Empfindung und eine nothwendige Vorbereitung zum Denken.
Keine Fähigkeit scheint leichter zu erkennen zu seyn, als das Gedächtniß, weil man glaubt nur Achtung geben zu dürfen, wie viel man behalten kann. Im Grunde aber ist die Unter- suchung eben so schwer, und der Irrthum häu- fig, weil man gemeiniglich von dem Mangel einer gewissen Gattung von Gedächtnisse auf den Mangel des Gedächtnisses überhaupt schließt.
Es giebt ein gewisses blos behaltendes, und ein andres, so zu sagen räsonnirendes Gedächt- niß. Man könnte das erste das Gedächtniß im engern Verstande, und das andre die Gabe der Erinnerung nennen. Jenes ist das, wovon man am ersten urtheilt, und wovon man vielleicht nicht ohne Grund behauptet, daß es bey einem großen Verstande selten sey; es erhält die ehemaligen Eindrücke, und stellt sie der Seele, so oft sie will, in eben der Ordnung wieder vor, ohne daß sie dabey eine andre Bemühung nöthig hätte, als
der Faͤhigkeiten.
Empfindung und eine nothwendige Vorbereitung zum Denken.
Keine Faͤhigkeit ſcheint leichter zu erkennen zu ſeyn, als das Gedaͤchtniß, weil man glaubt nur Achtung geben zu duͤrfen, wie viel man behalten kann. Im Grunde aber iſt die Unter- ſuchung eben ſo ſchwer, und der Irrthum haͤu- fig, weil man gemeiniglich von dem Mangel einer gewiſſen Gattung von Gedaͤchtniſſe auf den Mangel des Gedaͤchtniſſes uͤberhaupt ſchließt.
Es giebt ein gewiſſes blos behaltendes, und ein andres, ſo zu ſagen raͤſonnirendes Gedaͤcht- niß. Man koͤnnte das erſte das Gedaͤchtniß im engern Verſtande, und das andre die Gabe der Erinnerung nennen. Jenes iſt das, wovon man am erſten urtheilt, und wovon man vielleicht nicht ohne Grund behauptet, daß es bey einem großen Verſtande ſelten ſey; es erhaͤlt die ehemaligen Eindruͤcke, und ſtellt ſie der Seele, ſo oft ſie will, in eben der Ordnung wieder vor, ohne daß ſie dabey eine andre Bemuͤhung noͤthig haͤtte, als
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der Faͤhigkeiten.
Empfindung und eine nothwendige Vorbereitung
zum Denken.
Keine Faͤhigkeit ſcheint leichter zu erkennen
zu ſeyn, als das Gedaͤchtniß, weil man glaubt
nur Achtung geben zu duͤrfen, wie viel man
behalten kann. Im Grunde aber iſt die Unter-
ſuchung eben ſo ſchwer, und der Irrthum haͤu-
fig, weil man gemeiniglich von dem Mangel
einer gewiſſen Gattung von Gedaͤchtniſſe auf
den Mangel des Gedaͤchtniſſes uͤberhaupt
ſchließt.
Es giebt ein gewiſſes blos behaltendes, und
ein andres, ſo zu ſagen raͤſonnirendes Gedaͤcht-
niß. Man koͤnnte das erſte das Gedaͤchtniß im
engern Verſtande, und das andre die Gabe der
Erinnerung nennen. Jenes iſt das, wovon man
am erſten urtheilt, und wovon man vielleicht nicht
ohne Grund behauptet, daß es bey einem großen
Verſtande ſelten ſey; es erhaͤlt die ehemaligen
Eindruͤcke, und ſtellt ſie der Seele, ſo oft ſie will,
in eben der Ordnung wieder vor, ohne daß ſie
dabey eine andre Bemuͤhung noͤthig haͤtte, als
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/35>, abgerufen am 24.11.2024.
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