Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Bewegung fester und flüßiger Körper die Namen der Dynamik und Hydrodynamik führen, so könnte man den aerometrischen und pnevmatischen Untersuchungen, welche Anwendungen der höhern Mathematik erfordern, den Namen der Aerodynamik beylegen. s. Pnevmatik.

Aerostat, aerostatische Maschine, Montgolfiere, Luftball, Machina aerostatica, Aerostat, Machine ou Ballon aerostatique, Montgolfiere.

Eine Maschine, welche in der uns umgebenden Luft von selbst aufsteigt, auch wohl Menschen und beträchtliche Lasten mit sich erhebt. Die Erfindung dieser Maschinen ist unstreitig eine der größten Entdeckungen der neuern Zeit; da es mit den Naturgesetzen zu streiten scheint, daß eine Last in freyer Luft nicht allein schweben, sondern sogar emporsteigen solle, so ist die Bewerkstelligung dieser für unmöglich gehaltenen Sache für den Unerfahrnen eben so erstaunenswürdig, als sie für den Kenner wichtig ist.

Versuche, zu fliegen, mögen schon in den ältesten Zeiten gemacht worden seyn; vielleicht hat die Fabel vom Dädalus und Icarus auf etwas ähnliches Beziehung. Gellius (Noctes atticae, L. X. c. 12.) erzählt, Archytas von Tarent habe eine fliegende Taube von Holz verfertigt, welche durch mechanische Kräfte und einen eingeschlossenen Hauch (aura spiritus inclusa) belebt worden sey. Man hat dies für eingeschlossene Luft erklären, und schon die ganze Methode der Neuern darinn finden wollen, ohne zu bedenken, wie groß diese hölzerne Taube ausfallen mußte, wenn sie von einer eingeschlossenen leichten Luftgattung gehoben werden sollte. Mehrere dergleichen Erzählungen und Vorschläge zu Flugmaschinen aus ältern und neuern Zeiten hat Herr von Murr (Auszug aus des Faujas de St. Fond Beschreibung der aerostat. Vers. Nürnb. 1784. 8.) sehr vollständig gesammelt. Unter den von ihm angeführten Vorschlägen sind die des Franz Lana oder de Lanis (Prodromo dell' arte maestra. Brescia 1670. fol.) und des P. Galien (L' art de naviger dans les airs. Avignon 1755. 12.) die merkwürdigsten.


Bewegung feſter und fluͤßiger Koͤrper die Namen der Dynamik und Hydrodynamik fuͤhren, ſo koͤnnte man den aerometriſchen und pnevmatiſchen Unterſuchungen, welche Anwendungen der hoͤhern Mathematik erfordern, den Namen der Aerodynamik beylegen. ſ. Pnevmatik.

Aeroſtat, aeroſtatiſche Maſchine, Montgolfiere, Luftball, Machina aëroſtatica, Aëroſtat, Machine ou Ballon aëroſtatique, Montgolfiere.

Eine Maſchine, welche in der uns umgebenden Luft von ſelbſt aufſteigt, auch wohl Menſchen und betraͤchtliche Laſten mit ſich erhebt. Die Erfindung dieſer Maſchinen iſt unſtreitig eine der groͤßten Entdeckungen der neuern Zeit; da es mit den Naturgeſetzen zu ſtreiten ſcheint, daß eine Laſt in freyer Luft nicht allein ſchweben, ſondern ſogar emporſteigen ſolle, ſo iſt die Bewerkſtelligung dieſer fuͤr unmoͤglich gehaltenen Sache fuͤr den Unerfahrnën eben ſo erſtaunenswuͤrdig, als ſie fuͤr den Kenner wichtig iſt.

