Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.Chrystallisation, s. Krystallisation. Chymie, Chemie, Chymia, Chemia, Chymie. Diesen Namen führt die Lehre von der Auflösung der Körper in ihre Bestandtheile, und ihrer Zusammensetzung aus denselben, oder, wie es andere ausdrücken, von der Bearbeitung der Stoffe. Es ist hiebey nicht von Theilung oder mechanischer Zertrennung die Rede, wobey die Theile mit dem Ganzen selbst von einerley Beschaffenheit sind, sondern von Zerlegung in ungleichartige Grundstoffe, und anderweiter Zusammensetzung derselben zu neuen Producten. Da in der Körperwelt solche Zerlegungen und anderweite Zusammensetzungen im Großen beständig vorgehen, und sehr viele Naturbegebenheiten nicht anders als aus den Eigenschaften und Wirkungen der Grundstoffe auf einander erklärt werden können, auch am Ende alle vorhandene Stoffe und deren Wirkungen zu den Gegenständen der Naturlehre gehören, so sieht man wohl, daß sich keine gründliche Kenntniß der Natur ohne Chymie denken lasse, daß vielmehr die ganze Chymie einen Theil der Physik selbst ausmache. Sie ist jedoch fast immer von der Physik getrennt, und als eine eigne Wissenschaft behandlet worden; welche Absonderung sich auch durch die Weitläufigkeit des Gegenstands vollkommen rechtfertigen läst. Es ist hiebey schwer, die Grenzen zu bestimmen, welche man bey einer guten und zweckmäßigen Classifikation der Naturwissenschaften zwischen Physik und Chymie zu ziehen hat. Naturgeschichte, angewandte Mathematik und Chymie machen die Grundtheile der Physik aus, und wer sie alle ganz von derselben trennen wollte, würde für das, was er dann noch Physik nennen könnte, nichts, oder höchstens einige unvollkommene oder übel verbundene Bruchstücke übrig behalten. Wollte man auch vorschreiben, mit dem Studium jener drey großen Abschnitte den Anfang zu machen, und sie dann in ihrem Zusammenhange unter einander und in ihrer Verbindung zur Erklärung der Naturbegebenheiten unter dem Namen der Physik anzuwenden, so steht Chryſtalliſation, ſ. Kryſtalliſation. Chymie, Chemie, Chymia, Chemia, Chymie. Dieſen Namen fuͤhrt die Lehre von der Aufloͤſung der Koͤrper in ihre Beſtandtheile, und ihrer Zuſammenſetzung aus denſelben, oder, wie es andere ausdruͤcken, von der Bearbeitung der Stoffe. Es iſt hiebey nicht von Theilung oder mechaniſcher Zertrennung die Rede, wobey die Theile mit dem Ganzen ſelbſt von einerley Beſchaffenheit ſind, ſondern von Zerlegung in ungleichartige Grundſtoffe, und anderweiter Zuſammenſetzung derſelben zu neuen Producten. Da in der Koͤrperwelt ſolche Zerlegungen und anderweite Zuſammenſetzungen im Großen beſtaͤndig vorgehen, und ſehr viele Naturbegebenheiten nicht anders als aus den Eigenſchaften und Wirkungen der Grundſtoffe auf einander erklaͤrt werden koͤnnen, auch am Ende alle vorhandene Stoffe und deren Wirkungen zu den Gegenſtaͤnden der Naturlehre gehoͤren, ſo ſieht man wohl, daß ſich keine gruͤndliche Kenntniß der Natur ohne Chymie denken laſſe, daß vielmehr die ganze Chymie einen Theil der Phyſik ſelbſt ausmache. Sie iſt jedoch faſt immer von der Phyſik getrennt, und als eine eigne Wiſſenſchaft behandlet worden; welche Abſonderung ſich auch durch die Weitlaͤufigkeit des Gegenſtands vollkommen rechtfertigen laͤſt. Es iſt hiebey ſchwer, die Grenzen zu beſtimmen, welche man bey einer guten und zweckmaͤßigen Claſſifikation der Naturwiſſenſchaften zwiſchen Phyſik und Chymie zu ziehen hat. Naturgeſchichte, angewandte Mathematik und Chymie machen die Grundtheile der Phyſik aus, und wer ſie alle ganz von derſelben trennen wollte, wuͤrde fuͤr das, was er dann noch Phyſik nennen koͤnnte, nichts, oder hoͤchſtens einige unvollkommene oder uͤbel verbundene Bruchſtuͤcke uͤbrig behalten. Wollte man auch vorſchreiben, mit dem Studium jener drey großen Abſchnitte den Anfang zu machen, und ſie dann in ihrem Zuſammenhange unter einander und in ihrer Verbindung zur Erklaͤrung der Naturbegebenheiten unter dem Namen der Phyſik anzuwenden, ſo ſteht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0521" xml:id="P.1.507" n="507"/><lb/> </p> <p> <hi rendition="#b">Chryſtalliſation, ſ. 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Chryſtalliſation, ſ. Kryſtalliſation.
Chymie, Chemie, Chymia, Chemia, Chymie.
Dieſen Namen fuͤhrt die Lehre von der Aufloͤſung der Koͤrper in ihre Beſtandtheile, und ihrer Zuſammenſetzung aus denſelben, oder, wie es andere ausdruͤcken, von der Bearbeitung der Stoffe. Es iſt hiebey nicht von Theilung oder mechaniſcher Zertrennung die Rede, wobey die Theile mit dem Ganzen ſelbſt von einerley Beſchaffenheit ſind, ſondern von Zerlegung in ungleichartige Grundſtoffe, und anderweiter Zuſammenſetzung derſelben zu neuen Producten. Da in der Koͤrperwelt ſolche Zerlegungen und anderweite Zuſammenſetzungen im Großen beſtaͤndig vorgehen, und ſehr viele Naturbegebenheiten nicht anders als aus den Eigenſchaften und Wirkungen der Grundſtoffe auf einander erklaͤrt werden koͤnnen, auch am Ende alle vorhandene Stoffe und deren Wirkungen zu den Gegenſtaͤnden der Naturlehre gehoͤren, ſo ſieht man wohl, daß ſich keine gruͤndliche Kenntniß der Natur ohne Chymie denken laſſe, daß vielmehr die ganze Chymie einen Theil der Phyſik ſelbſt ausmache.
Sie iſt jedoch faſt immer von der Phyſik getrennt, und als eine eigne Wiſſenſchaft behandlet worden; welche Abſonderung ſich auch durch die Weitlaͤufigkeit des Gegenſtands vollkommen rechtfertigen laͤſt. Es iſt hiebey ſchwer, die Grenzen zu beſtimmen, welche man bey einer guten und zweckmaͤßigen Claſſifikation der Naturwiſſenſchaften zwiſchen Phyſik und Chymie zu ziehen hat. Naturgeſchichte, angewandte Mathematik und Chymie machen die Grundtheile der Phyſik aus, und wer ſie alle ganz von derſelben trennen wollte, wuͤrde fuͤr das, was er dann noch Phyſik nennen koͤnnte, nichts, oder hoͤchſtens einige unvollkommene oder uͤbel verbundene Bruchſtuͤcke uͤbrig behalten. Wollte man auch vorſchreiben, mit dem Studium jener drey großen Abſchnitte den Anfang zu machen, und ſie dann in ihrem Zuſammenhange unter einander und in ihrer Verbindung zur Erklaͤrung der Naturbegebenheiten unter dem Namen der Phyſik anzuwenden, ſo ſteht
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