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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Gläser so viel an, daß ohne dieses die besten Gläser völlig unbrauchbar sind. Von den Mikrometern und Heliometern, die man bey Fernröhren anbringt, handeln eigne Artikel dieses Wörterbuchs. Man s. auch die Worte: Binoculartelescop, Helioskop, Polemoskop, Vergrößerung, Auzometer.

Bey der Beobachtung selbst übersieht man ein ganzes kreisrundes Feld, das Gesichtsfeld, und in sehr vielen Fällen ist daran gelegen, den Mittelpunkt desselben, der in des Fernrohrs Axe liegt, unterscheiden zu können. In dieser Absicht spannt man inwendig im Ocularrohre zween feine Fäden aus, die sich im Brennpunkte des letzten Augenglases rechtwinklicht durchkreuzen. Diese Fäden wird man durch das Augenglas deutlich sehen, und ihr Durchschnittspunkt wird die Mitte des Gesichtsfelds bestimmen. Man kan auch ein ebnes Glas gebrauchen, auf dem Linien statt der Fäden gerissen sind. Diese Veranstaltung heißt ein Fadenkreuz, und wird nicht allein oft bey astronomischen Beobachtungen, sondern auch vorzüglich da gebraucht, wo Fernröhre die Stelle der Dioptern bey Feldmesserwerkzeugen, astronomischen Quadranten u. dgl. vertreten. Dies heißen teleskopische Dioptern, und werden den bloßen Dioptern (nudis pinnicidiis) entgegengesetzt. Wenn alsdann der Durchschnittspunkt des Fadenkreuzes den Punkt, nach welchem man visiren will, bedeckt, so richtet sich die Axe des Fernrohrs, also auch die mit ihr parallele Visirlinie des Instruments (linea fiduciae) nach diesem Punkte. Das Visiren nach entlegnen Punkten erhält dadurch weit mehr Genauigkeit, als durch bloße Dioptern zu erreichen möglich ist, daher bey großen geometrischen Messungen, beym Wasserwägen und bey den astronomischen Winkelmessern keine andern, als teleskopische Dioptern, gebraucht werden. Zum erstenmale ist das Fernrohr auf diese Art von Picard im Jahre 1669 bey seiner Gradmessung in Frankreich gebraucht worden.

Montucla hist. des mathematiques, To. II. P. IV. L. 3.

Priestley Geschichte der Optik durch Klügel, S. 48 u. f. 158 u. f. 534.


Glaͤſer ſo viel an, daß ohne dieſes die beſten Glaͤſer voͤllig unbrauchbar ſind. Von den Mikrometern und Heliometern, die man bey Fernroͤhren anbringt, handeln eigne Artikel dieſes Woͤrterbuchs. Man ſ. auch die Worte: Binocularteleſcop, Helioſkop, Polemoſkop, Vergroͤßerung, Auzometer.

Bey der Beobachtung ſelbſt uͤberſieht man ein ganzes kreisrundes Feld, das Geſichtsfeld, und in ſehr vielen Faͤllen iſt daran gelegen, den Mittelpunkt deſſelben, der in des Fernrohrs Axe liegt, unterſcheiden zu koͤnnen. In dieſer Abſicht ſpannt man inwendig im Ocularrohre zween feine Faͤden aus, die ſich im Brennpunkte des letzten Augenglaſes rechtwinklicht durchkreuzen. Dieſe Faͤden wird man durch das Augenglas deutlich ſehen, und ihr Durchſchnittspunkt wird die Mitte des Geſichtsfelds beſtimmen. Man kan auch ein ebnes Glas gebrauchen, auf dem Linien ſtatt der Faͤden geriſſen ſind. Dieſe Veranſtaltung heißt ein Fadenkreuz, und wird nicht allein oft bey aſtronomiſchen Beobachtungen, ſondern auch vorzuͤglich da gebraucht, wo Fernroͤhre die Stelle der Dioptern bey Feldmeſſerwerkzeugen, aſtronomiſchen Quadranten u. dgl. vertreten. Dies heißen teleſkopiſche Dioptern, und werden den bloßen Dioptern (nudis pinnicidiis) entgegengeſetzt. Wenn alsdann der Durchſchnittspunkt des Fadenkreuzes den Punkt, nach welchem man viſiren will, bedeckt, ſo richtet ſich die Axe des Fernrohrs, alſo auch die mit ihr parallele Viſirlinie des Inſtruments (linea fiduciae) nach dieſem Punkte. Das Viſiren nach entlegnen Punkten erhaͤlt dadurch weit mehr Genauigkeit, als durch bloße Dioptern zu erreichen moͤglich iſt, daher bey großen geometriſchen Meſſungen, beym Waſſerwaͤgen und bey den aſtronomiſchen Winkelmeſſern keine andern, als teleſkopiſche Dioptern, gebraucht werden. Zum erſtenmale iſt das Fernrohr auf dieſe Art von Picard im Jahre 1669 bey ſeiner Gradmeſſung in Frankreich gebraucht worden.

