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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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ab. Daß in den ältesten Zeiten ein Theil von Egypten Chemia geheißen hat, haben diejenigen wohl zu nützen gewußt, welche den Ursprung dieser Wissenschaft gern in Egypten finden möchten. Der Name kömmt zum erstenmale beym Zosimus vor (s. Wallerii chemia physica, Holm. 1760. 8. P. I. C. 2. §. 8.).

Die Geschichte der Chymie ist, was die ältesten Zeiten betrift, dunkler und ungewisser, als die Geschichte irgend einer andern Wissenschaft. Es ist gewiß, daß man sich schon sehr frühzeitig im Besitze verschiedener Künste befunden habe, welche einige chymische Kenntnisse vorauszusetzen scheinen. Bedürfniß und Nothwendigkeit mit Hülfe des Zufalls veranlaßten Erfindungen, aus welchen vollkomneres vernünftiges Nachdenken vielleicht erst lange nachher die ersten Sätze der Wissenschaft entwickelt hat. Man sucht den Ursprung der wissenschaftlichen Chymie insgemein bey den ältern Egyptiern, von deren bey den Griechen bekanntem Hermes oder Merkurius Trismegistus die Chymie den Namen der hermetischen Philosophie führet. Wahrscheinlich hat sich diese Kenntniß blos auf einige den Künsten nützliche Erscheinungen und Sätze eingeschränkt, so sehr sie auch von den Alchymisten des mittlern Zeitalters gerühmt worden ist, welche ihrer betrüglichen Kunst durch ein vorgebliches Alterthum Ansehen zu verschaffen suchten. Diese haben es freylich nicht unbemerkt gelassen, daß der in der Weisheit der Egyptier unterrichtete Moses, um das güldene Kalb zu zerstören und trinkbar zu machen, chymische Kenntnisse gehabt haben müsse, und daß Demokrit, dem die Alten so viel verborgne und wundervolle Wissenschaften zuschreiben, ein Schüler der egyptischen Priester gewesen sey.

Es hat aber diese Wissenschaft sehr frühzeitig das Unglück gehabt, mit der Goldmacherey und andern mit Vorsatz unter den Schleyer des Geheimnisses versteckten falschen Künsten vermischt und verwechselt zu werden. Diese thörichten Bestrebungen haben zwar manche gute Entdeckung veranlasset, aber doch den Fortgang der ächten Wissenschaft ungemein verhindert, und alles, was sich aus


ab. Daß in den aͤlteſten Zeiten ein Theil von Egypten Chemia geheißen hat, haben diejenigen wohl zu nuͤtzen gewußt, welche den Urſprung dieſer Wiſſenſchaft gern in Egypten finden moͤchten. Der Name koͤmmt zum erſtenmale beym Zoſimus vor (ſ. Wallerii chemia phyſica, Holm. 1760. 8. P. I. C. 2. §. 8.).

Die Geſchichte der Chymie iſt, was die aͤlteſten Zeiten betrift, dunkler und ungewiſſer, als die Geſchichte irgend einer andern Wiſſenſchaft. Es iſt gewiß, daß man ſich ſchon ſehr fruͤhzeitig im Beſitze verſchiedener Kuͤnſte befunden habe, welche einige chymiſche Kenntniſſe vorauszuſetzen ſcheinen. Beduͤrfniß und Nothwendigkeit mit Huͤlfe des Zufalls veranlaßten Erfindungen, aus welchen vollkomneres vernuͤnftiges Nachdenken vielleicht erſt lange nachher die erſten Saͤtze der Wiſſenſchaft entwickelt hat. Man ſucht den Urſprung der wiſſenſchaftlichen Chymie insgemein bey den aͤltern Egyptiern, von deren bey den Griechen bekanntem Hermes oder Merkurius Trismegiſtus die Chymie den Namen der hermetiſchen Philoſophie fuͤhret. Wahrſcheinlich hat ſich dieſe Kenntniß blos auf einige den Kuͤnſten nuͤtzliche Erſcheinungen und Saͤtze eingeſchraͤnkt, ſo ſehr ſie auch von den Alchymiſten des mittlern Zeitalters geruͤhmt worden iſt, welche ihrer betruͤglichen Kunſt durch ein vorgebliches Alterthum Anſehen zu verſchaffen ſuchten. Dieſe haben es freylich nicht unbemerkt gelaſſen, daß der in der Weisheit der Egyptier unterrichtete Moſes, um das guͤldene Kalb zu zerſtoͤren und trinkbar zu machen, chymiſche Kenntniſſe gehabt haben muͤſſe, und daß Demokrit, dem die Alten ſo viel verborgne und wundervolle Wiſſenſchaften zuſchreiben, ein Schuͤler der egyptiſchen Prieſter geweſen ſey.

