fens, als gebildeter denkender Zuhörer beytrage; daß eine Gallerie von Gemälden aus dem mensch- lichen Leben, wohlgetroffen und auf irgend eine Art mit einander verbunden, uns hinlänglich an sich ziehen könne; daß endlich die sogenannten Historys des englischen Theaters der mittlern Zeit nur besser behandelt werden dürften, um noch jezt interessant zu werden.
Ich ändre jezt diese Meynung. Wenn ich auf die Denkungsart des größten Theils der Menschen sehe, für welche doch die Poesie, und besonders die theatralische, bestimmt ist; wenn ich auf meine eigne in den Zeiten sehe, wo ich mich erholen will, und diese Zeiten soll das Theater eigentlich ausfüllen: so werde ich gewahr, daß die unterhaltene und befriedigte Neugier, das Wohlgefallen an einer wunderbaren und doch natürlichen Begebenheit, die Erwartung, in die wir wegen des Erfolgs gesezt werden, die Grund- lage von dem Vergnügen ausmache, das wir während der Anhörung des Stücks genießen, und daß das Vergnügen der Rührung und des Un-
Einige Gedanken
fens, als gebildeter denkender Zuhoͤrer beytrage; daß eine Gallerie von Gemaͤlden aus dem menſch- lichen Leben, wohlgetroffen und auf irgend eine Art mit einander verbunden, uns hinlaͤnglich an ſich ziehen koͤnne; daß endlich die ſogenannten Hiſtorys des engliſchen Theaters der mittlern Zeit nur beſſer behandelt werden duͤrften, um noch jezt intereſſant zu werden.
Ich aͤndre jezt dieſe Meynung. Wenn ich auf die Denkungsart des groͤßten Theils der Menſchen ſehe, fuͤr welche doch die Poeſie, und beſonders die theatraliſche, beſtimmt iſt; wenn ich auf meine eigne in den Zeiten ſehe, wo ich mich erholen will, und dieſe Zeiten ſoll das Theater eigentlich ausfuͤllen: ſo werde ich gewahr, daß die unterhaltene und befriedigte Neugier, das Wohlgefallen an einer wunderbaren und doch natuͤrlichen Begebenheit, die Erwartung, in die wir wegen des Erfolgs geſezt werden, die Grund- lage von dem Vergnuͤgen ausmache, das wir waͤhrend der Anhoͤrung des Stuͤcks genießen, und daß das Vergnuͤgen der Ruͤhrung und des Un-
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Einige Gedanken
fens, als gebildeter denkender Zuhoͤrer beytrage;
daß eine Gallerie von Gemaͤlden aus dem menſch-
lichen Leben, wohlgetroffen und auf irgend eine
Art mit einander verbunden, uns hinlaͤnglich an
ſich ziehen koͤnne; daß endlich die ſogenannten
Hiſtorys des engliſchen Theaters der mittlern Zeit
nur beſſer behandelt werden duͤrften, um noch
jezt intereſſant zu werden.
Ich aͤndre jezt dieſe Meynung. Wenn ich
auf die Denkungsart des groͤßten Theils der
Menſchen ſehe, fuͤr welche doch die Poeſie, und
beſonders die theatraliſche, beſtimmt iſt; wenn
ich auf meine eigne in den Zeiten ſehe, wo ich mich
erholen will, und dieſe Zeiten ſoll das Theater
eigentlich ausfuͤllen: ſo werde ich gewahr, daß
die unterhaltene und befriedigte Neugier, das
Wohlgefallen an einer wunderbaren und doch
natuͤrlichen Begebenheit, die Erwartung, in die
wir wegen des Erfolgs geſezt werden, die Grund-
lage von dem Vergnuͤgen ausmache, das wir
waͤhrend der Anhoͤrung des Stuͤcks genießen, und
daß das Vergnuͤgen der Ruͤhrung und des Un-
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/436>, abgerufen am 25.11.2024.
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