Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
2. Es ist in den Körpern jederzeit Feuer genug vorhanden, um Ausdünstung, selbst im strengsten Winter, hervorzubringen. Der geringste Grad der Wärme, oder des im Wasser enthaltenen Feuers, kan Wassertheilchen abreißen, und mit sich fortführen. Run kennen wir aber die absoluten Größen der Wärme gar nicht. Obgleich der Unterschied zwischen den Temperaturen des Sommers und Winters unsern Sinnen sehr fühlbar ist, so ist er doch vielleicht nur sehr gering in Vergleichung mit dem Abstande derselben von der absoluten Kälte, oder von der gänzlichen Abwesenheit der Wärme. Hieraus läst sich erklären, warum der Unterschied der Ausdünstung im Sommer und Winter nicht so beträchtlich ist, wenn gleich die Ausdünstung vom Feuer oder der Wärwe herrührt. Vielleicht sind gewisse Ausdünstungen im Winter sogar stärker, als im Sommer, z. B. bey solchen Wassern, die die Temperatur der äußern Luft nicht annehmen, also auch im Winter warm bleiben, aus denen die Dünste in der kalten und schweren Luft leichter aufsteigen, als in der wärmern und leichtern. 3. Die Dünste selbst zeigen es, daß das Feuer ihr Vehiculum sey. Sie schlagen sich aus der Luft an den Oberflächen kalter Körper nieder, d. h. sie verdichten sich wieder, wenn das Feuer, das sie ausdehnte, in die kalten Körper übergeht. Man kühlt durch die Ausdünstung Körper ab. Die Matrosen kühlen ihr Getränk in Flaschen, die sie an das Tauwerk der Schiffe hängen und stark befeuchten. Wenn nun Ausdünstung Kälte erzeugt, so muß
2. Es iſt in den Koͤrpern jederzeit Feuer genug vorhanden, um Ausduͤnſtung, ſelbſt im ſtrengſten Winter, hervorzubringen. Der geringſte Grad der Waͤrme, oder des im Waſſer enthaltenen Feuers, kan Waſſertheilchen abreißen, und mit ſich fortfuͤhren. Run kennen wir aber die abſoluten Groͤßen der Waͤrme gar nicht. Obgleich der Unterſchied zwiſchen den Temperaturen des Sommers und Winters unſern Sinnen ſehr fuͤhlbar iſt, ſo iſt er doch vielleicht nur ſehr gering in Vergleichung mit dem Abſtande derſelben von der abſoluten Kaͤlte, oder von der gaͤnzlichen Abweſenheit der Waͤrme. Hieraus laͤſt ſich erklaͤren, warum der Unterſchied der Ausduͤnſtung im Sommer und Winter nicht ſo betraͤchtlich iſt, wenn gleich die Ausduͤnſtung vom Feuer oder der Waͤrwe herruͤhrt. Vielleicht ſind gewiſſe Ausduͤnſtungen im Winter ſogar ſtaͤrker, als im Sommer, z. B. bey ſolchen Waſſern, die die Temperatur der aͤußern Luft nicht annehmen, alſo auch im Winter warm bleiben, aus denen die Duͤnſte in der kalten und ſchweren Luft leichter aufſteigen, als in der waͤrmern und leichtern. 3. Die Duͤnſte ſelbſt zeigen es, daß das Feuer ihr Vehiculum ſey. Sie ſchlagen ſich aus der Luft an den Oberflaͤchen kalter Koͤrper nieder, d. h. ſie verdichten ſich wieder, wenn das Feuer, das ſie ausdehnte, in die kalten Koͤrper uͤbergeht. Man kuͤhlt durch die Ausduͤnſtung Koͤrper ab. Die Matroſen kuͤhlen ihr Getraͤnk in Flaſchen, die ſie an das Tauwerk der Schiffe haͤngen und ſtark befeuchten. Wenn nun Ausduͤnſtung Kaͤlte erzeugt, ſo muß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0636" xml:id="P.1.622" n="622"/><lb/> iſt auch darum der Suͤdwind waͤrmer, als der Nordwind, weil die Luft aus Suͤden mehr Duͤnſte mit ſich fuͤhrt, und daher einer ſtaͤrkern Erwaͤrmung faͤhig iſt. Eben ſo verbindet ſich die dem Feuer ſo aͤhnliche elektriſche Materie ſehr leicht mit dem Waſſer, da ſie hingegen von der Luft zuſammengehalten, und ſich zu zerſtreuen verhindert wird. Hieraus folgt denn, daß die in der Luft ſchwebenden Duͤnſte ihr Feuer eine Zeitlang behalten muͤſſen, ob ſie gleich daſſelbe zuletzt auch verlieren, d. i. erkalten muͤſſen.