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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Die Entfernung des Brillenglases vom Auge ändert hierinn nichts; nur übersieht man desto mehr vom Gegenstande, je näher das Glas dem Auge steht.

Conservations- oder Präservationsbrillen werden diejenigen genannt, die eine sehr große Brennweite, z. B. 30--50 Zoll haben. Man macht sie insgemein von grünem Glas, und wenn sie alsdann zur Erhaltung des Gesichts dienlich sind, so geschieht dies durch die grüne Farbe, die den allzustarken Eindruck des Lichts verhindert.

Die Brillen tragen so viel zur Erleichterung der Beschwerden des Alters bey, daß man sie mit Recht zu den nützlichsten und wohlthätigsten Erfindungen der Menschen zählt. Die Griechen und Römer kannten sie nicht; Seneka (Quaest. nat. L. I. cap. 6.) führt zwar an, daß eine mit Wasser angefüllte Glaskugel die Buchstaben vergrößere; er setzt aber die Ursache hinzu: quia acies nostra in humido labitur, necapprehendere, quod vult, sideliter potest--ein Ausdruck, der die damalige Unwissenheit über die Theorie der Brechung und die wenige Bekanntschaft mit der Sache selbst deutlich genug an den Tag legt. Man findet auch nirgends, daß dergleichen Kugeln zu Erleichterung des Sehens gebraucht worden wären.

Erst im zwölften Jahrhundert nach C. G. findet man in der Optik des Arabers Alhazen (L. VII. theor. 118.) eine deutlichere Meldung davon, daß eine Sache an die Ebne des größern Segments einer Glaskugel gehalten, vergrößert erscheine. Roger Bacon, der um das Ende des dreyzehnten Jahrhunderts lebte, redet in seinem Opus majus ziemlich weitläuftig davon, daß der kleinere Abschnitt einer Kugel von Glas (d. i. eine planconvexe Linse) auf Buchstaben gelegt, dieselben deutlicher und größer mache; allein seine Erklärungen davon beruhen auf scholastischen Distinctionen und schwankenden Vorstellungen. Man findet die ganze Stelle im Smith (Lehrbegr. d. Opt. durch Kästner, S. 378.), wo zugleich aus Bacons Fehlschlüssen sehr wahrscheinlich gemacht wird, daß er nicht nach Versuchen geschrieben habe.


Die Entfernung des Brillenglaſes vom Auge aͤndert hierinn nichts; nur uͤberſieht man deſto mehr vom Gegenſtande, je naͤher das Glas dem Auge ſteht.

Conſervations- oder Praͤſervationsbrillen werden diejenigen genannt, die eine ſehr große Brennweite, z. B. 30—50 Zoll haben. Man macht ſie insgemein von gruͤnem Glas, und wenn ſie alsdann zur Erhaltung des Geſichts dienlich ſind, ſo geſchieht dies durch die gruͤne Farbe, die den allzuſtarken Eindruck des Lichts verhindert.

Die Brillen tragen ſo viel zur Erleichterung der Beſchwerden des Alters bey, daß man ſie mit Recht zu den nuͤtzlichſten und wohlthaͤtigſten Erfindungen der Menſchen zaͤhlt. Die Griechen und Roͤmer kannten ſie nicht; Seneka (Quaeſt. nat. L. I. cap. 6.) fuͤhrt zwar an, daß eine mit Waſſer angefuͤllte Glaskugel die Buchſtaben vergroͤßere; er ſetzt aber die Urſache hinzu: quia acies noſtra in humido labitur, necapprehendere, quod vult, ſideliter poteſt—ein Ausdruck, der die damalige Unwiſſenheit uͤber die Theorie der Brechung und die wenige Bekanntſchaft mit der Sache ſelbſt deutlich genug an den Tag legt. Man findet auch nirgends, daß dergleichen Kugeln zu Erleichterung des Sehens gebraucht worden waͤren.

Erſt im zwoͤlften Jahrhundert nach C. G. findet man in der Optik des Arabers Alhazen (L. VII. theor. 118.) eine deutlichere Meldung davon, daß eine Sache an die Ebne des groͤßern Segments einer Glaskugel gehalten, vergroͤßert erſcheine. Roger Bacon, der um das Ende des dreyzehnten Jahrhunderts lebte, redet in ſeinem Opus majus ziemlich weitlaͤuftig davon, daß der kleinere Abſchnitt einer Kugel von Glas (d. i. eine planconvexe Linſe) auf Buchſtaben gelegt, dieſelben deutlicher und groͤßer mache; allein ſeine Erklaͤrungen davon beruhen auf ſcholaſtiſchen Diſtinctionen und ſchwankenden Vorſtellungen. Man findet die ganze Stelle im Smith (Lehrbegr. d. Opt. durch Kaͤſtner, S. 378.), wo zugleich aus Bacons Fehlſchluͤſſen ſehr wahrſcheinlich gemacht wird, daß er nicht nach Verſuchen geſchrieben habe.

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[464/0478] Die Entfernung des Brillenglaſes vom Auge aͤndert hierinn nichts; nur uͤberſieht man deſto mehr vom Gegenſtande, je naͤher das Glas dem Auge ſteht. Conſervations- oder Praͤſervationsbrillen werden diejenigen genannt, die eine ſehr große Brennweite, z. B. 30—50 Zoll haben. Man macht ſie insgemein von gruͤnem Glas, und wenn ſie alsdann zur Erhaltung des Geſichts dienlich ſind, ſo geſchieht dies durch die gruͤne Farbe, die den allzuſtarken Eindruck des Lichts verhindert. Die Brillen tragen ſo viel zur Erleichterung der Beſchwerden des Alters bey, daß man ſie mit Recht zu den nuͤtzlichſten und wohlthaͤtigſten Erfindungen der Menſchen zaͤhlt. Die Griechen und Roͤmer kannten ſie nicht; Seneka (Quaeſt. nat. L. I. cap. 6.) fuͤhrt zwar an, daß eine mit Waſſer angefuͤllte Glaskugel die Buchſtaben vergroͤßere; er ſetzt aber die Urſache hinzu: quia acies noſtra in humido labitur, necapprehendere, quod vult, ſideliter poteſt—ein Ausdruck, der die damalige Unwiſſenheit uͤber die Theorie der Brechung und die wenige Bekanntſchaft mit der Sache ſelbſt deutlich genug an den Tag legt. Man findet auch nirgends, daß dergleichen Kugeln zu Erleichterung des Sehens gebraucht worden waͤren. Erſt im zwoͤlften Jahrhundert nach C. G. findet man in der Optik des Arabers Alhazen (L. VII. theor. 118.) eine deutlichere Meldung davon, daß eine Sache an die Ebne des groͤßern Segments einer Glaskugel gehalten, vergroͤßert erſcheine. Roger Bacon, der um das Ende des dreyzehnten Jahrhunderts lebte, redet in ſeinem Opus majus ziemlich weitlaͤuftig davon, daß der kleinere Abſchnitt einer Kugel von Glas (d. i. eine planconvexe Linſe) auf Buchſtaben gelegt, dieſelben deutlicher und groͤßer mache; allein ſeine Erklaͤrungen davon beruhen auf ſcholaſtiſchen Diſtinctionen und ſchwankenden Vorſtellungen. Man findet die ganze Stelle im Smith (Lehrbegr. d. Opt. durch Kaͤſtner, S. 378.), wo zugleich aus Bacons Fehlſchluͤſſen ſehr wahrſcheinlich gemacht wird, daß er nicht nach Verſuchen geſchrieben habe.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/478>, abgerufen am 22.11.2024.