Montucla hiſt. des mathematiques, To. II. P. IV. L. 3.

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[203/0209] Glaͤſer ſo viel an, daß ohne dieſes die beſten Glaͤſer voͤllig unbrauchbar ſind. Von den Mikrometern und Heliometern, die man bey Fernroͤhren anbringt, handeln eigne Artikel dieſes Woͤrterbuchs. Man ſ. auch die Worte: Binocularteleſcop, Helioſkop, Polemoſkop, Vergroͤßerung, Auzometer. Bey der Beobachtung ſelbſt uͤberſieht man ein ganzes kreisrundes Feld, das Geſichtsfeld, und in ſehr vielen Faͤllen iſt daran gelegen, den Mittelpunkt deſſelben, der in des Fernrohrs Axe liegt, unterſcheiden zu koͤnnen. In dieſer Abſicht ſpannt man inwendig im Ocularrohre zween feine Faͤden aus, die ſich im Brennpunkte des letzten Augenglaſes rechtwinklicht durchkreuzen. Dieſe Faͤden wird man durch das Augenglas deutlich ſehen, und ihr Durchſchnittspunkt wird die Mitte des Geſichtsfelds beſtimmen. Man kan auch ein ebnes Glas gebrauchen, auf dem Linien ſtatt der Faͤden geriſſen ſind. Dieſe Veranſtaltung heißt ein Fadenkreuz, und wird nicht allein oft bey aſtronomiſchen Beobachtungen, ſondern auch vorzuͤglich da gebraucht, wo Fernroͤhre die Stelle der Dioptern bey Feldmeſſerwerkzeugen, aſtronomiſchen Quadranten u. dgl. vertreten. Dies heißen teleſkopiſche Dioptern, und werden den bloßen Dioptern (nudis pinnicidiis) entgegengeſetzt. Wenn alsdann der Durchſchnittspunkt des Fadenkreuzes den Punkt, nach welchem man viſiren will, bedeckt, ſo richtet ſich die Axe des Fernrohrs, alſo auch die mit ihr parallele Viſirlinie des Inſtruments (linea fiduciae) nach dieſem Punkte. Das Viſiren nach entlegnen Punkten erhaͤlt dadurch weit mehr Genauigkeit, als durch bloße Dioptern zu erreichen moͤglich iſt, daher bey großen geometriſchen Meſſungen, beym Waſſerwaͤgen und bey den aſtronomiſchen Winkelmeſſern keine andern, als teleſkopiſche Dioptern, gebraucht werden. Zum erſtenmale iſt das Fernrohr auf dieſe Art von Picard im Jahre 1669 bey ſeiner Gradmeſſung in Frankreich gebraucht worden. Montucla hiſt. des mathematiques, To. II. P. IV. L. 3. Prieſtley Geſchichte der Optik durch Kluͤgel, S. 48 u. f. 158 u. f. 534.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/209>, abgerufen am 09.05.2024.