Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Inzwischen macht die positive oder negative Elektricität der Wolken keine Verschiedenheit in den Erscheinungen und Wirkungen des Blitzes. Die elektrischen Funken und Schläge äußern dieselben Wirkungen, und folgen denselben Gesetzen, sie mögen aus positiven oder negativen Leitern kommen.

Wenn man zwey ebne und glatte kreisrunde Breter mit Zinnfolie belegt, und in horizontalen und parallelen Lagen mit ihren belegten Seiten gegen einander kehret (wozu man das untere auf einen mit der Erde verbundenen Fuß stellen, das obere an seidnen Schnüren so aufhängen kan, daß es sich isolirt aufziehen und niederlassen läst), so wird man folgenden für die Lehre vom Blitze sehr wichtigen Versuch anstellen können. Wird das obere Bret mit einer Elektrisirmaschine verbunden, und dem untern Brete genähert, so wird dieses die entgegengesetzte Elektricität von jenem erhalten; und wenn man unter diesen Umständen beyde zugleich berührt, so werden sich ihre entgegengesetzten Elektricitäten durch den Körper oder die Hand mit einem Erschütterungsschlage ausladen. Bringt man beyde Breter einander sehr nahe, z. B. auf einen halben Zoll, und elektrisiret das obere sehr stark, so erfolgt mehrentheils von selbst eine freywillige Entladung mit einen starken die Luft durchbrechenden Funken. Vor diesem Schlage ziehen die Breter einander stark an; beym Schlage selbst aber werden sie von einander geworfen (welches man noch besser beobachten kan, wenn die Breter nicht horizontal gestellt, sondern vertikal aufgehangen sind). Ist in der Mitte des einen oder andern Brets ein kleiner hervorragender Körper befestiget, so geschieht der durchbrechende Schlag allezeit an dieser Stelle. Steht aber anstatt des hervorragenden Körpers auf dem einen Brete eine scharfe Spitze, so kan weder eine Ladung noch ein Schlag hervorgebracht werden.

Dieser von den Herren Wilke (Diss. de electricitatibus contrariis, Rostoch. 1757. 4. exp. 58.) und Aepinus herrührende Versuch zeigt im Kleinen sehr deutlich, was beym Gewitter im Großen vorgehet. Die Luft ist hier der ursprünglich elektrische Körper, in welchem die


Inzwiſchen macht die poſitive oder negative Elektricitaͤt der Wolken keine Verſchiedenheit in den Erſcheinungen und Wirkungen des Blitzes. Die elektriſchen Funken und Schlaͤge aͤußern dieſelben Wirkungen, und folgen denſelben Geſetzen, ſie moͤgen aus poſitiven oder negativen Leitern kommen.

Wenn man zwey ebne und glatte kreisrunde Breter mit Zinnfolie belegt, und in horizontalen und parallelen Lagen mit ihren belegten Seiten gegen einander kehret (wozu man das untere auf einen mit der Erde verbundenen Fuß ſtellen, das obere an ſeidnen Schnuͤren ſo aufhaͤngen kan, daß es ſich iſolirt aufziehen und niederlaſſen laͤſt), ſo wird man folgenden fuͤr die Lehre vom Blitze ſehr wichtigen Verſuch anſtellen koͤnnen. Wird das obere Bret mit einer Elektriſirmaſchine verbunden, und dem untern Brete genaͤhert, ſo wird dieſes die entgegengeſetzte Elektricitaͤt von jenem erhalten; und wenn man unter dieſen Umſtaͤnden beyde zugleich beruͤhrt, ſo werden ſich ihre entgegengeſetzten Elektricitaͤten durch den Koͤrper oder die Hand mit einem Erſchuͤtterungsſchlage ausladen. Bringt man beyde Breter einander ſehr nahe, z. B. auf einen halben Zoll, und elektriſiret das obere ſehr ſtark, ſo erfolgt mehrentheils von ſelbſt eine freywillige Entladung mit einen ſtarken die Luft durchbrechenden Funken. Vor dieſem Schlage ziehen die Breter einander ſtark an; beym Schlage ſelbſt aber werden ſie von einander geworfen (welches man noch beſſer beobachten kan, wenn die Breter nicht horizontal geſtellt, ſondern vertikal aufgehangen ſind). Iſt in der Mitte des einen oder andern Brets ein kleiner hervorragender Koͤrper befeſtiget, ſo geſchieht der durchbrechende Schlag allezeit an dieſer Stelle. Steht aber anſtatt des hervorragenden Koͤrpers auf dem einen Brete eine ſcharfe Spitze, ſo kan weder eine Ladung noch ein Schlag hervorgebracht werden.