Verſuche, zu fliegen, moͤgen ſchon in den aͤlteſten Zeiten gemacht worden ſeyn; vielleicht hat die Fabel vom Daͤdalus und Icarus auf etwas aͤhnliches Beziehung. Gellius (Noctes atticae, L. X. c. 12.) erzaͤhlt, Archytas von Tarent habe eine fliegende Taube von Holz verfertigt, welche durch mechaniſche Kraͤfte und einen eingeſchloſſenen Hauch (aura ſpiritus incluſa) belebt worden ſey. Man hat dies fuͤr eingeſchloſſene Luft erklaͤren, und ſchon die ganze Methode der Neuern darinn finden wollen, ohne zu bedenken, wie groß dieſe hoͤlzerne Taube ausfallen mußte, wenn ſie von einer eingeſchloſſenen leichten Luftgattung gehoben werden ſollte. Mehrere dergleichen Erzaͤhlungen und Vorſchlaͤge zu Flugmaſchinen aus aͤltern und neuern Zeiten hat Herr von Murr (Auszug aus des Faujas de St. Fond Beſchreibung der aeroſtat. Verſ. Nuͤrnb. 1784. 8.) ſehr vollſtaͤndig geſammelt. Unter den von ihm angefuͤhrten Vorſchlaͤgen ſind die des Franz Lana oder de Lanis (Prodromo dell' arte maeſtra. Breſcia 1670. fol.) und des P. Galien (L' art de naviger dans les airs. Avignon 1755. 12.) die merkwuͤrdigſten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0068" xml:id="P.1.54" n="54"/><lb/>
Bewegung fe&#x017F;ter und flu&#x0364;ßiger Ko&#x0364;rper die Namen der <hi rendition="#b">Dynamik</hi> und <hi rendition="#b">Hydrodynamik</hi> fu&#x0364;hren, &#x017F;o ko&#x0364;nnte man den aerometri&#x017F;chen und pnevmati&#x017F;chen Unter&#x017F;uchungen, welche Anwendungen der ho&#x0364;hern Mathematik erfordern, den Namen der <hi rendition="#b">Aerodynamik</hi> beylegen. <hi rendition="#b">&#x017F;. Pnevmatik.</hi></p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Aero&#x017F;tat, aero&#x017F;tati&#x017F;che Ma&#x017F;chine, Montgolfiere, Luftball, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Machina aëro&#x017F;tatica</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Aëro&#x017F;tat, Machine ou Ballon aëro&#x017F;tatique, Montgolfiere</hi></foreign></name>.</head><lb/>
          <p>Eine Ma&#x017F;chine, welche in der uns umgebenden Luft von &#x017F;elb&#x017F;t auf&#x017F;teigt, auch wohl Men&#x017F;chen und betra&#x0364;chtliche La&#x017F;ten mit &#x017F;ich erhebt. Die Erfindung die&#x017F;er Ma&#x017F;chinen i&#x017F;t un&#x017F;treitig eine der gro&#x0364;ßten Entdeckungen der neuern Zeit; da es mit den Naturge&#x017F;etzen zu &#x017F;treiten &#x017F;cheint, daß eine La&#x017F;t in freyer Luft nicht allein &#x017F;chweben, &#x017F;ondern &#x017F;ogar empor&#x017F;teigen &#x017F;olle, &#x017F;o i&#x017F;t die Bewerk&#x017F;telligung die&#x017F;er fu&#x0364;r unmo&#x0364;glich gehaltenen Sache fu&#x0364;r den Unerfahrnën eben &#x017F;o er&#x017F;taunenswu&#x0364;rdig, als &#x017F;ie fu&#x0364;r den Kenner wichtig i&#x017F;t.</p>
          <p>Ver&#x017F;uche, zu fliegen, mo&#x0364;gen &#x017F;chon in den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten gemacht worden &#x017F;eyn; vielleicht hat die Fabel vom Da&#x0364;dalus und Icarus auf etwas a&#x0364;hnliches Beziehung. <hi rendition="#b">Gellius</hi> <hi rendition="#aq">(Noctes atticae, L. X. c. 12.)