Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


des Gehäuses wird die Rose nicht mit gedreht, weil die Polarität der Nadel sie unbewegt erhält, auch hält sie sich durch diese Aufhängung in einem schwebenden Ringe bey allem Schwanken des Schifs stets in einer horizontalen Lage. Von außen wird der Fuß an den Boden befestiget, und das Gehäus oben mit einem Glasdeckel versehen.

Wenn dieser Compaß zu Beobachtungen des Azimuths der Sonne dienen soll, so werden an zwoen entgegengesetzten Stellen des obern Randes der Büchse Dioptern angebracht, von deren Mitte auf der innern Fläche der Büchse Perpendikularlinien herabgezogen sind. Wollte man die Sonne blos im Horizonte beobachten, so würde es genug seyn, diese Dioptern gleich hoch zu machen. Da aber genaue Beobachtungen im Horizonte wegen der Dünste selten möglich sind, und also das Azimuth in einiger Höhe genommen werden muß, so wird die eine Diopter viel höher, als die andere, gemacht. Man spannt von der hohen zur niedrigern einen Faden aus, der die Hypotenuse eines über dem Durchmesser der Rose vertical stehenden rechtwinklichten Dreyecks bildet. Die Boussole wird gedreht, bis der Schatten dieses Fadens auf die Mitte der hohen Diopter fällt; alsdann zeigt der Grad der Windrose, auf welchen die von der Diopter herabgehende Perpendikularlinie trift, den Abstand des Verticalkreises der Sonne von dem magnetischen Mittagskreise, oder das magnetische Azimuth an. Ist der Sonnenschein nicht hell genug, um einen gehörig begrenzten Schatten zu geben, oder sucht man das Azimuth eines Sterns, so muß man sich des Visirens durch die Dioptern bedienen. Ein so eingerichtetes Instrument heißt ein Azimuthalcompaß.

Um sich nun zu erklären, wie die Richtung des Schifs vermittelst des Compasses erkannt und gelenkt werden könne, sey (Taf. V. Fig. 82.) A das Vordertheil und RS das Hintertheil eines Schifs, AB der Kiel desselben. Es wird der den Seecompaß einschließende Kasten abde in einem besondern gegen das Hintertheil des Schifs befindlichen Behältnisse, der Steuermannshütte (habitacle), so gesetzt, daß der Mittelpunkt c genau über den Kiel AB, und


des Gehaͤuſes wird die Roſe nicht mit gedreht, weil die Polaritaͤt der Nadel ſie unbewegt erhaͤlt, auch haͤlt ſie ſich durch dieſe Aufhaͤngung in einem ſchwebenden Ringe bey allem Schwanken des Schifs ſtets in einer horizontalen Lage. Von außen wird der Fuß an den Boden befeſtiget, und das Gehaͤus oben mit einem Glasdeckel verſehen.

Wenn dieſer Compaß zu Beobachtungen des Azimuths der Sonne dienen ſoll, ſo werden an zwoen entgegengeſetzten Stellen des obern Randes der Buͤchſe Dioptern angebracht, von deren Mitte auf der innern Flaͤche der Buͤchſe Perpendikularlinien herabgezogen ſind. Wollte man die Sonne blos im Horizonte beobachten, ſo wuͤrde es genug ſeyn, dieſe Dioptern gleich hoch zu machen. Da aber genaue Beobachtungen im Horizonte wegen der Duͤnſte ſelten moͤglich ſind, und alſo das Azimuth in einiger Hoͤhe genommen werden muß, ſo wird die eine Diopter viel hoͤher, als die andere, gemacht. Man ſpannt von der hohen zur niedrigern einen Faden aus, der die Hypotenuſe eines uͤber dem Durchmeſſer der Roſe vertical ſtehenden rechtwinklichten Dreyecks bildet. Die Bouſſole wird gedreht, bis der Schatten dieſes Fadens auf die Mitte der hohen Diopter faͤllt; alsdann zeigt der Grad der Windroſe, auf welchen die von der Diopter herabgehende Perpendikularlinie trift, den Abſtand des Verticalkreiſes der Sonne von dem magnetiſchen Mittagskreiſe, oder das magnetiſche Azimuth an. Iſt der Sonnenſchein nicht hell genug, um einen gehoͤrig begrenzten Schatten zu geben, oder ſucht man das Azimuth eines Sterns, ſo muß man ſich des Viſirens durch die Dioptern bedienen. Ein ſo eingerichtetes Inſtrument heißt ein Azimuthalcompaß.

