Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


stellt sie in gleiche Entfernung vom Mittel, so fliegt bey der Umdrehung die schwerere gegen das nächste Ende und reißt die leichtere mit sich fort. Stellt man aber die leichtere in eine doppelte, und die schwerere in eine einfache Entfernung vom Mittelpunkte, so bleiben beyde an ihren Stellen.

Füllt man in eine gläserne Röhre flüßige Materien von verschiedener specifischen Schwere, z. B. Quecksilber, Wasser und Luft, und befestiget diese Röhre verschlossen auf den Träger in einer schiefen Lage, wie aD, so wird bey schneller Umdrehung das Quecksilber den höchsten und die Luft den niedrigsten Platz in derselben einnehmen.

Der Erfolg dieser Versuche stimmt vollkommen mit der im Artikel: Centralkräfte, angegebnen Theorie der Schwungkraft oder des Schwunges bey der Kreisbewegung überein. Diese Schwungkraft ist, als bewegende Kraft betrachtet, = (Mc/2ga); sie verhält sich also stets, wie (Mc/a), oder, was eben so viel ist, wie (Ma/t); oder hier, wo die Umlaufszeit t der auf dem Träger befindlichen Körper der Umlaufszeit des Trägers selbst gleich, und also für den einen eben so groß, als für den andern, ist, wie Ma, oder wie das Product der Masse in die Entfernung vom Mittelpunkt. Man wird bey allen angeführten Versuchen finden, daß derjenige Körper den andern überwindet oder nach sich ziehet, bey welchem dieses Product größer, als bey dem andern, ist, und daß diejenigen Körper einander nicht bewegen, bey welchen die Producte der Masse in die Entfernung vom Mittel gleich sind, oder bey welchen die Entfernungen vom Mittel sich umgekehrt, wie die Massen, verhalten.

Bey dem Versuche mit der Glasröhre, welche Flüssigkeiten von verschiedenen specifischen Schweren enthält, bewegen sich zwar die leichtern Materien mit größerer Geschwindigkeit; aber die Schwungkraft der schwereren wird


ſtellt ſie in gleiche Entfernung vom Mittel, ſo fliegt bey der Umdrehung die ſchwerere gegen das naͤchſte Ende und reißt die leichtere mit ſich fort. Stellt man aber die leichtere in eine doppelte, und die ſchwerere in eine einfache Entfernung vom Mittelpunkte, ſo bleiben beyde an ihren Stellen.

Fuͤllt man in eine glaͤſerne Roͤhre fluͤßige Materien von verſchiedener ſpecifiſchen Schwere, z. B. Queckſilber, Waſſer und Luft, und befeſtiget dieſe Roͤhre verſchloſſen auf den Traͤger in einer ſchiefen Lage, wie aD, ſo wird bey ſchneller Umdrehung das Queckſilber den hoͤchſten und die Luft den niedrigſten Platz in derſelben einnehmen.

Der Erfolg dieſer Verſuche ſtimmt vollkommen mit der im Artikel: Centralkraͤfte, angegebnen Theorie der Schwungkraft oder des Schwunges bey der Kreisbewegung uͤberein. Dieſe Schwungkraft iſt, als bewegende Kraft betrachtet, = (Mc/2ga); ſie verhaͤlt ſich alſo ſtets, wie (Mc/a), oder, was eben ſo viel iſt, wie (Ma/t); oder hier, wo die Umlaufszeit t der auf dem Traͤger befindlichen Koͤrper der Umlaufszeit des Traͤgers ſelbſt gleich, und alſo fuͤr den einen eben ſo groß, als fuͤr den andern, iſt, wie Ma, oder wie das Product der Maſſe in die Entfernung vom Mittelpunkt. Man wird bey allen angefuͤhrten Verſuchen finden, daß derjenige Koͤrper den andern uͤberwindet oder nach ſich ziehet, bey welchem dieſes Product groͤßer, als bey dem andern, iſt, und daß diejenigen Koͤrper einander nicht bewegen, bey welchen die Producte der Maſſe in die Entfernung vom Mittel gleich ſind, oder bey welchen die Entfernungen vom Mittel ſich umgekehrt, wie die Maſſen, verhalten.

Bey dem Verſuche mit der Glasroͤhre, welche Fluͤſſigkeiten von verſchiedenen ſpecifiſchen Schweren enthaͤlt, bewegen ſich zwar die leichtern Materien mit groͤßerer Geſchwindigkeit; aber die Schwungkraft der ſchwereren wird

