Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

der Fähigkeiten.
chem sie empfindet, ist zugleich das Maaß ihrer
Kraft überhaupt. Bey den andern hängt die
Leichtigkeit, die alten Gegenstände wiederzuer-
kennen, nicht blos von dem Nachdrucke, mit
dem man sie zuerst empfunden hat, sondern auch
von dem Grade der Aufmerksamkeit ab, den man
izt auf sie wendet; und für die Empfindung bleibt
nur so viel von der Kraft der Seele, als zum Den-
ken nicht nöthig ist.

2. Ein ander noch allgemeineres und siche-
rers Merkmal ist es, wenn das Kind eine große
Aufmerksamkeit auf den jedesmaligen Gegenstand
seiner Empfindung hat, und sich durch die übri-
gen Sachen, die itzund nicht eigentlich zu seiner
Betrachtung gehören, wenig oder gar nicht zer-
streuen läßt. Jedermann wird sich erinnern,
diesen Unterschied an Kindern bemerkt zu haben.
Einige werden von dem Anblicke keiner einzigen
Sache so stark gerührt, daß sie eine Zeitlang bey
derselben verweilen, sie sehen alles an, ohne ir-
gend etwas zu bemerken; unter der Menge von
Dingen, die um sie sind, irret der Sinn und die

der Faͤhigkeiten.
chem ſie empfindet, iſt zugleich das Maaß ihrer
Kraft uͤberhaupt. Bey den andern haͤngt die
Leichtigkeit, die alten Gegenſtaͤnde wiederzuer-
kennen, nicht blos von dem Nachdrucke, mit
dem man ſie zuerſt empfunden hat, ſondern auch
von dem Grade der Aufmerkſamkeit ab, den man
izt auf ſie wendet; und fuͤr die Empfindung bleibt
nur ſo viel von der Kraft der Seele, als zum Den-
ken nicht noͤthig iſt.

2. Ein ander noch allgemeineres und ſiche-
rers Merkmal iſt es, wenn das Kind eine große
Aufmerkſamkeit auf den jedesmaligen Gegenſtand
ſeiner Empfindung hat, und ſich durch die uͤbri-
gen Sachen, die itzund nicht eigentlich zu ſeiner
Betrachtung gehoͤren, wenig oder gar nicht zer-
ſtreuen laͤßt. Jedermann wird ſich erinnern,
dieſen Unterſchied an Kindern bemerkt zu haben.
Einige werden von dem Anblicke keiner einzigen
Sache ſo ſtark geruͤhrt, daß ſie eine Zeitlang bey
derſelben verweilen, ſie ſehen alles an, ohne ir-
gend etwas zu bemerken; unter der Menge von
Dingen, die um ſie ſind, irret der Sinn und die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="15"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Fa&#x0364;higkeiten.</hi></fw><lb/>
chem &#x017F;ie empfindet, i&#x017F;t zugleich das Maaß ihrer<lb/>
Kraft u&#x0364;berhaupt. Bey den andern ha&#x0364;ngt die<lb/>
Leichtigkeit, die alten Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde wiederzuer-<lb/>
kennen, nicht blos von dem Nachdrucke, mit<lb/>
dem man &#x017F;ie zuer&#x017F;t empfunden hat, &#x017F;ondern auch<lb/>
von dem Grade der Aufmerk&#x017F;amkeit ab, den man<lb/>
izt auf &#x017F;ie wendet; und fu&#x0364;r die Empfindung bleibt<lb/>
nur &#x017F;o viel von der Kraft der Seele, als zum Den-<lb/>
ken nicht no&#x0364;thig i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>2. Ein ander noch allgemeineres und &#x017F;iche-<lb/>
rers Merkmal i&#x017F;t es, wenn das Kind eine große<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit auf den jedesmaligen Gegen&#x017F;tand<lb/>
&#x017F;einer Empfindung hat, und &#x017F;ich durch die u&#x0364;bri-<lb/>
gen Sachen, die itzund nicht eigentlich zu &#x017F;einer<lb/>
Betrachtung geho&#x0364;ren, wenig oder gar nicht zer-<lb/>
&#x017F;treuen la&#x0364;ßt. Jedermann wird &#x017F;ich erinnern,<lb/>
die&#x017F;en Unter&#x017F;chied an Kindern bemerkt zu haben.<lb/>
Einige werden von dem Anblicke keiner einzigen<lb/>
Sache &#x017F;o &#x017F;tark geru&#x0364;hrt, daß &#x017F;ie eine Zeitlang bey<lb/>
der&#x017F;elben verweilen, &#x017F;ie &#x017F;ehen alles an, ohne ir-<lb/>
gend etwas zu bemerken; unter der Menge von<lb/>
Dingen, die um &#x017F;ie &#x017F;ind, irret der Sinn und die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0021] der Faͤhigkeiten. chem ſie empfindet, iſt zugleich das Maaß ihrer Kraft uͤberhaupt. Bey den andern haͤngt die Leichtigkeit, die alten Gegenſtaͤnde wiederzuer- kennen, nicht blos von dem Nachdrucke, mit dem man ſie zuerſt empfunden hat, ſondern auch von dem Grade der Aufmerkſamkeit ab, den man izt auf ſie wendet; und fuͤr die Empfindung bleibt nur ſo viel von der Kraft der Seele, als zum Den- ken nicht noͤthig iſt. 2. Ein ander noch allgemeineres und ſiche- rers Merkmal iſt es, wenn das Kind eine große Aufmerkſamkeit auf den jedesmaligen Gegenſtand ſeiner Empfindung hat, und ſich durch die uͤbri- gen Sachen, die itzund nicht eigentlich zu ſeiner Betrachtung gehoͤren, wenig oder gar nicht zer- ſtreuen laͤßt. Jedermann wird ſich erinnern, dieſen Unterſchied an Kindern bemerkt zu haben. Einige werden von dem Anblicke keiner einzigen Sache ſo ſtark geruͤhrt, daß ſie eine Zeitlang bey derſelben verweilen, ſie ſehen alles an, ohne ir- gend etwas zu bemerken; unter der Menge von Dingen, die um ſie ſind, irret der Sinn und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/21
Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/21>, abgerufen am 29.03.2024.