Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Werden die Durchmesser größer genommen, so müssen diese Kugeln steigen.

Die Goldschlägerhaut (baudruche) ist unstreitig die bequemste Materie zu so kleinen Ballen. Es ist dies das innere von den Ochsendärmen abgezogne Häutchen, welches vom Fett gereiniget, auf einen Rahmen gespannt, getrocknet, mit Bimstein abgerieben, und zum Gebrauch der Goldschläger noch mit einem Firniß überzogen wird. Aus diesem äußerst feinen und leichten Häutchen haben zuerst der Maler Deschamps und der Baron von Beaumanoir in Paris kleine Kugeln von verschiedener Größe verfertiget, welche mit brennbarer Luft gefüllt aufstiegen. Die kleinste darunter hielt 6 pariser Zoll im Durchmesser, wog 36 Gran, trieb 51 Gran Luft aus der Stelle, faßte 5 Gran brennbare Luft, und stieg also noch mit 51 -- (5+36)=10 Gran Kraft in die Höhe. Solche Kugeln waren eine Zeitlang das Spielwerk der Pariser. Auch andere feine Häute des thierischen Körpers, vorzüglich das Schafhäutchen (amnium) dienen zu kleinen aerostatischen Kugeln mit brennbarer Luft. So sahe ich bey Herrn Lichtenberg in Göttingen eine aus Schafhäutchen bereitete Kugel von 2 -- 3 Schuh Durchmesser, von der ihr Besitzer zu Beobachtung der atmosphärischen Elektricität vortheilhaften Gebrauch machte. Uebrigens ist die Goldschlägerhaut schon von Iulius Cäsär Scaliger (Exercitat.ad Cardanum de subtilitate, exerc. 326) zur Nachahmung der fliegenden Taube des Archytas vorgeschlagen worden. Materia, sagt er, ex junci medulla parabilis, vesiculis amicta aut pelliculis, quibus auri bracteatores atque foliatores vtuntur.

Die Maschinen mit erhitzter Luft lassen sich so klein nicht verfertigen. Rechnet man darauf, daß die Luft beym Versuche um ein Drittel ausgedehnt werde, die brennbare hingegen siebenmal leichter, als die atmosphärische, sey, so wird der Durchmesser der kleinsten möglichen schwebenden Kugel


Werden die Durchmeſſer groͤßer genommen, ſo muͤſſen dieſe Kugeln ſteigen.

Die Goldſchlaͤgerhaut (baudruche) iſt unſtreitig die bequemſte Materie zu ſo kleinen Ballen. Es iſt dies das innere von den Ochſendaͤrmen abgezogne Haͤutchen, welches vom Fett gereiniget, auf einen Rahmen geſpannt, getrocknet, mit Bimſtein abgerieben, und zum Gebrauch der Goldſchlaͤger noch mit einem Firniß uͤberzogen wird. Aus dieſem aͤußerſt feinen und leichten Haͤutchen haben zuerſt der Maler Deſchamps und der Baron von Beaumanoir in Paris kleine Kugeln von verſchiedener Groͤße verfertiget, welche mit brennbarer Luft gefuͤllt aufſtiegen. Die kleinſte darunter hielt 6 pariſer Zoll im Durchmeſſer, wog 36 Gran, trieb 51 Gran Luft aus der Stelle, faßte 5 Gran brennbare Luft, und ſtieg alſo noch mit 51 — (5+36)=10 Gran Kraft in die Hoͤhe. Solche Kugeln waren eine Zeitlang das Spielwerk der Pariſer. Auch andere feine Haͤute des thieriſchen Koͤrpers, vorzuͤglich das Schafhaͤutchen (amnium) dienen zu kleinen aeroſtatiſchen Kugeln mit brennbarer Luft. So ſahe ich bey Herrn Lichtenberg in Goͤttingen eine aus Schafhaͤutchen bereitete Kugel von 2 — 3 Schuh Durchmeſſer, von der ihr Beſitzer zu Beobachtung der atmoſphaͤriſchen Elektricitaͤt vortheilhaften Gebrauch machte. Uebrigens iſt die Goldſchlaͤgerhaut ſchon von Iulius Caͤſaͤr Scaliger (Exercitat.ad Cardanum de ſubtilitate, exerc. 326) zur Nachahmung der fliegenden Taube des Archytas vorgeſchlagen worden. Materia, ſagt er, ex junci medulla parabilis, veſiculis amicta aut pelliculis, quibus auri bracteatores atque foliatores vtuntur.