Dieſer von den Herren Wilke (Diſſ. de electricitatibus contrariis, Roſtoch. 1757. 4. exp. 58.) und Aepinus herruͤhrende Verſuch zeigt im Kleinen ſehr deutlich, was beym Gewitter im Großen vorgehet. Die Luft iſt hier der urſpruͤnglich elektriſche Koͤrper, in welchem die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0389" xml:id="P.1.375" n="375"/><lb/>
          </p>
          <p>Inzwi&#x017F;chen macht die po&#x017F;itive oder negative Elektricita&#x0364;t der Wolken keine Ver&#x017F;chiedenheit in den Er&#x017F;cheinungen und Wirkungen des Blitzes. Die elektri&#x017F;chen Funken und Schla&#x0364;ge a&#x0364;ußern die&#x017F;elben Wirkungen, und folgen den&#x017F;elben Ge&#x017F;etzen, &#x017F;ie mo&#x0364;gen aus po&#x017F;itiven oder negativen Leitern kommen.</p>
          <p>Wenn man zwey ebne und glatte kreisrunde Breter mit Zinnfolie belegt, und in horizontalen und parallelen Lagen mit ihren belegten Seiten gegen einander kehret (wozu man das untere auf einen mit der Erde verbundenen Fuß &#x017F;tellen, das obere an &#x017F;eidnen Schnu&#x0364;ren &#x017F;o aufha&#x0364;ngen kan, daß es &#x017F;ich i&#x017F;olirt aufziehen und niederla&#x017F;&#x017F;en la&#x0364;&#x017F;t), &#x017F;o wird man folgenden fu&#x0364;r die Lehre vom Blitze &#x017F;ehr wichtigen Ver&#x017F;uch an&#x017F;tellen ko&#x0364;nnen. Wird das obere Bret mit einer Elektri&#x017F;irma&#x017F;chine verbunden, und dem untern Brete gena&#x0364;hert, &#x017F;o wird die&#x017F;es die entgegenge&#x017F;etzte Elektricita&#x0364;t von jenem erhalten; und wenn man unter die&#x017F;en Um&#x017F;ta&#x0364;nden beyde zugleich beru&#x0364;hrt, &#x017F;o werden &#x017F;ich ihre entgegenge&#x017F;etzten Elektricita&#x0364;ten durch den Ko&#x0364;rper oder die Hand mit einem Er&#x017F;chu&#x0364;tterungs&#x017F;chlage ausladen. Bringt man beyde Breter einander &#x017F;ehr nahe, z. B. auf einen halben Zoll, und elektri&#x017F;iret das obere &#x017F;ehr &#x017F;tark, &#x017F;o erfolgt mehrentheils von &#x017F;elb&#x017F;t eine freywillige Entladung mit einen &#x017F;tarken die Luft durchbrechenden Funken. Vor die&#x017F;em Schlage ziehen die Breter einander &#x017F;tark an; beym Schlage &#x017F;elb&#x017F;t aber werden &#x017F;ie von einander geworfen (welches man noch be&#x017F;&#x017F;er beobachten kan, wenn die Breter nicht horizontal ge&#x017F;tellt, &#x017F;ondern vertikal aufgehangen &#x017F;ind). I&#x017F;t in der Mitte des einen oder andern Brets ein kleiner hervorragender Ko&#x0364;rper befe&#x017F;tiget, &#x017F;o ge&#x017F;chieht der durchbrechende Schlag allezeit an die&#x017F;er Stelle. Steht aber an&#x017F;tatt des hervorragenden Ko&#x0364;rpers auf dem einen Brete eine &#x017F;charfe Spitze, &#x017F;o kan weder eine Ladung noch ein Schlag hervorgebracht werden.</p>
