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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Wirkung des amerikanischen Südpols, der diesen Gegenden am nächsten liegt, und eigentlich eine große östliche Abweichung verursachen sollte, durch die entgegengesetzten vereinten Wirkungen des amerikanischen Nordpols und des asiatischen Südpols geschwächt wird, der europäische Nordpol aber ohnehin beynahe in den Meridian dieser Gegenden selbst fällt.

9. Auch wird hieraus begreiflich, wie die Abweichung unter einerley Meridiane an einem Orte östlich, am andern westlich seyn kan.

So erklärt Halley den Zustand der Abweichungen für das Jahr 1700. Weil er aber auch auf die Veränderungen der Abweichung sehen, und also nothwendig eine Bewegung seiner magnetischen Pole annehmen muste, wobey die Fragen entstanden: ob sich alle vier Pole zugleich, ob sie sich um die Pole der Erde, und mit welcher Geschwindigkeit sie sich bewegten, so suchte er diese Fragen in einem andern Aufsatze (An account of the cause of the change of the variation of the magnetical needle, by Edm. Halley, in den Philos. Transact.num. 195. p. 563.) durch Folgendes zu beantworten.

Der äußere Theil der Erde macht nach seiner Meynung nur eine Rinde aus, umschließt einen concentrischen kugelförmigen Kern, und der Raum zwischen beyden ist mit einer flüßigen Materie angefüllt. Kern und Rinde drehen sich zwar beyde täglich um ihre Axen, aber die Umdrehungszeit des Kerns ist von der Umdrehungszeit der Rinde um ein kleines Zeittheilchen unterschieden; dieser Unterschied wird nach oft wiederholter Umdrehung merklich, und die Stellen der Rinde treffen alsdann nicht mehr mit den vorigen Stellen des Kerns zusammen.

Nimmt man nun an, beydes Rinde und Kern seyen Magnete mit zween Polen, so ändern fich freylich die Stellungen dieser vier Pole gegen einander, und wenn man, wie natürlich, die Pole der Rinde als die unbeweglichen betrachtet, so muß man alsdann den Polen des Kerns eine beständige Bewegung beylegen. Unter den Nordpolen ist der bewegliche der europäische,


Wirkung des amerikaniſchen Suͤdpols, der dieſen Gegenden am naͤchſten liegt, und eigentlich eine große oͤſtliche Abweichung verurſachen ſollte, durch die entgegengeſetzten vereinten Wirkungen des amerikaniſchen Nordpols und des aſiatiſchen Suͤdpols geſchwaͤcht wird, der europaͤiſche Nordpol aber ohnehin beynahe in den Meridian dieſer Gegenden ſelbſt faͤllt.

9. Auch wird hieraus begreiflich, wie die Abweichung unter einerley Meridiane an einem Orte oͤſtlich, am andern weſtlich ſeyn kan.

So erklaͤrt Halley den Zuſtand der Abweichungen fuͤr das Jahr 1700. Weil er aber auch auf die Veraͤnderungen der Abweichung ſehen, und alſo nothwendig eine Bewegung ſeiner magnetiſchen Pole annehmen muſte, wobey die Fragen entſtanden: ob ſich alle vier Pole zugleich, ob ſie ſich um die Pole der Erde, und mit welcher Geſchwindigkeit ſie ſich bewegten, ſo ſuchte er dieſe Fragen in einem andern Aufſatze (An account of the cauſe of the change of the variation of the magnetical needle, by Edm. Halley, in den Philoſ. Transact.num. 195. p. 563.) durch Folgendes zu beantworten.

Der aͤußere Theil der Erde macht nach ſeiner Meynung nur eine Rinde aus, umſchließt einen concentriſchen kugelfoͤrmigen Kern, und der Raum zwiſchen beyden iſt mit einer fluͤßigen Materie angefuͤllt. Kern und Rinde drehen ſich zwar beyde taͤglich um ihre Axen, aber die Umdrehungszeit des Kerns iſt von der Umdrehungszeit der Rinde um ein kleines Zeittheilchen unterſchieden; dieſer Unterſchied wird nach oft wiederholter Umdrehung merklich, und die Stellen der Rinde treffen alsdann nicht mehr mit den vorigen Stellen des Kerns zuſammen.

Nimmt man nun an, beydes Rinde und Kern ſeyen Magnete mit zween Polen, ſo aͤndern fich freylich die Stellungen dieſer vier Pole gegen einander, und wenn man, wie natuͤrlich, die Pole der Rinde als die unbeweglichen betrachtet, ſo muß man alsdann den Polen des Kerns eine beſtaͤndige Bewegung beylegen. Unter den Nordpolen iſt der bewegliche der europaͤiſche,

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[27/0041] Wirkung des amerikaniſchen Suͤdpols, der dieſen Gegenden am naͤchſten liegt, und eigentlich eine große oͤſtliche Abweichung verurſachen ſollte, durch die entgegengeſetzten vereinten Wirkungen des amerikaniſchen Nordpols und des aſiatiſchen Suͤdpols geſchwaͤcht wird, der europaͤiſche Nordpol aber ohnehin beynahe in den Meridian dieſer Gegenden ſelbſt faͤllt. 9. Auch wird hieraus begreiflich, wie die Abweichung unter einerley Meridiane an einem Orte oͤſtlich, am andern weſtlich ſeyn kan. So erklaͤrt Halley den Zuſtand der Abweichungen fuͤr das Jahr 1700. Weil er aber auch auf die Veraͤnderungen der Abweichung ſehen, und alſo nothwendig eine Bewegung ſeiner magnetiſchen Pole annehmen muſte, wobey die Fragen entſtanden: ob ſich alle vier Pole zugleich, ob ſie ſich um die Pole der Erde, und mit welcher Geſchwindigkeit ſie ſich bewegten, ſo ſuchte er dieſe Fragen in einem andern Aufſatze (An account of the cauſe of the change of the variation of the magnetical needle, by Edm. Halley, in den Philoſ. Transact.num. 195. p. 563.) durch Folgendes zu beantworten. Der aͤußere Theil der Erde macht nach ſeiner Meynung nur eine Rinde aus, umſchließt einen concentriſchen kugelfoͤrmigen Kern, und der Raum zwiſchen beyden iſt mit einer fluͤßigen Materie angefuͤllt. Kern und Rinde drehen ſich zwar beyde taͤglich um ihre Axen, aber die Umdrehungszeit des Kerns iſt von der Umdrehungszeit der Rinde um ein kleines Zeittheilchen unterſchieden; dieſer Unterſchied wird nach oft wiederholter Umdrehung merklich, und die Stellen der Rinde treffen alsdann nicht mehr mit den vorigen Stellen des Kerns zuſammen. Nimmt man nun an, beydes Rinde und Kern ſeyen Magnete mit zween Polen, ſo aͤndern fich freylich die Stellungen dieſer vier Pole gegen einander, und wenn man, wie natuͤrlich, die Pole der Rinde als die unbeweglichen betrachtet, ſo muß man alsdann den Polen des Kerns eine beſtaͤndige Bewegung beylegen. Unter den Nordpolen iſt der bewegliche der europaͤiſche,

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/41>, abgerufen am 23.04.2024.