</hi> erza&#x0364;hlt, <hi rendition="#b">Archytas von Tarent</hi> habe eine fliegende Taube von Holz verfertigt, welche durch mechani&#x017F;che Kra&#x0364;fte und einen einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Hauch <hi rendition="#aq">(aura &#x017F;piritus inclu&#x017F;a)</hi> belebt worden &#x017F;ey. Man hat dies fu&#x0364;r einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Luft erkla&#x0364;ren, und &#x017F;chon die ganze Methode der Neuern darinn finden wollen, ohne zu bedenken, wie groß die&#x017F;e <hi rendition="#b">ho&#x0364;lzerne</hi> Taube ausfallen mußte, wenn &#x017F;ie von einer einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen leichten Luftgattung gehoben werden &#x017F;ollte. Mehrere dergleichen Erza&#x0364;hlungen und Vor&#x017F;chla&#x0364;ge zu Flugma&#x017F;chinen aus a&#x0364;ltern und neuern Zeiten hat Herr <hi rendition="#b">von Murr</hi> (Auszug aus des Faujas de St. Fond Be&#x017F;chreibung der aero&#x017F;tat. Ver&#x017F;. Nu&#x0364;rnb. 1784. 8.) &#x017F;ehr voll&#x017F;ta&#x0364;ndig ge&#x017F;ammelt. Unter den von ihm angefu&#x0364;hrten Vor&#x017F;chla&#x0364;gen &#x017F;ind die des <hi rendition="#b">Franz Lana</hi> oder <hi rendition="#b">de Lanis</hi> <hi rendition="#aq">(Prodromo dell' arte mae&#x017F;tra. Bre&#x017F;cia 1670. fol.)</hi> und des P. <hi rendition="#b">Galien</hi> <hi rendition="#aq">(L' art de naviger dans les airs. Avignon 1755. 12.)</hi> die merkwu&#x0364;rdig&#x017F;ten.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0068] Bewegung feſter und fluͤßiger Koͤrper die Namen der Dynamik und Hydrodynamik fuͤhren, ſo koͤnnte man den aerometriſchen und pnevmatiſchen Unterſuchungen, welche Anwendungen der hoͤhern Mathematik erfordern, den Namen der Aerodynamik beylegen. ſ. Pnevmatik. Aeroſtat, aeroſtatiſche Maſchine, Montgolfiere, Luftball, Machina aëroſtatica, Aëroſtat, Machine ou Ballon aëroſtatique, Montgolfiere. Eine Maſchine, welche in der uns umgebenden Luft von ſelbſt aufſteigt, auch wohl Menſchen und betraͤchtliche Laſten mit ſich erhebt. Die Erfindung dieſer Maſchinen iſt unſtreitig eine der groͤßten Entdeckungen der neuern Zeit; da es mit den Naturgeſetzen zu ſtreiten ſcheint, daß eine Laſt in freyer Luft nicht allein ſchweben, ſondern ſogar emporſteigen ſolle, ſo iſt die Bewerkſtelligung dieſer fuͤr unmoͤglich gehaltenen Sache fuͤr den Unerfahrnën eben ſo erſtaunenswuͤrdig, als ſie fuͤr den Kenner wichtig iſt. Verſuche, zu fliegen, moͤgen ſchon in den aͤlteſten Zeiten gemacht worden ſeyn; vielleicht hat die Fabel vom Daͤdalus und Icarus auf etwas aͤhnliches Beziehung. Gellius (Noctes atticae, L. X. c. 12.) erzaͤhlt, Archytas von Tarent habe eine fliegende Taube von Holz verfertigt, welche durch mechaniſche Kraͤfte und einen eingeſchloſſenen Hauch (aura ſpiritus incluſa) belebt worden ſey. Man hat dies fuͤr eingeſchloſſene Luft erklaͤren, und ſchon die ganze Methode der Neuern darinn finden wollen, ohne zu bedenken, wie groß dieſe hoͤlzerne Taube ausfallen mußte, wenn ſie von einer eingeſchloſſenen leichten Luftgattung gehoben werden ſollte. Mehrere dergleichen Erzaͤhlungen und Vorſchlaͤge zu Flugmaſchinen aus aͤltern und neuern Zeiten hat Herr von Murr (Auszug aus des Faujas de St. Fond Beſchreibung der aeroſtat. Verſ. Nuͤrnb. 1784. 8.) ſehr vollſtaͤndig geſammelt. Unter den von ihm angefuͤhrten Vorſchlaͤgen ſind die des Franz Lana oder de Lanis (Prodromo dell' arte maeſtra. Breſcia 1670. fol.) und des P. Galien (L' art de naviger dans les airs. Avignon 1755. 12.) die merkwuͤrdigſten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/68
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/68>, abgerufen am 27.04.2024.