          <p>Die&#x017F;er von den Herren <hi rendition="#b">Wilke</hi> <hi rendition="#aq">(Di&#x017F;&#x017F;. de electricitatibus contrariis, Ro&#x017F;toch. 1757. 4. exp. 58.)</hi> und <hi rendition="#b">Aepinus</hi> herru&#x0364;hrende Ver&#x017F;uch zeigt im Kleinen &#x017F;ehr deutlich, was beym Gewitter im Großen vorgehet. Die Luft i&#x017F;t hier der ur&#x017F;pru&#x0364;nglich elektri&#x017F;che Ko&#x0364;rper, in welchem die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0389] Inzwiſchen macht die poſitive oder negative Elektricitaͤt der Wolken keine Verſchiedenheit in den Erſcheinungen und Wirkungen des Blitzes. Die elektriſchen Funken und Schlaͤge aͤußern dieſelben Wirkungen, und folgen denſelben Geſetzen, ſie moͤgen aus poſitiven oder negativen Leitern kommen. Wenn man zwey ebne und glatte kreisrunde Breter mit Zinnfolie belegt, und in horizontalen und parallelen Lagen mit ihren belegten Seiten gegen einander kehret (wozu man das untere auf einen mit der Erde verbundenen Fuß ſtellen, das obere an ſeidnen Schnuͤren ſo aufhaͤngen kan, daß es ſich iſolirt aufziehen und niederlaſſen laͤſt), ſo wird man folgenden fuͤr die Lehre vom Blitze ſehr wichtigen Verſuch anſtellen koͤnnen. Wird das obere Bret mit einer Elektriſirmaſchine verbunden, und dem untern Brete genaͤhert, ſo wird dieſes die entgegengeſetzte Elektricitaͤt von jenem erhalten; und wenn man unter dieſen Umſtaͤnden beyde zugleich beruͤhrt, ſo werden ſich ihre entgegengeſetzten Elektricitaͤten durch den Koͤrper oder die Hand mit einem Erſchuͤtterungsſchlage ausladen. Bringt man beyde Breter einander ſehr nahe, z. B. auf einen halben Zoll, und elektriſiret das obere ſehr ſtark, ſo erfolgt mehrentheils von ſelbſt eine freywillige Entladung mit einen ſtarken die Luft durchbrechenden Funken. Vor dieſem Schlage ziehen die Breter einander ſtark an; beym Schlage ſelbſt aber werden ſie von einander geworfen (welches man noch beſſer beobachten kan, wenn die Breter nicht horizontal geſtellt, ſondern vertikal aufgehangen ſind). Iſt in der Mitte des einen oder andern Brets ein kleiner hervorragender Koͤrper befeſtiget, ſo geſchieht der durchbrechende Schlag allezeit an dieſer Stelle. Steht aber anſtatt des hervorragenden Koͤrpers auf dem einen Brete eine ſcharfe Spitze, ſo kan weder eine Ladung noch ein Schlag hervorgebracht werden. Dieſer von den Herren Wilke (Diſſ. de electricitatibus contrariis, Roſtoch. 1757. 4. exp. 58.) und Aepinus herruͤhrende Verſuch zeigt im Kleinen ſehr deutlich, was beym Gewitter im Großen vorgehet. Die Luft iſt hier der urſpruͤnglich elektriſche Koͤrper, in welchem die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/389
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/389>, abgerufen am 08.09.2024.