Um ſich nun zu erklaͤren, wie die Richtung des Schifs vermittelſt des Compaſſes erkannt und gelenkt werden koͤnne, ſey (Taf. V. Fig. 82.) A das Vordertheil und RS das Hintertheil eines Schifs, AB der Kiel deſſelben. Es wird der den Seecompaß einſchließende Kaſten abde in einem beſondern gegen das Hintertheil des Schifs befindlichen Behaͤltniſſe, der Steuermannshuͤtte (habitacle), ſo geſetzt, daß der Mittelpunkt c genau uͤber den Kiel AB, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0539" xml:id="P.1.525" n="525"/><lb/>
des Geha&#x0364;u&#x017F;es wird die Ro&#x017F;e nicht mit gedreht, weil die Polarita&#x0364;t der Nadel &#x017F;ie unbewegt erha&#x0364;lt, auch ha&#x0364;lt &#x017F;ie &#x017F;ich durch die&#x017F;e Aufha&#x0364;ngung in einem &#x017F;chwebenden Ringe bey allem Schwanken des Schifs &#x017F;tets in einer horizontalen Lage. Von außen wird der Fuß an den Boden befe&#x017F;tiget, und das Geha&#x0364;us oben mit einem Glasdeckel ver&#x017F;ehen.</p>
          <p>Wenn die&#x017F;er Compaß zu Beobachtungen des Azimuths der Sonne dienen &#x017F;oll, &#x017F;o werden an zwoen entgegenge&#x017F;etzten Stellen des obern Randes der Bu&#x0364;ch&#x017F;e Dioptern angebracht, von deren Mitte auf der innern Fla&#x0364;che der Bu&#x0364;ch&#x017F;e Perpendikularlinien herabgezogen &#x017F;ind. Wollte man die Sonne blos im Horizonte beobachten, &#x017F;o wu&#x0364;rde es genug &#x017F;eyn, die&#x017F;e Dioptern gleich hoch zu machen. Da aber genaue Beobachtungen im Horizonte wegen der Du&#x0364;n&#x017F;te &#x017F;elten mo&#x0364;glich &#x017F;ind, und al&#x017F;o das Azimuth in einiger Ho&#x0364;he genommen werden muß, &#x017F;o wird die eine Diopter viel ho&#x0364;her, als die andere, gemacht. Man &#x017F;pannt von der hohen zur niedrigern einen Faden aus, der die Hypotenu&#x017F;e eines u&#x0364;ber dem Durchme&#x017F;&#x017F;er der Ro&#x017F;e vertical &#x017F;tehenden rechtwinklichten Dreyecks bildet. Die Bou&#x017F;&#x017F;ole wird gedreht, bis der Schatten die&#x017F;es Fadens auf die Mitte der hohen Diopter fa&#x0364;llt; alsdann zeigt der Grad der Windro&#x017F;e, auf welchen die von der Diopter herabgehende Perpendikularlinie trift, den Ab&#x017F;tand des Verticalkrei&#x017F;es der Sonne von dem magneti&#x017F;chen Mittagskrei&#x017F;e, oder das magneti&#x017F;che Azimuth an. I&#x017F;t der Sonnen&#x017F;chein nicht hell genug, um einen geho&#x0364;rig begrenzten Schatten zu geben, oder &#x017F;ucht man das Azimuth eines Sterns, &#x017F;o muß man &#x017F;ich des Vi&#x017F;irens durch die Dioptern bedienen. Ein &#x017F;o eingerichtetes In&#x017F;trument heißt ein <hi rendition="#b">Azimuthalcompaß.</hi></p>
