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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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schwächt das Licht in der Ferne, und wird in großen Massen dadurch einigermaßen sichtbar. Körper, die nur einen Theil des auf sie fallenden Lichts durchlassen, heißen halbdurchsichtig (semi-pellucida, demi-transparents).

Durchsichtigkeit, Pelluciditas, Transparence, Diaphaneite.

Die Eigenschaft der Körper, dem Lichte einen Durchgang zu verstatten.

Die Phänomene der Durchsichtigkeit haben vieles, was auf den ersten Blick unerwartet scheint. So dichte und harte Körper, wie der Diamant und Krystall, verstatten dem Lichte einen freyen Durchgang; da hingegen lockere poröse Körper, wie Holz und Kork, dasselbe aufhalten. Dies zeigt schon deutlich, daß die Durchsichtigkeit nicht von der Menge der Zwischenräume abhänge. Wasser und Oel sind beyde für sich durchsichtig; aber vermischt und wohl durch einander geschlagen, geben sie ein undurchsichtiges Gemisch. Auch der Schaum ist undurchsichtig, und doch nichts als eine Mischung von Wasser und Luft, welche beyde an sich durchsichtig sind. Das Papier ist undurchsichtig, so lange seine Poren mit Luft angefüllt sind, es läst aber das Licht durch, und verstattet eine Schrift dadurch zu lesen, wenn man es mit Wasser oder Oel tränket.

Es würde daher eine sehr ungegründete Vorstellung seyn, wenn man die Ursache der Durchsichtigkeit in der größern Menge der leeren Zwischenräume suchen wollte, da dichtere Körper, die weniger Zwischenräume haben, oft durchsichtiger sind, als lockere, und Körper, wie z. B. das Papier, durchsichtiger werden, wenn man ihre Zwischenräume mit dichtern Materien anfüllt. Und im Grunde hat ein jeder Körper so viel Zwischenräume, daß etwas so feines, als das Licht ist, gewiß einen Durchgang durch dieselben müste finden können.

Descartes

(Dioptr. C. I. §. 7.) hat die Ursache der Durchsichtigkeit in der geradlinigten Anordnung und Lage der mit der Lichtmaterie erfüllten Zwischenräume zu finden geglaubt. Aber wie kan man sich einen Körper


ſchwaͤcht das Licht in der Ferne, und wird in großen Maſſen dadurch einigermaßen ſichtbar. Koͤrper, die nur einen Theil des auf ſie fallenden Lichts durchlaſſen, heißen halbdurchſichtig (ſemi-pellucida, demi-transparents).

Durchſichtigkeit, Pelluciditas, Transparence, Diaphaneite.

Die Eigenſchaft der Koͤrper, dem Lichte einen Durchgang zu verſtatten.

Die Phaͤnomene der Durchſichtigkeit haben vieles, was auf den erſten Blick unerwartet ſcheint. So dichte und harte Koͤrper, wie der Diamant und Kryſtall, verſtatten dem Lichte einen freyen Durchgang; da hingegen lockere poroͤſe Koͤrper, wie Holz und Kork, daſſelbe aufhalten. Dies zeigt ſchon deutlich, daß die Durchſichtigkeit nicht von der Menge der Zwiſchenraͤume abhaͤnge. Waſſer und Oel ſind beyde fuͤr ſich durchſichtig; aber vermiſcht und wohl durch einander geſchlagen, geben ſie ein undurchſichtiges Gemiſch. Auch der Schaum iſt undurchſichtig, und doch nichts als eine Miſchung von Waſſer und Luft, welche beyde an ſich durchſichtig ſind. Das Papier iſt undurchſichtig, ſo lange ſeine Poren mit Luft angefuͤllt ſind, es laͤſt aber das Licht durch, und verſtattet eine Schrift dadurch zu leſen, wenn man es mit Waſſer oder Oel traͤnket.

Es wuͤrde daher eine ſehr ungegruͤndete Vorſtellung ſeyn, wenn man die Urſache der Durchſichtigkeit in der groͤßern Menge der leeren Zwiſchenraͤume ſuchen wollte, da dichtere Koͤrper, die weniger Zwiſchenraͤume haben, oft durchſichtiger ſind, als lockere, und Koͤrper, wie z. B. das Papier, durchſichtiger werden, wenn man ihre Zwiſchenraͤume mit dichtern Materien anfuͤllt. Und im Grunde hat ein jeder Koͤrper ſo viel Zwiſchenraͤume, daß etwas ſo feines, als das Licht iſt, gewiß einen Durchgang durch dieſelben muͤſte finden koͤnnen.

Descartes

(Dioptr. C. I. §. 7.) hat die Urſache der Durchſichtigkeit in der geradlinigten Anordnung und Lage der mit der Lichtmaterie erfuͤllten Zwiſchenraͤume zu finden geglaubt. Aber wie kan man ſich einen Koͤrper

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[640/0654] ſchwaͤcht das Licht in der Ferne, und wird in großen Maſſen dadurch einigermaßen ſichtbar. Koͤrper, die nur einen Theil des auf ſie fallenden Lichts durchlaſſen, heißen halbdurchſichtig (ſemi-pellucida, demi-transparents). Durchſichtigkeit, Pelluciditas, Transparence, Diaphaneite. Die Eigenſchaft der Koͤrper, dem Lichte einen Durchgang zu verſtatten. Die Phaͤnomene der Durchſichtigkeit haben vieles, was auf den erſten Blick unerwartet ſcheint. So dichte und harte Koͤrper, wie der Diamant und Kryſtall, verſtatten dem Lichte einen freyen Durchgang; da hingegen lockere poroͤſe Koͤrper, wie Holz und Kork, daſſelbe aufhalten. Dies zeigt ſchon deutlich, daß die Durchſichtigkeit nicht von der Menge der Zwiſchenraͤume abhaͤnge. Waſſer und Oel ſind beyde fuͤr ſich durchſichtig; aber vermiſcht und wohl durch einander geſchlagen, geben ſie ein undurchſichtiges Gemiſch. Auch der Schaum iſt undurchſichtig, und doch nichts als eine Miſchung von Waſſer und Luft, welche beyde an ſich durchſichtig ſind. Das Papier iſt undurchſichtig, ſo lange ſeine Poren mit Luft angefuͤllt ſind, es laͤſt aber das Licht durch, und verſtattet eine Schrift dadurch zu leſen, wenn man es mit Waſſer oder Oel traͤnket. Es wuͤrde daher eine ſehr ungegruͤndete Vorſtellung ſeyn, wenn man die Urſache der Durchſichtigkeit in der groͤßern Menge der leeren Zwiſchenraͤume ſuchen wollte, da dichtere Koͤrper, die weniger Zwiſchenraͤume haben, oft durchſichtiger ſind, als lockere, und Koͤrper, wie z. B. das Papier, durchſichtiger werden, wenn man ihre Zwiſchenraͤume mit dichtern Materien anfuͤllt. Und im Grunde hat ein jeder Koͤrper ſo viel Zwiſchenraͤume, daß etwas ſo feines, als das Licht iſt, gewiß einen Durchgang durch dieſelben muͤſte finden koͤnnen. Descartes (Dioptr. C. I. §. 7.) hat die Urſache der Durchſichtigkeit in der geradlinigten Anordnung und Lage der mit der Lichtmaterie erfuͤllten Zwiſchenraͤume zu finden geglaubt. Aber wie kan man ſich einen Koͤrper

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/654>, abgerufen am 19.05.2024.