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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Gangarten, z. B. Quarz, Spath, Hornstein u. dgl. ausgefüllt zu haben scheinen, und in welchen man die Erze aufzusuchen hat. Die dergleichen enthalten, werden fündige, die übrigen taube Gänge genannt. In den Bergen erster Ordnung finden sich keine Seeprodukte; daher ihre Entstehung vor dem Daseyn der Seethiere vorhergegangen zu seyn scheinet.

Zur zweyten Classe der Berge rechnet man diejenigen, welche unverkennbare Spuren einer spätern Entstehung, und vornehmlich einer unter dem Wasser geschehenen Bildung an sich tragen. Dahin gehören bauptsächlich die Kalk - oder Marmor - und Thonschiefergebirge. Sie bestehen größtentheils aus Schichten oder Lagern, welche völlig wie über einander liegende Bodensätze des Wassers gestaltet und geordnet sind, und die bis zur Bewunderung bäufigen Seeprodukte, welche sich in diesen Schichten finden, setzen ihre Entstehung unter dem Wasser außer allen Zweifel. Dergleichen Kalk- und Thongebirge scheinen sowohl die höchsten Granitketten, als auch die niedrigern Zweige des über die Erdfläche hie und da hervorragenden uralten Gesteins überall auf beyden Seiten einzufassen und zu begleiten. De Lüc (Briefe über die Geschichte der Erde und des Menschen, 38. Brief) beschreibt eine solche Kette von Kalkgebirgen, welche die savoyischen Alpen unter dem Namen der Bornans einfasset. Einer von diesen Bergen, der Grenier am südlichen Ufer des Genfersees, hat noch 1300 Toisen über der Meeresfläche versteinerte Ammonshörner. Eine andere solche Kette von Kalkgebirgen ist der Jura. Auch Pallas (Obs. sur la formation des montagnes) beschreibt dergleichen Kalkund Thonschichten, die an den asiatischen Bergketten hinlaufen. Diese werden von den Naturforschern Berge der zweyten Ordnung, oder in der Lehre vom Bergbau Flötzgebirge genannt. Man findet in ihnen die Erze nicht in Gängen, sondern nur Eisen und Kupfer in Flötzen oder Schichten, welche augenscheinlich nichts anders, als Bodensätze eines ehemaligen Meeres sind. Auch findet man in ihnen keine Quarzkrystallen, wohl aber häusige


Gangarten, z. B. Quarz, Spath, Hornſtein u. dgl. ausgefuͤllt zu haben ſcheinen, und in welchen man die Erze aufzuſuchen hat. Die dergleichen enthalten, werden fuͤndige, die uͤbrigen taube Gaͤnge genannt. In den Bergen erſter Ordnung finden ſich keine Seeprodukte; daher ihre Entſtehung vor dem Daſeyn der Seethiere vorhergegangen zu ſeyn ſcheinet.