          <p>Um &#x017F;ich nun zu erkla&#x0364;ren, wie die Richtung des Schifs vermittel&#x017F;t des Compa&#x017F;&#x017F;es erkannt und gelenkt werden ko&#x0364;nne, &#x017F;ey (Taf. <hi rendition="#aq">V.</hi> Fig. 82.) <hi rendition="#aq">A</hi> das Vordertheil und <hi rendition="#aq">RS</hi> das Hintertheil eines Schifs, <hi rendition="#aq">AB</hi> der Kiel de&#x017F;&#x017F;elben. Es wird der den Seecompaß ein&#x017F;chließende Ka&#x017F;ten <hi rendition="#aq">abde</hi> in einem be&#x017F;ondern gegen das Hintertheil des Schifs befindlichen Beha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, der <hi rendition="#b">Steuermannshu&#x0364;tte</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">habitacle</hi>),</hi> &#x017F;o ge&#x017F;etzt, daß der Mittelpunkt <hi rendition="#aq">c</hi> genau u&#x0364;ber den Kiel <hi rendition="#aq">AB,</hi> und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[525/0539] des Gehaͤuſes wird die Roſe nicht mit gedreht, weil die Polaritaͤt der Nadel ſie unbewegt erhaͤlt, auch haͤlt ſie ſich durch dieſe Aufhaͤngung in einem ſchwebenden Ringe bey allem Schwanken des Schifs ſtets in einer horizontalen Lage. Von außen wird der Fuß an den Boden befeſtiget, und das Gehaͤus oben mit einem Glasdeckel verſehen. Wenn dieſer Compaß zu Beobachtungen des Azimuths der Sonne dienen ſoll, ſo werden an zwoen entgegengeſetzten Stellen des obern Randes der Buͤchſe Dioptern angebracht, von deren Mitte auf der innern Flaͤche der Buͤchſe Perpendikularlinien herabgezogen ſind. Wollte man die Sonne blos im Horizonte beobachten, ſo wuͤrde es genug ſeyn, dieſe Dioptern gleich hoch zu machen. Da aber genaue Beobachtungen im Horizonte wegen der Duͤnſte ſelten moͤglich ſind, und alſo das Azimuth in einiger Hoͤhe genommen werden muß, ſo wird die eine Diopter viel hoͤher, als die andere, gemacht. Man ſpannt von der hohen zur niedrigern einen Faden aus, der die Hypotenuſe eines uͤber dem Durchmeſſer der Roſe vertical ſtehenden rechtwinklichten Dreyecks bildet. Die Bouſſole wird gedreht, bis der Schatten dieſes Fadens auf die Mitte der hohen Diopter faͤllt; alsdann zeigt der Grad der Windroſe, auf welchen die von der Diopter herabgehende Perpendikularlinie trift, den Abſtand des Verticalkreiſes der Sonne von dem magnetiſchen Mittagskreiſe, oder das magnetiſche Azimuth an. Iſt der Sonnenſchein nicht hell genug, um einen gehoͤrig begrenzten Schatten zu geben, oder ſucht man das Azimuth eines Sterns, ſo muß man ſich des Viſirens durch die Dioptern bedienen. Ein ſo eingerichtetes Inſtrument heißt ein Azimuthalcompaß. Um ſich nun zu erklaͤren, wie die Richtung des Schifs vermittelſt des Compaſſes erkannt und gelenkt werden koͤnne, ſey (Taf. V. Fig. 82.) A das Vordertheil und RS das Hintertheil eines Schifs, AB der Kiel deſſelben. Es wird der den Seecompaß einſchließende Kaſten abde in einem beſondern gegen das Hintertheil des Schifs befindlichen Behaͤltniſſe, der Steuermannshuͤtte (habitacle), ſo geſetzt, daß der Mittelpunkt c genau uͤber den Kiel AB, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/539
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/539>, abgerufen am 04.06.2024.