahrscheinlich ein fabelhaftes Vorgeben gewesen.

Das einzige bisher bekannte Mittel, die schlechte Luft aus Orten, wo sie häufig und unvermeidlich erzeugt wird, hinwegzubringen, ist der Luftzug, den man aber nicht unter die hier gesuchten Methoden zählen kan, weil er die Luft nicht verbessert, sondern wegführt und reinere an ihre Stelle bringt.

D. Hales fand, daß er eine Menge Luft länger athmen konnte, wenn er sie während des Einathmens durch zusammengefaltete in Weinessig, Salzwasser oder Weinsteinöl getauchte Lappen gehen ließ. Die Ursache liegt wohl darinn, weil bey der Respiration fixe Luft erzeugt wird, welche der Weinessig rc. einschluckt. Das Kalkwasser würde


Nachrichten bey dem Worte: Eudiometer. Im Ganzen genommen findet man die Luft an verſchiedenen Orten der Erde durch das Eudiometer gar nicht ſehr verſchieden, diejenigen Orte ausgenommen, wo augenſcheinlich viel phlogiſtiſche Materien aufſteigen, wie z. B. in der Nachbarſchaft fauler Suͤmpfe. Dennoch bemerkt man in der Heilſamkeit der Luft betraͤchtliche Unterſchiede in Gegenden, in welchen das Eudiometer faſt einerley Reinigkeit anzeigt, obgleich die Geſundheit der Einwohner offenbar das Gegentheil beweiſet. Es kan alſo die Probe durch das Eudiometer keinesweges fuͤr ein ſicheres Mittel zu Beſtimmung der Geſundheit der Luft gehalten werden.

Man hat ſchon vor alten Zeiten auf Mittel gedacht, verdorbene Luft durch die Kunſt zu verbeſſern. Nach Boyle (Exp. phyſico-mech. de elaſticitate et gravitate aëris, Exp. 41.) ſoll Cornelius Drebbel einen chymiſchen Liquor erfunden haben, deſſen Daͤmpfe der durchs Athmen verdorbnen Luft die verlohrnen Lebensgeiſter (principium vitale) wieder ertheilen. Boyle ſagt ſogar, es ſey ihm bekannt worden, was dies fuͤr ein Liquor geweſen ſey. Da die Verderbung der Luft nicht von der Entziehung des Lebensgeiſts, ſondern von der Entziehung des reinern Theils durch die Verbindung mit Phlogiſton herruͤhrt, das man nicht ſo leicht, und am wenigſten durch Daͤmpfe eines Liquors von der Luft trennen kan, ſo iſt die ganze Sache wahrſcheinlich ein fabelhaftes Vorgeben geweſen.

Das einzige bisher bekannte Mittel, die ſchlechte Luft aus Orten, wo ſie haͤufig und unvermeidlich erzeugt wird, hinwegzubringen, iſt der Luftzug, den man aber nicht unter die hier geſuchten Methoden zaͤhlen kan, weil er die Luft nicht verbeſſert, ſondern wegfuͤhrt und reinere an ihre Stelle bringt.