Zur zweyten Claſſe der Berge rechnet man diejenigen, welche unverkennbare Spuren einer ſpaͤtern Entſtehung, und vornehmlich einer unter dem Waſſer geſchehenen Bildung an ſich tragen. Dahin gehoͤren bauptſaͤchlich die Kalk - oder Marmor - und Thonſchiefergebirge. Sie beſtehen groͤßtentheils aus Schichten oder Lagern, welche voͤllig wie uͤber einander liegende Bodenſaͤtze des Waſſers geſtaltet und geordnet ſind, und die bis zur Bewunderung baͤufigen Seeprodukte, welche ſich in dieſen Schichten finden, ſetzen ihre Entſtehung unter dem Waſſer außer allen Zweifel. Dergleichen Kalk- und Thongebirge ſcheinen ſowohl die hoͤchſten Granitketten, als auch die niedrigern Zweige des uͤber die Erdflaͤche hie und da hervorragenden uralten Geſteins uͤberall auf beyden Seiten einzufaſſen und zu begleiten. De Luͤc (Briefe uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen, 38. Brief) beſchreibt eine ſolche Kette von Kalkgebirgen, welche die ſavoyiſchen Alpen unter dem Namen der Bornans einfaſſet. Einer von dieſen Bergen, der Grenier am ſuͤdlichen Ufer des Genferſees, hat noch 1300 Toiſen uͤber der Meeresflaͤche verſteinerte Ammonshoͤrner. Eine andere ſolche Kette von Kalkgebirgen iſt der Jura. Auch Pallas (Obſ. ſur la formation des montagnes) beſchreibt dergleichen Kalkund Thonſchichten, die an den aſiatiſchen Bergketten hinlaufen. Dieſe werden von den Naturforſchern Berge der zweyten Ordnung, oder in der Lehre vom Bergbau Floͤtzgebirge genannt. Man findet in ihnen die Erze nicht in Gaͤngen, ſondern nur Eiſen und Kupfer in Floͤtzen oder Schichten, welche augenſcheinlich nichts anders, als Bodenſaͤtze eines ehemaligen Meeres ſind. Auch findet man in ihnen keine Quarzkryſtallen, wohl aber haͤuſige

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[307/0321] Gangarten, z. B. Quarz, Spath, Hornſtein u. dgl. ausgefuͤllt zu haben ſcheinen, und in welchen man die Erze aufzuſuchen hat. Die dergleichen enthalten, werden fuͤndige, die uͤbrigen taube Gaͤnge genannt. In den Bergen erſter Ordnung finden ſich keine Seeprodukte; daher ihre Entſtehung vor dem Daſeyn der Seethiere vorhergegangen zu ſeyn ſcheinet. Zur zweyten Claſſe der Berge rechnet man diejenigen, welche unverkennbare Spuren einer ſpaͤtern Entſtehung, und vornehmlich einer unter dem Waſſer geſchehenen Bildung an ſich tragen. Dahin gehoͤren bauptſaͤchlich die Kalk - oder Marmor - und Thonſchiefergebirge. Sie beſtehen groͤßtentheils aus Schichten oder Lagern, welche voͤllig wie uͤber einander liegende Bodenſaͤtze des Waſſers geſtaltet und geordnet ſind, und die bis zur Bewunderung baͤufigen Seeprodukte, welche ſich in dieſen Schichten finden, ſetzen ihre Entſtehung unter dem Waſſer außer allen Zweifel. Dergleichen Kalk- und Thongebirge ſcheinen ſowohl die hoͤchſten Granitketten, als auch die niedrigern Zweige des uͤber die Erdflaͤche hie und da hervorragenden uralten Geſteins uͤberall auf beyden Seiten einzufaſſen und zu begleiten. De Luͤc (Briefe uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen, 38. Brief) beſchreibt eine ſolche Kette von Kalkgebirgen, welche die ſavoyiſchen Alpen unter dem Namen der Bornans einfaſſet. Einer von dieſen Bergen, der Grenier am ſuͤdlichen Ufer des Genferſees, hat noch 1300 Toiſen uͤber der Meeresflaͤche verſteinerte Ammonshoͤrner. Eine andere ſolche Kette von Kalkgebirgen iſt der Jura. Auch Pallas (Obſ. ſur la formation des montagnes) beſchreibt dergleichen Kalkund Thonſchichten, die an den aſiatiſchen Bergketten hinlaufen. Dieſe werden von den Naturforſchern Berge der zweyten Ordnung, oder in der Lehre vom Bergbau Floͤtzgebirge genannt. Man findet in ihnen die Erze nicht in Gaͤngen, ſondern nur Eiſen und Kupfer in Floͤtzen oder Schichten, welche augenſcheinlich nichts anders, als Bodenſaͤtze eines ehemaligen Meeres ſind. Auch findet man in ihnen keine Quarzkryſtallen, wohl aber haͤuſige

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/321>, abgerufen am 03.09.2024.