Die Maſchinen mit erhitzter Luft laſſen ſich ſo klein nicht verfertigen. Rechnet man darauf, daß die Luft beym Verſuche um ein Drittel ausgedehnt werde, die brennbare hingegen ſiebenmal leichter, als die atmoſphaͤriſche, ſey, ſo wird der Durchmeſſer der kleinſten moͤglichen ſchwebenden Kugel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0080" xml:id="P.1.66" n="66"/><lb/>
          </p>
          <p>Werden die Durchme&#x017F;&#x017F;er gro&#x0364;ßer genommen, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;e Kugeln <hi rendition="#b">&#x017F;teigen.</hi></p>
          <p>Die <hi rendition="#b">Gold&#x017F;chla&#x0364;gerhaut</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">baudruche</hi>)</hi> i&#x017F;t un&#x017F;treitig die bequem&#x017F;te Materie zu &#x017F;o kleinen Ballen. Es i&#x017F;t dies das innere von den Och&#x017F;enda&#x0364;rmen abgezogne Ha&#x0364;utchen, welches vom Fett gereiniget, auf einen Rahmen ge&#x017F;pannt, getrocknet, mit Bim&#x017F;tein abgerieben, und zum Gebrauch der Gold&#x017F;chla&#x0364;ger noch mit einem Firniß u&#x0364;berzogen wird. Aus die&#x017F;em a&#x0364;ußer&#x017F;t feinen und leichten Ha&#x0364;utchen haben zuer&#x017F;t der Maler <hi rendition="#b">De&#x017F;champs</hi> und der Baron von <hi rendition="#b">Beaumanoir</hi> in Paris kleine Kugeln von ver&#x017F;chiedener Gro&#x0364;ße verfertiget, welche mit brennbarer Luft gefu&#x0364;llt auf&#x017F;tiegen. Die klein&#x017F;te darunter hielt 6 pari&#x017F;er Zoll im Durchme&#x017F;&#x017F;er, wog 36 Gran, trieb 51 Gran Luft aus der Stelle, faßte 5 Gran brennbare Luft, und &#x017F;tieg al&#x017F;o noch mit 51 &#x2014; (5+36)=10 Gran Kraft in die Ho&#x0364;he. Solche Kugeln waren eine Zeitlang das Spielwerk der Pari&#x017F;er. Auch andere feine Ha&#x0364;ute des thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rpers, vorzu&#x0364;glich das Schafha&#x0364;utchen <hi rendition="#aq">(amnium)</hi> dienen zu kleinen aero&#x017F;tati&#x017F;chen Kugeln mit brennbarer Luft. So &#x017F;ahe ich bey Herrn <hi rendition="#b">Lichtenberg</hi> in Go&#x0364;ttingen eine aus Schafha&#x0364;utchen bereitete Kugel von 2 &#x2014; 3 Schuh Durchme&#x017F;&#x017F;er, von der ihr Be&#x017F;itzer zu Beobachtung der atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen Elektricita&#x0364;t vortheilhaften Gebrauch machte. Uebrigens i&#x017F;t die <hi rendition="#b">Gold&#x017F;chla&#x0364;gerhaut</hi> &#x017F;chon von <hi rendition="#b">Iulius Ca&#x0364;&#x017F;a&#x0364;r Scaliger</hi> <hi rendition="#aq">(Exercitat.ad Cardanum de &#x017F;ubtilitate, exerc. 326)</hi> zur Nachahmung der fliegenden Taube des Archytas vorge&#x017F;chlagen worden. <hi rendition="#aq">Materia,</hi> &#x017F;agt er, <hi rendition="#aq">ex junci medulla parabilis, <hi rendition="#i">ve&#x017F;iculis amicta aut pelliculis, quibus auri bracteatores atque foliatores vtuntur.</hi></hi></p>
          <p>Die Ma&#x017F;chinen mit <hi rendition="#b">erhitzter</hi> Luft la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich &#x017F;o klein nicht verfertigen. Rechnet man darauf, daß die Luft beym Ver&#x017F;uche um ein Drittel ausgedehnt werde, die brennbare hingegen &#x017F;iebenmal leichter, als die atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;che, &#x017F;ey, &#x017F;o wird der Durchme&#x017F;&#x017F;er der klein&#x017F;ten mo&#x0364;glichen &#x017F;chwebenden Kugel<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0080] Werden die Durchmeſſer groͤßer genommen, ſo muͤſſen dieſe Kugeln ſteigen. Die Goldſchlaͤgerhaut (baudruche) iſt unſtreitig die bequemſte Materie zu ſo kleinen Ballen. Es iſt dies das innere von den Ochſendaͤrmen abgezogne Haͤutchen, welches vom Fett gereiniget, auf einen Rahmen geſpannt, getrocknet, mit Bimſtein abgerieben, und zum Gebrauch der Goldſchlaͤger noch mit einem Firniß uͤberzogen wird. Aus dieſem aͤußerſt feinen und leichten Haͤutchen haben zuerſt der Maler Deſchamps und der Baron von Beaumanoir in Paris kleine Kugeln von verſchiedener Groͤße verfertiget, welche mit brennbarer Luft gefuͤllt aufſtiegen. Die kleinſte darunter hielt 6 pariſer Zoll im Durchmeſſer, wog 36 Gran, trieb 51 Gran Luft aus der Stelle, faßte 5 Gran brennbare Luft, und ſtieg alſo noch mit 51 — (5+36)=10 Gran Kraft in die Hoͤhe. Solche Kugeln waren eine Zeitlang das Spielwerk der Pariſer. Auch andere feine Haͤute des thieriſchen Koͤrpers, vorzuͤglich das Schafhaͤutchen (amnium) dienen zu kleinen aeroſtatiſchen Kugeln mit brennbarer Luft. So ſahe ich bey Herrn Lichtenberg in Goͤttingen eine aus Schafhaͤutchen bereitete Kugel von 2 — 3 Schuh Durchmeſſer, von der ihr Beſitzer zu Beobachtung der atmoſphaͤriſchen Elektricitaͤt vortheilhaften Gebrauch machte. Uebrigens iſt die Goldſchlaͤgerhaut ſchon von Iulius Caͤſaͤr Scaliger (Exercitat.ad Cardanum de ſubtilitate, exerc. 326) zur Nachahmung der fliegenden Taube des Archytas vorgeſchlagen worden. Materia, ſagt er, ex junci medulla parabilis, veſiculis amicta aut pelliculis, quibus auri bracteatores atque foliatores vtuntur. Die Maſchinen mit erhitzter Luft laſſen ſich ſo klein nicht verfertigen. Rechnet man darauf, daß die Luft beym Verſuche um ein Drittel ausgedehnt werde, die brennbare hingegen ſiebenmal leichter, als die atmoſphaͤriſche, ſey, ſo wird der Durchmeſſer der kleinſten moͤglichen ſchwebenden Kugel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/80
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/80>, abgerufen am 24.11.2024.