D. Hales fand, daß er eine Menge Luft laͤnger athmen konnte, wenn er ſie waͤhrend des Einathmens durch zuſammengefaltete in Weineſſig, Salzwaſſer oder Weinſteinoͤl getauchte Lappen gehen ließ. Die Urſache liegt wohl darinn, weil bey der Reſpiration fixe Luft erzeugt wird, welche der Weineſſig rc. einſchluckt. Das Kalkwaſſer wuͤrde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0366" xml:id="P.2.360" n="360"/><lb/>
Nachrichten bey dem Worte: <hi rendition="#b">Eudiometer.</hi> Im Ganzen genommen findet man die Luft an ver&#x017F;chiedenen Orten der Erde durch das Eudiometer gar nicht &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden, diejenigen Orte ausgenommen, wo augen&#x017F;cheinlich viel phlogi&#x017F;ti&#x017F;che Materien auf&#x017F;teigen, wie z. B. in der Nachbar&#x017F;chaft fauler Su&#x0364;mpfe. Dennoch bemerkt man in der Heil&#x017F;amkeit der Luft betra&#x0364;chtliche Unter&#x017F;chiede in Gegenden, in welchen das Eudiometer fa&#x017F;t einerley Reinigkeit anzeigt, obgleich die Ge&#x017F;undheit der Einwohner offenbar das Gegentheil bewei&#x017F;et. Es kan al&#x017F;o die Probe durch das Eudiometer keinesweges fu&#x0364;r ein &#x017F;icheres Mittel zu Be&#x017F;timmung der Ge&#x017F;undheit der Luft gehalten werden.</p>
            <p>Man hat &#x017F;chon vor alten Zeiten auf Mittel gedacht, verdorbene Luft durch die Kun&#x017F;t zu verbe&#x017F;&#x017F;ern. Nach <hi rendition="#b">Boyle</hi> <hi rendition="#aq">(Exp. phy&#x017F;ico-mech. de ela&#x017F;ticitate et gravitate aëris, Exp. 41.)</hi> &#x017F;oll <hi rendition="#b">Cornelius Drebbel</hi> einen chymi&#x017F;chen Liquor erfunden haben, de&#x017F;&#x017F;en Da&#x0364;mpfe der durchs Athmen verdorbnen Luft die verlohrnen Lebensgei&#x017F;ter <hi rendition="#aq">(principium vitale)</hi> wieder ertheilen. Boyle &#x017F;agt &#x017F;ogar, es &#x017F;ey ihm bekannt worden, was dies fu&#x0364;r ein Liquor gewe&#x017F;en &#x017F;ey. Da die Verderbung der Luft nicht von der Entziehung des Lebensgei&#x017F;ts, &#x017F;ondern von der Entziehung des reinern Theils durch die Verbindung mit Phlogi&#x017F;ton herru&#x0364;hrt, das man nicht &#x017F;o leicht, und am wenig&#x017F;ten durch Da&#x0364;mpfe eines Liquors von der Luft trennen kan, &#x017F;o i&#x017F;t die ganze Sache wahr&#x017F;cheinlich ein fabelhaftes Vorgeben gewe&#x017F;en.</p>
            <p>Das einzige bisher bekannte Mittel, die &#x017F;chlechte Luft aus Orten, wo &#x017F;ie ha&#x0364;ufig und unvermeidlich erzeugt wird, hinwegzubringen, i&#x017F;t der <hi rendition="#b">Luftzug,</hi> den man aber nicht unter die hier ge&#x017F;uchten Methoden za&#x0364;hlen kan, weil er die Luft nicht verbe&#x017F;&#x017F;ert, &#x017F;ondern wegfu&#x0364;hrt und reinere an ihre Stelle bringt.</p>
            <p>D. <hi rendition="#b">Hales</hi> fand, daß er eine Menge Luft la&#x0364;nger athmen konnte, wenn er &#x017F;ie wa&#x0364;hrend des Einathmens durch zu&#x017F;ammengefaltete in Weine&#x017F;&#x017F;ig, Salzwa&#x017F;&#x017F;er oder Wein&#x017F;teino&#x0364;l getauchte Lappen gehen ließ. Die Ur&#x017F;ache liegt wohl darinn, weil bey der Re&#x017F;piration fixe Luft erzeugt wird, welche der Weine&#x017F;&#x017F;ig rc. ein&#x017F;chluckt. Das Kalkwa&#x017F;&#x017F;er wu&#x0364;rde<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0366] Nachrichten bey dem Worte: Eudiometer. Im Ganzen genommen findet man die Luft an verſchiedenen Orten der Erde durch das Eudiometer gar nicht ſehr verſchieden, diejenigen Orte ausgenommen, wo augenſcheinlich viel phlogiſtiſche Materien aufſteigen, wie z. B. in der Nachbarſchaft fauler Suͤmpfe. Dennoch bemerkt man in der Heilſamkeit der Luft betraͤchtliche Unterſchiede in Gegenden, in welchen das Eudiometer faſt einerley Reinigkeit anzeigt, obgleich die Geſundheit der Einwohner offenbar das Gegentheil beweiſet. Es kan alſo die Probe durch das Eudiometer keinesweges fuͤr ein ſicheres Mittel zu Beſtimmung der Geſundheit der Luft gehalten werden. Man hat ſchon vor alten Zeiten auf Mittel gedacht, verdorbene Luft durch die Kunſt zu verbeſſern. Nach Boyle (Exp. phyſico-mech. de elaſticitate et gravitate aëris, Exp. 41.) ſoll Cornelius Drebbel einen chymiſchen Liquor erfunden haben, deſſen Daͤmpfe der durchs Athmen verdorbnen Luft die verlohrnen Lebensgeiſter (principium vitale) wieder ertheilen. Boyle ſagt ſogar, es ſey ihm bekannt worden, was dies fuͤr ein Liquor geweſen ſey. Da die Verderbung der Luft nicht von der Entziehung des Lebensgeiſts, ſondern von der Entziehung des reinern Theils durch die Verbindung mit Phlogiſton herruͤhrt, das man nicht ſo leicht, und am wenigſten durch Daͤmpfe eines Liquors von der Luft trennen kan, ſo iſt die ganze Sache wahrſcheinlich ein fabelhaftes Vorgeben geweſen. Das einzige bisher bekannte Mittel, die ſchlechte Luft aus Orten, wo ſie haͤufig und unvermeidlich erzeugt wird, hinwegzubringen, iſt der Luftzug, den man aber nicht unter die hier geſuchten Methoden zaͤhlen kan, weil er die Luft nicht verbeſſert, ſondern wegfuͤhrt und reinere an ihre Stelle bringt. D. Hales fand, daß er eine Menge Luft laͤnger athmen konnte, wenn er ſie waͤhrend des Einathmens durch zuſammengefaltete in Weineſſig, Salzwaſſer oder Weinſteinoͤl getauchte Lappen gehen ließ. Die Urſache liegt wohl darinn, weil bey der Reſpiration fixe Luft erzeugt wird, welche der Weineſſig rc. einſchluckt. Das Kalkwaſſer wuͤrde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/366
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/366>, abgerufen am 22.11.2024.