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0518" xml:id="P.1.504" n="504"/><lb/>
&#x017F;tellt &#x017F;ie in gleiche Entfernung vom Mittel, &#x017F;o fliegt bey der Umdrehung die &#x017F;chwerere gegen das na&#x0364;ch&#x017F;te Ende und reißt die leichtere mit &#x017F;ich fort. Stellt man aber die leichtere in eine doppelte, und die &#x017F;chwerere in eine einfache Entfernung vom Mittelpunkte, &#x017F;o bleiben beyde an ihren Stellen.</p>
          <p>Fu&#x0364;llt man in eine gla&#x0364;&#x017F;erne Ro&#x0364;hre flu&#x0364;ßige Materien von ver&#x017F;chiedener &#x017F;pecifi&#x017F;chen Schwere, z. B. Queck&#x017F;ilber, Wa&#x017F;&#x017F;er und Luft, und befe&#x017F;tiget die&#x017F;e Ro&#x0364;hre ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en auf den Tra&#x0364;ger in einer &#x017F;chiefen Lage, wie <hi rendition="#aq">aD,</hi> &#x017F;o wird bey &#x017F;chneller Umdrehung das Queck&#x017F;ilber den ho&#x0364;ch&#x017F;ten und die Luft den niedrig&#x017F;ten Platz in der&#x017F;elben einnehmen.</p>
          <p>Der Erfolg die&#x017F;er Ver&#x017F;uche &#x017F;timmt vollkommen mit der im Artikel: <hi rendition="#b">Centralkra&#x0364;fte,</hi> angegebnen Theorie der Schwungkraft oder des Schwunges bey der Kreisbewegung u&#x0364;berein. Die&#x017F;e Schwungkraft i&#x017F;t, als bewegende Kraft betrachtet, <hi rendition="#aq">= (Mc/2ga);</hi> &#x017F;ie verha&#x0364;lt &#x017F;ich al&#x017F;o &#x017F;tets, wie <hi rendition="#aq">(Mc/a),</hi> oder, was eben &#x017F;o viel i&#x017F;t, wie <hi rendition="#aq">(Ma/t);</hi> oder hier, wo die Umlaufszeit <hi rendition="#aq">t</hi> der auf dem Tra&#x0364;ger befindlichen Ko&#x0364;rper der Umlaufszeit des Tra&#x0364;gers &#x017F;elb&#x017F;t gleich, und al&#x017F;o fu&#x0364;r den einen eben &#x017F;o groß, als fu&#x0364;r den andern, i&#x017F;t, wie <hi rendition="#aq">Ma,</hi> oder wie das Product der Ma&#x017F;&#x017F;e in die Entfernung vom Mittelpunkt. Man wird bey allen angefu&#x0364;hrten Ver&#x017F;uchen finden, daß derjenige Ko&#x0364;rper den andern u&#x0364;berwindet oder nach &#x017F;ich ziehet, bey welchem die&#x017F;es Product gro&#x0364;ßer, als bey dem andern, i&#x017F;t, und daß diejenigen Ko&#x0364;rper einander nicht bewegen, bey welchen die Producte der Ma&#x017F;&#x017F;e in die Entfernung vom Mittel gleich &#x017F;ind, oder bey welchen die Entfernungen vom Mittel &#x017F;ich umgekehrt, wie die Ma&#x017F;&#x017F;en, verhalten.</p>
          <p>Bey dem Ver&#x017F;uche mit der Glasro&#x0364;hre, welche Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeiten von ver&#x017F;chiedenen &#x017F;pecifi&#x017F;chen Schweren entha&#x0364;lt, bewegen &#x017F;ich zwar die leichtern Materien mit gro&#x0364;ßerer Ge&#x017F;chwindigkeit; aber die Schwungkraft der &#x017F;chwereren wird<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[504/0518] ſtellt ſie in gleiche Entfernung vom Mittel, ſo fliegt bey der Umdrehung die ſchwerere gegen das naͤchſte Ende und reißt die leichtere mit ſich fort. Stellt man aber die leichtere in eine doppelte, und die ſchwerere in eine einfache Entfernung vom Mittelpunkte, ſo bleiben beyde an ihren Stellen. Fuͤllt man in eine glaͤſerne Roͤhre fluͤßige Materien von verſchiedener ſpecifiſchen Schwere, z. B. Queckſilber, Waſſer und Luft, und befeſtiget dieſe Roͤhre verſchloſſen auf den Traͤger in einer ſchiefen Lage, wie aD, ſo wird bey ſchneller Umdrehung das Queckſilber den hoͤchſten und die Luft den niedrigſten Platz in derſelben einnehmen. Der Erfolg dieſer Verſuche ſtimmt vollkommen mit der im Artikel: Centralkraͤfte, angegebnen Theorie der Schwungkraft oder des Schwunges bey der Kreisbewegung uͤberein. Dieſe Schwungkraft iſt, als bewegende Kraft betrachtet, = (Mc/2ga); ſie verhaͤlt ſich alſo ſtets, wie (Mc/a), oder, was eben ſo viel iſt, wie (Ma/t); oder hier, wo die Umlaufszeit t der auf dem Traͤger befindlichen Koͤrper der Umlaufszeit des Traͤgers ſelbſt gleich, und alſo fuͤr den einen eben ſo groß, als fuͤr den andern, iſt, wie Ma, oder wie das Product der Maſſe in die Entfernung vom Mittelpunkt. Man wird bey allen angefuͤhrten Verſuchen finden, daß derjenige Koͤrper den andern uͤberwindet oder nach ſich ziehet, bey welchem dieſes Product groͤßer, als bey dem andern, iſt, und daß diejenigen Koͤrper einander nicht bewegen, bey welchen die Producte der Maſſe in die Entfernung vom Mittel gleich ſind, oder bey welchen die Entfernungen vom Mittel ſich umgekehrt, wie die Maſſen, verhalten. Bey dem Verſuche mit der Glasroͤhre, welche Fluͤſſigkeiten von verſchiedenen ſpecifiſchen Schweren enthaͤlt, bewegen ſich zwar die leichtern Materien mit groͤßerer Geſchwindigkeit; aber die Schwungkraft der ſchwereren wird

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/518
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/518>, abgerufen am 22.11.2024.