</p> <p>2. <hi rendition="#b">Es iſt in den Koͤrpern jederzeit Feuer genug vorhanden, um Ausduͤnſtung,</hi> ſelbſt im ſtrengſten Winter, <hi rendition="#b">hervorzubringen.</hi> Der geringſte Grad der Waͤrme, oder des im Waſſer enthaltenen Feuers, kan Waſſertheilchen abreißen, und mit ſich fortfuͤhren. Run kennen wir aber die <hi rendition="#b">abſoluten</hi> Groͤßen der Waͤrme gar nicht. Obgleich der Unterſchied zwiſchen den Temperaturen des Sommers und Winters unſern Sinnen ſehr fuͤhlbar iſt, ſo iſt er doch vielleicht nur ſehr gering in Vergleichung mit dem Abſtande derſelben von der abſoluten Kaͤlte, oder von der gaͤnzlichen Abweſenheit der Waͤrme. Hieraus laͤſt ſich erklaͤren, warum der Unterſchied der Ausduͤnſtung im Sommer und Winter nicht ſo betraͤchtlich iſt, wenn gleich die Ausduͤnſtung vom Feuer oder der Waͤrwe herruͤhrt. Vielleicht ſind gewiſſe Ausduͤnſtungen im Winter ſogar ſtaͤrker, als im Sommer, z. B. bey ſolchen Waſſern, die die Temperatur der aͤußern Luft nicht annehmen, alſo auch im Winter warm bleiben, aus denen die Duͤnſte in der kalten und ſchweren Luft leichter aufſteigen, als in der waͤrmern und leichtern.</p> <p>3. <hi rendition="#b">Die Duͤnſte ſelbſt zeigen es, daß das Feuer ihr Vehiculum ſey.</hi> Sie ſchlagen ſich aus der Luft an den Oberflaͤchen kalter Koͤrper nieder, d. h. ſie verdichten ſich wieder, wenn das Feuer, das ſie ausdehnte, in die kalten Koͤrper uͤbergeht. Man kuͤhlt durch die Ausduͤnſtung Koͤrper ab. Die Matroſen kuͤhlen ihr Getraͤnk in Flaſchen, die ſie an das Tauwerk der Schiffe haͤngen und ſtark befeuchten. Wenn nun Ausduͤnſtung Kaͤlte erzeugt, ſo muß<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [622/0636]
iſt auch darum der Suͤdwind waͤrmer, als der Nordwind, weil die Luft aus Suͤden mehr Duͤnſte mit ſich fuͤhrt, und daher einer ſtaͤrkern Erwaͤrmung faͤhig iſt. Eben ſo verbindet ſich die dem Feuer ſo aͤhnliche elektriſche Materie ſehr leicht mit dem Waſſer, da ſie hingegen von der Luft zuſammengehalten, und ſich zu zerſtreuen verhindert wird. Hieraus folgt denn, daß die in der Luft ſchwebenden Duͤnſte ihr Feuer eine Zeitlang behalten muͤſſen, ob ſie gleich daſſelbe zuletzt auch verlieren, d. i. erkalten muͤſſen.
2. Es iſt in den Koͤrpern jederzeit Feuer genug vorhanden, um Ausduͤnſtung, ſelbſt im ſtrengſten Winter, hervorzubringen. Der geringſte Grad der Waͤrme, oder des im Waſſer enthaltenen Feuers, kan Waſſertheilchen abreißen, und mit ſich fortfuͤhren. Run kennen wir aber die abſoluten Groͤßen der Waͤrme gar nicht. Obgleich der Unterſchied zwiſchen den Temperaturen des Sommers und Winters unſern Sinnen ſehr fuͤhlbar iſt, ſo iſt er doch vielleicht nur ſehr gering in Vergleichung mit dem Abſtande derſelben von der abſoluten Kaͤlte, oder von der gaͤnzlichen Abweſenheit der Waͤrme. Hieraus laͤſt ſich erklaͤren, warum der Unterſchied der Ausduͤnſtung im Sommer und Winter nicht ſo betraͤchtlich iſt, wenn gleich die Ausduͤnſtung vom Feuer oder der Waͤrwe herruͤhrt. Vielleicht ſind gewiſſe Ausduͤnſtungen im Winter ſogar ſtaͤrker, als im Sommer, z. B. bey ſolchen Waſſern, die die Temperatur der aͤußern Luft nicht annehmen, alſo auch im Winter warm bleiben, aus denen die Duͤnſte in der kalten und ſchweren Luft leichter aufſteigen, als in der waͤrmern und leichtern.
3. Die Duͤnſte ſelbſt zeigen es, daß das Feuer ihr Vehiculum ſey. Sie ſchlagen ſich aus der Luft an den Oberflaͤchen kalter Koͤrper nieder, d. h. ſie verdichten ſich wieder, wenn das Feuer, das ſie ausdehnte, in die kalten Koͤrper uͤbergeht. Man kuͤhlt durch die Ausduͤnſtung Koͤrper ab. Die Matroſen kuͤhlen ihr Getraͤnk in Flaſchen, die ſie an das Tauwerk der Schiffe haͤngen und ſtark befeuchten. Wenn nun Ausduͤnſtung Kaͤlte erzeugt, ſo muß
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