Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Umstände auf die Bildung etc. Meisterstücke in seiner eigenen schuf. Das Licht,das dort aufgegangen war, kam in nicht gar langer Zeit darauf auch zu uns; aber es war ein fremdes Feuer, das uns nur erleuchtete, ohne zugleich unser eigenes anzuzünden. Wir lasen und lernten, ja wir schrieben so gar lateinisch und griechisch; viele gut, einige so gar vortref- lich: aber doch konnte das noch lange keine Lit- teratur geben, keine uns eigene Litteratur, die ein treues Gemälde unsers besondern Geistes, unserer unterscheidenden Denkungsart gewesen wäre. Die Gelehrten machten in diesem Jahr- hunderte gleichsam eine eigene, unter die andern zerstreute Nation aus, die allenthalben ungefähr dieselbige Denkungsart, denselbigen Ton hatte: und zwar deswegen, weil sie durchgängig auf einerley Art war gebildet worden. Da sie ihre eigene, dem übrigen Theil des Volks unver- ständliche Sprache redeten und schrieben; so hat- ten sie zwar unter sich selbst eine nähere, mehr unmittelbare Gemeinschaft, als die Gelehrten unsers Jahrhunderts: aber auf die Uebrigen der Umſtaͤnde auf die Bildung ꝛc. Meiſterſtuͤcke in ſeiner eigenen ſchuf. Das Licht,das dort aufgegangen war, kam in nicht gar langer Zeit darauf auch zu uns; aber es war ein fremdes Feuer, das uns nur erleuchtete, ohne zugleich unſer eigenes anzuzuͤnden. Wir laſen und lernten, ja wir ſchrieben ſo gar lateiniſch und griechiſch; viele gut, einige ſo gar vortref- lich: aber doch konnte das noch lange keine Lit- teratur geben, keine uns eigene Litteratur, die ein treues Gemaͤlde unſers beſondern Geiſtes, unſerer unterſcheidenden Denkungsart geweſen waͤre. Die Gelehrten machten in dieſem Jahr- hunderte gleichſam eine eigene, unter die andern zerſtreute Nation aus, die allenthalben ungefaͤhr dieſelbige Denkungsart, denſelbigen Ton hatte: und zwar deswegen, weil ſie durchgaͤngig auf einerley Art war gebildet worden. Da ſie ihre eigene, dem uͤbrigen Theil des Volks unver- ſtaͤndliche Sprache redeten und ſchrieben; ſo hat- ten ſie zwar unter ſich ſelbſt eine naͤhere, mehr unmittelbare Gemeinſchaft, als die Gelehrten unſers Jahrhunderts: aber auf die Uebrigen der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0449" n="443"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Umſtaͤnde auf die Bildung ꝛc.</hi></fw><lb/> Meiſterſtuͤcke in ſeiner eigenen ſchuf. Das Licht,<lb/> das dort aufgegangen war, kam in nicht gar<lb/> langer Zeit darauf auch zu uns; aber es war ein<lb/> fremdes Feuer, das uns nur erleuchtete, ohne<lb/> zugleich unſer eigenes anzuzuͤnden. Wir laſen<lb/> und lernten, ja wir ſchrieben ſo gar lateiniſch<lb/> und griechiſch; viele gut, einige ſo gar vortref-<lb/> lich: aber doch konnte das noch lange keine Lit-<lb/> teratur geben, keine uns eigene Litteratur, die<lb/> ein treues Gemaͤlde unſers beſondern Geiſtes,<lb/> unſerer unterſcheidenden Denkungsart geweſen<lb/> waͤre. Die Gelehrten machten in dieſem Jahr-<lb/> hunderte gleichſam eine eigene, unter die andern<lb/> zerſtreute Nation aus, die allenthalben ungefaͤhr<lb/> dieſelbige Denkungsart, denſelbigen Ton hatte:<lb/> und zwar deswegen, weil ſie durchgaͤngig auf<lb/> einerley Art war gebildet worden. Da ſie ihre<lb/> eigene, dem uͤbrigen Theil des Volks unver-<lb/> ſtaͤndliche Sprache redeten und ſchrieben; ſo hat-<lb/> ten ſie zwar unter ſich ſelbſt eine naͤhere, mehr<lb/> unmittelbare Gemeinſchaft, als die Gelehrten<lb/> unſers Jahrhunderts: aber auf die Uebrigen der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [443/0449]
Umſtaͤnde auf die Bildung ꝛc.
Meiſterſtuͤcke in ſeiner eigenen ſchuf. Das Licht,
das dort aufgegangen war, kam in nicht gar
langer Zeit darauf auch zu uns; aber es war ein
fremdes Feuer, das uns nur erleuchtete, ohne
zugleich unſer eigenes anzuzuͤnden. Wir laſen
und lernten, ja wir ſchrieben ſo gar lateiniſch
und griechiſch; viele gut, einige ſo gar vortref-
lich: aber doch konnte das noch lange keine Lit-
teratur geben, keine uns eigene Litteratur, die
ein treues Gemaͤlde unſers beſondern Geiſtes,
unſerer unterſcheidenden Denkungsart geweſen
waͤre. Die Gelehrten machten in dieſem Jahr-
hunderte gleichſam eine eigene, unter die andern
zerſtreute Nation aus, die allenthalben ungefaͤhr
dieſelbige Denkungsart, denſelbigen Ton hatte:
und zwar deswegen, weil ſie durchgaͤngig auf
einerley Art war gebildet worden. Da ſie ihre
eigene, dem uͤbrigen Theil des Volks unver-
ſtaͤndliche Sprache redeten und ſchrieben; ſo hat-
ten ſie zwar unter ſich ſelbſt eine naͤhere, mehr
unmittelbare Gemeinſchaft, als die Gelehrten
unſers Jahrhunderts: aber auf die Uebrigen der
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