Es hat aber dieſe Wiſſenſchaft ſehr fruͤhzeitig das Ungluͤck gehabt, mit der Goldmacherey und andern mit Vorſatz unter den Schleyer des Geheimniſſes verſteckten falſchen Kuͤnſten vermiſcht und verwechſelt zu werden. Dieſe thoͤrichten Beſtrebungen haben zwar manche gute Entdeckung veranlaſſet, aber doch den Fortgang der aͤchten Wiſſenſchaft ungemein verhindert, und alles, was ſich aus

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[509/0523] ab. Daß in den aͤlteſten Zeiten ein Theil von Egypten Chemia geheißen hat, haben diejenigen wohl zu nuͤtzen gewußt, welche den Urſprung dieſer Wiſſenſchaft gern in Egypten finden moͤchten. Der Name koͤmmt zum erſtenmale beym Zoſimus vor (ſ. Wallerii chemia phyſica, Holm. 1760. 8. P. I. C. 2. §. 8.). Die Geſchichte der Chymie iſt, was die aͤlteſten Zeiten betrift, dunkler und ungewiſſer, als die Geſchichte irgend einer andern Wiſſenſchaft. Es iſt gewiß, daß man ſich ſchon ſehr fruͤhzeitig im Beſitze verſchiedener Kuͤnſte befunden habe, welche einige chymiſche Kenntniſſe vorauszuſetzen ſcheinen. Beduͤrfniß und Nothwendigkeit mit Huͤlfe des Zufalls veranlaßten Erfindungen, aus welchen vollkomneres vernuͤnftiges Nachdenken vielleicht erſt lange nachher die erſten Saͤtze der Wiſſenſchaft entwickelt hat. Man ſucht den Urſprung der wiſſenſchaftlichen Chymie insgemein bey den aͤltern Egyptiern, von deren bey den Griechen bekanntem Hermes oder Merkurius Trismegiſtus die Chymie den Namen der hermetiſchen Philoſophie fuͤhret. Wahrſcheinlich hat ſich dieſe Kenntniß blos auf einige den Kuͤnſten nuͤtzliche Erſcheinungen und Saͤtze eingeſchraͤnkt, ſo ſehr ſie auch von den Alchymiſten des mittlern Zeitalters geruͤhmt worden iſt, welche ihrer betruͤglichen Kunſt durch ein vorgebliches Alterthum Anſehen zu verſchaffen ſuchten. Dieſe haben es freylich nicht unbemerkt gelaſſen, daß der in der Weisheit der Egyptier unterrichtete Moſes, um das guͤldene Kalb zu zerſtoͤren und trinkbar zu machen, chymiſche Kenntniſſe gehabt haben muͤſſe, und daß Demokrit, dem die Alten ſo viel verborgne und wundervolle Wiſſenſchaften zuſchreiben, ein Schuͤler der egyptiſchen Prieſter geweſen ſey. Es hat aber dieſe Wiſſenſchaft ſehr fruͤhzeitig das Ungluͤck gehabt, mit der Goldmacherey und andern mit Vorſatz unter den Schleyer des Geheimniſſes verſteckten falſchen Kuͤnſten vermiſcht und verwechſelt zu werden. Dieſe thoͤrichten Beſtrebungen haben zwar manche gute Entdeckung veranlaſſet, aber doch den Fortgang der aͤchten Wiſſenſchaft ungemein verhindert, und alles, was ſich aus

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/523>, abgerufen am 22.11.2024.